Denn es braucht weder Aliens, Chronologiekritiker noch Verschwörungstheorien. Themen wie Basken, Seevölker, Dorische Wanderung, Atlantis oder indogermanische Invasionen sind längst zu deuten. Man muss nur die neuesten Veröffentlichungen von Archäologen, Genetikern, Geologen, Linguisten und Geografen zusammenbringen. Und die lassen sich durch die sog. Katastrophentheorie zusammenfassen, welche Auf- und Untergang aller urzeitlichen Kulturen nach den immer gleichen Abläufen erklärt: tektonische Verwerfungen (auch wegen kosmischer Impacte), Tsunamis und kurzfristige Besiedlung der Höhen, atmosphärische Winter und langfristige Agrar- und Subsistenzkrisen, kriegerische Völkerwanderungen und letztlich technologischer Fortschritt. Dazu stelle ich im Einstieg "Worum es hier geht“ 7 Hypothesen auf, die gerne diskutiert werden können. Die daraus resultierende Chronologie finden Sie in den Artikeln von 1. bis 7. durchnummeriert. Eine Übersicht der damaligen Kulturen ganz unten rechts…

Dienstag, 6. Dezember 2016

7. Die Rückwanderung als Ausbreitung der Indogermanen


Ausbreitung der Urnenfelderkultur ab 1200 v. Chr.
Rückwanderung? Is'n das?

Die etablierte Geschichtsschreibung sieht in Mitteleuropa um 1200 v. Chr. "diffuse" Völkerbewegungen und ein neues Begräbnisritual, die Urnenfelderkultur. Ein WARUM beantwortet sie nicht. Jeder kulturelle Wandel hatte aber bis dahin eine fremde Invasion vorausgesetzt. Die gab es hier offensichtlich nicht. Auch weshalb diese neue Brandbestattung zunächst 400 Jahre lang die atlantischen Regionen gemieden hat - Fragezeichen! Erst nach 800 v. Chr. erkennen die Archäologen Wanderungen und Kolonialisierungsbestrebungen von Indogermanen in persona der Kelten, weiter südlich von Griechen, Ioniern und sogar Phöniziern - fast ausnahmslos Richtung Westen. Von Kampfhandlungen ist nichts bekannt. Also - war da niemand, den man unterjochen konnte? Tatsache bleibt nur, dass bis zu Beginn der Zeitrechnung alle Völker am Atlantik plötzlich Indogermanisch gesprochen haben. Warum aber die Alteuropäer freiwillig Vokabeln büffeln sollten, darüber schweigt die Wissenschaft wieder.
Kontinuierliche Entwicklung von der Urnenfelder-
über die Hallstatt zur  Latènekultur


Es muss auch einen Grund geben, warum  Urnenfelder-, Hallstatt und Latènekultur sich so konzentriert und kontinuierlich im weitläufigen Donaubecken entwickeln konnten. Sollen letztere als Kelten wirklich bis in den letzten Zipfel der Iberischen Halbinsel und Britanniens vorgedrungen sein, ohne ein einziges mal ihr neu erworbenes eisernes Kampfschwert zu ziehen? Es sieht so aus, als ob niemanden diese Ungereimtheiten stören, geschweige denn, dass jemand nach einer Erklärung sucht. Nur ganz wenige Wissenschaftler sehen in diesen Bewegungen eine Neubesiedlung von vormals zerstörtem, fast menschenleerem Land und nur vereinzelt hört man die Einschätzung: Rückwanderung der vertriebenen Völker.

Vorspiel: Naturkatastrophen

Nur wer die Konsequenzen der Hypothese vom Kollaps um 1200 v. Chr. zu Rate zieht, kann Abläufe und vor allem Motive einer erneuten großen Völkerwanderung in Westeuropa verstehen (Siehe 6. Post: "Die Katastrophenzeit...").
Die historischen Verwerfungen der europäische Platte
Ausgangspunkt war ja eine mutmaßliche Verwerfung der Europäischen Platte mit Erdbeben und Tsunamis, die alles flache Gelände in England, Frankreich und Spanien überschwemmt haben muss (ähnlich Tambora-Eruption 1815). Auch Norddeutschland und Italien sollen kurzzeitig überschwemmt gewesen sein. Schlimmer aber scheinen sich die großen Vulkaneruptionen ausgewirkt zu haben, die über lange Jahre weltweit eine staub- und ascheverseuchte Atmosphäre erzeugt hatten. Die Konsequenzen dieses Klimawinters sollen Agrar- und Subsistenzkrisen in ganz Westeuropa sowie daraus resultierend kriegerische Völkerwanderungen von West nach Ost gewesen sein. Die plötzlich auftretenden Höhenburgen in den Europäischen Mittelgebirgen, die massenhaft vergrabenen Schätze, neue Waffen und vielleicht auch die vielen Feldterrassen dort, unterstützen diese Sicht. Selbst die sog. Seevölkerinvasion, bei der alle Hochkulturen des östlichen Mittelmeerraums zerstört wurden, scheint ein Abbild dieser Flucht gewesen zu sein. In Mitteleuropa könnte immerhin noch die Schlacht im Tollensetal auf diese Verwerfungen hinweisen.
Die Kalt und Warmphasen Europas - Resultat
der Katastrophenzeiten?
Die plötzlich einsetzende Urnenfelderkultur, die sich erstmals im Karpatenbecken gezeigt haben soll, scheint so aus der Not heraus entstanden zu sein. Die Donau muss damals der einzige Europäische Strom gewesen sein, der nicht von den Flutwellen im Westen betroffen war. Die Ungarische Tiefebene, wahrscheinlich schon in indogermanischer Hand, eignete sich so hervorragend als Sammelbecken der Entwurzelten. Wer das Sagen hatte, war klar! Massenverbrennung von Leichen nach einer Seuche oder der wahrscheinlich geringere Aufwand gegenüber den vormalig praktizierten Hügelgräbern könnten eine neue Beerdigungstradition bewirkt haben. Jedenfalls hielt sich die neue Kultur fast 400 Jahre lang in den Grenzen eines wahrscheinlichen Flutungsgebietes am Atlantik und den im Osten stehenden Steppenvölkern. Nicht nur die Europäischen Tiefebenen, sondern auch die großen ins Meer mündenden Flussauen sollen damals quasi menschenleer gewesen sein.
Grenze einer imaginären Flutwelle
Auf der Iberischen Halbinsel, in Britannien und Frankreich hätte entsprechend archäologischer Grabungen nach 1200 v. Chr. die sog. Atlantische Bronze geherrscht. Sie ist gekennzeichnet durch Bevölkerungsschwund, Siedlungsarmut, kulturellen Niedergang, Verwischung regionaler Eigenheiten, vergrabene Waffen und Nomadentum. Das alles würde die Katastrophentheorie unterstützen. Doch wie auch immer: Verarmtes, dünn besiedeltes und brachliegendes Land im Westen schien nur auf Urbanisierung zu warten. Denn die Natur begann sich nach den Klimamodellen langsam wieder zu beruhigen, in Südeuropa bereits ab 1000, in Zentraleuropa ab 600 v. Chr. Gelegenheit also für die aufstrebenden Völker an Donau und Mittelmeer sich auszubreiten. Die Nachkommen der ehemals Ausgewanderten konnten ab 800 v. Chr. ohne Probleme in die sich langsam renaturierenden Gebiete am Atlantik zurückkehren. Und da sie inzwischen indogermanisch assimiliert waren, brachten sie die neue Sprache - quasi im Huckepack - an den Atlantik mit. Das ist in Kurzfassung die These von der Rückwanderung, die damit eine Wiederbesiedlung, oder besser eine Kolonialisierung nach den Darwin'schen Prinzipien darstellt. Und warum sagt das kein Archäologe? Suchen wir nach Indizien in der anerkannten Wissenschaft.

