Denn es braucht weder Aliens, Chronologiekritiker noch Verschwörungstheorien. Themen wie Basken, Seevölker, Dorische Wanderung, Atlantis oder indogermanische Invasionen sind längst zu deuten. Man muss nur die neuesten Veröffentlichungen von Archäologen, Genetikern, Geologen, Linguisten und Geografen zusammenbringen. Und die lassen sich durch die sog. Katastrophentheorie zusammenfassen, welche Auf- und Untergang aller urzeitlichen Kulturen nach den immer gleichen Abläufen erklärt: tektonische Verwerfungen (auch wegen kosmischer Impacte), Tsunamis und kurzfristige Besiedlung der Höhen, atmosphärische Winter und langfristige Agrar- und Subsistenzkrisen, kriegerische Völkerwanderungen und letztlich technologischer Fortschritt. Dazu stelle ich im Einstieg "Worum es hier geht“ 7 Hypothesen auf, die gerne diskutiert werden können. Die daraus resultierende Chronologie finden Sie in den Artikeln von 1. bis 7. durchnummeriert. Eine Übersicht der damaligen Kulturen ganz unten rechts…

Donnerstag, 19. Dezember 2019

Die Stammväter der Franzosen

Auf der Suche nach Naturkatastrophen in der Ur- und Frühgeschichte unserer Nachbarn

Eiszeitliche Entwicklung der französischen Landmasse
Franzosen und Deutsche leiten ihre Geschichte gemeinsam von den germanischen Franken ab. Eine Schicksalsgemeinschaft quasi. Dabei zeigt die uns wesensfremde Aufmüpfigkeit unserer westlichen Nachbarn: da ist noch irgendetwas anders im Blut. Das muss sich allerdings lange vor deren Revolutionen, in vorschriftlicher - also prähistorischer Zeit heraus gebildet haben.
Denn die Vorfahren der Franzosen wanderten über alle Zeiten nicht nur aus dem Osten, also über Deutschland ein, sondern auch aus dem Süden, von der Iberischen Halbinsel. Das zeigen genetische Untersuchungen seit langem. Bereits in der Eiszeit vor 50 Tausend Jahren bemalten Steinzeitmenschen die Wände ihrer Höhlen in einem fotografischen Realismus, der erst in der Neuzeit wieder erreicht wurde. Beispiel, die Höhle von Lascaux, mitten in Frankreich. Die Künstler sollen aus Afrika über die Meerenge von Gibraltar gekommen sein. Von den Jägern und Sammlern danach gibt es nur wenige archäologische Funde, was Wissenschaftler mit dem periodischen Vordringen der Gletscher in Verbindung bringen.
Von Spanien über Frankreich, England nach Skandinavien:
Eine immerwährende kulturelle und genetische Verwandtschaft
Einzelne Artefakte aber zeigen, dass die gesamte Atlantikküste von Spanien bis England seit Urzeiten eine kulturelle und genetische Gemeinschaft bildet. Kein Wunder, denn während der Eiszeit soll der Meeresspiegel etwa 100 Meter tiefer gelegen haben als heute. Mesolithische Wanderer aus dem Süden konnten also einfach durchmarschieren, selbst der Ärmelkanal lag trocken. Erst als die Eismassen ab dem 12. Jahrtausend zu schmelzen begannen, wurde bis etwa dem 6. Jahrtausend nicht nur die Landbrücke nach Norden überschwemmt, sondern auch weite Teile des Pariser Beckens und Aquitaniens. Es war ja wärmer als heute! Einzelne Forscher gehen so weit, nördlich der Pyrenäen eine Meeresverbindung zwischen Atlantik und Mittelmeer zu vermuten.
Der Canal du Midi als prähistorische Meerenge?
Erst die Anschwemmungen aus den Gebirgen hätten zu einer Anbindung der Pyrenäenhalbinsel an die Europäische Platte geführt. Der Kanal du Midi zeigt heute, dass kein Berg die alte Verbindung versperrt. Außerdem spuckten in Frankreich die Vulkane des Zentralmassivs bis 4000 v. Chr. noch Feuer und Asche über das Land. Das heutige Frankreich schien also bis dahin weitestgehend Niemandsland gewesen zu sein.
Die ersten Bauern an Rhone und Rhein: Typen aus dem 
Fruchtbaren Halbmond

Erst gegen 6000 v. Chr. sickerten die ersten Bauern über die Alpen ein, die sog. Cardial- oder Impressokultur. Sie soll aus dem Nahen Osten entlang der Küsten des damals noch viel flacheren Mittelmeers via Ägäis und Adria gekommen sein. Vereinzelt wird die Vermutung laut, dass die alpine Diffusion eine Flucht vor Erdbeben-Tsunamis in der Poebene darstellte. Ein Phänomen, das auch Südfrankreich und die gesamte Atlantikküste in periodischen Abständen getroffen haben muss. Wie dem auch sei: Ihre Samen und einzelne Zuchttiere müssen die frühen Landwirte mitgebracht haben. Erst 500 Jahre später kamen die Bauern der bei uns bekannten Linienbandkeramik in den Nordwesten von Frankreich. Sie sollen von gleichem Ausgangspunkt in Anatolien die Donau hoch gewandert sein, vorrangig Viehhirten. Beide Völker vermischten sich nur langsam und spalteten sich später in dutzende archäologische Einzelkulturen auf. Französische, englische und spanische Historiker bezeichnen die Periode oft als das Alte Europa. Bei uns scheint der Begriff verpönt. Deutsche Archäologen sind der Meinung, dass damals bereits irgend ein Indogermanisch in Zentraleuropa gesprochen wurde. Doch das bezeichnen Linguisten als reine Spekulation!
Wie die neolithische Expansion, so auch die der Megalith-
und der Glockenbecherkultur

Auch als sich ab etwa 3900 v. Chr. die Megalithkultur besonders in der Bretagne breit machte, war von den östlichen Steppenvölkern noch nichts zu sehen. Im Gegenteil. Die Tradition der Großsteinanlagen soll diesmal von der Iberischen Halbinsel bis Skandinavien und an die Ostsee gewandert sein. Ursache könnten wieder tektonisch bedingte Katastrophen im Süden gewesen sein. Denn gerade in Nordfrankreich deuten Grabbeigaben darauf hin, dass der Wohlstand periodisch durch Krisenzeiten unterbrochen wurde. Wieder und wieder beklagen französische Archäologen Lücken im Fundaufkommen. Ein megalithischer Strang wäre damals entlang der Atlantikküste nach Norden, der andere über Südfrankreich bis in die Schweiz und Süddeutschland gekommen. Manche Experimentalarchäologen sind der Meinung, es gab damals schon hochseetaugliche Boote. Die Werke der etablierten Bauern zeugen von einer paradiesischen Ära, in der man Überschuss produzierte und freie Kapazitäten auslebte. Die megalithischen Gräber waren ursprünglich noch mit riesigen Erdhügeln überdeckt. Deren Fehlen heute könnte in Küstennähe wieder mit damaligen Monsterfluten in Verbindung gebracht werden. Denn in der Neuzeit waren sie bereits abgetragen.
Die Invasion der Glockenbecher in ganz Westeuropa 

