Denn es braucht weder Aliens, Chronologiekritiker noch Verschwörungstheorien. Themen wie Basken, Seevölker, Dorische Wanderung, Atlantis oder indogermanische Invasionen sind längst zu deuten. Man muss nur die neuesten Veröffentlichungen von Archäologen, Genetikern, Geologen, Linguisten und Geografen zusammenbringen. Und die lassen sich durch die sog. Katastrophentheorie zusammenfassen, welche Auf- und Untergang aller urzeitlichen Kulturen nach den immer gleichen Abläufen erklärt: tektonische Verwerfungen (auch wegen kosmischer Impacte), Tsunamis und kurzfristige Besiedlung der Höhen, atmosphärische Winter und langfristige Agrar- und Subsistenzkrisen, kriegerische Völkerwanderungen und letztlich technologischer Fortschritt. Dazu stelle ich im Einstieg "Worum es hier geht“ 7 Hypothesen auf, die gerne diskutiert werden können. Die daraus resultierende Chronologie finden Sie in den Artikeln von 1. bis 7. durchnummeriert. Eine Übersicht der damaligen Kulturen ganz unten rechts…

Mittwoch, 8. Juli 2020

Der Soul von Toulous

Straßenmusiker (Siehe gleichnamiges Video auf YouTube) 
Leute, die nach heißer Musik abgehen, die niemanden nach ihrer Herkunft fragen, die sogar die Touristen-Abzocke in Grenzen halten - hier müssen die coolsten Franzosen wohnen.
Wir sind im klimatisch begünstigten Südfrankreich, am noch relativ sauberen Oberlauf der Garonne, im Tal zwischen Pyrenäen und Zentralmassiv, an der Kreuzung zweier seit Urzeiten wichtiger Verkehrsstränge - hier musste einfach eine Stadt entstehen. Ein wichtige, einen Königsstadt! Immer war hier das Zentrum des Südwestens.
Es nennt sich Toulouse! Heute hervorstechend die Backstein-Architektur. Hier schrauben Ingenieure und Arbeiter, Flugzeuge und Raumschiffe zusammen. Nicht alltäglich! Das hat seinen Grund, der weit in der Vergangenheit gesucht werden muss. Immer wenn es nicht weiterging, haben sich die Toulouser etwas Außergewöhnliches einfallen lassen.
Backsteinstadt Toulouse
Sie sollen von Iberern abstammen, die gegen 1200 v. Chr. über die Pyrenäen gekommen waren. Man sagt ihnen nach, dass sie vor Naturkatastrophen geflohen waren und neu anfangen mussten. Wie alle Menschen damals, siedelten sie auf einer befestigten Anhöhe, 8 Kilometer südlich der heutigen Stadt. Heute liegt da Vielle-Toulouse, vor Hochwasser und Angriffen sicher. Im 2. Jahrhundert v. Chr. kamen die keltischen Volca Tectosage hinzu. Die sollen aus dem Raum rund um den Thüringer Wald stammen. Sie machten den Hügel zu ihrer Hauptstadt. Es scheint den 5000 Einwohnern nicht schlecht gegangen zu sein. In einer ihrer heiligen Stätten verwahrten sie den sog. Gold-Schatz von Delphi. Den hätten sie vom damaligen heiligsten Orakel in Griechenland geraubt. Ob die Toloser einen Beutezug dorthin durchgeführt hatten, oder eine weitere Keltentruppe von dort zugezogen war, darüber schweigt die Geschichte. Sie erzählt aber, dass die Römer, als sie 106 vor Christi wiederholt die Stadt erobern mussten, das Gold geraubt hatten. Das scheint dem Wohlleben aber keinen Abbruch getan zu haben. Die Toloser arrangierten sich mit den Invasoren und ermöglichten so den weiteren Aufstieg ihrer Stadt. Die Römer machten Toloso später zur Hauptstadt ihrer Provinz Gallia Narbonensis , von ganz Südfrankreich also.
Die ehemalige Keltenstadt südlich des Heutigen Toulouse
