Denn es braucht weder Aliens, Chronologiekritiker noch Verschwörungstheorien. Themen wie Basken, Seevölker, Dorische Wanderung, Atlantis oder indogermanische Invasionen sind längst zu deuten. Man muss nur die neuesten Veröffentlichungen von Archäologen, Genetikern, Geologen, Linguisten und Geografen zusammenbringen. Und die lassen sich durch die sog. Katastrophentheorie zusammenfassen, welche Auf- und Untergang aller urzeitlichen Kulturen nach den immer gleichen Abläufen erklärt: tektonische Verwerfungen (auch wegen kosmischer Impacte), Tsunamis und kurzfristige Besiedlung der Höhen, atmosphärische Winter und langfristige Agrar- und Subsistenzkrisen, kriegerische Völkerwanderungen und letztlich technologischer Fortschritt. Dazu stelle ich im Einstieg "Worum es hier geht“ 7 Hypothesen auf, die gerne diskutiert werden können. Die daraus resultierende Chronologie finden Sie in den Artikeln von 1. bis 7. durchnummeriert. Eine Übersicht der damaligen Kulturen ganz unten rechts…

Montag, 21. Juli 2014

3. Woher die Kulturen Westeuropas kamen


Die ersten Westeuropäer

Die Ausbreitung des Menschen
Von Anfang an scheint die menschliche Besiedlung Westeuropas aus zwei Richtungen heraus erfolgt zu sein: Einmal aus dem Osten mit dem Balkan bzw. den Weiten Asiens und ein weiteres mal aus dem Süden von Afrika aus über Gibraltar bzw. Malta. Offiziell soll Homo Sapiens in Europa vor 55.000 Jahren aus der Mitte Sibiriens heraus und vor 30.000 Jahren noch einmal über Andalusien einmarschiert sein. Das war beides während der letzten Eiszeit. Die Wissenschaftler beziehen sich dabei vor allem auf genetische Erkenntnisse, archäologische Funde und historische Temperaturmodelle.
Warm- und Kaltzeiten von heute an zurück gerechnet
Denn alle großen Völkerbewegungen sollen von Klimaveränderungen wegen Sonnenaktivitäten bzw. geologischen Veränderungen auf der Erde initiiert worden sein. Geografische Barrieren müssen dabei nur bedingt eine Rolle gespielt haben.
Abgesehen vom Streit der Experten innerhalb der anerkannten Thesen, gibt es doch auch neuere Erkenntnisse. Inzwischen nämlich wurde der älteste menschliche Schädel in Marokko ausgegraben. Er soll mit 300.000 Jahren unsere Rasse noch einmal 100.000 Jahre älter gemacht und ihren Ursprung verschoben haben. Außerdem lassen moderne Untersuchungsmethoden die Vermutung aufkommen, dass die Expansion des modernen Menschen in Nordafrika anders verlaufen sein könnte, als bisher angenommen. Z. B. soll die Ausbreitung des Magenbakteriums Helicombacter eindeutig einen Strang durch die heutige Sahara sichtbar machen.
Sahara, Atlas und Gibraltar:
Soll hier die Keimzelle der Menschheit gewesen sein!
Wie dem auch sei. Nicht wenige Anthropologen gehen davon aus, dass Europa lange vor den Asiaten von Afrikanern besiedelt wurde. Die Ausbreitung  soll sich über Gibraltar vor allem entlang der atlantischen Küste von Portugal bis Frankreich und Irland hinauf gezogen haben.
Das aber würde die geltende Out-of-Africa-Theorie in Frage stellen, die die Expansion der ersten Menschen in mehreren Schüben über den Nahen Osten und dann nach Asien beschreibt. Bisher bleiben die genetischen Ströme in der Sahara recht vage. Trotzdem kann niemand die lange bekannten Artefakte des Menschen von vor etwa 60.000 Jahren rund um das Atlasgebirge und die Felszeichnungen im Maghreb mit einem Alter von 12.000 Jahren wegdiskutieren. Sie zeigen Wasserbüffel in blühenden Landschaften. Schon Herodot bezeichnete Libyen (damals für Afrika) als Wiege der Zivilisation. Auch wenn Gibraltar damals schon lange überflutet war, für Einbäume und Flöße von Leuten, die bis Australien vorgestoßen waren, kann die Meerenge kein Hindernis gewesen sein. Ihre Faustkeile aus Nordwestafrika ähneln in der Abschlagtechnik denen von Spanien. Ihre Wohnplätze in Form von Felsüberhängen und Höhlen finden sich in ganz Westeuropa. Höhepunkt sind die Malereien in der Grotte von Lascaux. Die sollen gegen Ende der letzten Eiszeit vor 15.000 Jahren entstanden sein.
Kaltzeiten in Europa
Mit dem Rückzug der Gletscher scheinen immer mehr Menschen auch von der Iberischen Halbinsel nach Mitteleuropa vorgestoßen zu sein. Genetische Untersuchungen fanden heraus, dass bereits vor 16.300 Jahren Erbgut aus dem Pyrenäengebiet um das heutige Baskenland in Norddeutschland auftauchte. Diese ethnischen Bewegungen sollen sogar die Vorfahren der heutigen Saami in Skandinavien erreicht haben.Dazu muss man wissen, dass während der letzten Eiszeit der Meeresspiegel, wegen der Masse an gebundenem Wassers, um etwa 120 Meter tiefer gelegen haben soll. Nicht nur der Ärmelkanal, auch die Straße von Gibraltar könnte nach Meinung einiger Geologen partiell wasserfrei gewesen sein. Eine evolutionäre Einladung an Flora und Fauna nach Norden zu ziehen. Besonders natürlich als es dort vor 12.000 Jahren wieder richtig warm und feucht wurde.
Hellblau die wasserfreien Gebiete während der letzten Eiszeit