Auch die gegen 2500 v. Chr. in ganz Europa sich durchsetzende Glockenbecherkultur scheint immer noch um das Zentralmassiv und die flachen Regionen Frankreichs einen Bogen gemacht zu haben. Deren Topfscherben, Armschutzplatten und kupfernen Griffzangendolche fand man hierzulande nur in der Bretagne, den Vogesen und im Alpenraum. Wahrscheinlich wurden damals auch die ersten Höhensiedlungen entlang der Geländeprofile befestigt. In Deutschland lautet die offizielle Lehrmeinung, dass die späteren Bechertrinker aus Ungarn stammen sollen, zu fremd seien die neuen Gene! In historisch kurzer Zeit von etwa 200 Jahren sollen sie mal schnell nach Spanien gegangen sein, dort erst die typischen Glockentöpfe geholt haben, um damit - wieder zurück - den Markt in Mitteldeutschland zu überschwemmen. Eine andere Theorie besagt, dass die neue Keramik sich als Modeerscheinung durch Handel massiv und kontinental verbreitet hätte.
Die ersten Biertrinker stammen nicht aus Deutschland?
Beides wäre in der Weltgeschichte einmalig. In Westeuropa hingegen glauben die meisten Wissenschaftler, dass die Becher-Invasion, von Anfang an und wie üblich aus Spanien oder sogar Marokko heraus vorgetragen wurde. Man ist sich sicher, dass die ersten Vorstöße über das Meer erfolgt sein müssen. Aus den Bechern soll übrigens Bier getrunken worden sein! Genetische Untersuchungen weisen darauf hin, dass damals ganze Familien über große Entfernungen unterwegs waren. Wieder eine katastrophenbedingte Völkerwanderung? Geologen bringen die Häufung von Erdbeben in der Frühzeit mit dem schwächer werdenden Druck der schmelzenden Eismassen auf die nördlichen Erdplatten in Verbindung. Wie dem auch sei - damals müssen sich die bis heute entscheidenden Gene in Frankreich durchgesetzt haben: Die sog. männlich Haplogruppe R1b, die heute noch den Genpool in ganz Westeuropa dominiert. Das war vor fast 5000 Jahren. Und erst jüngst wurde diese DNA im viel früheren Grabungsschichten Spaniens gefunden. Waren das zugewanderte Afrikaner?
Der Rhein als immerwährende Grenze der Gene und Kulturen?

In Westeuropa liest man hin und wieder von der genetischen und kulturellen Bipolarität Europas. Das ist eine Theorie, die die 4000 jährige ethnische Trennung vom westlichen Alteuropa gegenüber den östlichen Steppenvölkern postuliert. Die diffuse Grenze hätte im Wesentlichen der Rhein abgegeben. Für rassistische Phantasien taugt das Modell aber nicht: Beide Seiten sollen sich nämlich aus der neolithische Expansion des Nahen Ostens gespeist haben. Der eine Strang sei in Wellen wieder und wieder nach Osteuropa eingefallen, der andere - über das Mittelmeer und seine Ränder - in Westeuropa. Und zwar über alle Zeiten und Kulturen hinweg. Diese Hypothese will die permanenten neolithischen Impulse von der Iberischen Halbinsel nach Frankreich und Zentraleuropa erklären. Einige französische Archäologen verweisen dazu auf die in Deutschland völlig unbekannte Artenacianische Kultur.
Der unscheinbare Glockenbecher als Symbol
 einer anderen Welt?
Sie soll gegen 2400 v. Chr. am Atlantik gesiedelt haben, später in ganz Nordfrankreich. Die megalithischen Bogenschützen hätten sich ethnokulturell völlig von den östlichen Schnurkeramikern unterschieden. Außerdem sollen sie über 1000 Jahre einen Gegenpol zu den östlichen Donauvölkern gebildet haben, regelrecht als organisiertes Bollwerk. Archäologisch lässt sich auf den Bergspornen östlich des Rheins eine limesartige Kette megalithischer Höhensiedlungen über Vogesen, Pfalz, Hundsdrück, Eifel und Ardennen aus jener Zeit nachweisen. Verschiedene Wissenschaftler sehen die Artenacianer als reine Glockenbecherleute, quasi den alteuropäischen Vorgängern der historisch bekannten Aquitani. Von den Bechertrinkern wiederum ist bekannt, dass sie sich gegen 2200 v. Chr. erneut in mehrere Einzelvölker auflösten. In Mitteleuropa vermischten sie sich beispielsweise mit den östlichen Schnurkeramikern zur Aunjetitzer Kultur. So oder so: Die Westexpansion der Indogermanen vom Kaukasus scheint also mindestens noch bis 1600 v. Chr. ausgebremst worden zu sein.
Die sog. Atlantische Bronze als Indiz einer
 untergegangenen Kultur?

Damals explodierte der Vulkan Thera auf Santorin, und verwüstete den ganzen Mittelmeerraum. Er muss auch Südfrankreich in Mitleidenschaft gezogen haben. Die verheerendste Katastrophe Westeuropas aber soll gegen 1200 v. Chr. vom isländischen Vulkan Hekla ausgegangen sein. Sämtliche Kulturen brachen damals entlang der Atlantikküste ab und neue taten sich schwer mit einer Wiederbesiedlung. Die Zeit danach ist gekennzeichnet durch Nomadentum, minderwertige Bronzeartefakte, Kriegsgerät, Opferkult und vergrabene Schätze. Ausnahmen kunstvoller Bronzen scheinen aus dem Handel mit dem Osten zu stammen. Von Portugal bis Schottland und ins norddeutsche Tiefland zeigt sich die gleiche krisenhafte Armedei. In Südfrankreich wird sie an Basken und Iberern festgemacht, die über die Pyrenäen kamen. Davon hört man aber bei hiesigen Archäologen nichts. Sie thematisieren auch nicht die Hintergründe des Vorrückens der völlig anders tickenden Urnenfelderkultur aus Ungarn und Süddeutschland an den Atlantik.
Die Indogermanische Expansion
Einig scheinen sich alle nur in der Erkenntnis zu sein, dass die Träger des neuen Grabritus die indogermanischen Sprachen mit in den Westen brachten. Waren ab 1000 v. Chr. die östlichen Steppenkulturen jetzt ohne Wiederstand ins geschwächte Westeuropa eingewandert? Diese Entwicklung manifestiert sich mit dem Vordringen erst der Hallstatt- und ab 500 v. Chr. der Latène-Kelten. Sicher weiß man das z. B. von den sog. Volcae Tectosages, die aus Thüringen zugewandert sein sollen. Sie sind die ersten schriftlich nachgewiesenen Indogermanen, bringen das Eisen mit und waren deshalb unschlagbar. In ihnen sehen die meisten Franzosen ihre Vorfahren. Das ist ja von den Römern so auch schön aufgeschrieben worden.
Genetisch aber scheint die westeuropäische Ethnie am Atlantik - wir wissen es schon - längst abgeschlossen gewesen zu sein. Das Glockenbecher-R1b dominiert ja bis heute. Es entstanden ab 300 v. Chr. auch einige Keltenburgen mit ihren typischen Holz-Erde-Wällen.
Carcasonne: Mittelalterliche Idealstadt als 
überbaute Keltensiedlung
Die meisten von ihnen wurden später von Römern und Franken überbaut, wie beispielsweise in Carcassonne. Es muss also auch Zoff mit den einheimischen Alteuropäer gegeben haben, wie die bereits erwähnten Aquitani am Atlantik. Nicht wenige Linguisten sehen eine Verwandtschaft in den heutigen sprachlich völlig aus dem Rahmen fallenden Basken. Es fehlen in Frankreich aber die in Deutschland typischen eisenzeitlichen gleichmäßigen Feldterrassen wie an Rhein, Mosel und Main, auf denen erst später Wein angebaut wurde. Das deutet darauf hin, dass die schlimmsten Folgen der klimatischen und landwirtschaftlichen Krisen bereits überwunden waren. Dafür sollen damals jene Höhlen für Begräbnisse entstanden sein, die im Mittelalter als Wohnhöhlen genutzt wurden. Die gibt es wiederum in Deutschland kaum und einzelne Forscher glauben, dass sie viel früher angelegt worden waren. Geologen sehen in den oberen Steinschichten die Ablagerungen der prähistorischen Monstertsunamis.
Volcae aus dem Thüringer Becken in Südfrankreich?