Störenfried: Steppenvölker

Ausbreitung der Indogermanen 1
Ab 3500 v. Chr. sollen sich die Indogermanen vom Schwarzen Meer in mehreren Schüben nach allen Seiten ausgebreitet haben. Immer als Okkupanten, immer mit technologischer Überlegenheit (Benutzung von Rad, Wagen, Pferd, später Metall). Gegen 2500 v. Chr. etwa blieben sie als archäologische Kultur der Schnurkeramiker auf der Linie Skandinavien, Balkan, Griechenland stehen. Irgendjemand muss sie 1000 Jahre lang aufgehalten haben.
2
Als Bollwerk kommen die mutmaßlich aus Iberien nach Mitteleuropa eingewanderten Glockenbecherleute in Frage. Wirklich findet ab 2200 v. Chr. mit den Aunjetitzern eine genetische und archäologische Vermischung beider Strömungen statt, nicht aber ein weiteres Vordringen der neuen Sprache.
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Archäologische Befunde lassen vermuten, dass der indogermanische Invasionsdruck während dieser Zeit auf Griechenland, Anatolien und den Nahen Osten ausgewichen war (Siehe Grafik unten). Um 1600 v. Chr. müssen erneute Katastrophen im Mittelmeer den Indogermanen die Möglichkeit gegeben haben, weiter zu expandieren - nicht aber nach Westen! Mit der sog. Hügelgräberkultur könnten sie ihre Position in Mitteleuropa jedoch gefestigt haben. Um 1200 v. Chr. dann muss der Status Quo zwischen alteuropäischen Westkulturen und indogermanischen Steppenvölkern völlig zusammen gebrochen sein.
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Die meisten Wissenschaftler erkennen zwar diese Völkerwanderungen, ohne aber die Ursache erklären zu können. Die Katastrophentheorie beschreibt jedoch alle genannten Jahreszahlen als mutmaßliche Kollapszeiten im Westen. Einig ist man sich nur, dass die ab 1200 v. Chr. nun Urnen benutzenden Krieger sich erst nach langem Zögern in ganz Zentraleuropa ausbreiteten. Immer mit der indogermanischen Sprache!
Wieder entsprechend Katastrophenszenario mussten sie aber zuvor die Auswanderer aufnehmen, die vor den Fluten in höher gelegene Regionen geflohen waren und vor den Agrarkrisen in den Osten. Die Mittelgebirge um der Donauraum können damals nicht von den Fluten an Atlantik und Nordmeer betroffen gewesen sein. Damit war der Schmelztiegel für neue Kulturen vorgegeben.
Urnenfelderkultur als Refugium von Flutopfern?
Vordem aber müssen dort extreme Verteilungskämpfe stattgefunden haben, woraus sich der neue Umgang mit Leichen erklären könnte. Eine spätere religiöse Verbrämung des neuen Grabritus der Urnenfelderkultur erscheint logisch. Die vielen neuen befestigten Höhensiedlungen allerorts könnten in diesen Vermischungskriegen von den Alteuropäern stammen, die neuen Waffen von den Indogermanen. Die massenhaft vergrabenen Schätze in dieser Zeit (Horte) stammen jedenfalls immer aus der jeweiligen Region. Wer sich letztendlich durchsetzen konnte, ist bekannt.In einer stetigen Vermischung von westlichen Alteuropäern und Reiternomaden aus dem Osten entwickelte sich aus der Urnenfelder-, um 800 v. Chr. die Hallstatt- und ab 650 v. Chr. die Latènekultur.
Die Genen der Krieger (y-Haplogruppen)
mit diffuser Grenze am Rhein
600 Jahre Mischehen, technologische Vorteil und militärische Überlegenheit der östlichen Krieger reichten aus, um die indogermanische Sprache durchzusetzen. Genetiker sehen zwar keine grundsätzliche Verschiebung der Haplogruppengrenzen R1a aus dem Osten und westlicher R1b, was aber nur bedeuten kann, dass hier ausschließlich die Eliten - sprich männliche Kämpfer - unterwegs waren. Da DNA mittlerweile auch von uralten Knochen analysiert wird, können obenstehende Folgekarten auch genetisch im Wesentlichen bestätigt werden. Allerdings gibt es darin einige Unschärfen: So müsste 1500 v.u.Z. wohl 1200 v.u.Z. heißen, weil erst ab diesem Zeitpunkt die Urnenfelderkultur überhaupt fassbar wird (Wegen dem Streit um 1200 oder 1300 siehe 6. Post). Auch deren Ausdehnung und Grenzen sind in der Grafik nicht differenziert genug dargestellt. Die zeitliche Abfolge der Westtrifft bestätigt ebenfalls die Rückwanderungstheorie. Hatten die Indogermanen nämlich vom Schwarzen Meer bis Mitteldeutschland gut 2.500 Jahre gebraucht, schafften sie nun eine ähnliche Distanz bis nach Iberien innerhalb weniger Jahrhunderte.
Abschluss der Indogermanischen Expansion etwa bei 
Einführung der Zeitrechnung
Wenn eine Elite ihre Sprache schnell durchsetzen kann, können nicht mehr viele Einheimische vorhanden gewesen sein. So verbreitete sich die neue Sprache bis in den letzten Winkel Westeuropas. Gemeinhin wird der Zug als Kelteninvasion bezeichnet. Durch regionale Beeinflussung des Indogermanischen entstanden die heutigen europäischen Sprachen.
Einige Gebiete aber blieben merkwürdiger Weise von der Kelteninvasion verschont (Basken, Iberer, Ligurier etc. mit alteuropäischen Sprachen). Auch das ist eine Unterstützung der These von der Wiederbesiedlung: Deren Gebiete befanden sich durchweg im Gebirge und es könnte sich um starke Gemeinden von Überlebenden der Großen Flut gehandelt haben.
Iberien als Treffpunkt von alteurop., indog. und semit. Sprachen
Genauso auf der Iberischen Halbinsel! Im gebirgigen Osten muss es viel mehr Überlebende der Tsunamis gegeben haben, als am Atlantik. Dementsprechend siedelten die keltischen Okkupanten vorrangig im widerstandsfreien Westen. Fast man alles zusammen, manifestiert sich die Expansion der indogermanischen Kelten als Rückwanderung nach der Katastrophenzeit. Eine weitere Kernthese dieses Blocks.
Was soll es sonst gewesen sein? Landgewinnung solcher Dimension als modischer Zeitgeist? So etwas gab es in der Geschichte nie. Damals schon Überbevölkerung? Dagegen spricht die historische Bevölkerungsstatistik. Selbst der von Klimaforschern gegen 400 v. Chr. vermutete erneute Kälteeinbruch soll vielmehr den Mittelmeerraum betroffen haben. Bei uns hier in Mitteldeutschland ist genau zu dieser Zeit eine regelrechte Entvölkerung besonders der keltischen Oppida archäologisch belegt (Gleichberge, Staffelberg, Ehrenbürg, Milseburg usw.). Zwar wurden die Wälle dieser befestigten Siedlungen in Europa von 1000 bis 100 v. Chr. immer weiter ausgebaut, aber nur wenige von ihnen weisen nach dem Verlassen einen Brandhorizont auf. Und der wird eher mit den germanischen, später römischen Okkupanten danach in Zusammenhang gebracht.

Kolonisation=Rückwanderung=Indogermanisierung?
Kolonisation als Rückwanderung in Südeuropa