Niemand zweifelt die Lehrmeinung an, wonach mit dem Anstieg der Temperaturen Mitteleuropa auch aus dem Osten besiedelt wurde. Der Westen scheint an dieser Wiederbesiedlung aber genauso beteiligt gewesen zu sein.

Die zwei Wege der ersten Bauern 

Gegen 11000 v. Chr. sollen sich im Nahen Osten die ersten Jäger und Sammler sesshaft gemacht haben. In der Jungsteinzeit, oder dem so genannten Neolithikum, müssen sich dort im Fruchtbaren Halbmond Ackerbau und Viehzucht entwickelt haben. Sie leiteten die neolithische Revolution ein. Diese jetzt leichtere Art Nahrung zu organisieren, verbreitete sich schnell in alle Welt.
Die Ausbreitung der Landwirtschaft (in Tausend v. Chr.,
nach vanaland.de)


Nach Vanaland.wordpress.com erreichten die Bauern ab dem 8. Jahrtausend v. Chr. Anatolien, ab 6.200 den Balkan und ab 5.500 als so genannte Linienbandkeramische Kultur (benannt nach der Verzierung ihrer Topfkeramik) unser Mitteleuropa. Alles Lebensnotwendige, wie gezähmtes Vieh, Werkzeuge und Samen, wahrscheinlich auch eine gemeinsame Sprache, brachten die Neubauern mit. Sie etablierten damit den heute allgemein bekannte Weg der neolithischen Expansion die Donau hoch.
Doch andere waren schneller: Südlich der Alpen müssen bereits ab dem 7. Jahrtausend v. Chr. frühe Neolithen über Griechenland, Italien bis in den äußersten Westen durchmarschiert sein, nach Frankreich, in die Schweiz, Spanien und Portugal. Wie das Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" entsprechende Erkenntnisse zusammenfasste, führt deren genetische Spur in einer Art "Inselhüpfen" von Anatolien, über die ägäischen Inseln, Griechenland bis Italien und Südfrankreich.
Die ersten Bauernkulturen
Dort hätten sie die so genannte Cardial- oder Impressokultur begründet, die anfangs ihre Keramik-Gravuren mit der Herzmuschel ausführte.