Ab ca. 500 v. Chr. kommen auch neue Kolonisten am Mittelmeer ins Spiel, wie Phönizier, Griechen und Römer. Sie bezeichnen die Kelten in Frankreich als Gallier. Ihrer Überlieferung verdanken wir das Wissen vom griechischen Handelsposten im heutigen Marseille. Dort hatte man immer mal wieder Stress mit den Galliern im Hinterland und rief 125 v. Chr. die Römer zu Hilfe. Die breiteten sich nun - nicht selbstlos - in ganz Südfrankreich aus, was im mörderischen Krieg Cäsars gegen Versingetorix mündete. Dieser wird heute als Nationalheld Frankreichs verklärt. Nichts desto trotz brachten die Römer Fortschritt, Kultur und Wohlstand in das wilde Gallien. Auch klimatisch muss das eine günstige Zeit gewesen sein.
Die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern: Römer gegen 
Hunnen oder alle gegen alle?
Gegen 8 v. Chr. konnte Toulouse aus den Bergen an seinen heutigen Standort an der Garonne umgesiedelt werden. In die Römische Periode fällt außerdem die erste Melioration des am Atlantik immer noch weithin versumpften Landes. Aber erst unter Napoleon wurde der letzte Teil dieser Sumpflandschaft mit den sog. Landes entwässert.
Doch auch nach der Zeitenwende gab es Zuwanderung in Frankreich. Die Römer hatten bereits ab 300 verbündete Germanen zur Grenzsicherung ins Reich geholt, besonders Franken und Burgunden, sogar Skythen und Alanen aus dem Kaukasus. 451 fand irgendwo in Frankreich die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern statt. Dort besiegten offiziell die Römer die Hunnen, aber eigentlich nahmen dort aller Völker und Stämme der damaligen Zeit teil. Auch Thüringer. Ab dem 5. Jahrhundert strömten immer mehr beutehungrige Stämme nach Gallien ein, wie Vandalen und Sueben, die aber nach Afrika weiterzogen. Andere schufen nach dem Zerfall des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert eigene Reiche am Atlantik.
Die Expansion der germanischen Franken
Nach einer vorübergehenden Dominanz der Westgoten gründeten die Franken unter Chlodwig I. das Reich der Merowinger, benannt nach ihrer Königsdynastie. Sie übernahmen zahlreiche römische Werte und Einrichtungen, allem voran natürlich den Katholizismus. Und erst jetzt ging das große Mischen langsam zu Ende. Eine nochmalige Invasion aus dem Süden wurde von ihnen abgewehrt. Im Jahre 732 gelang es Karl Martel in der Schlacht von Tours und Poitiers der von der iberischen Halbinsel ausgehenden Islamischen Expansion Einhalt zu gebieten. Die fränkische Königsdynastie der Karolinger folgte den Merowingern nach. Karl der Große - 800 zum Kaiser gekrönt - beherrschte noch einmal ein Reich vom Balkan bis an den Atlantik. Seine Enkel aber teilten das Frankenreich 843 mit dem Vertrag von Verdun auf; dessen westlicher Teil entsprach in etwa dem heutigen Frankreich, die Östlichen führten schließlich zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.
Die Topografie Frankreichs als Spiegelbild ihrer Geschichte
Alle noch späteren Invasoren, die ihren Stammbaum bei den Franzosen anhängen wollten - Normannen, Engländer, Spanier oder Deutsche - wurden letztendlich wieder raus geworfen. Genug ist wirklich genug! So kam es jedenfalls, dass beide Länder ihre Vorfahren von den indogermanischen Kelten und Germanen ableiten.
DNA und Geschichte aber haben uns gezeigt, dass sich das temperamentvollere Naturell unserer Nachbarn viel früher heraus gebildet hatte. Und dass es im Wesentlichen aus dem Süden geprägt worden sein muss. Wen wundert’s! Wir alle sind Afrikaner und Asiaten - aber die Völkerwanderungen über Gibraltar haben nur wenige auf dem Schirm. Die strittige Herkunft der genetisch dominierenden Glockenbecherkultur macht die Lage nicht einfacher. Es ist deshalb kaum zu erwarten, dass in absehbarer Zeit die Franzosen ihren Nationalmythos ändern werden.

Montag, 25. November 2019

Das Prähistorische Rügen

Rügen und seine prähistorischen Hinterlassenschaften
Versuch einer Differenzierung der Wirkungsrichtung mutmaßlicher Katastrophentsunamis

Die Ferieninsel in der Ostsee ist nicht nur wegen tausender archäologischer Denkmale ein Eldorado für Hobbyhistoriker, ihre ganze archaische Geografie, ja heutige Infrastruktur, scheint ein Abbild krisenhafter urzeitlicher Siedlungsschwankungen zu sein. Nur: die massenhaft auftretenden, meist komplett erhaltenen Hügelgräber passen nicht in die Chronologie der hier vertretenden Katastrophentheorie. Sie scheinen alle verheerenden Fluten an die Küsten Europas schadlos überstanden zu haben.
Die meisten Relikte sind offiziell einzuordnen und können die Abfolge gut erklären:
Großsteingräber, ehemalige Steinkammern, die
mit Erde überdeckt waren
Die Großsteingräber, sog. Dolmen, zu megalithischer Zeit modern, hier also zwischen 3500 und 2200 v. Chr. Die Hügelgräber stammen ausweislich ihrer Beigaben aus der Bronze-bzw. Früheisenzeit, hier auf Rügen nach 1800 bis einiges vor der Zeitenwende. Die Wallanlagen sollen alle slawisch sein, also von 800 bis 1200 vielleicht. Und da geht es schon los: Was war in den Zwischenzeiten? Keine Funde - keine Menschen! Wo haben die Erbauer der Großstein- und Hügelgräber gelebt? In den sturmflutbedrohten Niederungen wohl kaum! Wer sich die Karte mit den frühzeitlichen Denkmalen anschaut, erkennt zunächst die Konzentration aller Artefakte auf den hügeligen Südwesten der Insel.
Das passt: Nach der Katastrophentheorie, wie sie von Bernhard Hänsel, Frank Falkenstein u.a. vertreten wurde, müssen um 1200 v. Chr. riesige Flutwellen - ausgehend von einer Super Nova des isländischen Vulkans Hekla - das gesamte küstennahe Flachland Europas überschwemmt haben. Der Monster-Tsunami könnte also auch den Nordwesten Rügens erreicht haben. So etwas bleibt lange im Gedächtnis der Menschheit haften: Die frühen Siedlungen mussten auf der „Gegenseite“ des Hekla entstehen, so hoch wie möglich, bei 90 m war allerdings Schluss. Eigentlich nicht viel für die von Meeresforschern vermuteten Riesenwellen.
Bronzezeitliche Hügelgräber, deren Erdabdeckung
nicht abgeschwemmt wurde 