Um das Mittelmeer ist diese Rückwanderung gen Westen - respektive Expansion der Indogermanen - sogar dokumentiert. Hier scheint die Westtrift übrigens viel früher angefangen zu haben. Die nach dem Kollaps  verdrängten Ethnien vom Atlantik erscheinen in der Katastrophen-These als die siegreichen Seevölker im Osten. Die  müssen sich dann in den von ihnen zerstörten Ländern des Mittelmeers zunächst auf sehr niedrigem zivilisatorischen Niveau eingerichtet haben (Griechenland, Anatolien, Phönizien, später auch Ägypten). Die Vermischung mit den kulturell hochentwickelten Einheimischen könnte so ähnlich abgelaufen sein, wie die von germanischen Barbaren und Römern im untergegangenen Reich. Es muss aber noch genug Potential vorhanden gewesen sein, um innerhalb von 200 Jahren nach dem Kollaps wieder an alte Größe anzuschließen. Das Klima war im Süden schon immer besser und die Entfernung von den Katastrophenzentren größer (Island, vielleicht auch Ätna und Vesuv). Man scheint auch noch von der Situation und den Möglichkeiten im Westen gewusst zu haben. Den antiken Aufzeichnungen zufolge zogen die Phönizier bereits um 1000 v. Chr. los, die Griechen folgten um 800 v. Chr. Aus historischen Quellen sind bekannt: die Große griechische Kolonisation, bei der beispielsweise Marseille gegründet wurde, die Phönizische Expansion, die auch
Indogermanische Italiker
Karthago hervorbrachte, die Etrusker, die jüngst als anatolische Lydier entlarvt wurden, aber auch die einmarschierenden Neu-Italiker wie Picener, Umbrer, Osker und Messapierer. Sie alle scheinen ohne großen Zoff den Westen neu aufgebaut zu haben. Das jedenfalls bestätigen alle späteren griechischen und römischen Quellen, auch wenn über Details noch gestritten wird. Die Poebene beispielsweise war nach 1200 v. Chr. nachgewiesen völlig menschenleer. Sogenannte Überspülfächer an den mediterranen Küsten könnten heute noch auf die Tsunamis damals hinweisen. Die scharfe Trennung und spätere Feindschaft zwischen Römern und Puniern soll - so nicht wenige Linguisten - aus der unterschiedlichen Sprache resultieren. In den planmäßig angelegten Satellitenstädten der Griechen muss bereits indogermanisch gesprochen worden sein, bei denen der Phönizier, später Punier, ein eher semitisches Idiom. Auch hier kann wieder die Katastrophentheorie helfen: Die um 1600 v. Chr. aus dem Norden in Anatolien eingewanderten Hetiter müssen bereits Indogermanen gewesen sein. Sie sollen auch Griechenland und Teile Italiens eingenommen haben. Das alles scheint um 1200 v. Chr. durch den Seevölkersturm wieder zunichte gemacht worden sein. Das hethitische Großreich wurde genauso hinweggefegt, wie die mykenischen Palastkultur in Altgriechenland oder die Hafenstadt Ugarit in der Levante. Bei den "Fußtruppen" der Eindringlinge sollen Völker vom Balkan dominiert haben. Und auch die müssen bereits indogermanisch gesprochen haben.
Phönizier (gelb) und Neu-Griechen (rot) gründen Städte im Westen
Die um 1000 v. Chr. einsetzende Westwanderung scheint also im Süden nach den gleichen Prinzipien abgelaufen zu sein, wie oben bei den Kelten beschrieben. Erst der Balkan, dann Anatolien und Griechenland wurden so zum Sprungbrett für die indogermanische Eroberung der mutmaßlich zerstörten Landschaften in Italien, Spanien, Nordafrika und Südfrankreich. 
Die Phönizier waren dabei nicht nur die ersten, sondern auch die schnellsten. An ihnen lässt sich beweisen, dass die Völkerbewegungen damals keine ethnischen und damit kriegerischen Invasionen waren und schon gar keine Handelsunternehmungen, wie uns die Geschichtsschreiber weismachen wollen (Siehe Post "Phönizien und das Prähistorische Westeuropa"). Was war es dann?

Die phönizischen Stadtstaaten

Seevölker als Heimkehrer:

Die Phönizier lebten damals in verschiedenen Hafenstädten des heutigen Libanon, Kanaan genannt. Die wichtigsten waren Tyros, Biblos und Sidon. Sie werden von ihren Nachbarn, als brillante Seefahrer, Handwerker und Händler beschrieben. Diese Spezialisten sollen die erste Alphabet-Schrift der Welt entwickelt haben. Sie selbst nannten sich nach ihren Stadtstaaten. Die meisten Historiker sehen in den Phöniziern ein uraltes semitisches Volk, dass seit der neolithischen Revolution als Verbindungsglied von Orient und Okzident agierte. Einzelne Autoren setzen sie auch mit den Philistern gleich, die, wie Phryger oder Dorer mit der Seevölkerinvasion um 1200 v. Chr. in die Region gekommen sein sollen. Bei den Palästinensern scheint diese Namensableitung von den Philistern sogar nachgewiesen.
Glockenbecher-Kultur um 2500 v. Chr. als Bollwerk 
gegen die Indogermanen?
Fakt ist jedenfalls, dass der Name Phönizier erst nach der Seevölkerinvasion aufkam. Auch über das nördlich gelegene Ugarit berichteten ägyptische Hieroglyphen, dass es von den Seevölkern okkupiert wurde. Sicher wird niemand bezweifeln, dass dieses Schicksal auch die anderen Stadtstaaten zischen Ugarit und Philister-Land teilten, auch wenn sie keine neue Bezeichnung bekamen. Verschiedene Wissenschaftler haben versucht, die Hieroglyphen-Namen der Seevölker mit historisch bekannten Ethnien zu vergleichen. Sie landeten prinzipiell nördlich das Mittelmeeres. Ganz vereinzelt vermuten Forscher, dass zumindest die Seestreitkräfte der Invasoren aus dem westlichen Mittelmeer, von den Balearen, Sardinien, Sizilien, vielleicht sogar Iberien stammen. Das war alles seit 2500 v. Chr. Glockenbecherland, jener Leute, die auch in Mitteleuropa ihren Mann Gegen die Indogermanen standen. Auch den damals immer wieder gegen Ägypten anrennenden Libyern wird ein solcher Kontakt nachgesagt. Doch das sind Spekulationen!
Die angesiedelten Philister (rot)
Sicher aber: Während die meisten Seevölker-Neuankömmlinge in den Städten Gaza, Aschkalon, Aschdod, Gat und Ekron um 1000 v.Chr. noch versuchten, gegen die Israeliten eine neue Welt aufzubauen, scheinen sich ihre Vettern, die die Phönizischen Hafenstädte eingenommen hatten, bereits auf Weltreise gen Westen begeben zu haben. Manche sagen auf Heimreise. Es lagen ja nur 8 Generationen zwischen Ost- und Westwanderung. Plausibel wäre eine solche Einschätzung, denn Kolonisationsbeststrebungen funktionieren nicht ohne genaue Kenntnis der Zielgebiete. Waren also die Phönizier Teil der geflohenen Völker vom Atlantik? Die Wahrheit werden hoffentlich bald entsprechende genetische Untersuchungen bringen.
Dazu möchte ich an meine erste Kernthese erinnern, die eine permanente und sehr alte Verbindung zwischen Südspanien und dem Nahen Osten unter vorphönizischer Flagge postuliert (Siehe 2. - 4. Post). Denn alle bisherigen kulturellen Errungenschaften Iberiens kamen von hier aus dem Nahen Osten: Die Landwirtschaft um 5200 v. Chr., die Megalith-Idee gegen 4000 v. Chr. und die Metallverarbeitung um 3000 v. Chr. Die Tatsache, dass diese Innovationen auf der Pyrenäenhalbinsel immer früher als in Mitteleuropa auftauchten, lässt nur einen Schluss zu:
Bsp. Ausbreitung der Metallurgie
Alle müssen - außer die ersten Bauern vielleicht - mit Schiffen über das Mittelmeer gekommen sein. Während des eiszeitlichen Mesolithikums soll das Mittelmeer nur aus Pfützen bestanden haben. Erst die Überflutung des Bosporus gegen 6200 v. Chr. zeigt heutige Verhältnisse an. Hochseeschifffahrt könnte so ab 5000 v. Chr. betrieben worden sein. Nachgewiesen ist sie ab 3500 v. Chr. Als Ausgangshäfen bieten sich die späteren Stadtstaaten Kanaans (Vorphönizier) an, bzw. die Kleinasiatische Küste (Altgriechen). Bereits um 2.750 v. Chr. erwähnte Pharao Senefru eine Lieferung Zedernholz aus Byblos (später phönizischer Hafen). In der Antike galt die Stadt lange als die älteste Siedlung der Welt. Ihre frühesten archäologischen Schichten stammen aus der Zeit um 6.000 v.Chr. In der Bibel wird ihr Gründungsmythos auf Sintflut-Bezwinger Noah zurückgeführt.
Mythos und Wirklichkeit
Der erste nachgewiesene Kontakt zwischen den äußersten Enden im Mittelmeer sind sog. Ochsenhautbarren aus Kupfer, die gegen 3000 v. Chr. in Zypern gegossen und auf Sardinien und in Südfrankreich gefunden wurden. Auf der Iberischen Halbinsel verwendete man ab 1500 v. Chr. sog. Pithoi-Großgefäße aus der Ägäis als Körper-Urnen. Töpferwaren aus Phönizien waren dann Standard im antiken Iberien. Alles schön handgroß, das massenhaft auf Schiffe passte! Eine (küstennahe) Hochseereise scheint damit seit Jahrtausenden kein Problem. Wäre es also nicht logisch, dass tsunamigestresste Völker vom Atlantik um 1200 v. Chr. ihr Heil in der Levante gesucht hatten?
Wie dem auch sei: Just um 1000 v. Chr. machen sich diese gerade okkupierten Phönizier auf, um an den entlegensten Orten der damals bekannten Welt in logistischen Meisterleistungen Kolonien anzulegen: Karthago, Cadiz, auf Sizilien, Sardinien und den Balearen. Sie dominierten ab 1.000 v. Chr. die Schifffahrt auf dem Mittelmeer, entdecken um 800 v. Chr. die Kanaren, Madeira und sollen sogar bis Britannien vorgestoßen sein. 
Cadiz vor der Iberischen Halbinsel