Die unterbrochene Ausbreitung

Viel "hüpfen", vielleicht per Einbaum, mussten die frühen Bauern aber wahrscheinlich gar nicht. Zunächst haben genetische Untersuchungen im Süden Frankreichs gezeigt, dass wiederum nicht nur die Menschen aus dem östlichen Mittelmeerraum stammen, sondern auch die mitgebrachten Pflanzen und Tiere. Und wie viele Kühe hätte man wohl auf kleinen Schiffen und Flößen transportieren können? Der niedrige Meeresspiegel aber auf Grund der Menge an gebundenem Wasser, scheint nach der Eiszeit erst langsam gestiegen zu sein. Gegen 7000 v. Chr. soll Skandinavien noch voll unter Gletschern gelegen haben. Erst um 6000 v. Chr. kann der heutige Meeresspiegel mit der Überflutung von Ärmelkanal und Bosporus festgemacht werden. Klimatologen beziffern dazu gegen 6200 v. Chr. einen weltweiten Kollaps; Historiker deuten den Anstieg des Meeresspiegels in den Mythen der Völker als plötzliche Sintflut. Am besten lässt sich dieser Vorgang in der Geschichte Maltas beobachten: Erste Besiedlung vor 6000 v.Chr. durch die wandernden Impressoleute, danach Isolierung der Insel in der so genannten Tempelphase. Die Verbindung des Eilandes zum italienischen Festland davor gilt als sicher, die nach Afrika wahrscheinlich.
Hellblau die wasserfreien Zonen bis 6000 v. Chr.
Schaut man sich die Höhenlinien im Mittelmeer, z.B. auch bei Google Earth an, erkennt man das "Wanderungspotential". Wenn der Meeresspiegel nur 50 Meter tiefer gelegen hätte, wäre die gesamte Ägäis und die Adria quasi wasserfrei. Dadurch scheinen die expandierenden Bauern auch genug Platz gehabt zu haben, um sich zwischen Gebirge und Meer auszubreiten Die neolithische Expansion funktionierte ja nach dem Prinzip des Generationswechsels: Die jüngsten Söhne waren immer gezwungen, nach neuem Land Ausschau halten, dass sie roden und bearbeiten konnten. In diesem Stil scheinen die Landwirte noch vor der großen Flut bzw. dem Anstieg des Meeresspiegels  Westeuropa erreicht zu haben. Danach muss Schluss gewesen sein. Das ist eine der zentralen Thesen dieses Blogs! Wie man archäologischen Ausgrabungen nach obenstehender Karte entnehmen kann, schafften es die dunkelgrün gefärbten Impressobauern noch, um 7000 v. Chr. Italien und Südfrankreich zu erreichen. Nach Spanien aber, über die Pyrenäenausläufer, scheinen sie erst 2500 Jahre später gekommen zu sein. Grund könnte wieder der gestiegene Wasserpegel an den Pyrenäenausläufern gewesen sein. Die bräunlichen La Almagra Landwirte in Andalusien sollen da schon lange rumgeackert haben, nämlich seit 5200 v. Chr. Damit könnten sie die ersten Bauern auf der Iberischen Halbinsel überhaupt gewesen sein. Es gibt auch Autoren, die beide neolithische Kulturen zur gleichen Zeit ansetzen. Als sicher gilt, dass die Cardialbauern auch in Nord- und Westspanien siedelten und selbst bis nach Marokko kamen. Wie dem auch sei: Die ersten Bauern scheinen Anatolien über Gibraltar erreicht zu haben, aber erst nach der großen Flut, denn sie hatten wahrscheinlich keine domestizierten Tiere dabei. La Almagra muss sich auch sonst grundlegend von der östlichen Cardium- oder Impressokultur unterschieden haben: Ihre Töpfe sahen aus wie die zeitgleichen entlang des Atlasgebirges und dafür hatten die anderen auch Viehzeug dabei.
Für diese Tatsache kann es nur eine Erklärung geben: Die Einwanderung der La Almagra Bauern muss über Nordafrika stattgefunden haben!
Dunkelgrün die iberomaurische Zivilisation
Ägypten und Libyen kommen als Transitländer aus dem Fruchtbaren Halbmond nicht in Frage, denn beide führten die Landwirtschaft erst viel später ein. Sizilien aber, Malta, Tunesien, Algerien und Marokko folgen genau in dieser Reihenfolge den jeweils ersten Funden von Getreidekörnern Richtung Spanien. Da aber die Meerenge von Gibraltar schon damals Afrika und Europa trennte, konnten die Bauern auch keine großen Haustiere mitbringen. Den Menschen aber, selbst wenn das jeweils gegenüber liegende Land nur in Sichtweite gelegen hat, dürfte das als Motivation ausgereicht haben. Auf Malta scheinen noch die Impressoleute noch mit Vieh unterwegs gewesen zu sein. In Algerien aber wurden aus der damaligen Zeit die s.g. Iberomauren ausgegraben, deren Verwandtschaft schon der Name verrät. Sie sollen die Landwirtschaft um 5600 v.Chr. eingeführt haben, in einer Zeit als sie noch nicht einmal Keramik kannten. Sie hätten das aber mit "Fernhandel und vielfältigen Innovationen" wett gemacht haben, so die Ausgräber.
Die mutmaßliche Wanderung der ersten Bauern
nach Südspanien

