Denn es braucht weder Aliens, Chronologiekritiker noch Verschwörungstheorien. Themen wie Basken, Seevölker, Dorische Wanderung, Atlantis oder indogermanische Invasionen sind längst zu deuten. Man muss nur die neuesten Veröffentlichungen von Archäologen, Genetikern, Geologen, Linguisten und Geografen zusammenbringen. Und die lassen sich durch die sog. Katastrophentheorie zusammenfassen, welche Auf- und Untergang aller urzeitlichen Kulturen nach den immer gleichen Abläufen erklärt: tektonische Verwerfungen (auch wegen kosmischer Impacte), Tsunamis und kurzfristige Besiedlung der Höhen, atmosphärische Winter und langfristige Agrar- und Subsistenzkrisen, kriegerische Völkerwanderungen und letztlich technologischer Fortschritt. Dazu stelle ich im Einstieg "Worum es hier geht“ 7 Hypothesen auf, die gerne diskutiert werden können. Die daraus resultierende Chronologie finden Sie in den Artikeln von 1. bis 7. durchnummeriert. Eine Übersicht der damaligen Kulturen ganz unten rechts…

Dienstag, 29. Juli 2014

6. Die Katastrophenzeit um 1200 v. Chr. und der Untergang der alten Kulturen

Noch heute gehört Westeuropa zu den gefährlichsten 
Erdbebengebieten
Die unbekannte Hypothese

Entgegen der gängigen Lehrmeinung muss um 1.200 v. Chr. ganz Europa und der Nahe Osten von Naturkatastrophen heimgesucht worden sein. Überall machen Wissenschaftler in jener Zeit Erdbeben, Vulkanausbrüche, Wetterkapriolen, verkümmerten Pflanzenwuchs, kriegerische Auseinandersetzungen, zerstörte Siedlungen, Völkerwanderungen und eine dezimierte Bevölkerung aus. Obwohl diese Meldungen die selbe Zeit und gleichermaßen West-, Mittel- und Südeuropa, als auch den Nahen Osten betreffen, ficht das die etablierten Geschichtsschreiber nicht an. Zumindest im deutschsprachigen Raum werden die Umwälzungen damals zu Einzelerscheinungen erklärt, also Zufällen: das Verschwinden aller Zivilisationen Westeuropas, der
Die Urnenfelderkultur brauchte nach 1200 v. Chr. 400 Jahre,
um die Gebiete am Atlantik vorzustoßen
Urnenfelderumbruch, der Untergang aller Hochkulturen am Mittelmeer, die Seevölkerinvasion, die Kolonisierungswellen später, die Verbreitung der Indogermanen etc., etc. Die modere Wissenschaft ist nicht in der Lage, 200 Jahre Chaos in ein einheitliches lehrfachübergreifendes Modell zu gießen. Und das, obwohl immer mehr Geologen, Historiker, Klimaforscher und Archäologen das düstere Szenario bestätigen. Hauptursache dieser Ignoranz könnte das weitestgehende Ausblenden der historischen Abläufe an der Atlantikküste sein: Es gäbe dort zu wenige Funde, keine Hochkulturen, ein anerkanntes Geschichtsmodell schon gar nicht. Dabei liefert die sog. auslaufende Bronzezeit in Spanien, Frankreich und auf den britischen Inseln genug Informationen, um eine neue Theorie zu bergründen. Einige Wissenschaftler haben das versucht, sind aber grandios gescheitert.

Eine neue Epoche?

Die Katastrophentheorie um 1200 v. Chr. sucht nach einer gemeinsamen Ursache der Umwälzungen damals.
Flucht und Vertreibung durch Naturkatastrophen 
Und: Sie kann damit nicht nur all die offenen Fragen beantworten, sondern althergebrachte Deutungen in einem neuen Licht erscheinen lassen. Arbeitsprinzip ist der Abgleich historischer und natürlicher Phänomene der Erdgeschichte. Klimaveränderungen in der Frühzeit beispielsweise müssen astronomische oder geologische Ursachen haben. So entstand z.B. die These vom Aussterben der Dinosaurier durch Kometeneinschläge. Es kommen aber auch "hausgemachte" Katastrophen in Betracht: Schaut man sich z. B. die Ränder der Kontinentalplatten an, wird schnell das Risiko deutlich, dem die Menschheit permanent ausgesetzt ist. Tektonische Verwerfungen, Vulkanausbrüche, Erdbeben, Tsunamis und Klimaveränderungen sind uns auch heute bekannt. Solche Szenarien aber scheint es  während der Menschheitsgeschichte mehrmals in extremen und globalen Ausmaßen gegeben zu haben.
Erdbeben bestimmten die Entwicklung
mehrerer Epochen in Europa
Verschiedene Wissenschaftler aus der ganzen Welt beschreiben sie u.a. für 6200, 4200, 3900, 2200 und 1200 v. Chr. (Siehe z.B. Late Bronze Age collapse). Diese Zeiten untersuchen nun diverse Katastrophentheorien (Siehe Post: Europa im Rhythmus globaler Naturkatastrophen). Hintergrund könnte die Gewichtsverlagerung zwischen den Erdplatten im Zusammenhang mit der Schmelze der gigantischen Eismassen ab 12000 v. Chr. sein. Für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft müssen alle verheerend gewesen sein: Siedlungszerstörung, Überschwemmungen, Wetterkapriolen, Dauerregen, anderenorts auch Trockenheit, Ernteausfall, Agrar- und Subsistenzkrisen. Die Folgen können dann immer nur kriegerische Völkerwanderungen, der Zusammenbruch ganzer Zivilisationen und das Entstehen neuer Kulturen gewesen sein (Siehe Tabelle rechts unten auf dieser Seite). Die im Anhang dieses Blogs aufgeführten Autoren untersuchen einige dieser Zeiten, erlauben aber leider keine geschlossenen Hypothese. Selbst Frank Falkenstein, der in seiner "Katastrophentheorie zum Beginn der Urnenfelderkultur" am weitesten ging, gibt Ungereimtheiten zu. Dies ist der Versuch einer Abrundung.

Ausgangspunkt Atlantik?

Bereich der Subsistenzkrise nach dem
Tamboraausbruch 1851
Aus Staubschichten in Eiskernbohrungen von Grönland und verkümmerten Wachstumsringen von Eichen in Kalifornien, Irland und Anatolien lassen sich globale Klimakatastrophen in den Jahren 1628, 1159, 207 vor Chr. und 540 nach Chr. ableiten. Das erste Jahr fällt mit der Eruption des Vulkans Thera auf Santorin zusammen, der die minoische Kultur auslöschte. Was folgte, ist von heutigen großen Feuerspuckern bekannt, wie dem indonesischem Tambora, der im Jahr 1851 die ganze Welt in Mitleidenschaft zog: Monstertsunami, zweijährige globale Aschewolke, extremer Temperatursturz, abnorm hohe Niederschlagsmengen, Unwetter, Ernteausfall, Hungersnöte, Epidemien, soziale Unruhen und Massenauswanderungen. Die 10 Plagen Ägyptens lassen grüßen. Nach dem Kollaps um 1600 v. Chr. soll ein weiteres Vordringen der ersten indoeuropäischen Völker nach Anatolien und Griechenland möglich geworden sein. Genannt werden vor allem die Hethiter, die ein den Ägyptern ebenbürtiges Reich gegründet hatten. Manche Forscher erklären deren Erfolg mit einem Monopol in der Metallverarbeitung, andere mit einem Machtvakuum auf Grund vormaliger Verwüstungen in der Ägäis.
Erdbeben und Tsunami in Japan
Das zweite o.g. Katastrophenjahr ist der hier betrachtete Fall. 1159 v.Chr. soll mit dem nachgewiesenen Ausbruch des isländischen Vulkans Hekla übereinstimmen. Bei kontinentalen Verschiebungen könnten aber auch andere Vulkane ausbrechen. Selbst dem Ätna auf Sizilien schreiben einige Wissenschaftler damals Aktivitäten zu. Manche setzen die Konzentration der Naturkatastrophen 100 Jahre früher an, andere später. Deshalb wähle ich die Formulierung "um 1200 v. Chr." Die Eruption des Hekla aber scheint der Höhepunkt und Ausdruck europaweiter Erschütterungen gewesen zu sein. Denn um 1200 v.Chr. weisen alle archäologischen Ausgrabungsstätten rund um das Mittelmeer eine Zerstörungsschicht auf: So wurde Troja in Anatolien um 1250 v. Chr. durch ein Erdbeben zerstört, ebenso Mykene und Tyrins in Griechenland oder die phönizischen Hafenstädte wie Ugarit oder Byblos. Selbst die Siedlungshügel in Israel wie Megiddo, Jericho und Bet She'an zeigen um 1200 v. Chr. Bebenschäden.
1200 v. Chr.: zerstörte Hochkultur in Spanien
Auch die Hügelgräberkultur in Mitteleuropa und die ominöse Kultur der Iberischen Bronze in Spanien sollen damals zerstört worden sein. Die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. In Mitteleuropa, ohne Steinhäuser, können diese Erschütterungen nur indirekt nachgewiesen werden: Am Nordrand der Alpen wurden um 1200 v. Chr. die Salzbergwerke von Hallstatt verschüttet. In der Nordsee scheint es die Küste um Helgoland zerrissen zu haben. Im andalusischen Ronda muss damals der Stadtfelsen von einem Erdbeben gesprengt worden sein. Das alles lässt sich plausibel nur
mit einem großem Inferno am Atlantik erkläreb, begleitet u.a. durch die sog. H3-Eruption des Hekla auf Island. Denn was folgt auf Erdbeben und Vulkanausbrüchen am Meer?