Auch die Großsteingräber passen: Sie waren ja beim Bau nachweislich ebenfalls mit Erde überdeckt und sahen wie die späteren bronzezeitlichen Hügelgräber aus, vielleicht etwas höher. Die Fluten müssen nicht nur die Erdabdeckung der Steinkammern hinweg geschwemmt haben, sie scheinen so stark gewesen zu sein, dass fast alle „Tischkonstruktionen“ durcheinander gewirbelt wurden (Siehe Post: Dolmen und andere Großsteingräber als Indikatoren verheerender Flutwellen). Der Laie sieht heute nur ein paar große Brocken sinnlos im Geländer herumliegen. Kaum einzuschätzen ist natürlich, was da zusätzlich erst später von Menschenhand zerstört wurde. Aufmerksamen Wanderern über die Insel dürfte nicht entgangen sein, dass die erhaltenen und dadurch bekannten Großsteingräber höchstens ein Zehntel aller auf der Insel vorhandenen Großsteinansammlungen ausmachen. Und - wen wundert’s: Solche Findlingskonzentrationen treten prinzipiell nur neben scheinbar eingeebneten Höhen mit künstlich versteilten Abhängen auf (meist Magerrasen, hier als Schanzen bezeichnet).
Von denen tragen dann einige auch noch zweifelsfreie Namen: Hagener Berg (am Schmachter See), Franken-berge (bei Sellin), Plan-sberg (Göhren) oder Baken-berg (bei Posewald). Sie trennen sich typischerweise durch tiefe unnatürliche Gräben von den Nachbarbergen ab, wie nördlich von Altreddevitz und östlich von Sellin.
Kap Arkona: slawische Jaromarsburg, 9.-12. Jahrhundert
Dazu kommen dutzende für Fremde namenslose Höheniedlungsverdachtsplätze gleicher Machart mit Großsteingräbern zu ihren Füssen, wie über Moritzdorf, Baabe, Altredewitz oder Mittelhagen, wahrscheinlich auch einige im Nationalpark Jasmund. Genauso weisen große Geländestufen an beliebten Ausflugsbergen von Rügen auf ehemalige (Dornen- oder Palisaden-) Verschanzungen hin: Große Stubbenkammer mit Königsstuhl und -grab, Jagdschloss Granitz oder der Ernst-Moritz-Arndt-Turm. Alle ausgewiesenen Gräber-Sightseeing-Highlights lassen sich solchen wahrscheinlich ehemals befestigten Anhöhen zuordnen: Dobberworth zu Siebenberge mit mehreren Grabhügeln, Gräberfeld Lanecken zum Granitzberg, Hügelgräber um Lohme zu den Bergen um Hagen. Denn Gräber lagen zu allen Zeiten in allen Kulturen direkt neben den Wohnorten. Ich kann aber nur vermuten, dass solche Höhen befestigte Wohnplätze getragen haben, ich bin ja kein Archäologe. Auch zu welcher Zeit die Menschen da oben gesiedelt haben, entzieht sich mir völlig! Das kann wirklich von den ersten Bauern bis zu den Slawen gewesen sein. Denn warum sollten es die Altvorderen auf Rügen anders gemacht haben, als ihre Vettern in ganz Europa: Die hochliegenden Siedlungsverdachtsplätze wurden wieder und wieder überbaut.
Tektonische Tsunamis und Sturmfluten aus Nordwest - 
prähistorische Artefakte konzentrieren sich im Südosten
Ich habe sie jedenfalls alle in die Karte eingetragen, zusätzlich mit solchen Flurnamen, die in Süd- und Mitteldeutschland oft urzeitliche Siedlungen getragen haben. Sicher kennen Einheimische viel mehr.
Trotzdem würde die angenommene kulturelle Abfolge zu meiner Katastrophentheorie passen (Siehe 1. Post in diesem Blog), wenn nicht die unberührten Hügelgräber wären. Denn die sollen ausweislich der Grabbeigaben aus der Bronzezeit mit dem Höhepunkt zwischen 1600 und 1200 v. Chr. stammen. Dann müssten sie aber ebenso zerstört sein, wie ihre Vorgänger, die megalithischen Großsteinsetzungen. Keine Zerstörungen - keine Flut! War da also nichts?
Kenner der Materie wissen aber, es muss mehrere globale Katastrophen gegeben hat. Geologen, Klimaforscher, Genetiker, Historiker und auch einzelne Archäologen plädieren aus ganz unterschiedlichen Ländern und Indizien heraus nicht nur für 1200 sondern auch für 1600, 2200, 3900 und 6200 v. Chr. (Siehe Post „Europa im Rhythmus globaler Naturkatastrophen“)
Zu diesen Zeiten hätten weltweit ähnliche Phänomene stattgefunden, nicht nur in Europa. Deren Auswirkungen könnten sich natürlich auch nach anderen ursächlichen Quellen gerichtet haben. Der Hekla ist ja nicht der einzige Vulkan, der in der Frühzeit Feuer gespuckt haben muss.
"Stubbenkammer" mit Königstuhl und-grab: 
Die Artefaktverteilung und -zerstörungen auf Rügen weisen zwar in Richtung des isländischen Zerstörers, aber alle Sturmfluten von dort hätten ja noch Dänemark überwinden müssen, bevor sie Rügen direkt trafen. Dass es diese Abläufe gegeben haben muss, darauf verweisen ja nicht nur die „zerfransten“ Küsten der Region, sondern auch die zerfallenen Großsteingräber im gesamten norddeutschen Tiefland. Wissenschaftler glauben, dass in der frühen Bronzezeit mit dem Bau solcher Megalithanlagen Schluss war. Das wiederum lässt vermuten, dass die großen Steingräber von der Katstrophenflut gegen 2200 v. Chr. zerstört worden sind. Jedenfalls alle im Flachland, was die Tsunamis auch erreichen konnten. Meteoriteneinschläge und damit Erdbeben, Vulkanausbrüche und Flutwellen wurden damals besonders im baltischen Raum konstatiert. Das könnte die Zeit gewesen sein, wo auch Wellen über Dänemark, Rügen und ganz Norddeutschland hinweggegangen sind. Eine ausschließlich „menschengemachte“ Zerstörung schließe ich aus - warum sollten dann die Hügelgräber aus der Bronzezeit verschont worden sein?
Königstuhl mit versteilten Abhängen als 
befestigte Höhensiedlung?

Diese haben einer ganzen Epoche in Europa ihren Namen gegeben: Der Hügelgräberkultur, wie auch auf Rügen zwischen 1600 und 1200 v. Chr. Sie war aus der mitteleuropäischen Aunjetitzerkultur hervorgegangen, einer Vermischung aus westlicher Glockenbecher- und östlicher Schnurkeramik. Nach der Katastrophentheorie müssen auch bei ihr Aufstieg und Fall auf einen jeweiligen Kollaps zurück geführt werden können. Um 1600 v. Chr. ist nur der Ausbruch des Vulkans Thera auf Santorin bekannt, der entsprechend besonders den Mittelmeerraum in Mitleidenschaft zog. Der folgende Klimawandel und kriegerische Völkerwanderungen aber scheinen auch die Kulturen Mitteleuropas betroffen zu haben. Das Ende der Hügelgräber um 1200 v. Chr. fällt mit den Zerstörungen zusammen, die vom Hekla ausgegangen sein sollen. Dessen zerstörerische Flut kann ja Rügen nicht erreicht haben, weil die Hügelgräber noch stehen. Tatsächlich finden sich die mittelbronzezeitlichen Grabaufwürfe in Deutschland fast ausschließlich nur in höher gelegenen Regionen und nicht im flachen Küstenhinterland. Es ist gut vorstellbar, dass die mutmaßliche Heklawelle sich von der Nordsee aus in die Rhein-, Weser- und Elbtäler ergossen hatte, Rügen aber von der Dänemarkbarriere geschützt wurde.
slawische Hertaburg: noch heute 17 Meter hoher Wall
Wie in den Mittelgebirgen blieben die Hügelgräber erhalten. Trotzdem brach die Kultur ja um 1200 v. Chr. ab. Wanderten die die Menschen aus?
Früher habe ich gedacht, dass pauschal alle gesellschaftlichen Umbrüche direkt auf die zerstörerischen Fluten zurück geführt werden müssen. Heute weiß ich, dass die zwingend folgenden Agrar- und Subsistenzkrisen mit anschließenden kriegerischen Völkerwanderungen, noch größere Schäden anrichten konnten. An eine völlige Abwanderung der Menschen glaube ich persönlich aber nicht. Darauf deuten Grabbeigaben aus Eisen und Nachbestattungen in bronzezeitlichen Hügelgräbern hin. Ein niedriges kulturelles Niveau und das Fehlen von Eliten wären allerdings dann für diese Periode zwingend. Die Urnenfelderkultur jedenfalls soll sich hier im Norden nur langsam breit gemacht haben, wahrscheinlich erst mit den Germanen ab 600 v. Chr. Die Slawen kamen ja dann nach deren Abwanderung 1000 Jahre später.
Vor irgendjemand aber müssen sie sich mächtig gefürchtete haben. Ihre Burgen, nicht nur auf Rügen, gehören ja zu den Aufwendigsten in ganz Osteuropa. Die extrem hohen Wälle mit kleiner Grundfläche sind sie hier vorbildlich erfasst. 17 Meter hohe Aufwürfe noch heute an der Hertaburg erscheinen gewaltig. Dass das Ding sich überhaupt noch hält! Zumindest zeigt sich in ihnen auch eine Kontinuität in der Holzarchitektur noch bis in die fränkische Zeit hinein. Wer aber waren die Gegner der Slawen? Die Germanen tobten sich im Römischen Reich aus. Oder waren welche geblieben, vielleicht sogar noch  aus viel früherer Zeit…?
Hier gibt es also noch viel zu erforschen. Das zeigen auch die Diskussionen über Rügen, ob nicht manche Slawenburg auf urzeitlichen Fundamenten ruht, wie der Wall von Ketelshagen, der Hengst nördlich von Sassnitz oder der Schanzenort Sellin. Die meisten dieser Befestigungen sind sowieso noch gar nicht wissenschaftlich erforscht. Die berühmte slawische Jaromarsburg auf Kap Arkona oder der Rugard neben Bergen, die höchste Stelle Rügens, ergeben jedenfalls regelrechte Zwangssiedlungen über alle Zeiten auf Grund ihrer genialen strategische Lage. Na denn man tau…

Samstag, 26. Oktober 2019

Sardinien - Sprungbrett zwischen Phönizien und Iberien?