Ankunft in einer zerstörten Welt

Ihre entfernteste Gründung ist das heutige Cádiz auf einer Insel im Atlantik vor der Iberischen Halbinsel. Das soll laut römischen Quellen bereits 80 Jahre nach dem Trojanischen Krieg gewesen sein, also etwa 1.000 v. Chr. Übrigens liegt Cadiz in Sichtweite von Dona Blanca, der von tolos.de lokalisierte Standort von Atlantis (Siehe 10. Post "Atlantische Spuren in griechischen Mythen").
Auch hier klassifizieren Archäologen die sog. Atlantische Bronze. Literatur in Deutschland dazu gibt es kaum. Diese Kulturen werden in Spanien, Frankreich und England durch die typischen Eigenschaften wie Zerstörung, Siedlungsarmut, Massenexitus und Kulturlosigkeit beschrieben. Einen Zusammenhang mit möglichen Seebeben und Monstertsunamis als Ursache sieht man aber auch in diesen Ländern kaum. Man wundert sich nur über das Fundchaos im Hinterland der Küste. So wird die plötzliche Ankunft der Phönizier so weit weg von ihrer Heimat ausschließlich mit deren Drang nach monetären Handelsüberschüssen erklärt.
Um die gleiche Zeit wie Cadiz soll Karthago gegründet worden sein, die bedeutendste Phönizische Kolonie. Über Jahrhunderte Roms Schicksalsgegner! Man bezeichnete sie in der Antike als "Neue Stadt", im Gegensatz zu einer (vielleicht von Katastrophen zerstörten) "Alten Stadt". Megalithische Dolmen und Tempel im heutigen Tunesien ähneln jedenfalls denen auf Malta und in Anatolien.
Die Seevölker überfallen Ägypten
War auch Nordafrika von den Flutwellen der Katastrophenzeit heimgesucht worden und handelte es sich auch hier um eine Rückwanderung? Ätna und Vesuv lassen grüßen! Die ägyptischen Quellen um 1200 v. Chr. beschreiben ja auch Attacken der Libyer aus dem Westen. Waren das die Vor-Karthager? Doch so oder so: Gründungen wie Cadiz oder Karthago setzen wiederum voraus, dass schon damals kein starker Gegner mehr im Umfeld vorhanden gewesen sein kann. Folgen der Monstertsunamis und Krisen?
Der intensive Kontakt der Phönizier nach 1000 v. Chr. mit dem südlichen Iberien ist so durch viele Artefakte belegt. Die Region wird nun in der Antike als Tartessos bezeichnet, eine Kultur, von der schon Herodot oder das Alte Testament ob ihres Reichtums berichtet haben sollen. Wahrscheinlich konnte man hier wegen der etablierten Metallverarbeitung schnell wieder an alte Größe anschließen (Siehe Post 5.: Die Expansion der Westeuropäer nach Norden und Osten). Die Lehrmeinung bezeichnet die neuen Gründungen als kleine Handelsniederlassungen, wahrscheinlich weil sie sich die Einwanderung sonst nicht erklären kann. Dem widersprechen aber die Massen an Waren und Menschen, sowie die Entwicklung der Enklaven zu Großreichen. So etwas geben nur Völkerwanderungen her! Schaut man sich die Muster an, nach denen Invasionen funktionieren, so werden nicht die einheimischen Iberier den Ton angegeben haben, sondern die Phönizier.
Waren die Tartesser die Nachfahren der Atlanter?
Die punische Sprache, die sie mitbrachten, soll in Iberien auch noch im 5. Jahrhundert v. Chr. gesprochen worden sein, als die Karthager den Tartessern auch offiziell ihre Macht überstülpten. Um 300 v. Chr. scheinen dann zusätzlich die ersten indogermanischen Kelten in Iberien einmarschiert zu sein. Die Altgeschichter hierzulande erkennen lediglich einen keltische Südwanderung nach Griechenland und Anatolien. Das hatten ihnen griechische und römische Quellen verraten. Die aber wussten nichts über Westeuropa und so bleibt bis heute die kelto-indogermanische Westwanderung ein Phantom. Auch in den betroffenen Anrainerstaaten tun sich die Archäologen schwer mit diesen Völkerbewegungen. Irgendwie aber muss die indogermanische Sprache ja in den Westen gekommen sein. Auch auf die Pyrenäenhalbinsel: Als diese nach der Niederlage Karthagos im 2. Punischen Krieg um 200 v. Chr. durch Vertrag an die Römer ging, wurde das indogermanische Element noch einmal durch die Latiner verstärkt. Erst jetzt scheint die Endausbreitung der neuen Sprachen, respektive die Heimkehr der ausgewanderten Völker ihr Ende gefunden zu haben. Damit kann auch unter die Katastrophenzeit von 1200 v. Chr. ein Schlussstrich gezogen werden, die West- und Südeuropa 1000 Jahre lang fest im Griff gehabt haben muss. Die weitere Entwicklung kann nun überall nachgelesen werden.
Expansion der Indogermanen, Stand etwa um 500 v. Chr.

Fazit

Die Völkerbewegungen nach dem Kollaps um 1200 v. Chr. mag man nennen wie man will: Rückwanderung, Wiederbesiedlung oder indogermanische Expansion. Die geologischen, klimatischen und gesellschaftliche Umwälzungen in Europa und dem Nahen Osten damals werden ja kaum bestritten. Aber schon die Gleichzeitigkeit von Urnenfelder-Revolution, Erdbebenhorizont am Mittelmeer und Seevölkersturm thematisiert zumindest von den deutschen Wissenschaftlern überhaupt niemand. Eine überzeugende strukturelle Theorie zu den Vorgängen damals liefern die Archäologen anderer Länder ebenfalls nicht. Erst recht nicht zu den gegenläufigen Siedlungsbewegungen nach 1000 v. Chr. Die Katastrophentheorie aber beschreibt diese Kolonialisierung - einheitlich von Ost nach West und ohne Widerstand - als erneute Besiedelung von zuvor "untergegangenem" Land. Die Hypothese einer Rückwanderung nach den Katastrophen am Atlantik scheint auch die Ausbreitung der Indogermanen in Westeuropa am besten erklären zu können. Sie marschierten seit jeher dorthin, wo die geringste Gegenwehr zu erwarten war.

Montag, 24. Oktober 2016

Atlantis bei Càdiz ein Standartgebilde der Frühbronzezeit?

Stellen Sie sich vor, sie haben noch nie etwas von Atlantis oder Platon gehört, sind aber an der Ur-und Frühgeschichte Europas interessiert. Wohin wird Sie Ihr Wissen führen?