Es scheint wirklich so, als hätte sich die Neolithische Revolution auch geradewegs durch das Mittelmeer verbreitet - über Italien und die Alpen nach Norden sowie über Malta und Algerien nach Spanien. Ein Strang vom Fruchtbaren Halbmond über Jemen und die Sahara kann noch nicht verifiziert werden.

Die weitere Expansion zur See

Bemerkenswert ist zunächst das enorme Tempo der neolithischen Expansion quasi über das Mittelmeer in den Westen. So nehmen einige Wissenschaftler an, es habe sich generell um eine Ausbreitung auf dem Seeweg gehandelt. Hochseetaugliche Schiffe soll es im östlichen Mittelmeer schon vor 10.000 Jahren gegeben haben. Die ersten archäologisch fassbaren Fischer von Atlit Yam in Israel hatten um 8000 v. Chr. Hochseefische im Magen. Gleiches ist von Ausgrabungen auf Kreta bekannt. Auch ein lebhafter Seehandel zwischen den Inseln der Ägäis ist aus neolithischer Zeit belegt. Bei steigenden Wasserständen im 7. Jahrtausend müsste dieser Schiffsverkehr immer mehr an Bedeutung gewonnen haben. Da man damals auf Sicht entlang der Küsten fuhr, könnte jetzt die "Inselhüpferei" erst richtig begonnen haben. Sie könnte als frühe Seeverbindung erst von Anatolien, später sogar von der Levante aus bis Spanien gereicht haben. Dieser fiktive Seeweg - vielleicht ab dem 5. Jahrtausend quer über das ganze Mittelmeer - ist eine weitere Hypothese dieses Blogs.
Die Megalithkulturen
Denn der anschließende kulturelle Aufstieg der Iberischen Halbinsel, in neolithischer, megalithischer und in der Bronzezeit, lässt sich sonst nur schwer erklären. Wie sollte bei heutigen Wasserständen und damaligen technischen Bedingungen sonst all die Innovationen aus dem Nahen Osten nach Spanien gelangt sein? Mitteleuropa und Nordafrika fallen aus, da kam alles erst viel später. Die Felsritzungen in der Sahara zeigen zwar auch Rinderherden um 5000 v. Chr. , aber um diese zeit ist die Ausbeute der Archäologen im Maghreb viel größer. Balkan und Alpenausläufer behinderten auch einen direkten Durchmarsch von Anatolien nach Südfrankreich. Einzig das Meer blieb als Verbindung. Aus den alten Wanderrouten müssen Schiffspassagen geworden sein. Kolonisten versuchten in der Geschichte immer Kontakt zu ihren Ursprungsländern zu halten. So ist es nur logisch, dass sich mit der Ausbreitung des Meeres Schritt für Schritt die Hochseeschifffahrt etablierte. Bereits im 8. Jahrtausend v. Chr. waren ja Obsidian und Zuchttiere auf das isolierte Zypern gelangt. Das geht weit über Küstenschifffahrt hinaus, weil die Insel selbst während der Eiszeit nicht an das Festland angebunden war. Eine bestehende Schiffspassage in den Westen würde auch das Erblühen der vorphönizischen Hafenstädte im heutigen Libanon erklären (Siehe Post "Phönizien und das prähistorische Westeuropa").
Phönizien als Sprungbrett nach Westeuropa?