Flutung der Küste?

Japan als Vorgeschmack auf mögliche
Katastrophen?
Gewaltige Tsunamis sind uns sogar aus der Neuzeit bekannt. Doch wie das Erdbeben von Lissabon 1755 oder die Verwüstungen, die Monster-Wellen 1858 an der gesamten europäischen Westküste angerichtet haben - sie alle können nur Schatten der Vorkommnisse um 1200 v. Chr. gewesen sein. Wissenschaftler haben einen plötzlichen und kompletten Abbruch der Siedlungstätigkeit nicht nur in England und Südfrankreich nachgewiesen, sondern auch in den Flussniederungen von Rhone, Rhein, Main und Donau. So war die Anzahl der Menschen auf den britischen Inseln nach C. Burges zwischen 1300 und 1100 v. Chr. um die Hälfte geschrumpft. Für die gleiche Zeit beschreibt C. Barfield die Poebene bis zum Gardasee in Italien als "nahezu entvölkert". Auch in Frankreich und Spanien lassen Lücken im Fundaufkommen auf einen Siedlungskollaps schließen.
Obwohl die ersten Burgen in Europa (Motillas)
im Hochland von La Mancha um 1200 v. Chr. 
nicht zerstört wurden, gab es danach keinen Neubau
In Spanien bricht mit der Katastrophe die Hochkultur der sog Motillas schlagartig ab. Archäologen in Andalusien bezeichnen die Ausgrabungen um 1200 v. Chr. "wie mit einer Schicht von Erde und Steinen überzogen". Verfolgt man die Ränder der Europäischen Platte, verwundern die Auswirkungen im Mittelmeer nicht. Auch dort müssen Erdbeben, vielleicht auch Vulkane, gewütet haben. Um das griechische Levkas herum zeigen so genannte Überspülfächer und spezielle Sedimentablagerungen eindeutig große Tsunamis in jenen Jahren an (Uni Marburg). Auch die dicken Schlammschichten, die damals Tyrins oder Sardinien bedeckten, assoziieren eine verheerende Überschwemmung. So könnte auch das heutige Problem der Bodenversalzung am Mittelmeer seinen Auslöser gefunden haben.
Grenze des Zerstörungshorizontes?
Die Atlantische Bronze Kultur
Archäologisch wird die Zeit zwischen 1300 und 800 v. Chr. in Westeuropa als sog. Atlantische Bronze klassifiziert. Sie ist gekennzeichnet durch Siedlungsarmut, kulturellen Niedergang, Verwischung regionaler Eigenheiten, vergrabene Waffen und Nomadentum. Ihre Grenze entspricht genau einem möglichen Flutungsgebiet atlantischer Tsunamis.
Weitere Indizien liefern die bronzezeitlichen Grabhügel entlang der gesamten Atlantik- und Nordseeküste. Alle ungeschützten lockeren Erdaufwürfe müssen im 13. Jhd. v. Chr. weggeschwemmt worden sein. Nur die megalithischen Grabkammern blieben als die heute sichtbaren entblößten Steintische (Dolmen) übrig. Ausschließlich solche Grabanlagen scheinen keinen Schaden genommen zu haben, die komplett aus Steinmaterial waren oder erhöht auf Bergen standen. Folgt man dem Zustand dieser Großsteinsetzungen in ganz Westeuropa, wird nicht nur die Wirkungsrichtung eines Vulkanausbruchs auf Island deutlich, sondern auch eine hypothetische Grenze dieser Flut (Siehe Post: Megalithische Steinsetzungen als Indikatoren einer verheerenden Flutwelle um 1200 v. Chr.)
Ausbreitungsgebiet eines möglichen 
"Hekla"-Tsunamis
Natürlich kommen auch andere Ursachen dieser Katastrophen in Frage: Manche Wissenschaftler machen dafür Kometeneinschläge verantwortlich und verweisen auf den Kaali- und den Wabar-Meteoritenkrater, die damals entstanden sein könnten. Die Uni Göttingen sieht sowohl "globale tektonische Verwerfungen, als auch Einschläge von Meteoriten". In jüngster Zeit wird auch das Kollabieren der Kanarischen Inseln diskutiert. Tsunamis allein aber hätten den Überlebenden einen sofortigen Wiederaufbau ermöglicht, wie er tausendfach in der Siedlungsgeschichte nachgewiesen ist. Nicht so aber bei großen Vulkanausbrüchen oder Kometeneinschlägen! Denn eine weitere Folge wäre ja die große Menge in die Atmosphäre geschleuderter Asche- und Staubpartikel. Die Konsequenzen sind jahrelange Verdunklung des Himmels, Kälte und Dauerregen, in äquatornäheren Regionen hingegen extreme Trockenheit.
Kaltzeit auch vor 3.200 Jahren
Mehrere Universitäten, wie die von Toulouse, beschreiben für die Katastrophenzeiten eine Abkühlung des Klimas mit anschließender Dezimierung von Flora und Fauna. Auch für 1200 v. Chr. wird so ein Temperatursturz nachgewiesen, z. B. an Hand fossilen Blütenstaubs aus einem Salzsee in Zypern. Die Laubwälder Skandinaviens sollen gegen 1.000 v. Chr. komplett verschwunden gewesen sein. Auch Untersuchungen von Pollen des Olivenbaums aus Sedimentschichten des Toten Meeres belegen einen globalen Klimakollaps im 12.Jhd. v. Chr. Die Landwirtschaft in allen betroffenen Agrargesellschaften kann dem nicht stand gehalten haben. Die Folgen, so Klimaexperten, müssen eine weltweite, so genannte Subsistenzkrise mit Bodenerosion, Missernten, Mangelernährung, Krankheiten und hoher Sterblichkeit gewesen sein. Um die Größenordnung zu verdeutlichen: Die Auswirkungen des weit entfernten indonesischen Vulkanausbruchs am Tambora 1815 waren in Europa zwei Jahre lang zu spüren und wurden von Wolfgang Behringer aktuell als Beinahe-Weltuntergang beschrieben. Die Subsistenzkrise nach 1200 v. Chr. scheint im Nahen Osten 100, in der Ägäis 200, in Mitteleuropa sogar 400 Jahre gedauert zu haben!