Zum Beispiel haben sie mal gelesen, dass die ersten Bauern aus dem Orient nicht in Mitteleuropa, sondern in Südfrankreich und Südwestspanien um 6500 v. Chr. aufgeschlagen waren. Dort hatten sie die neolithischen Kulturen La Almagra und Lusitanian gebildet und sich nach den Gesetzen der menschlichen Kreatur weiterentwickelt. Und Sie fragen sich: Was ist aus ihnen geworden?
Dann haben Sie mal aus der gleichen Gegend eine TV-Reportage über die Megalith-Kultur gesehen. Vielleicht wurde dort schon die Hypothese vertreten, wonach deren Ausbreitung zeitlich um etwa 1.000 Jahre versetzt zur neolithischen Expansion am Atlantik erfolgte. Aufgefallen war Ihnen aber, dass die Großsteinsetzer ihren absoluten Höhepunkt hinsichtlich Anzahl und Größe der megalithischen Konstruktionen auf der iberischen Halbinsel gehabt haben müssen. Sie hätten sich später sowohl an der Atlantikküste, als auch über Südfrankreich und die Schweiz in unsere Richtung bewegt. Wer waren diese Leute, wundern Sie sich?
Auch von den ersten Kupfer- und Bronzeschmieden haben Sie gelesen, die in Andalusien wieder früher als bei uns Metall verhüttet haben sollen. Sie gehörten der sog. Glockenbecherkultur an, die auf den gleichen Wegen wie die Megalithleute expandierten und in Mitteldeutschland identische Artefakte hinterlassen haben. Quasi ganz Europa hätten sie militärisch überrollt (Bitte merken: bis Ungarn und Italien, nicht aber Griechenland!). Langsam fragen Sie sich, was dort im letzten Züpfelchen Europas eigentlich abgegangen ist?
Sie fangen an, spanische und portugiesische Fachliteratur zu lesen und erfahren, dass in den letzten Jahren dutzende Ringgrabenanagen in allen Größen auf der Iberischen Halbinsel entdeckt wurden, wie sie überall in Europa noch bis 1600 v. Chr. modern waren.  Klar kennen Sie auch die archaischen Großreiche der Bronzezeit, wie die Palastkultur in Griechenland, die Minoer auf Kreta, die Hetiter in Anatolien, die phönizischen Hafenstädte im östlichen Mittelmeer und natürlich das Alte Ägypten. Und Sie grübeln: Muss es nicht auch ein zivilisatorisches Äquivalent im Westen am Atlantik gegeben haben? Die Innovationen aus dem Nahen Osten (Landwirtschaft, Megalithik, Metallbearbeitung) waren ja, wie oben gezeigt, immer kurz nach ihrer Einführung auch dort präsent.
So ist Ihnen vielleicht schon mal der Disput über die alten Wanderungen der Völker entlang der Ränder des Mittelmeeres bzw. später über eine alte Schiffsverbindung zwischen der Levante und Spanien bereits ab dem 5. Jahrtausend v. Chr. unter gekommen. Wenn die Phönizier ab 1000 v. Chr. Cádiz planmäßig aufgebaut haben, kann sich jeder selbst zurechtlegen, wie lange der Seeweg „hinter die Säulen des Herakles“ zuvor bekannt gewesen sein muss?
Sicher haben Sie schon von der Dorischen, minoischen, ionischen Wanderung oder der, der Seevölker gelesen. Dabei konnten Sie erkennen, wie um 1200 v. Chr. alle Hochkulturen am Mittelmeer zuerst von Erdbeben und Tsunamis zerstört und anschließend von Invasoren nacheinander vernichtet worden waren. Vielleicht haben Sie auch gestutzt, als Sie erfuhren, dass zur gleichen Zeit in Mitteleuropa abrupt die übliche Tradition der Ganzkörperhügelgräber abgebrochen wurde und die Urnenfelderleute sich aus dem Karpatenbecken heraus entwickelte. Von den damals bei uns allerorts schlagartig auftretenden Höhenwallanlagen, speziellen Waffen und vergrabenen Schätzen wissen nur wenige. Welche Katastrophe könnte solche Umwälzungen ausgelöst haben?
Die etablierte Wissenschaft erklärt ihnen das alles durch Zufälle, lokale Naturereignisse, Palastrevolten, rituelle Strömungen und prähistorischen Modewandel. Sie können also bisher auch nichts von folgenden Autoren gehört haben, sonst brauchte ich das Zeugs hier nicht zu schreiben: Frank Falkenstein, Bernhard Hänsel, Dirk Husemann, Wolfgang Kimmig, Robert Drews, Reinhard Jung, Mathias Mehofer, Margarita Primas, David Kaniewski, Gustav Lehmann, Albrecht Jockenhövel, Carrilero Millán A. Suárez, Marques Hans Holzhaider, Rosemarie Müller und Karl-Joachim Hölkeskamp. Alles gestandene Wissenschaftler und Hochschulprofessoren! Sie haben o.g. Zusammenhänge wissenschaftlich mit Klimamodellen, uralten Zeugnissen und logischen Mustern bei Völkerwanderungen untersucht. Ihre Erkenntnis: Um 1200 v. Chr. müssen verheerende Naturgewalten über ganz Europa hereingebrochen sein. Höhepunkt scheint eine Mega-Katastrophe am Atlantik gewesen zu sein (Meteor, Vulkan, Tsunami), mit anschließender Subsistenzkriese und Massenflucht. Die Flussauen in Deutschland, England, Frankreich, Spanien und Italien müssen  überflutet, die Bevölkerung extrem dezimiert, die Überlebenden in die Mittelgebirge zentraleuropas getrieben worden sein. Dabei haben sie ihre Nachbarn überfallen und erreichten - diese vor sich hertreibend - im Dominoeffekt mit den Seevölkern Ägypten und mit der Schlacht im Tollensetal die Ostsee. Was aber mag damals am Atlantik passiert sein?
Wenn Sie jetzt nicht all die Experten oben extra lesen wollen, empfehle ich den Englischkundigen unter Ihnen in der Wikipedia den Artikel “Late Bronze Age collapse” unter https://en.wikipedia.org/wiki/Late_Bronze_Age_collapse. In Deutsch ist so etwas chancenlos, denn die Geschichtsadministratoren dort lehnen es ab, derartige Erkenntnisse zu veröffentlichen. Nicht einmal den englischen Text wollen sie übersetzen lassen. Vergleichen sie nun die dort beschriebene Katastrophentheorie mit allen oben genannten Wanderungen, Kriegen und Naturgewalten. Die Rätsel der Frühgeschichte scheinen plötzlich wie durch ein Wunder gelöst. Selbst die bisher mythischen
Geschichten wie der Kampf um Troja, die lydische Dynastie der Herakliden, der Einmarsch der Phryger in Anatolien, das Bündnis von Seevölkern und Libyern, der Ursprung der Philister, das zweimalige Auftreten eines Volkes namens Iberien (Spanien und Kaukasus) - alles passt in dieses Bild. Und welche imaginäre Kultur steckt nun hinter all dem Chaos?
Bestimmt sagt ihnen der Name Los Millares etwas. Diese über 4.000 Jahre alte befestigte Höhensiedlung in Spanien gilt mit ihren Mauern als Vorbild aller Burganlagen, wie sie nach 1200 v. Chr. in ganz Europa und dem Nahen Osten entstanden waren: Lage an einer alten Heer- und Handelsstraße, umwehrtes Dorf auf einem Bergsporn, zusätzliche Akropolis für die Herrscher, gute Rundumsicht, Quelle, Acker- und Weideland, Gräberfeld und Kultstätte in Sichtweite. Wissenschaftler setzen die Stadt mit Troja gleich und vermuten, die erste europäische Hochzivilisation gefunden zu haben. Davon wurden in Andalusien aus der Bronzezeit nicht wenige ausgegraben. Sie alle findet man irgendwie nur auf der Ostseite der iberischen Halbinsel, in den Bergen, weit weg vom Atlantik. Ihre Feldterrassen werden nur von denen rund um das Atlasgebirge im Maghreb übertroffen, was Sie ahnen lässt, woher sich die Zivilisationen in Iberien speisten. Wo aber könnte das Zentrum eines solch vorbildgebenden Gemeinwesens gelegen haben?

An wen könnten diese Genies ihr Wissen weiter gegeben haben?
Sicher haben sie schon die europäische und afrikanische Atlantikküste besucht. Sie zeugt mit ihren megalithischen Gräbern und Menhiren nicht nur von erfolgreichen prähistorischen Zivilisationen, sondern auch von den enormen Kräften, die das Meer überall auf die Landschaft ausgeübt hat. Wenn sie jetzt nach dem Ort der ältesten und meisten archäologischen Funde an der gesamten Atlantikküste fragen, dazu nach der größten Fläche einer möglichen zerstörten Siedlung, landen Sie unweigerlich in Südspanien, im Delta des Guadalete gegenüber von Cádiz. Dort wurden auf einem Areal von 10.000 Quadratmetern Artefakte besonders aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit in chaotischer Anordnung zueinander gefunden. Tausende neolithische Gräber im Umfeld konnten in eine Zeit vor über 5.000 Jahren datiert werden. Ab dem 2. Jahrtausend v. Chr. kann ihr Inhalt der Glockenbecherkultur zugeordnet werden. Genau in der Mitte des Deltas liegt die archäologische Ausgrabungsstätte Dona Blanca, in der in fünf Meter Tiefe monströse Zyklopenmauern angeschnitten wurden. Wer um Gotteswillen könnte hier gewohnt haben?
Genau um 1200 v. Chr. bricht diese Kultur ab. Irgend eine Katastrophe muss sie vernichtet haben. Wer sich mit Tsunamis beschäftigt ahnt, was hier abgegangen sein könnte.


Das Delta des Guadalete wird heute von sanften Hügeln umrahmt. Klettern sie auf deren höchsten Punkt! Trotz aller "neuzeitlichen" Überbauung  erkennen Sie deutlich die ringförmige Struktur des Deltas, bestehend aus drei Hügelketten. Begutachten sie deren geologische Struktur, erkennen Sie Sandsteinfels, der einmal künstlich überhöht worden sein muss. Gegenüber ihres Standortes liegt die ehemalige Insel Cádiz, sicher einmal selbst Teil dieses zerstörten Kreises. Die Landschaft mutet wie ein künstlich geformter Sandstrand an, der überschwemmt wurde und aus dem sich nur noch die Reste der Berge über die Ebene erheben. Auf Ihrem Aussichtspunkt reihen sich rundgeschliffene Monsterwacker aneinander. Rundum finden sich Steine von roter, schwarzer und weißer Farbe, kalte und warme Quellen. Man kann sich gut vorstellen, dass hier eine blühende Zivilisation schon in der Frühzeit gedeihen konnte. Das Klima entsprach dem im östlichen Mittelmeer, der Boden ist fruchtbar, es gibt noch heute zwei Ernten im Jahr, das Gebirge Sierra Morena schützt vor kalten Winden aus dem Norden. Die gesamte Gegend heißt seit alters her „Gades“. Ja wo, in Dreiteufelsnamen, haben Sie das alles schon mal gehört?