Diese waren ja selbst ein Teil des Fruchtbaren Halbmondes. Unser o.g. Atlit Yam an der Levante-Küste muss zwar gegen 7000 v. Chr. überflutet worden sein, aber andere Ursiedlungen in Phönizien konnten sich entwickeln. Weiter nördlich liegt zum Beispiel die Hafenstadt Byblos, die in der Antike lange als die älteste Siedlung der Menschheitsgeschichte galt. Ihre untersten archäologischen Schichten reichen bis 6000 v. Chr. zurück. Von dort aus führt ein Pass über das Alawitengebirge bis zu den alten Stadtstaaten des Zweistromlandes.
Und es finden sich weitere Indizien für die Theorie, dass die neolithische Expansion auf dem Seeweg weitergegangen sein könnte: Die Nachfolger der Cardial-Impresso-Kultur sollen sich ab etwa 5800 v. Chr. nach Norden gewandt haben. Einer ihrer Ausläufer, die sogenannte La-Hoguette-Gruppe an der Rhone, muss etwa 300 Jahre vor den vom Balkan anrückenden Linearbandkeramikern den Oberen Rhein erreicht haben. Beide hatten immer noch eine fast identische DNA. Man war ja gemeinsam als neolithische Bauern gegen 8.000 v. Chr. in Anatolien aufgebrochen. Obwohl die Strecke an der Donau entlang viel kürzer ist, hatten die Linearbandkeramiker nicht etwa gebummelt. Sie mussten aber erst den Taurus, das Pontische Gebirge und den Balkan überwinden, wo Landwirtschaft nur eingeschränkt möglich war.
Die alternativen Wege nach Mitteleuropa
So konnten die Westbauern über Frankreich ein höheres Tempo entwickeln, noch dazu, wenn sie nach 6000 v, Chr. mit dem Schiff unterwegs waren.
Und es gibt noch ein Argument: Als man sich gegen 5500 v. Chr. am Rhein traf, hatten diese Vettern aus Anatolien auch andere Vorlieben entwickelt: Der Anteil von Haustierknochen ist in den Funden der La-Hoguette-Kultur bedeutend größer als bei den Linienbandkeramikern und diese betrieben umgekehrt deutlich mehr Feldbau. Fehlte es den seefahrenden Siedlern aus dem Westen an Erfahrung bei der Bearbeitung des Bodens? Äquivalent zu dieser Entfremdung muss sich auch die mutmaßlich anzunehmende gemeinsame Sprache auseinander dividiert haben, es waren ja inzwischen 2500 Jahre vergangen. Ich vermute hier erste Ansätze der genetischen Bipolarität Europas zwischen der DNA R1b und R1a, Megalith- und Holztradition, Glockenbecherkultur und Schnurkeramikern, quasi Alteuropa und Indogermanen. Die diffuse Grenze übrigens durchweg der Rhein.
Die neolithische Expansion soll übrigens katastrophale Auswirkungen auf die vorhandene Urbevölkerung der Jäger und Sammler gehabt haben.
Bewegung der Cardialkultur inzwischen sicher belegt
Denn die starb, warum auch immer, unmittelbar danach genetisch aus. Auch die Begegnung von Ost- und Westbauern in Mitteleuropa scheint nicht konfliktfrei abgelaufen zu sein, was lange in der Wissenschaft ignoriert wurde. Denn nach neuesten archäologischen Untersuchungen müssen die ersten Bauernsiedlungen in Mitteleuropa bereits mit Palisaden und Gräben befestigt gewesen sein. Wie die Toten in einer Abfallgrube bei Schletz in Niederösterreich und in einem Massengrab von Heilbronn beweisen, wurden Dörfer überfallen und deren Bewohner niedergemetzelt. Auf der anderen Seite ist ein intensiver Austausch der beiden Kulturen belegt und es ist es gut vorstellbar, dass La-Hoguette-Hirten und Bandkeramik-Bauern wirtschaftlich voneinander profitierten.