Zentren der Nuraghen
auf Sardinien
Die publizierte Geschichte der Mittelmeerinsel scheint ein Paradebeispiel für die eindimensionale Sicht vieler Archäologen: Jede urzeitliche Entwicklung in
Sardiniens Anbindung an den Festlandsockel
Sardinien soll aus dem Osten inspiriert worden sein! Das würden uns die Keramik-Scherben verraten! Dabei weisen Indizien darauf hin, dass der entscheidende Motor für die prähistorischen Vorgänge auf dem Eiland im westlichen Iberien gestanden haben könnte.
Genetische Untersuchungen der mtDNA Haplogruppe J zeigen nämlich vor 45.000 Jahren bereits eine Verwandtschaft der Sarden mit den Basken an. Auch vor 13.000 Jahren sollen auf die Insel Menschen eingewandert sein, die DNA-Beziehungen in die Pyrenäen aufweisen. Damals muss es wegen der Masse an eisgebundenem Wasser eine Landbrücke von Sardinien über Korsika an das Europäische Festland gegeben haben. Auf topografischen Karten ist das bei mutmaßlichen minus 100 Metern Meeresspiegel deutlich zu erkennen. Erst mit der Eisschmelze, deren Höhepunkt gegen 6200 v. Chr. angenommen wird, scheint sich die Insel heraus geschält zu haben.
Wie kamen die ersten Bauern um 7000 v. Chr. nach Sardinien?
Die Cardium-Kultur soll noch den Sprung nach Sardinien geschafft haben, jene urzeitlichen Siedler, die die Landwirtschaft aus dem Nahen Osten über die Ägäis nach Italien herangeführt hatten. Merkwürdigerweise sind auch die mit den Basken über ihre DNA verwandt. Spätestens gegen 4200 v. Chr. soll aber jedes Insel-Jumping unterbrochen gewesen sein. Die Abgeschlossenheit hätte nun einen hohen genetischen und kulturellen Anteil aus Steinzeit und Neolithikum bewahren können - sagen die Experten. Der entwickelte sich aber scheints nicht viel anders als auf dem Festland. Die Gletschermumie Ötzi beispielsweise soll um 3250 v. Chr. Verwandte auf Sardinien gehabt haben. Man kann also ständige Kontakte mit dem Umland voraus setzen, was nur mit hochseetauglichen Schiffen zu erklären wäre.
Danach aber kommt der Westen ins Spiel.
Sardinien als Bestandteil der Megalithkultur
Als spätestens gegen 3900 v. Chr. die Megalithkultur aus Spanien heraus zu wandern begann, tauchten mit der Ozieri-Kultur Menhire und Großsteingräber auch auf Sardinien auf. Einzelne Wissenschaftler bringen das mit Naturkatastrophen auf der iberischen Halbinsel in Zusammenhang. Malta mit seinen berühmten Steintempeln fällt als Impulsgeber aus, weil es selbst erst damals begonnen haben soll, Steine zu schichten. Auch sonst gab es nirgendwo im Umfeld vergleichbare Strukturen, was die Einwanderung aus dem Westen vermuten lässt, zumindest deren religiöse Idee. Die megalithischen Anlagen entwickelten sich nun immer weiter bis zu den sog. Gigantengräber später.
Von wo die Kupferverarbeitung gegen 2700 v. Chr. auf Sardinien übernommen wurde, darüber streiten die Gelehrten. Es geschah auf jeden Fall zeitgleich wie im spanischen Andalusien.
Sardinien als Stützpunkt der Glockenbecherkultur?
Die Bronzeverbreitung wiederum lässt sich mit dem Einmarsch der Glockenbecherkultur gegen 2000 v. Chr. verknüpfen, mit ihren typischen Armschutzplatten, Dolchen und Trinkgefäßen. Über deren Herkunft und Ausbreitung wird offiziell gestritten, aber nach Sardinien kamen sie - genetisch nachgewiesen - über die Balearen aus Iberien. Nach Meinung einzelner Forscher sollen die Bechertrinker von dort bis nach Zentraleuropa, Italien, Südgriechenland und sogar Ägypten vorgedrungen sein. Darauf deuten die komplizierten Bewegungsmuster der Haplogruppe R1b hin. In all diesen Ländern hätten sie mit den Einheimischen neue Zivilisationen gebildet.
Auf Sardinien entsteht die sog. Bonnanarokultur, die anfangs noch auf die Becherform zurückgreift. Sie fängt an, gigantische Trockenmauerburgen zu bauen, sogenannte Nuraghe. Sie bestanden aus einem zentralen Wehrturm umgeben von teils komplexen Nebengelassen. Es scheinen autarke Militärstützpunkte zur Beherrschung des lokalen Umfeldes gewesen zu sein. Nach ihnen wird ab 1600 v. Chr. die ganze Kultur auf Sardinien bezeichnet, die sog. Nuraghenkultur.
Nuraghen: 3600 Jahre alte "Ritter"-Burgen?
Die Burgen sehen wie die Vorläufer aller antiken und mittelalterlichen Befestigungsanlagen Europas aus. Davon gibt es noch heute viele Tausend auf Sardinien. Sie verlangen eine lange Baugeschichte, sehr viele zur Erbauung notwendige Bewohner und eine wichtige Militärstrategie dahinter. Neben den Nuraghen zeugen aber auch viele andere Bauwerke von einer Hochkultur in dieser Zeit auf Sardinien. Diese kann durchaus mit den Errungenschaften in Troja damals verglichen werden. Nicht wenige dieser Monumente waren dem Einfangen von Wasser gewidmet.
Nuraghen auf Sardinien
Herrschte damals eine Trockenperiode? Einem Mythos nach soll das alles vom Volk der Pelagi errichtet worden sein. Das heißt so viel wie, „die aus dem Meer kamen“ und assoziiert einen Namensverwandtschaft mit den umstrittenen Pelasgern. So werden die ältesten, also vor-indogermanischen Bewohner Griechenlands bezeichnet. Sind wir hier den Alteuropäern auf der Spur? Alle Historiker sehen diesbezüglich eine Invasion aus dem östlichen Mittelmeerraum heraus, können das aber nur mit Scherben davor und danach begründen. Doch dazu später!
Denn das wichtigste: Nebenan beim Nachbar in Spanien stehen genau die gleichen Turmanlagen herum, dort Motillas genannt. Deren Bau begann entsprechend früher, um 2200 v. Chr. So sind die Anbauten auch komplizierter, aber sie sollen von den gleichen Glockenbecherleuten gebaut worden sein.
Motillas in Spanien
Archäologen bewundern sie besonders wegen des genialen Systems der Wasserspeicherung. Mir ist vollkommen unklar, warum kein Archäologe diese Verwandtschaft erkennt. Die Burgen ziehen sich durch halb Spanien von der Mittelmeerküste bis auf das fruchtbare Hochplateau von La Mancha immer im Abstand von 4 bis 5 Kilometern. Damit könnten sie eine Art Limes gegen fiktive Feinde aus dem Norden für die zeitgleich bestehende Hochkultur von El Argar gedient haben. In Spanien werden die Errungenschaften der Motillas jedoch als eigenständige bronzezeitliche Kultur klassifiziert. Um es nochmal klar zu sagen: Wir reden hier über das 3. Jahrtausend vor Christi. Griechische Philosophen und Römische Legionäre waren noch „Lichtjahre“ weit entfernt. Die Motillas standen den Bauten der Hochkulturen in Mesopotamien und Ägypten technologisch in nichts nach. Und genau zu dem Zeitpunkt, als in Spanien diese Kultur zusammenbrach, tauchte die gleiche Architektur auf Sardienien auf.
Gigantengräber
Es wurden auch ähnliche Anlagen auf Balearen, Korsika (Torre) und der italienischen Insel Pantelleria gefunden. Da wieder um 1600 v. Chr. Tsunamis vom Atlantik her über das Flachland Spaniens hinweg gerollt sein sollen, könnte es sich auch um die Flucht wesentlicher Teile einer ganzen Zivilisation gehandelt haben. Schwerpunkt der iberischen Becher-Invasoren muss die sardische Halbinsel Sinis gewesen sein, genau in der Mitte des Eilands. Auf Sinis wurden auch die bis zu 2 Meter großen Giganten-Skulpturen von Monte Prama gefunden. Sie werden ebenfalls der Nuraghen-Kultur zugeschrieben.