Der Ablauf

kriegerische Völkerwanderung
mit Kind und Kegel
Das sind die Ausgangsbedingungen für die nun folgenden, nie dagewesenen gesellschaftlichen Umwälzungen in Europa und dem Vorderen Orient. Sie müssen verheerender gewesen sein, als die Völkerwanderungen am Ende der Antike. Für die Menschen eine Apokalypse! Die Betroffenen im 13. Jahrhundert v. Chr. hinterließen uns ihre Verzweiflung in Sagen und Mythen. Die Deukalionische Flut, Atlantis, der Untergang Trojas, die Sintflut, ja selbst Teile des alten Testaments fänden so einen realen Hintergrund. Analysiert man diese Aufzeichnungen und vergleicht sie mit den Erkenntnissen der archäologischen Ausgrabungen dort, offenbart sich ein Muster von Flucht und Vertreibung und zwar in der einheitlichen Abfolge von West nach Ost. Nicht wenige Wissenschaftler haben versucht, die Abläufe damals zu ergründen. Nur ein Szenario aber erklärt alle damaligen Erscheinungen: Auf dem Höhepunkt der Katastrophenzeit um 1200 v. Chr. scheinen Erdbeben und vulkanische Aktivitäten den Vorderen Orient und ganz West- und Südeuropa erschüttert zu haben. Gewaltige Tsunamis müssen über die gesamte Atlantikküste und das Mittelmeer hereingebrochen sein. Diese Überschwemmungen der bis an die Gebirge heranreichenden Flussauen müssen zunächst die Überlebende in die Flucht getrieben haben.
1200 v. Chr.: Entstehung und Ausbreitung
der Urnenfelderkultur
Doch entscheidender scheint die Langzeitwirkung gewesen zu sein! Auf Grund der extrem wasser- und staubgesättigten Atmosphäre kann es in Westeuropa jahrzehntelang kein Sonnenlicht, dafür aber Dauerregen gegeben haben. Jede ausgefallene Ernte führte die Menschen tiefer in eine landwirtschaftliche und damit gesellschaftliche Krise. Um diesem Dilemma zu entkommen, konnten sie nur auswandern. Geografisch bedingt kam dafür nur der Weg in den Osten in Frage, an Alpen und Balkan natürlich auch nach Norden und Süden. Indem sie dabei ihre Nachbarn überfielen, lösten sie eine Kettenreaktion im Sinne einer kriegerischen Völkerwanderung aus. Die könnte bis in die Karpaten, Anatolien, ja bis in den Orient geführt haben. Was sich damals an Zerstörung von Zivilisation und menschlichem Leid zugetragen haben muss, wollen wir uns besser nicht vorstellen. Doch lassen wir die Fakten sprechen: In ganz Mitteleuropa konstatieren Archäologen wirklich ab 1200 v. Chr. massenhaft kriegerische Bewegungen in diesen Räumen sowie gesellschaftliche und kulturelle Umbrüche.
Befestigte Bergsiedlungen plötzlich allerorts
In den Mittelgebirgen entstanden fast schlagartig befestigte Wallanlagen; bereits bestehende Höhensiedlungen wurden mit großen Stein-Holz-Mauern gesichert. So, als ob man sich nicht nur vor Fluten, sondern auch vor Angreifern schützen musste. Die Kriegsparteien werden sicher nicht nur Einheimische gewesen sein, sondern auch konkurrierende Auswanderer. Heute fallen die Abhänge solcher Bergsiedlungen oft durch aufwendig angelegte Terrassenfelder auf. Hintergrund könnten die Humusabspülungen auf Grund von Unwettern und permanentem Regen gewesen sein. Die Täler jedenfalls waren völlig versumpft und menschenleer. Urwege, die in diese Zeit datiert werden können, wie die Hohe Straße zwischen Kocher und Jagst, verliefen ausschließlich über Höhenrücken.
In Mitteleuropa gab es damals zwar keine Steinhäuser, um Zerstörungen nachzuweisen, dafür aber ein anderes Indiz: Ab 1200 v. Chr. zieht sich durch ganz Mittel- und Osteuropa ein plötzlich und intensiv auftretender Horizont von so genannten Hortfunden. Die Menschen müssen also ihre Schätze vor irgendeiner Bedrohung in der Erde vergraben haben. Die Fachwelt sieht darin "kultische Niederlegungen", andere vermuten einfach das Verstecken von Wertgegenständen. Doch selbst eine Niederlegung und die damit verbundene "Anbetung der Götter" macht angesichts der unberechenbaren Natur und mutmaßlicher Angreifer Sinn.
Schlachtfeld an der Tollense um 1300 v. Chr.
Gleichzeitig tauchten um 1200 v. Chr. in Mitteleuropa erstmals moderne Waffen auf, wie Helme, Hiebschwerter und Lanzen. Aus dieser Zeit wurden z.B. Überreste einer großen Schlacht im Tollense-Tal, heutiges Mecklenburg-Vorpommern, ausgegraben. An ihr sollen Tausende Krieger teilgenommen haben, wovon die eine Seite über hunderte Kilometer aus dem Süden angereist sein soll. Die Archäologen heute stehen ratlos vor ihren Ausgrabungen und können sie keinem historischen Ereignis zuordnen. Denn mit Völkerwanderungen auf Grund einer Naturkatastrophe im Westen, beschäftigt sich in diesen Kreisen kaum jemand (Siehe Post "Die Katastrophenzeit 1.200 v. Chr. in der Forschung").

Neues Weltbild in Mitteleuropa?

Wichtigstes Indiz aber für einen Kollaps damals: Quasi aus dem Nichts war um 1200 v. Chr. in Zentraleuropa eine neue Begräbnistradition entstanden: Die Urnenfelderkultur. Sie trat im Karpatenbecken das erste mal auf, dem von den Katastrophen am wenigsten betroffenen Teil Europas. Die Donau war damals der einzige Fluss Europas, deren Auen keinen Siedlungsabbruch aufwies. Brandbestattungen gab es auch schon vordem (z.B. Schönfelder Kultur, 2900-2100 v. Chr.), nicht aber in dieser ausschließlichen Form. Jahrtausende lang hatte man die Toten überwiegend in flachen Steinkistengräbern oder Hügelgräbern beerdigt. Nun wurden sie einfach verbrannt, verscharrt, später in Urnen beigesetzt. Auslöser könnte die erzwungene Massenverbrennung von Leichen z.B. nach Epidemien oder der scheinbar geringere Aufwand gewesen sein.
Alteuropäische Becherkulturen und
indogermanische Schnurkeramiker
um 2000 v. Chr.
Vor dem Kollaps hatten in Europa zwei große Kulturkreise gelebt: Im Westen diverse Nachfolgegruppen der alteuropäisch sprechenden Glockenbecherleute, im Osten solche der indogermanischen Schnurkeramiker. Beide hatten sich zu den Aunjetitzern vermischt (2200-1600) die in der Hügelgräberkultur aufging (1600-1200 v. Chr.). Man hatten sich arrangiert und konnten mit der Bronze einigen Wohlstand erzeugen.
Von den Naturkatastrophen um 1200 v.Chr. scheinen aber nur die westlichen und nördlichen Kulturen in Europa etwas abbekommen zu haben (Flut- und Wolkenbildung vom Hekla ausgehend), wie die Hügelgräberkultur im flachen Mitteleuropa, in Frankreich die Artenacianische-, in Spanien die sog. Iberische Bronze- und in England die Wessex-Kultur. Nach dem Kollaps gab es sie nur noch rudimentär. Entsprechend bewegen sich die Grenzen der Urnenfelderkultur auch zwischen dem mutmaßlichen Ausbreitungsgebiet eines Tsunamis am Atlantik und den östlichen Indogermanen. Deren spätere Ausbreitung von 800-100 v. Chr. erfolgte auch genau in jene Regionen, die vordem mutmaßlich zerstört worden waren. 