Wahrscheinlich in diesem Zusammenhang zogen die Einwohner im Jahre 8 vor der Zeitrechnung an die Stelle der heutigen Altstadt. Andere Historiker sind der Meinung, dass sie einfach clever den damaligen Warenströmen hinterher zogen. Die Garonne kreuzte hier mit der Via Aquitania und einer anderen ausgebauten Straße nach Iberien. Man konnte nun unbeschränkt eine dieser modernen weitläufigen Römerstädte aufbauen, es gab ja keine Bedrohungen mehr. Noch heute folgen die Straßen im Zentrum dem alten quadratischen Grundriss. 50.000 Menschen sollen damals hier gelebt haben.
Und so ging es weiter: Als 413 die Westgoten Toloso eroberten, bauten sie in der Stadt natürlich ihren riesenhaften Königspalast. Als 732 die Franken kamen, gaben die Einwohner deren verwaltenden Grafen so viel Sicherheit, dass die glatt von 781-843 ein eigenständiges Königreich ausriefen. Paris war ja weit weg. Erst 1271 kam die Stadt unter die beengende Knute der Krone. Kolonien das preisgünstigere Indigo zu importieren. Aber die Toulouser hatten schon einen neuen Coup in petto. Sie griffen die alte Idee einer schiffbaren Verbindung vom Atlantik zum Mittelmeer auf und bauten den sog. Kanal du Midi von Toulouse nach Sete. Der visionäre Projektant Pierre-Paul Riquet hatte sein Landgut nahe Toulouse. 1681 war die Verbindung fertig und beflügelte die Stellung der Metropole als bedeutende Handelsstadt.
Etwas Neues musste her! Es dauerte nicht lange und Toulouse wurde das Zentrum von Färberwaid, einer Pflanze, die damals den einzigen beständigen blauen Farbstoff für Kleidung lieferte. Übrigens genau wie in Erfurt. Wieder einen Parallele mit Thüringen! Toulouse wurde eine der reichsten Städte Frankreichs. Zu jener Zeit entstanden solche Paläste wie das Hôtel d’Assézat oder das Hôtel de Bernuy. Im Rathaus wird die Geschichte von Toulouse in einer riesenhaften Bildergalerie präsentiert. Natürlich gab es auch immer dann, wenn sich fremde Mächte einmischten, auch Ungemach in der Stadt: Araber, Könige, Päpste, Hugenotten. Man rappelte sich aber immer wieder auf. Die marktbeherrschende Stellung der Stadt für Färberwaid endete erst nach 1550, als die Portugiesen damit begannen, aus ihren Kolonien das preisgünstigere Indigo zu importieren. Aber die Toulouser hatten schon einen neuen Coup in petto. Sie griffen die alte Idee einer schiffbaren Verbindung vom Atlantik zum Mittelmeer auf und bauten den sog. Kanal du Midi von Toulouse nach Sete. Der visionäre Projektant Pierre-Paul Riquet hatte sein Landgut nahe Toulouse. 1681 war die Verbindung fertig und beflügelte die Stellung der Metropole als bedeutende Handelsstadt.
Als der Kanal während der Industrialisierung zu klein wurde, waren die Toulouser nicht verlegen. 1856 schlossen sie sich an das französische Eisenbahnnetz an und nach dem 1. Weltkrieg gründeten sie die Flugzeugwerke von Pierre-Georges Latécoère. Die Grundlagen für Airbus und ESA waren gelegt. Man muss sich also auch um die Zukunft nicht sorgen.
Natürlich könnte man nun eine solch erfolgreiche Geschichte auf die Begünstigungen von Geografie, Natur, Klima und Geschichte zurück führen. Aber mal ehrlich, Leute: was wären solche Faktoren ohne den innovativen Geist der Menschen hier, mit ihrem unvergleichlichen Soul...

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