Aber was ist nun mit den Scherben, die sind ja real? Seit den ersten Vorratskulturen ähneln die Töpfe auf Sardinien der Keramik aus der Ägäis. Das reicht den Archäologen für einen immer währenden östlichen Einfluss zu plädieren. Der wird auch immer vorhanden gewesen sein, denn die Insel lag ja auf der wichtigsten Handelsroute des Mittelmeeres zwischen Ost und West. Der erste vermutete Kontakt sind die sog. Augensymbole auf Gefäßen in Iberien von etwa 3200 v. Chr., die sonst eigentlich nur in Mesopotamien vorkommen.
Sardinien im Kampf der prähistorischen Kulturen?
Dann stießen die Ausgräber auf diese Pithoi-Großgefäße aus der Ägäis, die auf der Iberischen Halbinsel ab 1500 v. Chr. als Särge verwendet wurden. Da Hochseeschifffahrt - ab 3500 v. Chr. nachgewiesen - bis ins Mittelalter hinein aus technischen Gründen nur in Küstennähe möglich war und nur über Zwischenstationen funktionierte, könnte Sardinien quasi in die Rolle eines „Unterhändlers“ gedrängt worden sein. Und Töpfe waren in jeder Hinsicht das gängigste Import- und Export-Gut. Auf die Sprungbrett-Funktion deuten auch die sogenannten Ochsenhautbarren aus Kupfer hin, die ab 3000 v. Chr. massenhaft an der Südküste der Insel gefunden wurden. Die stammen alle aus Zypern, obwohl Sardinien selbst genug Kupfer besaß, um Alltagsgegenstände herzustellen. Da man die gleichen Barren auch in Frankreich ausgegraben hat, scheint zumindest hier ein „Handelsknoten Sardinien“ logisch. Unsere Insel ein Posten für Händler und Krieger, die über das Mittelmeer wollten?
Kreuzweg der Kulturen?
In schriftlicher Zeit, ab etwa 800 v. Chr., ist das für phönizische und griechische Kolonisten ausreichend belegt. Dafür spricht auch die oben erwogene Invasion der Pelasger.
Schauen wir uns die Sprache an: Heutige spanische und venezianische Dialekte auf Sardinien scheinen aus der Neuzeit zu stammen. Aber es gibt genügend muttersprachliche Linguisten, die aus den toponymischen Landschaftsnamen eine nuraghische oder protosardische Sprache rekonstruieren wollen. Diese soll sich als Folge mehrerer Invasionen von der Iberischen Halbinsel herausgebildet haben. Wieder wird eine Verbindung mit dem Baskischen hergestellt und - jetzt wird es spannend - mit dem Etruskischen im späteren Italien! Dazwischen liegt das Tyrrhenische Meer. Tyrrhenisch ist die Bezeichnung der Griechen für die Etrusker. Wieder ein Hinweis auf diese Brückenfunktion? Erst nach 1200 v. Chr. sollen sich die östlichen indogermanischen Sprachen bis Sardinien ausgebreitet haben. Eingeführt von Phöniziern, Karthagern, Römern und später sogar Germanen, die übrigens alle die Nuraghe nachgenutzt haben.
Europa im Rhythmus von Klimaschwankungen
Das sei aber nur möglich gewesen, so wieder einzelne alternative Forscher, weil vordem die westlichen Hochkulturen am Atlantik periodisch von Naturkatstrophen zerstört worden waren. Tatsächlich fallen alle hier genannten Zeiten für den Wechsel der Kulturen auf Sardinien mit einem jeweils von Geologen ausgemachten Umwelt-Kollaps vor Christi zusammen: 10500, 6200, 3900, 2200, 1600 und 1200. Diese Jahreszahlen sind in ganz Europa mit Erdbeben, Vulkaneruptionen, Klimakatastrophen, Agrarkrisen, Völkerwanderungen, Kriegen und kulturellem Wechsel verbunden. Für den letzten großen Umbruch ist auch das gemeinsame Ende für Motillas und Nuraghe nachgewiesen. Ursache könnten wieder Fluten im Mittelmeer gewesen sein. So wurden viele dieser Urburgen auf Sardinien aus einer inzwischen versteinerten Schlammschicht ausgegraben, vorrangig im Südwesten. Überhaupt scheinen die Nuraghen um so mehr zerstört, je näher sie zur Meerenge von Gibraltar liegen. Wer herausbekommt, wie hoch diese mutmaßlichen Flutablagerungen reichen, weiß, wie hoch der oder die Tsunamis gewesen sein müssen. Daraus lässt sich u. a. auf die Katastrophen-Auswirkungen in Iberien schließen.
Sarden unter den Seevölkern in Ägypten?
Wieder könnte es um 1200 v. Chr. eine kriegerische Flucht Richtung Osten gegeben haben, denn auf Mallorca wurde erst jüngst ein entsprechend datiertes Schwert ausgegraben. Das heute nach ihren Befestigungsanlagen bezeichnete Volk der Nuraghen wurde später von den Phöniziern als Srdn bezeichnet. Den gleichen Namen trugen in ägyptischen Hieroglyphen Hilfstruppen gegen die Hethiter und Teile der sog. Seevölker, die gegen 1200 v. Chr. alle Hochkulturen des östlichen Mittelmeerraumes platt gemacht haben. Um die Namensübereinstimmung wird gestritten. Erst bei den ab 1000 v. Chr. gegen Westen expandierenden Phöniziern aus der Levante gilt der Bezug als gesichert. Waren die Sarden Teil einer Völkerwanderung, die den östlichen Mittelmeerraum attackierte?
An dieser Stelle muss jeder renommierte Wissenschaftler aussteigen. Nach den Beschreibungen des griechischen Philosophen Platon aus der Mitte des 4. vorchristlichen Jahrhunderts nämlich, soll eine starke Seemacht von jenseits der Säulen des Herakles (Gibraltar) ganz Europa bis nach Tyrrhenien (Mittelitalien) und in Afrika bis Ägypten okkupiert haben. Ihr Name: Atlantis! Einzelne Autoren sehen in der Glockenbecherkultur deren archäologisches Äquivalent, in Cádiz die Nachfolgerin der in den Fluten untergegangenen Hauptstadt, in der Iberischen Halbinsel deren ursprüngliches Eiland. Die von Platon beschriebene Expansion der Atlanter über Tyrrhenien (später Etrurien) nach Athen kann so nur über das Sprungbrett Sardinien gelaufen sein. Der Schriftsteller Sergio Frau geht sogar so weit, die Insel als das eigentliche Atlantis darzustellen. Das hieße aber Platon zu vergewaltigen! Letztlich bleiben das alles nur indizienlastige Spekulationen.
Sardinien als Sprungbrett der Kolonisten ab 1000 v. Chr. 

Als sicher gilt nur: Ja, Sardinien wurde aus dem Nahen Osten geprägt. Zweimal sogar entscheidend: Im Neolithikum und während des Phöniziereinfalls. Dawzischen aber müssen etwa 4000 Jahre Einfluss vom großen Nachbarn Iberien gelegen haben. Wie überall nämlich wurde die Entwicklung der Insel durch ihre geografische Lage bestimmt. Der exponierte Standort zwischen Gibraltar und Mittelmeer scheint sie in die Rolle eines Sprungbretts gezwungen zu haben, zwischen den atlantischen Völkern und dem Nahen Osten. Letzterer als der immerwährende Nabel der prähistorischen Welt. 