Die Seevölker im östlichen Mittelmeer
Politischer Ausgangspunkt im östlichen 
Mittelmeerraum vor dem Kollaps 

Einzelne Forscher gehen sogar davon aus, dass die Urnenfelder-Tradition über den Balkan bis nach Griechenland und Anatolien hinein getragen wurde. Dort im östlichen Mittelmeerraum waren ja bereits mit den Naturkatastrophen alle archaischen Städte in Mitleidenschaft gezogen worden. Aus Schrifttäfelchen der Hetiter und Ugariter wissen wir, dass Hunger geherrscht haben muss. Im Gegensatz aber zum Norden soll es extrem trocken gewesen sein. Dieses Paradoxon erklären Klimatologen mit dem atmosphärischen Gegensatz von Nord- und Südeuropa, hier quasi als Ausgleich zum übermäßig dampfgesättigten Wolkenhimmel bei uns. Und es gibt noch einen Unterschied zu Westeuropa: Die Schriftkundigen an Olymp, Jordan, Nil und in Kanaan haben die Geschehnisse damals dokumentiert.
Zuerst berichten ägyptische Hieroglyphen von ominösen Seevölkern, die die Küsten am östlichen Mittelmeer bedrängten. Wer die "Leute inmitten des Meeres" waren, woher sie kamen, darüber rätselten die Historiker lange. Jüngste genetische Untersuchungen bewiesen aber, dass sie von der Iberischen Halbinsel bzw. dem westlichen Mittelmeerraum stammen.
Seevölker vs. Ägypter auf dem Totentempel
in Medinet Habu
Dort lebte vor dem Kollaps die im Flachland völlig zerstörte Kultur der sog. Atlantischen Bronze. Einige Forscher setzt die mit dem Mythischen Atlantis von Platon gleich. Nur in den Hochebenen von La Mancha blieben die sog. Motillas (2200-1200 v. Chr.) erhalten. Das sind die allersten komplexen Burgenbauten Westeuropas, die noch dazu in ihrer Anordnung als Grenzfesten interpretiert werden. Sie waren in Trockenbauweise ausgeführt, die in ihrer Genialität kaum zu überbieten waren. Doch so oder so: Nach den Relief-Beschreibungen am Totentempel in Medinet Habu und anderen Quellen kamen sie aus dem "Norden". Die Ägypter behaupten weiter, dass die Seevölker nicht nur mit Schiffen, sondern auch auf Streitwagen angegriffen hätten. Außerdem sollen ihre Familien im Tross dabei gewesen sein. Die Seevölker wurden zwar nur in Ägypten explizit so genannt, aber zeitgleiche Angriffe auf die umliegenden Staaten in Lydien, Griechenland und Phönizien legen den Schluss nahe, dass es sich um die gleichen Aggressoren gehandelt haben muss.
Die Seevölkerinvasion
Alles, was sich ihnen in den Weg stellte, scheinen sie vernichtet zu haben: die mykenischen Stadtstaaten auf dem griechischen Festland (Pylos, Mykene, Tiryns, Theben, Korinth etc.), alle Hafenstädte an der östlichen Mittelmeerküste, wie das bedeutende Handelszentrum Ugarit in Syrien. Letztlich müssen sie auch den entscheidenden Anstoß für den Zusammenbruch des hethitischen Großreiches gegeben haben. Nicht nur die Palastwirtschaft in Griechenland brach zusammen, auch blühende Städte wurden verlassen, die Bevölkerung kollabierte, sogar die damalige Schrift ging vollständig verloren. Um die gleiche Zeit muss auch die so genannte Dorische Wanderung stattgefunden haben, von der die Informationen so spärlich sind, dass sie viele Wissenschaftler ins Reich der Fabel verweisen. Nachgewiesen aber sind ja Völkerbewegungen von Zentral-Europa nach Griechenland hinein, die unter anderen auch die Spartaner anspült haben müssen.
Griechen setzen auch nach 
Anatolien über
Sie waren so schnell erfolgreich, dass ihr König Menelaos in der Mythologie die Griechen nach Troja führen konnte. Dort findet sich in der archäologischen Schicht VIIa – ca. 1.200 v. Chr. - ein Brandhorizont mit wahrscheinlicher Fremdeinwirkung. Historiker gehen davon aus, dass Troja ein den Hetitern tributpflichtiger Stadtstaat war. Archäologisch lässt sich nachweisen, dass zur gleichen Zeit viele mykenisch geprägte Griechen nach Anatolien und Zypern übersetzten, die Küste okkupieren und neue Städte gründeten. Die nach der stärksten Gruppe benannte Ionische Kolonisation wird als Flucht und Invasion gleichermaßen beschrieben. Selbst bis in den äußersten Winkel des Schwarzen Meeres scheint es die Okkupanten getrieben zu haben. In Georgien wird zu dieser Zeit ein Reich fassbar, das den gleichen Namen trägt, wie später die Pyrenäenhalbinsel: Iberien! Auch die nomadischen Juden fielen um 1200 v. Chr. nach Kanaan ein. Für Werner Keller war das in seiner Bibelanalyse nur deshalb möglich, weil die lokalen Machthaber durch Katastrophen und Kriege bereits stark geschwächt waren.
Kriegerische Vernichtung aller 
Hochzivilisationen um 1200 v. Chr.
Erst die Ägypter sollen die Seevölker aufhalten haben, die nicht nur vom Meer her, sondern auch aus Libyen und Palästina ins Niltal eingedrungen waren: Nachdem schon vorher Abwehrschlachten stattgefunden haben sollen, besiegte 1208 v. Chr. der ägyptische Pharao Merenptah die vereinten libysche Stämme und Seevölker in der Schlacht bei Sais. Ein Erfolg, den sein Nachfolger Ramses III. um 1177 v. Chr. wegen neuer Angriffe noch einmal wiederholen musste. Die Pharaonen triumphierten zwar, müssen aber so angeschlagen gewesen sein, dass die Libyer bald darauf die Herrschaft am Nil übernehmen konnten. Manche Autoren setzten die libyschen Krieger wieder mit den Iberern gleich. So scheint es auch anderen Eindringlingen gelungen zu sein, sich festzusetzen, wie die Philister in der kanaanitischen Küstenebene. Manche Archäologen glauben zwar, dass sie zwangsangesiedelt wurden, aber das tut hier nichts zur Sache.
Philisterstädte in Kanaan: Siedlungsgebiete der 
zur Flucht gezwungenen Seevölker 
Das Volk der Philister lebt übrigens im Namen Palästina weiter. Sie ließen in der Bibel Goliat auf David los. Seiner Größe wegen legen einige Autoren die Heimat der Seevölker weit in den europäischen Norden. (Siehe Post "Phönizien und das prähistorische Westeuropa") Aus den genannten Namen der einzelnen Seevölker und deren Aussehen schlussfolgern Wissenschaftler, dass es sich um Krieger nur aus dem nördlichen Bereich des Mittelmeers gehandelt haben kann. Nach der Katastrophentheorie wütete auch dort die Natur. Doch die Seevölker können genauso gut von der Iberischen Halbinsel stammen, denn Bewegungen vormaliger Gruppen der Iberischen Bronze über Sardinien und Sizilien Richtung Osten sind belegt. Offiziell aber blieb der gesamte Westen, Mitteleuropa und erst Recht Nordafrika von solchen Betrachtungen ausgeschlossen. Doch nicht nur die Philister scheinen sich erfolgreich angesiedelt zu haben. Die Phryger in Zentral-Anatolien folgen archäologisch unmittelbar den Hethitern und benutzten die gleiche Keramik wie auf dem Balkan und in der Lausitz. Doch auch direkt am Atlantik scheint in den Bergen der Pyrenäen ein kleines Volk überlebt zu haben: Die Basken, heute die letzten mit einer wahrscheinlich alteuropäischen Sprache...