Das archäologische Gelände Dona Blanca ist öffentlich zugänglich und liegt nahe der Hafenstadt Puerto de Santa Maria. Im Historischen Museum dort findet man glanzvolle Artefakte, die von einer einzigartigen Hochkultur zeugen. Sie kann den östlichen Zivilisationen in nichts nachgestanden haben. Ihre letzten Zweifel verschwinden aber angesichts der künstlichen Höhlen entlang der Ringhügel. Sie sind so groß, dass selbst antike Schiffe mit Segel und Ruder darin Platz gefunden hätten. Sie befinden sich tief unter der Erde und liegen heute noch auf dem Niveau des Meeresspiegels. Ihre Wände sind sauber bearbeitet, teils 10 Meter hoch und 30 Meter lang. Die Höhlen sehen wie alte Steinbrüche aus, denen man das Material für megalithische Großbauten entnommen hatte. Von den überdimensionalen Stollen führen Schleifspuren von Transportschlitten zum Meer (für Wagenräder zu eng beieinander liegend). Wer kann solche Höhlen angelegt haben, die wie „unterirdische Häfen für Dreiruderer“ anmuten?
Ein  letzter Widerspruch könnte Ihnen zu den Völkerbewegungen nicht lange nach den Katastrohen um 1200 v. Chr. einfallen. Sie denken an die Ionische Kolonisation der griechischen Stadtstaaten, bei der beispielsweise Marseille gegründet wurde, die Phönizische Expansion aus dem Nahen Osten heraus, die auch Karthago hervorbrachte, die Etrusker, die jüngst als anatolische Lydier entlarvt wurden, aber auch an die Kelten, die von Zentraleuropa bis auf die Iberische Halbinsel gewandert waren. Es scheint so, als hätten ab 1000 v. Chr. alle Völker des Ostens ihre Ableger Richtung Westen geschickt. Als wenn dort neues Land entstanden wäre, oder - logischer - vernichtete Flora und Fauna sich langsam erholen würde. Dass die Invasoren so nebenbei die Indogermanische Sprache mitbrachten, zeigt, wessen geistiges Kind sie waren. Die Erklärung der Fachwelt wie Überbevölkerung, erneuter Klimawandel oder modischer Zeitgeist haben Sie schon als abwegig erkannt. Eine der ersten phönizischen Expeditionen muss um 1000 v. Chr. in das am weitesten entfernte Cádiz stattgefunden haben. Da kannte sich jemand aus!
In Südspanien entstand damals die Tartessische Kultur. Historische Quellen bezeichnen sie als schnell aufstrebendes und wohlhabendes Königreich. Die Ausgrabungsstätte Dona Blanca könnte entgegen der Meinung heutiger Archäologen ihr Zentrum gewesen sein. Siedelten hier die "Heimkehrer" auf den heiligen Ruinen ihrer Vorfahren?

So könnte ich Ihnen weitere Fragen stellen, aber Sie ahnen, was nun kommt. Setzen sie bitte bei allen das Wörtchen Atlantis als Antwort ein. Nehmen Sie alle von Platon beschriebenen Details des mythischen Königreiches her und vergleichen Sie es mit diesem Standort. Ach ja, natürlich müssen Sie statt dem Jahreskalender den ägyptischen Mondkalender benutzen, um nicht bei 11.000 Jahren für den Untergang von Atlantis durch eine Tsunamikatastrophe rauszukommen, sondern bei 1200 v. Chr. Und Sie sollten die ägyptischen Bezeichnungen für Insel und Halbinsel vergleichen, sowie sich mit der geografischen Entwicklung Iberiens beschäftigen. Viele Gebiete nördlich der Pyrenäen sind nicht älter als 5000 Jahre. Da fehlt nicht viel für ein Eiland.
Auf all diese Fragen hat mich Jürgen Hepke gebracht, der auf altantis.de seine Theorie unterbreitet. Ihm verdanke ich die Anregung für einen Vergleich aller dort aufgeführten Lokalisierungsversuche. Wer allerdings auf dieser Anhöhe über Dona Blanca gestanden hat, wird kaum mehr Zweifel an der Platzierung des Mythos Atlantis aufbringen können. Es müssen die bronzeschmiedenden Glockenbechertypen gewesen sein, die sich eine prosperierendes Reich aufgebaut hatten und eiskalt von den Naturgewalten erwischt worden sind. Die ringförmige Struktur ihrer Königsstadt wird heute nicht nur durch die Hügelketten, sondern auch durch Bewässerungskanäle in der Ebene verstärkt. Sogar die von Platon angegebenen Maße für die Inselkreise und für das riesige Umland des Andalusischen Beckens stimmen erschreckend genau überein.
Natürlich finden Sie vielleicht andere Antworten, besonders wenn Sie gerade ein Buch über die Lokalisierung von Atlantis andernorts geschrieben haben. Mich würde Kritik an meinen implizierten Fragen aber trotzdem interessieren.

Mittwoch, 3. August 2016

Kritik an der Katastrophentheorie 1200 v. Chr.