Freitag, 4. Oktober 2019

Die nächste Sintflut kommt bestimmt

Apokalypse oder periodische Realität?
Sonst bemüht sich dieser Blog ja immer, den Naturwissenschaften gerecht zu werden. Doch ein bisschen Science Fiction könnte das Thema vielleicht befördern.
Astrologen und Geologen sind sich längst sicher: Der nächste Zusammenstoß unseres Planeten mit einem anderen großen Himmelskörper ist nur eine Frage der Zeit. Was dann passiert, hängt von tausenden Parametern ab und kann unmöglich im Detail vorher gesagt werden. Die gute Nachricht: Die Menschheit wird es wahrscheinlich überleben. Wir sind inzwischen 7,5 Milliarden und irgendjemand wird einen sicheren Winkel finden. Der schlimmste anzunehmende Gau: Der Impact mit einem ähnlich großen Planeten, wie es die Kollisions-Theorie zur Entstehung des Mondes vor 4,5 Milliarden Jahren beschreibt. Solch einen Wummi würde man aber früh erkennen und entsprechende Lebenserhaltungssysteme auf Nachbarplanten schaffen können. Doch alle anderen Kometen, die so groß sind, dass sie nicht in der Atmosphäre verglühen, müsste unsere Spezies zu Hause aussitzen können. Selbst der Impact vor 65 Millionen Jahren, der für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich gemacht wird, hat ja Exen und Vögel übrig gelassen.
Klimaschwankungen über die Jahrtausende
Was also aus uns wird, steht buchstäblich auf einem anderen Stern. Es gibt tausende Analysen und Theorien dazu. Die geologischen, klimatischen und biologischen Konsequenzen eines Asteroideneinschlags sind ziemlich gut erforscht und nicht wenige Blogbuster unterhalten uns mit ziemlich real wirkenden Endzeitgeschichten. Aber kaum einer kommt auf die Idee, nach historischen Erfahrungen der Menschheit mit solchen Katastrophen zu fragen. Dabei scheint Homo sapiens bereits mehrere vernichtende Einschläge überstanden zu haben, wahrscheinlich um die Jahre 10000, 6200, 3900, 2200, 1600, 1200 v. Chr. und noch einmal 536 jetzt unserer Zeitrechnung. Die scheinen hinlänglich, durch Klimamodelle, Eiskernbohrungen und Pollenanalysen, belegt zu sein. Einzelne Forscher zählen sogar noch mehr auf.
Eine Ahnung von Größerem?
Anders lassen sich nämlich bestimmte historische Umbrüche nur schwer erklären: Die großflächige Siedlungsbildung noch vor der neolithischen Revolution wie in Göbekli Tebe (10000 v. Chr.), mehere Sintfluten mit der bleibenden Herausbildung von Ärmelkanal und Bosporus (6200 v. Chr.), der Erfolg der Megalithkultur in Iberien und ihre Wanderung durch ganz Westeuropa (3900 v. Chr.), der gleichzeitige Untergang der westlichen Glockenbecher- und der östlichen Schnurkermischen Kultur (2200 v. Chr.), der Kollaps der trojaähnlichen El Argar-Kultur in Spanien und das Aufkommen der östlichen Hügelgräberkultur (1600 v. Chr.), die Vernichtung aller Kulturen der westlichen Bronzezeit, das Aufblühen der Urnenfelderkultur im heutigen Ungarn, sowie der Siegeszug der indogermanischen Kelten bis nach England und Spanien (1200 v. Chr.). Und: solche Hinweise gibt es auch aus anderen Teilen der Welt (Siehe Post „Geschichte Europas im Rhythmus von Naturkatastrophen).
Auch wenn ein Komet nicht in jedem Fall nachgewiesen wurde, die Auswirkungen waren immer die gleichen. Trägt man nämlich alle Erkenntnisse früherer Impakte zusammen, zeigt sich gerade seit der letzten Eiszeit ein immer wieder kehrendes Muster der Kollaps-Perioden bezüglich Umwelt und Gesellschaft.
  1. Meteoriteneinschlag
  2. Tektonische Aufwürfe der Kontinentalplatten mit Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen
  3. alles Flachland im Einflussbereich wird vom Meer her überflutet, insbesondere auch die Auen der großen, sich „ins Land fressenden“ Ströme, viele der dort lebenden Menschen werden sofort getötet, Schlammschichten aus dem Meer überdecken die Ebenen
  4. Verdunklung des Himmels durch Vulkanasche- und Erdstaubpartikel, Klimakollaps mit extremen Kälteeinbrüchen, der in Äquatornähe Trockenheit, in der nördlichen Hemisphäre dagegen Dauerregen, bringen soll (dadurch auch Versumpfung aller Täler)
  5. Agrarkrisen, die sich bei den Überlebenden weltweit zu gesamtgesellschaftlichen Subsistenzkrisen ausweiten
  6. Zusammenbruch der am stärksten betroffenen Gemeinwesen, Kriegerische Völkerwanderungen in sichere Höhenlagen und nicht betroffenen Regionen
  7. Vermischung von Völkern, Wandel der ursprünglichen Lebenskultur, Aufbau neuer Zivilisationen
  8. Rückwanderung in die verlassenen Gebiete
  9. gesellschaftlicher Aufschwung, neue Technologien
Nach der Flächenverteilung auf unserem Planeten wird ein Komet mit höherer Wahrscheinlichkeit irgendwo in die Weltmeere fallen. Lassen wir also einen Brocken von etwa einem Kilometer Durchmesser mitten im Atlantik niedergehen.
Zusammenbruch der Lebensgrundlagen?
Millionen Tonnen Erdmaterial und Wasser werden in die Stratosphäre geschleudert. Gewaltige Tsunamis überfluten die flachen Küstenregionen Amerikas, Afrikas und Europas. Große Teile Englands, der gesamte französische Westen, Südspanien, Benelux und die Norddeutsche Tiefebene werden vollkommen unter Wasser gesetzt. Die Fernsehbilder der letzten Tsunamis in Japan und Indonesien lassen uns zwar erahnen, was bei einem großen Impact passieren würde, der Unterschied aber wäre die zerstörerische Dimension. Vielleicht hundert Meter hohe Wellen würden den größten Teil der Menschen dort hinwegraffen und alle Infrastruktur vernichten. Auch die Internet- und Telefon-Giganten hätten keine Chance. Können Sie sich vorstellen, keiner könnte mehr kommunizieren? Es wäre einfach niemand mehr da, der helfen und aufräumen könnte.
Höhenprofil als Überlebenssicherung?
Denn nur wenige Überlebende sind in der Lage, sich über die Mittelgebirgsschwellen in höhere Regionen zu retten. Auch die durch Landbarrieren geschützten Anrainer von Ostsee und Mittelmeer werden betroffen sein. Die Welle hat nämlich wenige Stunden nach Gibraltar den Bosporus und noch am selben Tag den Kaukasus erreicht. Die meisten Metropolen Europas hätten keine Chance, mit Ausnahme derer, die im Einflussbereich der Donau liegen, weil das Eiserne Tor in den Karpaten die ohnehin abgeschwächte Flut aus dem Schwarzen Meer noch weiter abmildern dürfte. Budapest, Wien, Belgrad und München könnten also das Szenario zunächst überstehen. Die „Restrate“ der Europäer, Afrikaner und Amerikaner ist entsprechend abhängig von Lage, Fluthöhe und Vorwarnzeiten. Ihre Hilfe für die flachen, direkt betroffenen Gebiete wäre wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Alle Versuche würden sowieso bald eingestellt werden. Denn das schlimmste kommt erst noch.
Völkerwanderungen: Flucht oder 
Expansion ins Niemandsland?