Was wird uns noch erwarten?
Reflexion

All die bisher genannten archäologischen Erkenntnisse in Spanien, Mitteleuropa und der Levante sind einzeln gut erforscht, einen Zusammenhang aber sieht die etablierte Wissenschaft nicht. Immer wieder werden die Geschehnisse bis zur Unkenntlichkeit relativiert. Nur ganz wenige Archäologen sind bei ihren Untersuchungen zu ähnlichen Schlüssen gekommen, wie dieser Blog (Siehe Referenzen). Das Prinzip Ursache und Wirkung scheint hier für die meisten Historiker keine Geltung zu besitzen. So wird die Urnenfelder-Kultur als Modeerscheinung mit neuen spirituellen Strömungen abgetan. Woher, bitte schön, sollen die gekommen sein? Radikale Veränderungen wurden in der Geschichte ausschließlich durch katastrophale Rahmenbedingungen erzwungen. Es scheint, als hätten die Menschen keine Zeit, keine Kraft und keine Führung mehr für aufwendige Hügelgräberbestattungen gehabt. Die Experten streiten zwar noch, ob die vielen Wallanlagen in Mitteleuropa damals von den siegreichen Okkupanten oder den Ansässigen zum Schutz vor ihnen gebaut worden waren, aber ich denke, die Sache ist klar: Diese Bautradition der terrassenförmigen Höhenburgen verweist nach Südspanien, wo sie mit Los Millares gegen 3000 v. Chr. erstmals angewendet wurde. Die Einheit von umwehrter Bergsiedlung, Akropolis, Kultfelsen, Gräberfeld, Quelle, Ackerland und Lage an einem Urweg findet sich z. B. auch im albanischen Lezha, auf dem türkischen "Teufelstisch" bei Kücükköy oder im israelischen Megiddo wieder. Von den größten dieser befestigten Höhensiedlungen in Mitteleuropa ging in den folgenden Jahrhunderten die Macht der Sieger aus, als sie sich zu keltischen Oppidas entwickelten. Gravierende soziale Unterschiede treten erst ab 1200 v. Chr. auf..

Resümee

Apokalypse Sintflut
Die Umwälzungen um 1200 v. Chr. müssen ganz Europa und den Nahen Osten gleichermaßen betroffen haben. Sie können so auch auf eine einheitliche Ursache zurückgeführt werden. Wegen der Häufung kollabierender Strukturen und den allerorts starken Auswirkungen sollten sie als einheitliche historische Epoche klassifiziert werden: Die Katastrophenzeit um 1200 v. Chr. Das würde manches geschichtliche Rätsel klären helfen. Ausgangspunkt muss eine alles vernichtende Katastrophe an der Atlantikküste gewesen sein. Am ehesten überzeugt dabei ein Tsunami, wegen der schlagartigen Dezimierung der Bevölkerung in England, Spanien und Italien sowie angesichts der Grenzen der aus dem Nichts entstandenen Urnenfelderkultur. Als Ursache scheinen nur Vulkane und/oder Meteoriteneinschläge in Frage zu kommen, denn nur sie erklären den Klimazusammenbruch und die langanhaltende Subsistenzkrise. All das muss eine fluchtartige und kriegerische Völkerbewegung Richtung Osten ausgelöst haben.
Seevölker mit Büschel- und Hörnerhelm
Jedenfalls folgen die bekannten historischen Abläufe solchen von geologischen, klimatischen und sozialen Umbrüchen. Dabei sind die Überlebenden der Überschwemmung sicher nicht vom Atlantik bis Ägypten durchmarschiert, denn in der Levante wurden nur wenige Urnenfelder-Artefakte gefunden. Aber der Wanderungsdruck nach Osten könnte eine Kettenreaktion bei anderen Völkern ausgelöst haben. Da die ägyptischen Hieroglyphen nicht nur von Kriegern, sondern auch von ganzen Familien auf Ochsenkarren berichten, sollte von einer Völkerwanderung in dieser Zeit gesprochen werden. Eine der Thesen dieses Blogs! Über die Länge der Katastrophenzeit kann diskutiert werden. Sie kann aber durch den Zerstörungshorizont am Mittelmeer ab 1250 v. Chr. und der Endausbreitung der Urnenfelderleute im 8. Jhd. v. Chr. begrenzt werden.

Ausblick

Neulandgewinnung im Westen ab 1000 v. Chr.
Doch Erde und Klima beruhigten sich am Ende dieser Zeit wieder. Die Menschen richteten sich ein, vermehrten und entwickelten sich. Die Einführung des Eisens brachte Fortschritt und Wohlstand. An den Küsten des östlichen Mittelmeers baute man die Hafenstädte wieder auf und die Phönizier reckten sich empor. In der Erinnerung der Fischer und Händler dort aber scheinen die zerstörten Länder im Westen weiterhin present gewesen zu sein. Dort muss nun fast menschenleeres Land auf Urbanisierung gewartet haben. Nur wenige Generationen nach der Flucht strömten phönizische und griechische Kolonisten zurück in die alte Heimat ihrer Vorfahren. Auch auf den befestigten Höhen Zentraleuropas werden neue Zivilisationen fassbar - erst die Hallstatt-, dann die Latènekultur und damit schon das Volk der Kelten. Auch sie machten sich auf, bis in den letzten Winkel Westeuropas vorzudringen. Die Rückwanderung und damit der Siegeszug der Indogermanen begann! Doch das ist schon die nächste These und damit auch der nächste Post.