Kein fiktives Szenario
Im englischen Teil des Internetportals Wikipedia wird die Katastrophenzeit um 1200 v. Chr. im Artikel „Late Bronze Age collapse” recht gut beschrieben. Damit müsste dieser Post eigentlich überflüssig sein. Denkste!
In Deutschland wird für diesen Zeitraum weiterhin ein antiquiertes Geschichtsbild vermittelt. So kommt es, dass mir ein Geschichtsstudent erklärt, die Urnenfelderkultur sei als prähistorische Modeerscheinung entstanden. Da kann man nur ohnmächtig die Schultern zucken. Die lernen es eben nicht anders. Wenn aber gestandene Professoren, wie Elke Stein-Hölkeskamp oder Eric H. Cline der Menschheit aktuell einreden wollen, die Hochkulturen Europas um 1200 v. Chr. seien an einem „inneren Systemkollaps“ zugrunde gegangen, dann verursacht das schon körperlichen Schmerz. Wenn dann noch DIE WELT unter ihrem leitenden Kulturgeschichtler Berthold Seewald das einfach kopiert, ohne Gegenmeinungen einzuholen, möchte man - nur noch in Ruhe gelassen werden. http://www.welt.de/geschichte/article145334945/Vom-Systemkollaps-zur-epochalen-Katastrophe.html
In dem Artikel wird um 1200 v. Chr. am östlichen Mittelmeer eine globale Welt beschrieben, deren wirtschaftliche und politische Strukturen der unseren vergleichbar wäre.
Tsunami in Japan
Durch innere Wirrnisse, vielleicht noch eine Dürre, besonders aber durch die Unterbrechung der Warenströme seien die Großreiche am Mittelmeer in einer Art Dominoeffekt zusammengebrochen. Naturkatastrophen und Seevölkersturm hätten höchstens noch einen kleinen Schubser gegeben. Man darf sich das also wie den Warschauer Pakt vorstellen, der 1991 auf Grund eigener Systemfehler unterging, mit Wirtschaftsembargo des Westens und Rüstungswettlauf als I-Tüpfelchen. Dann, sage ich den Autoren, hätte noch ein Vulkan in der Größe des Mount St. Helens auf dem Roten Platz ausbrechen müssen. Außerdem brauchte es noch ein Erdbeben und eine Sintflut, die flächendeckend ganz Osteuropa überzogen hätten und zusätzlich müsste noch die NATO mit ihrer gesamten militärischen Macht über den Eisernen Vorhang vormarschiert sein. So etwa könnte das Szenario angesetzt werden, wenn man die um 1200 v. Chr. auf Griechenland, Anatolien und den Nahen Osten wirkenden Kräfte vergleichen wollte.
Doch die Vertreter imaginärer Umsturztheorien ignorieren einfach die Auswirkungen der Naturkatastrophen und Zusammenhänge der Völkerbewegungen damals, wie sie von Archäologen, Klimaforschern und Historikern (Siehe Referenzen unten!) zumindest partiell bewiesen wurden. http://www.vfg.uni-wuerzburg.de/fileadmin/04080200/user_upload/Eine_Katastrophen-Theorie_zum_Beginn_der_Urnenfelderzeit.pdf: Demnach ergibt sich folgendes Bild:
  • In allen Ausgrabungsstätten rund um das Mittelmeer finden sich um 1250 v. Chr. Zerstörungsschichten auf Grund von Erdbeben und Überschwemmungen. Nördlich der Alpen muss wegen fehlender Steinbauten damals auf direkte Erdbebennachweise zurückgegriffen werden, wie z.B. in den Hallstattbergwerken, wahrscheinlich auf Helgoland oder beim Stadtfelsen von Porto.
    Temperaturen von heute an rückwärts
  • Zur gleichen Zeit müssen an den Küsten Europas großflächige Tsunamis gewütet haben, wie sie nach Vulkanausbrüchen und Erdbeben typisch sind (nachgewiesen für den Hekla auf Island zu dieser Zeit). Entsprechende Ablagerungen in Tyrins, Levkas oder auf Sardinien legen das genau so nahe, wie die vielen heute sichtbaren Steindolmen, entlang der Küsten, von denen die Erdhügel weggespült wurden.
  • In den Küstenregionen z. B. Englands, Norditaliens und in den Flussniederungen Südfrankreichs und Deutschlands folgt ein schlagartiger Bevölkerungsschwund.
  • Es kommt zu einem Klimakollaps in ganz Europa, ähnlich dem nach der Eruption des Tambora in Indonesien 1815. Die Auswirkungen: außergewöhnliche Kälte, Dauerregen und extremer Rückgang von Flora und Fauna.
  • In jenen Jahren findet ein unmotivierter Bruch mit dem zentralen Bestattungsritus der Hügelgräber in ganz Europa statt. Die Urnenfelderkultur breitet sich aus.
  • Heerscharen fremder Völker überziehen Mitteleuropa vom Pariser Becken bis zum Balkan (massenhafter Bau von Höhenburgen, neue Waffen tauchen auf, Schätze werden vergraben, auch die Himmelsscheibe von Nebra, Schlacht im Tollensetal, wahrscheinlich auch Brand im bronzezeitlichen Bernstorf). Auch im Mittelmeerraum kommt es zeitgleich zu kriegerischen Völkerwanderungen von West nach Ost (Seevölker, Dorer, Minoer, Philister, Pryker, Libyer usw.)
  • In den meisten Ausgrabungsstätten des Mittelmeerraumes ist ab 1200 v. Chr., nicht lange nach den Zerstörungen der Erdbeben, ein Brandhorizont auf Grund kriegerischer Aktivitäten festzustellen. Alle Hochkulturen des Nahen Ostens gehen zu Grunde, außer die ägyptische. Deren Pharaonendynastie wird aber nicht viel später durch eine libysche abgelöst.
Seevölker vs. Pharao
Für die etablierte Wissenschaft sind das alles nur zufällig gleichzeitig stattgefundene Einzelbeispiele. Jedes dieser Ereignisse ist zwar gut erforscht, das Mosaik wird aber nicht zusammengesetzt. Man ordnet die Menschheitsgeschichte weiterhin nach verwendeten Keramikmustern und Begräbnisritualen. Die aber sind weit davon entfernt, die Motivation dahinter zu erklären. So hat sich immer noch nicht die These durchgesetzt, dass hinter jedem Kulturwandel Völkerbewegungen und Okkupationen stecken. Dabei könnte das Modell der Katastrophenzeit um 1200 v. Chr. (Siehe Post 6.) alle o.g. Forschungsergebnisse umfassend erklären: Auf dem Höhepunkt der Ereignisse scheinen große Vulkaneruptionen und Tsunamis an der atlantischen Westküste Europas stattgefunden zu haben, die Auswirkungen bis Italien hatten. Die Menschen müssen massenhaft in den Osten geflohen sein und dabei fremde Völker vor sich her getrieben haben. Diese fluchtartigen und kriegerischen Massenbewegungen erreichten im Dominoeffekt mit den Seevölkern Ägypten und mit der Tollenseschlacht die Ostsee.
Die in o.g. Welt-Artikel aufgeführten Ursachen des globalen Kollapses wie Dürreperioden, Versorgungsengpässe und Revolten hat es ja oft gegeben. Mit ihnen wurden auch die archaischen Gesellschaften fertig. Selbst bei dynastische Zerwürfnissen und Bürgerkriegen haben die Sieger die alten Strukturen immer wieder aufgebaut. Um 1200 v. Chr. aber waren alle Großreiche zusammengebrochen. Das kann nur durch einen apokalyptischen Völkersturm erklärt werden. Ein „Dunkles Zeitalter“ begann.
Da fragt die WELT unbedarft: Warum sind einige Städte durch Waffengewalt zerstört, andere nur verlassen worden? Ja wenn ich höre, dass in meiner Nachbarstadt gemeuchelt wird, suche ich aber schnell das Weite! Warum hat es dann Griechenland, Syrien und Ägypten gleichzeitig getroffen? Ja wenn Massen panisch werden, gleichzeitig an Land und auf See operieren, können sie sich ihren Weg nur bei den Nachbarn freischlagen. Warum aber haben die Menschen in den zerstörten Palästen mit geringem Komfort weitergelebt? Ja wissen die Autoren denn nicht, wie es nach jedem Krieg in den Städten weitergeht! Warum konnte archäologisch nur eine langsame Diffusion nachgewiesen werden und kein konsequenter Kulturschnitt? Ja sollten die Invasoren denn alle umbringen? Wer hätte dann für sie arbeiten können? In diesem Stil wird weiter gefragt. Dabei hätte sich DIE WELT nur mal die Muster anschauen sollen, nach denen die spätere Völkerwanderung in Europa in den ersten 500 Jahren der neuen Zeitrechnung ablief.
Massenschlacht im Tollensetal
Im Jahr 2015 habe ich versucht, mein zusammengetragenes Wissen über die Katastrophenzeit 1200 v. Chr. bei Wikipedia einzustellen. Es war ein Desaster! Etwa ein Dutzend anonyme Kritiker zerrissen meinen Artikel nach allen Regeln der Kunst. Nach etwa einem Monat heftiger Diskussion im Netz meldete sich ein Administrator, der den Artikel wegen „mangelnder Anerkennung in der Fachwelt“ cancelte. Ein Erfahrungsschub in Sachen neue Medien par excellence!
Ich möchte hier nicht das Prinzip dieser viel genutzten Netz-Enzyklopädie in Frage stellen. Natürlich hatte ich jede Menge Anfängerfehler bei Formulierung, Reputation und Quellen gemacht. Aber es ist doch verwunderlich, dass die meisten Gegner meiner These nicht die Fakten und Schlussfolgerungen monierten, sondern die Tatsache, dass ihr bisher eine durchgängige Anerkennung in der Fachwelt versagt geblieben ist. Obwohl etwa ein Dutzend seriöser Wissenschaftler zu ähnlichen Ergebnissen gekommen ist (siehe Post „Die Katastrophenzeit in der Forschung“ und Referenzen am Ende des Blogs), fehlt also der Segen irgendeines Historiker-Papstes. Eine Begründung, die angesichts der hehren Wikipedia-Regeln ziemlich fraglich erscheint. Es geht in den dortigen Foren übrigens recht ruppig zu. Am aggressivsten reagieren die mit dem wenigsten Sachverstand. Zu meiner Ehrenrettung kann ich anführen, dass sich Gegner und Befürworter meiner Thesen in der Diskussion die Waage hielten. Doch dann kam der Admin! Auch mein Verweis auf den Artikel „Kollaps in der späten Bronzezeit“ in der englischen Wikipedia erweichte den Bestimmer nicht. Abgelehnt wurde auch meine Bitte um dessen Übersetzung auf der deutschen Wikipedia - sonst durchweg üblich. https://en.wikipedia.org/wiki/Late_Bronze_Age_collapse