Die Fluten gehen zwar schnell wieder zurück, aber jetzt beginnen die Langzeitkonsequenzen zu wirken. Die Erschütterung durch den Aufprall des Kometen wird die Erdkruste aufbrechen, die tektonischen Platten in Bewegung bringen und alle Kontinente in Mitleidenschaft ziehen. Erdbeben, Vulkanausbrüche und noch mal Flutwellen weltweit wären die Folge. Durch Magma-Eruptionen wird die Atmosphäre zusätzlich vergiftet. Dauerregen setzt in der nördlichen Hemisphäre ein und verwandelt nach und nach alle Niederungen in Sumpf. Die 10 bekannten Plagen Ägyptens überziehen die ganze Welt, insbesondere durch die Übersättigung der Wolkenschicht mit Schwefelsäure. Sonneneinstrahlung und Fotosynthese fallen über Jahre aus. Die Erträge von Land- und Fischwirtschaft gehen vielleicht auf ein Zehntel zurück und unsere heutigen Konsumtempel wären sicherlich schnell leer gefressen. Der Kampf um die Ressourcen beginnt. Die Menschen strömen zu Millionen in die übrig gebliebenen Städte, die im Chaos versinken. Staatliche Strukturen sind nur noch in Asien und Australien aufrecht zu erhalten. Aber auch dort müssen die Menschen vielleicht über Jahrzehnte mit Dunkelheit, Mangel und Epidemien leben. Unsere Spezies wird zusehends dezimiert.
Die minderbemittelte Kultur der Atlantischen
Bronze als Überflutungsgrenze?
In den nicht von den Fluten zerstörten Regionen Europas setzen sich in diesem Überlebenskampf wahrscheinlich irgendwelche Militärs durch, vielleicht lokale Standortkommandeure. Das Leben zieht sich wegen dem Dauerregen mehr und mehr aus den Tälern zurück. Über Erzgebirge, Schwarz- und Thüringer Wald kommen inzwischen Haufen von überlebenden Flachländern, die in ihrer Verzweiflung noch bestehende Kommunen in den Mittelgebirgen angreifen. Die neuen Clanführer müssten strategische Höhenrücken befestigen, die sich zu Zentren neuer Gemeinschaften entwickeln können. Wahrscheinlich entdecken sie dort auch die ehemaligen befestigten Höhensiedlungen der Kelten wieder für sich und das landwirtschaftliche Potential ihrer Terrassenfelder. Das gottähnliche Regime der neuen Milizenführer würde letztlich die weitere Entwicklung bestimmen. Sie brauchen besonders regionale Verkehrs-, Elektro- und Kommunikationsnetze. Aller Verkehr muss jetzt über wasserscheidende Kammrücken verlaufen. Irgendein charismatischer Spinner wird sicherlich einen neuen Kult erfinden, vielleicht der, der das zusammengebrochene Internet wieder aufbaut und den Schöpfer „APP“ ausruft. Die traumatisierten Massen würden das sicher begierig aufgreifen. Darauf könnten die lokalen Fürsten aufbauen, die aber auch beginnen, sich gegenseitig zu bekriegen.
Wenn Naturgewalten Gemeinwesen zum Einsturz bringen
Denn bereits nach der ersten Missernte machen sich hungernde Gruppen auf, Ungarn, Österreich und Süddeutschland zu verlassen. Die meisten würden versuchen, nach Russland und Asien zu kommen. Ihre Trecks überziehen die östlichen Gemeinwesen mit Angst und Schrecken im Kampf um Nahrung, Treibstoff und Land. Ein Hauen und Stechen apokalyptischen Ausmaßes überzieht das restliche Europa, ähnlich einer kriegerische Völkerwanderung. Die Warnung vor den marodierenden Truppen erfolgt vielleicht über mobile Funknetze - Wind auf die Mühlen der Propheten des APP. Sie versprechen Erlösung vor den katastrophalen Zuständen. Im Kampf der lokalen Banden Osteuropas geht vielleicht ein serbischer General als Sieger hervor und ruft das Königreich Donowien aus.
Doch irgendwann beruhigt sich das Wetter wieder, sagen wir deutlich spürbar nach 10 Jahren. Die Sonne kommt hervor und befördert die Zellteilung. Die Menschen versuchen zwar ihren Alltag auf Grundlage alter Traditionen zu ordnen, aber sie werden inzwischen von ganz neuen Realitäten geprägt. Die wirken umso stärker, je näher sie am einstigen Epizentrum liegen: Neue archaische Machtzentren in den Höhen, auf Recycling orientierte Wirtschaftsmentalität, Waffenfetischismus, Massengräber und die neue Religion verfestigen sich zu zwanghaften Traditionen. Kleinteilige Gemeinwesen befördern die Kommunikation über das Handy und die Anbetung des Gottes APP. Nach einigen Generationen überfluten Rückwanderungswellen der Nachkommen ehemaliger Auswanderer Mittel- und Westeuropa. Nur - die sprechen inzwischen alle russisch und bringen slawische Mentalität nach Westeuropa. Dazu kommen islamische Glücksritter und Flüchtlinge aus Afrika. Dagegen wäre die heutige Migration ein Witz.
Der Ursprung der Indogermanen und ihre Expansion
als Blaupause kommender Völkerwanderungen?
Aus all dem formt sich eine neue Kultur und Sprache. Die dehnt sich langsam sogar wieder in jene Gebiete aus, die von den Tsunamis vollkommen verwüstet worden waren. Dort hatte sich nur eine dünne Besiedlung auf niedrigsten technischem und kulturellem Niveau gehalten. Die Menschen da lassen sich jetzt gerne vereinnahmen und holen wirtschaftlich mit ihren landwirtschaftlichen Großflächen und neu aufzubauenden Hafenstädten schnell wieder auf. Aus dem Schutt der Zerstörungen errichtet man riesige Gräber für verstorbene Anführer. China hat jetzt keine Probleme mehr, sich als Weltmacht durchzusetzen. Die kommunistische Partei dort konnte Milliarden Menschen mit eiserner Hand durch den Tektonischen Winter führen. Auf einem Parteitag verstaatlichten sie den letzten Großkonzern Huawai und verkünden das erfolgreiche Ende der proletarischen Weltrevolution. Englisch spricht nur noch eine Minderheit in den Appalachen. In Europa setzt sich ein slawisches Idiom durch. Die alten Weltreligionen werden zu kleinen Sekten. Die untergegangene Zivilisation nennt man vielleicht die vorsintflutliche APP-Kultur. Die Menschen bekommen jetzt endlich schon als Baby einen Chip unter die Haut gepflanzt, die Völker lernen die energiesichernde Kernfusion und später wieder das Bevölkerungswachstum zu kontrollieren. Vor allem aber besteht die Chance, die Macht des Geldes auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Ressourcenschonung, gerechte Güterverteilung, Begrenzung der Ballungsräume, Förderung der ländlichen Lebensweise, Völkerverständigung, politisches Vertrauen und Frieden werden zum Maßstab allen Handelns. Erlösung nach einem Kollaps?
Realität und Science Fiction
Was hier an den Haaren herbei gezogen scheint, muss sich prinzipiell bereits ein paar Mal auf unserem Planeten zugetragen haben, natürlich auf geringerem technologischem Niveau. Hunderte Indizien weltweit deuten auf ein Dutzend solcher immer nach dem gleichen Muster abgelaufenen globalen Umwälzungen hin (Siehe wieder Post „Europa im Rhythmus globaler Katastrophen“). Und immer mehr Wissenschaftler kommen zu der Erkenntnis, dass jeder kulturelle Kollaps mit extremen Umwelteinschnitten, jeder Sprachwandel mit kriegerischen Völkerwanderungen, jede Veränderung des Keramikstils mit Invasionen, jede Errungenschaft, ob Rad oder Metall, solchen Zwängen geschuldet sein muss.
Auch das Chaos der Kulturen und Gene auf unserem Kontinent scheint sich diesen Katastrophenszenarien unterzuordnen. Natürlich braucht es dazu nicht immer eines Kometen. Extreme Störungen der Plattentektonik wären ebenfalls in der Lage, die beschriebenen Kausalketten auszulösen. Selbst die großen Erfindungen, wie Ackerbau, Haustier-Domestizierung, Verhüttung und Schmiedekunst lassen sich mustergültig dem Ende solcher Epochen zuweisen.
Es gibt Philosophen, die behaupten, vor der Auferstehung steht der Weltuntergang. Ich könnte für mich und meine Nachkommen darauf verzichten. Dann schon lieber eine langweilige Evolution! Nur - das Universum wird nicht auf mich hören.