Donnerstag, 24. Juli 2014

5. Die Expansion der Glockenbecherkultur aus der Iberischen Halbinsel heraus

Die Megalithik: Vorgänger der Glockenbecherkultur
Ein neuer Zug aus Iberien heraus?
Vier Völkerwanderungen aus dem südwestlichen Zipfel Europas heraus wurden bereits vorgestellt: Ein Strang der Besiedlung durch den Homo Sapiens vor vielleicht 30.000 Jahren, der neue Schub für die Besiedlung des Kontinents am Ende der letzten Eiszeit vor 15.000, der Zug der neolithischen Bauern vor 9000 und den der Megalithkultur vor 6.000 Jahren (auch wenn da nur die Idee von den Großsteinanlagen gewandert sein kann). Die vorhergehenden Post haben versucht, das mit Impulsen von außen zu erklären, aus Afrika und über das Mittelmeer. Um 2.900 v. Chr. aber scheint eine neue Gruppe direkt von der Iberischen Halbinsel Richtung Zentraleuropa aufgebrochen zu sein: die Glockenbecher-Leute.
Ein Glockenbecher-Reich?
Sie beherrschen jedenfalls 400 Jahre später ganz Westeuropa, bis nach Slowenien und ins Karpatenbecken. Benannt wurden sie nach der markanten Form ihrer Trinkgefäße. Manche Archäologen glauben, daraus wurde das erste Bier getrunken. Weitere archäologische Leitformen sind der kupferne, später bronzene Zungengriffdolch und die steinerne Armschutzplatte, offiziell gegen Verletzungen durch die zurückschnellende Bogensehne. Ich vermute generell eine Vorform des Schutzschildes. Die nebenstehende Ausbreitungskarte wird verständlicher, wenn man weiß, dass Aquitanien damals noch unter Wasser stand und das französische Zentralmassiv mit den Nachwehen großer Vulkanausbrüche zu kämpfen hatte. Außerdem sind die Glockenbechergemeinden in der Poebene nicht eingezeichnet. Die neue Kultur benutzte gerne die Großsteingräber ihrer Vorgänger für Nachbestattungen ihrer Eliten. Sie legten aber auch selber Hügelgräber aus Bruchsteinen an. Otto Normalo kam in geschlechtsspezifischer Hockerhaltung mit kleinen Steinkisten unter die Erde. Diese Kultur, so namhafte Wissenschaftler, soll sich nach den Grabriten nahtlos aus den megalithischen Spätformen der ersten Bauern von La Almagra-, der älteren Lusitanian- und der Impresso-Kultur in Spanien und Portugal entwickelt haben. Andere Forscher, besonders deutsche, behaupten hingegen, die Bechertrinker seien zugewandert.
Armschutz gegen die Bogensehne und Schwerthiebe
Einige davon sehen den Ausgangspunkt in Afrika, andere entgegengesetzt in Ungarn. Fest steht nur, dass fast gleichzeitig mit den Bechern 2900 v. Chr. in Portugal und Südspanien die Kupferverarbeitung, neue Waffen und extrem befestigte Höhensiedlungen aufkamen. Innerhalb kürzester Zeit scheint sich eine Hochzivilisation entwickelt zu haben, in der eine Kriegerelite das Sagen hatte. Sie lebten in Stadtstaaten, starke Befestigungen waren Standard, gefüllte Kornkammern, florierendes Handwerk allerorts. Ihre Siedlungsplätze, Bestattungsareale und Bergbaugruben findet man größtenteils in Küstennähe. In einer davon, nahe Sevilla, wurde Bernstein von der Ostseeküste und Elfenbein aus Afrika gefunden.
Los Millares vor 5.500 Jahren! 
Eine andere, Los Millares (3500-2300 v. Chr. bestand zwar schon vordem, wurde aber von den Becherleuten weiter benutzt. Von ihr sind Wohnareal und Gräberfeld gleichermaßen bekannt. Die befestigte Höhensiedlung liegt im Südosten Spaniens, einige Kilometer nördlich von Almeria am Zusammenfluss des Rambla de Huechar mit dem Rio Andarax. Es scheint als bewache sie dort einen Urweg in Landesinnere. Hier hatten sich bereits alle notwendigen Elemente eines effizienten Gemeinwesens herausgebildet, wie sie in den nächsten Jahrtausenden ganz Europa dominieren sollten: Eine bewehrter Bergrücken mit weiter Rundumsicht und integrierter Quelle; abgegrenzt und ebenfalls gesichert die Herrscherburg (Akropolis), dazu umliegendes Ackerland, Grabstätte und Kultplatz in Sichtweite. Bis zu 5.000 Leute sollen in den runden Lehmziegelhütten gewohnt haben, die sie mit zwei Meter dicken Mauern und Bastionen (Zinnen) aus lehmverschmierten Trockenbruchsteinmauern umgeben hatten. Wahrscheinlich zeigt die partielle Zerstörung der Außenmauer gegen 3025 v. Chr. den Einmarsch der Bechertrinker an. Solch ein hohes architektonisches Niveau kannte man bisher nur aus dem Nahen Osten und Griechenland. Auch andere Artefakte verweisen auf einen begrenzten aber permanenten Kontakt zu Alten Welt: Das eingravierte Augensymbol beispielsweise, das wie eine Sonne aussieht, Teller, die es eigentlich nur in Troja, Waffen, wie sie nur in Palästina und Grabarrangements, die es ausschließlich in Griechenland geben sollte. So etwas funktioniert nur mit dem Schiff! Hochseetaugliche Boote soll es seit 3500 v. Chr. geben. Einzelnen Forscher glauben sogar, die Bechertrinker seien aus dem Nahen Osten gekommen.
Glockentopf: Erster Biergenuss?
Die neuen Becher waren oft mit rätselhaften Symbolen verziert, die aber nicht als Schrift identifiziert werden können. Das ist wahrscheinlich der Hauptgrund, warum die alten  Zivilisationen im Westen so um Anerkennung ringen müssen. Natürlich hatte das geschriebene Wort gegen 4000 v. Chr. Griechenland, Ägypten und Mesopotamien jede Menge Effizienz gebracht. Aber die Leute am Atlantik brauchten scheinbar keine Götzenabbildungen oder magische Zeichen. Und: der symbolisierte Laut ist nicht der einzige Indikator einer Hochkultur. Das zeigen besonders die Los-Millares-Artefakte aus über einhundert Kuppelgräbern, dem größten megalithischen Bestattungsplatz (Nekropole) Spaniens. Sie gossen Werkzeuge und Waffen aus Bronze, fertigten Schmuck und Gebrauchsgegenstände aus Elfenbein und Straußeneiern, bauten Oliven an und Wein. Die Archäologen, die die Stadt ausgegraben haben, bezeichnen sie als das westliche, weil zeitgleiche Troja. Spanische Historiker glorifizieren sie gar als das erste Staatengebilde Europas. Doch davon muss es auf der Iberischen Halbinsel noch mehr gegeben, wie Zambujal, Valencina de la Concepción (Provinz Sevilla), Cabezo Juré (Provinz Huelva), Alcalar (Algarve), Vila Nova de São Pedro (Distrikt Lissabon) und Leceia (in der Nähe der Tejomündung). Und was lernen unsere Kinder in der Schule? Was machen uns die Hochglanz-Dokumentationen im History-TV weis? Hochkulturen gab es nur im Osten und im Westen war - nichts! Allenfalls ein paar wilde Barbaren. Dabei deutet einiges darauf hin, dass die Glockenbecherleute auch die erste zentral gesteuerte Invasion auf unserem Kontinent betrieben hat (Siehe Post: "... das erste westliche Großreich?"). Was Altgeschichtler aufheulen lassen dürfte, bringt diesen Blog erst richtig in Fahrt. Suchen wir nach Indizien:

Der archäologische, genetische und logische Ursprung
Die reine und unbeeinflusste Form der Glockenbecher findet sich erstmals um 2900 v. Chr. in Portugal. Dort scheinen sie um die Tajo-Mündung aus den s.g. Copoz-Bechern hervorgegangen zu sein, die wiederum aus Marokko inspiriert worden sein sollen. Das erinnert an die Mittelmeer-Afrika-Route aus dem Post: Woher die Westeuropäer kamen. Die Glockenbecher lösen die vorhergehenden Keramikstile überall und vollständig ab. In allen anderen später okkupierten Gegenden ihres Verbreitungsgebietes treten die Becher in ausgereifter und etablierter Form ohne Vorbilder auf. Das ganze passierte relativ plötzlich und soll um 2500 v. Chr. plus-minus von vielleicht 50 Jahren abgeschlossen gewesen sein.
Die Zangenbewegung der Glockenbecherleute
Die Expansion scheint sich maritim als auch landgestützt vollzogen zu haben: entlang der Atlantikküste, Bretagne, Irland, England, die Niederlande, Norddeutschland und Skandinavien. Das hölzerne Stonehenge wird durch das steinerne ersetzt, die einheimische Population verschwindet. Aber auch alle Inseln im westlichen Mittelmeer, Italien und Südfrankreich scheinen von der See her überrannt worden zu sein. Nicht lange danach waren Südfrankreich, die Schweiz, Norditalien und Ungarn an der Reihe. Österreich, Süddeutschland und Benelux folgten anschließend. Der Vorstoß muss dabei nicht nur entlang der Küsten und Flusstäler betrieben worden sein, sondern auch auf den Höhenwegen der Wasserscheiden. An ihnen reihten sich, wie bei einer Perlenkette, befestigten Spornsiedlungen auf, von Gibraltar bis fast in die Ukraine. Eine unscharfe Grenze der größten Glockenbecher-Ausdehnung zieht sich von der Ostsee bis zur Adria. Griechenland, Anatolien und der Balkan sollen hingegen becherfrei geblieben sein.
Ankunftszeiten der Glockenbecherkultur
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Becherinvasion kaum zu Veränderungen der alteingesessenen Bräuche geführt hat. Bisher und auch danach bedeutete der Einmarsch einer neuen Kultur immer den Untergang der alten. Die Becherleute aber siedelten neben ihnen und ließen sie scheinbar gewähren. War das nun die weise Politik toleranter Führer oder die Rücksicht auf alte Verwandtschaft?  Die Glockenbecherinvasion fand ja genau auf den ausgetretenen Pfaden der Megalithkultur statt.
Hört man auf die Archäologen, waren die Bechertrinker bereits um 2.900 v. Chr. auf der Pyrenäenhalbinsel losgezogen und gegen 2.500 v. Chr. in Ungarn angekommen. Den Verfechtern der These des umgekehrten Weges kann entgegengehalten werden, dass neben den Bechern auch das erste Kupfer dort von der Pyrenäenhalbinsel stammen soll. Da die Kupferverarbeitung aber aus dem Nahen Osten kommt, bleibt wieder nur die Mittelmeerroute oder die über Afrika.
R1a und R1b in Mitteleuropa
Selbst ein DNA-Test scheint zugunsten von Iberien auszufallen. Bei den Glockenbecherleuten ist zum ersten mal sicher die Haplogruppe R1b des Y-Chromosoms nachzuweisen. Dieses Gen scheint ebenfalls aus dem Südwesten Europas zu stammen, wo es sich in der Isolation aus dem Mutterstamm R1 entwickelt haben könnte. R1 aber soll in Asien entstanden sein und sich vor 15 Tausend Jahren von dort in alle Richtungen ausgebreitet haben. Die heutige Situation in Europa wird von den R1-Mutationen R1b im äußersten Südwesten und R1a im Nordosten dominiert (Siehe Post 2. "Kultureller und genetischer Kristallisationspunkt am Atlantik"). Die Gelehrten streiten nun darüber, wie R1b nach Spanien und Frankreich gelangt sein kann. Einige behaupten quer durch Mitteleuropa. Für genetische Mutationen sind aber große räumliche und zeitliche Distanzen nötig. Die wären im Fall von R1b nur zustande gekommen, wenn die Stammzellen R1 den bekannten alternativen Weg der ersten Bauern genommen hätten: also von der arabische Halbinsel, über Levante, Ägäis, Italien nach Südfrankreich bzw. über Malta nach Nordafrika und Spanien. Dort hätten sie dann 2000 Jahre "brüten" können, um bei den Glockenbecherleuten das erste mal als R1b-Gene deutlich hervor zutreten. Bei deren späteren Marsch gen Mitteleuropa mussten sie nun auf ihre R1a-Brüder stoßen, die als Schnurkeramische Kultur entgegengesetzt operierte. Mein Fazit: Ungarn war viel zu wenig isoliert, um als Ursprung der Becher-DNA in Frage zu kommen.
Die Bronzewaffen der Invasoren