Nur einmal kam der Vorwurf, ich wolle hier eigene Hypothesen unterbringen.
Aus der englischen Wikipedia
Dabei hatte ich mich ausschließlich auf andere Autoren bezogen und meine Theorien wie Rückwanderung, Malta-Querung oder Atlantis außen vorgelassen. Es fällt auch auf, dass sehr viele Geschichtsartikel bei Wikipedia mit dem Hinweis auf fehlende Belege versehen sind. Ja, wo sollen die in schriftloser Zeit denn herkommen? Indizien aber, Muster in geschichtlichen Abläufen, logische menschliche Reaktionen sind bei den Wikipedia-Administratoren nicht zugelassen. Sie ficht auch nicht an, dass viele historische Dissertationen mit Hypothesen arbeiten. Trotzdem war die Diskussion um den Kollaps 1200 v. Chr. nicht umsonst. Kurz darauf wurden einige Einzelartikel zum Thema, wie Seevölker, Klimakatastrophen, Geschichte Griechenlands und Urnenfelderkultur umfassend ergänzt. Und auf der Jahresseite 1200 v. Chr. findet man seit dem jede Menge Katastrophen aufgelistet. Ist doch ein Anfang!
Dorische Wanderung
Man kommt sich schon manchmal etwas irre vor, mit solch einem Hobby. Besonders wenn man Leuten erzählt, man habe neue Erkenntnisse gewonnen. Zumeist interessiert sich der normale Bürger nicht für Prähistorisches. Das ist zu weit weg. Auch der gelernte Historiker hat sein Spezialgebiet und kennt sich mit den ersten Wanderungen und Siedlungen kaum aus. Geschichtsstudenten haben leider prinzipiell keine Ahnung. Die wenigen Altertums-Experten halten sich an die gängigen Lehrmeinungen. Wir interessierte Laien sind ihnen ein Greul. Eine verständliche Haltung wenn man beobachtet, wie Hobbyhistoriker ihr Halbwissen anbringen oder wie oberflächlich Medienschaffende mit dem Thema umgehen. Als ich den Wikipedia-Artikel verfasste, hatte ich Kontakt zu einigen Autoren aus der Präferenzliste aufgenommen, heute durchweg gestandene Uni-Professoren. Auch diese Recherche war ernüchternd: Drei wollten nicht mehr über ihre alten Bücher reden, einer sagte, er stecke heute nicht mehr so im Thema, ein anderer bemerkte lakonisch, das lasse sich halt nur schwer beweisen. Man wollte sich nicht mehr aus dem Fenster lehnen oder gar anderen Kollegen ans Bein pinkeln. Der Witz aber: keiner der ehemaligen Katastrophenbefürworter hat sich von seinen früheren Behauptungen distanziert...
Wanderung der Seevölker
Nur manchmal erhalte ich Widerwort auf meine Triaden. Das löst neue Recherchen aus, die Ergebnisse fügen sich bisher immer wieder ins Bild. Natürlich hat meine Methode der „theoretischen Archäologie“ Grenzen. Viele Fragen kann ich nicht beantworten (Siehe Post 9. „Was noch erforscht werden müsste“).
  • Wenn es beispielsweise eine große Tsunami-Katastrophe am Atlantik um 1200 v. Chr. gegeben hat, warum hat man dann noch keine salzigen Ablagerungen im Hinterland der westeuropäischen Küste gefunden? So etwas ist nur vom Mittelmeer bekannt.
  • Warum konnte man bisher noch keine Indizien für einen dramatischen Bevölkerungsrückgang damals in Frankreich und Spanien finden, wie in England oder Italien?
  • Wie hoch war der Wasserstand, welche Gebiete wurden überflutet, welche nicht? Die abgespülten Dolmen müssten Auskunft darüber geben können.
  • Welche kulturellen und genetischen Zusammenhänge lassen sich zwischen den Urnenfelderleuten und den Seevölkern finden?
  • Ist die geografische die einzige Komponente, die die Fluchtrichtung vorgegeben hat (z. B. durch die Alpen)
  • Warum hat Platon als einziger explizit über das einschneidende Ereignis berichtet? 
Denn Platons Atlantis-Bericht wird ja indirekt von den historischen Erkenntnissen bestätigt. Alle bekannten Völkerwanderungen um 1200 v. Chr., Dorische, Ionische, Seevölker und Libysche, ja sogar die der Urnenfelderleute, passen sowohl zeitlich als auch geografisch ins Schema einer West-Ost-Flucht vor einem Atlantik-Tsunami. Dabei scheinen nacheinander nicht nur die Hochkulturen des Mittelmeerraumes ausgelöscht wurden zu sein, sondern auch die in Mitteleuropa. Selbst die Übernahme des ägyptischen Throns durch die verbündeten Libyer einige Zeit nach dem Seevölkersturm bestätigt dieses Muster. Ebenfalls ins Bild passen alle Einzelereignisse, wie Trojanischer Krieg, Herrschaft der Königsdynastie der Herakliden in Lydien, Einmarsch der Phryger vom Balkan her und im Norden beispielweise die Schlacht im Tollensetal. Und was spricht dagegen?
Antiker Neubau vor archaischer Wallanlage aus der Katastrophenzeit
    Auch was danach kommt, kann kein Zufalls gewesen sein: die bekannte große phönizische und griechische Kolonisation des westlichen Mittelmeers, etwa ab 1000 v. Chr. Jürgen Hepke, Atlantis-Lokalisator aus Stade, interpretiert sie als kollektive Rückwanderung in die sich langsam wieder renaturierenden Gebiete am Atlantik. Diese Heimkehr ins Land der Vorfahren betrifft auch die keltischen Wanderungen nach Iberien und Britannien, wegen der Nähe zum möglichen Krisenzentrum (Hekla) nur 500 Jahre später. Dass sie inzwischen die indogermanische Sprache übernommen hatten, scheint aber dann doch ein Zufall der Geschichte gewesen zu sein.
Ein Paradigmenwechsel zur Katastrophentheorie um 1200 v. Chr. ist aber nicht in Sicht. Also können Journalisten, wie in dem anfangs zitierten WELT-Artikel, weiter fragwürdige Theorien verbreiten. Hier einige aktuelle Beispiele aus der Katastrophenzeit, die alle nur scheinbar nichts miteinander zu tun haben:
  • Die Menschen der bronzezeitlichen Wallsiedlung beim bayrischen Bernstorf hätten ihre Stadt in einem rituellen Akt selbst niedergebrannt.
  • Der Name der Salzstadt Halle könne unmöglich von den Kelten abstammen, weil die ja gar nicht so weit in den Norden vorgedrungen waren.
  • Das Hetiter-Reich sei durch dynastische Kämpfe untergegangen, besonders weil die Menschen wegen zu vieler Nahrungsopfer Hunger gelitten hätten. Die Brandspuren in Hattusa würden wieder auf eine Selbstverbrennung ihrer Hauptstadt hindeuten.
  • Atlantis wird sonstwo lokalisiert, nur nicht da, wo und wie Platon es beschrieben hat.
  • Die Völkerwanderungen in archaischer Zeit werden auf Bevölkerungsüberschuss, innere Unruhen und soziale Differenzen zurückgeführt.
  • Die Masse der Höhenburgen, die um 1200 v. Chr. entstanden waren, werden mit einem überzogenen Prestigedenken der damaligen Eliten begründet. Nur: wenn alle oben lebten, macht das natürlich wenig Sinn.  
Die Grenzen der Urenfelder im Westen als
Reichweite der Tsunamis
Doch wer die These einer Katastrophenzeit um 1200 v. Chr. verinnerlicht hat, kann nicht nur offene Fragen der Menschheitsgeschichte beantworten, sondern auch  interessante Voraussagen treffen. Erst neulich hat ein ehemaliger Kommilitone erstaunt eingeräumt, dass unser alter Streit über die prähistorischen Wallburgen zu meinen Gunsten beigelegt werden kann: Auf der Festung Königstein in Sachsen hatte man endlich Scherben aus der Bronzezeit gefunden. Das war schon damals der vor Wasser und Waffen sicherste Ort in ganz Europa. Oder ein Beispiel aus meiner Heimat: Als ich vor 10 Jahren den Muppberg über Neustadt bei Coburg durch reines „In-Augenschein-nehmen“ als Bronzezeitliche Wallanlage interpretierte, wurde ich ausgelacht. Im Mai 2016 gelang nun einem jungen Archäologen mit viel Aufwand der entsprechende Grabungsnachweis: der Berg wurde etwa ab 1250 v. Chr. stark befestigt. So nehme ich nun auch kein Blatt mehr vor den Mund: Solche Berge gibt es nämlich zu Dutzenden in Südthüringen und Franken, ohne das bisher ein Hahn danach gekräht hätte.
In diesem Sinne fügen sich schon seit Jahren alle neuen Ausgrabungen oder wissenschaftlichen Erkenntnisse in das nicht anerkannte Katastrophenszenario, von dem ich bei Jürgen Hepke das erste Mal gehört hatte. Warum das so wichtig ist? Weil aus der falschen Interpretation der Geschichte die falschen Schlussfolgerungen für mögliche Szenarien heute gezogen werden. Doch irgendwann werden es auch die Schreibtischoberen begreifen müssen. Wenn es da nicht zu spät ist...