Motivation: der Krieg selbst?
Es musste also wieder eine Völkerwanderung von der Iberischen Halbinsel ins zentrale Europa stattgefunden haben. Denn was macht einer, dem es zu gut geht? Er richtet nicht nur große Steine auf, er expandiert auch auf Kosten seiner Nachbarn - wie heute - mit Handel, mit Waffen oder einem überlegenen Lebensstil. Von Experten hört man, dass solche Bewegungen immer als militärische Invasion abgelaufen sein sollen. Die Fachwelt aber gefällt sich in nebulösen Deutungsversuchen: Sie bezweifeln, ob die Glockenbecher-Leute überhaupt als eigenständige Kultur anzusehen sind. Zu rar seien ihre eigenen Siedlungsplätze. Das aber würde gerade zu Leuten passen, die als Okkupanten unterwegs waren. Der großer Archäologe Gordon Childe sah die Glockenbecherleute als Missionare, die sich, von Spanien kommend, über den atlantischen Rand Europas ausbreiteten und die Kupfermetallurgie mitbrachten.
Schwerpunkte der Glockenbecher Siedlungen
(Die Poebene fehlt in der Grafik)
Diese Heilsbringer aber hatten ja schon damals einen Dolch im Gebäck. Dass es sich bei der typischen Glockenbecherausstattung ihrer Gräber um die Prestigegüter einer neuen Oberschicht handelt, glaubt vor allem Stephen Shennan. Die Elite aber rekrutiert sich bei allen Invasionen immer aus den Siegern. Christian Strahm prägte den Begriff „Glockenbecherphänomen“, um den Ausdruck Kultur zu vermeiden. Sie mischten aber in 1000 Jahren den ganzen Kontinent auf. Sangmeister kennzeichnet 1972 die Träger der Glockenbecherkultur als eine bewegliche, in Kleingruppen aufgegliederte Gesellschaft, welche "spezialisiert war im Aufsuchen, Verarbeiten und Verhandeln begehrter Werkstoffe". Das soll ihnen höchste soziale Wertschätzung eingebracht haben. Klar! Kriege werden immer von einzelnen Verbänden ausgeführt und gelten durchweg den Schätzen fremder Länder. Der Mangel an Siedlungsfunden unterstützt die Hypothese der kriegsführenden Abteilungen. Sie sollen Europa nicht flächig, sondern inselartig okkupiert haben. Befestigte Siedlungen konnten ihnen bisher gar nicht zugeordnet werden. Irgendetwas muss ihre Macht unangreifbar gemacht haben. Waren es die Waffen aus Metall?
Die früheste Verbreitung der Metallurgie
Die erste Verarbeitung von Kupfer, so namhafte Metallurgen, soll gegen 7500 v. Chr. in Anatolien stattgefunden haben. Um 3000 v. Chr. tauchte dieses Wissen weitab der Ausbreitungsrouten auf der iberischen Halbinsel auf. Dorthin kann es nur wieder entlang der Mittelmeerküsten oder mit dem Schiff gelangt sein. (Was so nebenbei wieder meine These von der permanenten Schiffsverbindung von Levante und Iberien seit etwa 4000 v. Chr. bestätigt.) Die Grenze zur Kupfer-Ostausbreitung könnte den "Frontverlauf" um 2500 v. Chr. widerspiegeln. Danach jedenfalls gab es Kupfer überall in Westeuropa.
Einige Archäologen ordnen den Becherleuten sogar domestizierte Pferde zu und verlegen den Ursprung dieser Eindringlinge weit in den Osten. Die Domestizierung des Pferdes soll ja schon 2000 Jahre früher in Asien erfolgt sein. Doch diese Theorie widerspricht den archäologischen Funden, die nur bis zur Höhe des Donauknies auftreten. Auch genetisch war da Schluss. In Osteuropa herrschte die Schnurkeramische Kultur (2800-2200 v. Chr.). Das Treffen von Glockenbecherleuten und Schnurkeramiker könnte um 2400 v. Chr. stattgefunden haben.
Glockenbecher- und Schnurkeramische Kultur fusionieren
gegen 2200 v. Chr. in Europa zur Aunjetitzerkultur
Die Horden aus dem Osten sollen die Streitaxt - und eben Pferde mitgebracht haben. Das wäre eine Gelegenheit gewesen, die Reiterei zu übernehmen.
In Mitteldeutschland, Böhmen und Mähren scheinen sich die Glockenbecher- und die Schnurkeramische Kultur nicht nur gegenüber gestanden, sondern auch zur Aunjetitzer-Kultur vermischt zu haben. Das zeigen sowohl genetische Untersuchungen, als auch die Funde von Glockenbecherkeramik mit Schnurverzierung. Die sollen vereinzelt sogar in Spanien aufgetaucht sein. Hatte da jemand Heimaturlaub? Die Weiler der Becherleute hätten ohne besonderen Schutz mitten unter den Schnurkeramischen Dörfern gestanden. Niemand kann sich erklären, wie zwei solch aggressiven Völker miteinander ausgekommen sein können. Vielleicht hatten ja beide etwas von der Koexistenz? Unsere Becherleute könnten Bronze und vielleicht Bier zum Treffen mitgebracht haben und die Krieger aus dem Osten die Streitaxt und Pferde. Doch das ist Spekulation. Pferde in kriegerischen Auseinandersetzungen sind erst seit der Schlacht im Tollensetal um 1300 v. Chr. nachzuweisen. Die eine Partei soll damals aus Süddeutschland anmarschiert sein. Dort residierte die s.g. Hügelgräberkultur, die in Tradition unserer Glockenbecherleute stand. Denn in ganz Europa hatte mit dem Aufkommen der Bronze eine gewisse Regionalisierung eingesetzt:
Aunjetitzer-Paar
In Mitteleuropa trat die Aunjetitzer-, in Frankreich die Artenacianische, in den Niederlanden die Elp- und in England die Wessex-Kultur hervor. Alle diese Kulturen aber gingen nicht nur bruchlos aus der Glockenbecherkultur hervor, sie verwendenden auch wesentliche der alten Merkmale weiter. Die Klassifizierung als „neue“ Kultur scheint sich vor allem an der Übernahme lokaler Bräuche und an normalem technischen Fortschritt festmachen zu lassen. Diese Kontinuität kann bis zum Ende der Hügelgräberzeit gegen 1300 v. Chr. beobachtete werden, wo ja selbst noch megalithische Traditionen verwendet wurden. Es entstanden später solch epochale Werke wie das Fürstengrab von Leubingen oder die Himmelscheibe von Nebra.
Die Schnurkeramiker im Osten gelten den meisten Experten auch als Vorhut der Indoeuropäer. Die Ausbreitung der neuen Sprache aber scheint von den Glockenbecherleuten "ausgebremst" worden zu sein, denn sie ist in Westeuropa erst ab 500 v. Chr. als keltisch, italisch, römisch usw. nachzuweisen. Tatsächlich vermuten nicht wenige französische Linguisten, in der becherbenutzenden Artenacianischen Kultur ein Bollwerk der Alteuropäer gegen die Indogermanen aus dem Osten. Diese Grenze hätte am Rhein gelegen und soll 1000 Jahre gehalten worden sein.
Ausbreitung der Indogermanischen Sprache
Eine andere wenig beachtete Theorie besagt, dass die Unterscheidung in die einzelnen indogermanischen Sprachen bereits mit der Ausbreitung der ersten Bauern aus dem Nahen Osten heraus begonnen habe, also 4.000 Jahre früher. Nach vanaland.wordpress.com sind  die Schnurkeramiker zwar ebenfalls die Stammväter der Indogermanen, aber ihre Wanderung sei umgekehrt verlaufen, also von Mitteldeutschland Richtung Osten (Siehe Post "Wie die Indogermanen nach Westeuropa kamen"). Wie wir sehen, ist da noch viel im Fluss. So oder so: Mit dem Zusammentreffen der beiden Kulturen entstand die "goldene" Periode der Bronzezeit in ganz Europa.

Untergang einer kontinental agierenden Kultur
Doch während die Glockenbecher-Krieger sich in Zentraleuropa tummelten, zogen bei ihren Vettern auf der Iberischen Halbinsel dunkle Wolken auf.
El Argar mit ersten Urnen aber
noch als Körpergrab




Es zeigt sich nämlich, dass gesellschaftliche Umbrüche dort mehrmals mit kontinentalen Naturkatastrophen zusammen fallen. Geologen und Klimaforscher leiten sie von tektonischen Verschiebungen der europäischen Platte ab. Atlantische Tsunamis müssen die Folge gewesen sein und gerade das flache Andalusien scheint mehrfach geflutet worden zu sein. Solch ein Kollaps soll z.B. 2200 v. Chr. mit dem Untergang von Los Millares und seinen Glockenbecherbewohnern stattgefunden haben. Die Archäologen lassen jetzt die El Argar-Kultur folgen. Die Genetiker machen dafür eine wahrscheinlich seegestützte Invasion aus dem Schwarzmeerraum verantwortlich. Tatsächlich heißt einen Region noch im heutigen Georgien - Iberien. Die Neuankömmlinge sollen bald die gesamte Population auf der Iberischen Halbinsel dominiert haben. Die Metallurgen rechnen diesen pontischen Okkupanten die Einführung der Bronze aus dem Nahen Osten zu. Sie könnten auch die nun rechteckigen Häuser eingeführt haben. Die Keramik aber soll weitestgehend die gleiche geblieben sein. El Argar habe nun auch systematisch das spanische Hinterland erschlossen. Die Hochebene La Mancha wurde mit Hunderten stark befestigten Burgen überzogen, wie wir sie eigentlich erst aus dem Mittelalter kennen.
Motillas
Die s.g. Motillas bestanden aus Trockenmauern, waren kreisrund, hatten Speicher und Zisternen und werden mit ihrem 5-Kilometer-Abstand als militärische Sicherungsposten ähnlich dem Limes interpretiert. Sie sollen ganz Andalusien abgegerenzt haben. El Argar bricht gegen 1600 v. Chr. mit einem Brandhorizont ab, wahrscheinlich hatten sich wie immer nach einem natürlichen Kollaps "Klein-Könige" um die Macht geschlagen. Das belegen auch Massengräber. Da es danach keine Stadtbefestigungen mehr gab, schlussfolgern einige Forscher, dass einer der Stadtstaaten die Führung übernommen haben muss und identifizierten ihn mit Atlantis bei Cadiz. Auch die anderen von Platon genannten Kriterien würden auf die heutige Hafenstadt und die anderen El Argar-Siedlungen zutreffen

Meine zusammenfassende Hypothese:
Die Isolation der Iberischen Halbinsel kann nur bedingt gewesen sein. Eine Hochsee-Route über das Mittelmeer und Zustrom aus Afrika scheinen dort bereits gegen 4800 v. Chr. eine megalithische Hochkultur herausgebildet zu haben. Deren Brauch, große Steine zu bewegen, hat sich jedenfalls als Status-Symbol über ganz Westeuropa ausgebreitet.
Modell einer El Argar Siedlung
Aus dieser Zivilisation müssen, wie im Osten, gegen 3500 v. Chr. hochentwickelte Stadtstaaten hervor gegangen sein, die um die Vorherrschaft stritten. Entweder in einer Konsolidierungsphase mit der neuen Mode Glockenbecher, wahrscheinlich aber nach einer Invasion um 3000 v. Chr. aus Marokko heraus, etablierte sich an der Tajo-Mündung die neue Becher-Kultur. Sie scheint ihre Krieger ab 2900 v. Chr. mit überlegenen Bronzewaffen unter zentraler Führung auf den ausgetretenen Pfaden ihrer Megalith-Vorfahren nach Nord- und Mitteleuropa geschickt zu haben. Wegen der schnellen Ausbreitung, besonders nach Norditalien, scheint diese auch mit dem Schiff voran getrieben worden zu sein. Dort, wo es ertragreich schien, ließen sie sich nieder und bildeten bald die tonangebende Elite. Bei technologischem Vorsprung funktioniert das auch heute noch so. Das Einflussgebiet der Glockenbecherkultur könnte damit durchaus auch als "Reich" interpretiert werden - was ja für die östlichen Hochkulturen üblich ist (Siehe Post "...das erste westliche Großreich?"). Wer in diesem Staat geherrscht haben könnte, ist unbekannt. Nur wenige populärwissenschaftliche Forscher vermuten das Königreich von Atlantis und beziehen sich dabei auf die Beschreibungen des griechischen Philosophen Platon. Ort, Zeit, Umstände, besonders aber "die kriegerische Einnahme ganz Europas" (außer Griechenland) würden genau den Eskapaden der Glockenbecherkultur entsprechen. Archäologie, Genetik und vergleichende Geschichte scheinen das zu bestätigen. Andere Populärwissenschaftler sehen Atlantis in der nachfolgenden El Argar-Kultur.
Zeitgleiche Hochkulturen und Großreiche

Doch das Inselreich ist für die offizielle Geschichte ein Mythos. Sie kennt nur die archaischen Großreiche im Osten. Die Entwicklung von Hochkulturen auf der Pyrenäen-Halbinsel scheint außerhalb ihrer Vorstellungswelt zu liegen. Sie verlangt eine Schrift! (Siehe Post "Phönizien und das prähistorische Westeuropa".) Die Leistungen der La Almagra-, Los Millares-, Glockenbecher- und El Argar-Kulturen in Iberien werden gerne übersehen. Obwohl alle genannten Fakten seit langem bekannt sind, habe ich noch von keinem Wissenschaftler gehört, der der Logik eines großen Reiches dort folgen könnte. So rätseln die Gelehrten weiter an den Geheimnissen rum, die die Glockenbecher in Mitteleuropa umgetrieben haben könnten.
Der Untergang von El Argar (2200 bis 1550 v. Chr.) fällt dann genau in die Zeit, als der Thera auf Sanatorien explodiert sein soll und die minoische Kultur in den Abgrund riss. In Ägypten folgten die 10 Biblischen Plagen und der Auszug der Juden, in Iberien stießen die Archäologen auf Anzeichen von Bodenversalzung und Hungerrevolten damals. In die nachfolgende kaum erforschte mittelere Bronzezeit würden die o.g. Vermutungen bzgl. Atlantis passen. Der absolute Showdown aber muss um 1250 v. Chr. stattgefunden haben: In Spanien und Portugal brechen alle Zivilisationen zusammen. Ausgräber sprechen von einem plötzlichen und radikalen Bruch. Die Ausgrabungsstätten seien "wie mit Erde und Geröll überschüttet". Das kann aus meiner Sicht nur von einer Monsterflut stammen. In Korrelation könnte eine Supernova des Hekla auf Island im Jahre 1135 ± 130 v. Chr. gestellt werden. Damit kündigen sich auf der Iberischen Halbinsel weitere große Umbrüche, neue Kulturen und eine weitere Wanderung nach Mitteleuropa an... (Siehe Post 6. "Die Katastrophenzeit um 1200 v. Chr.")