Der Aufstieg der Iberischen Bauern

Die Klimaerwärmung setzte sich im 6. Jahrtausend v. Chr. auch in Europa und dem Nahen Osten fort. Zeitgleich mit dem Anstieg des Wassers verstärkte sich die Trockenheit rund um das Mittelmeer. Im 5. Jahrtausend v. Chr. soll sich die Sahara zu einer reinen Wüste gewandelt haben. Extreme Klimaveränderungen aber bewirken meist Völkerwanderungen, Kriege und - Innovationsschübe. In Spanien scheint damals tropisch-feuchtes Wetter herrscht zu haben. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Migrationswellen aus Afrika weiter anhielten.
Das haben Steinzeitler bewegt: Megalithische Grabkammer
Den Bauern dort scheint es so gut gegangen zu sein, dass Ernteüberschuss und damit frei werdende Manpower ab 4800 v. Chr. ausreichten, um riesige Großsteinanlagen zu bauen. Sie beerdigten ihre Eliten in gigantischen Dolmen und stellten Menhire auf. Dieser Brauch kennzeichnet die s.g. Megalith-Kultur, die genau wie die Landwirtschaft aus dem Nahen Osten zu stammen scheint (Göbekli Tebe). Im Gegensatz zu den ersten Bauern aber dürfte sie  nur als Idee den Seeweg genommen haben. Sie  erreichte in Spanien nur wenig später ihren ersten Höhepunkt. Man muss sich vorstellen, wie hunderte Bauern unter notwendiger Führung, monatelang riesige Steine bearbeiteten, transportierten und übereinander wuchteten. Diese Mode breitete sich in den nächsten Jahrtausenden – wahrscheinlich wieder durch aggressive Expansion und vorrangig auf dem Seeweg - in ganz Westeuropa aus und wird heute als Lusitanian-, Roucatour-, Ertebölle-, Michelsberger-, Wartberg- oder Walternienburg-Bernburger-Kultur von den Archäologen ausgegraben. Dabei fällt auf, dass die Großsteinsetzungen immer etwa 1.000 Jahre nach Einführung der Landwirtschaft auftauchen. Eine weitere Hypothese dieses Blogs! (Siehe Post "4. Hochkultur am Atlantik - die Megalithleute")

Fazit:

Nicht nur die ersten Jäger und Sammler in Westeuropa scheinen aus Afrika über Gibraltar eingewandert zu sein. Auch die neolithische Revolution könnte aus dem Nahen Osten kommend den Weg zum südlichsten Zipfel von Spanien gefunden haben: über die Ägäis, Italien, Malta, Tunesien, Algerien und Marokko. Die ersten Bauern am Oberrhein kamen jedenfalls über die Alpen aus Italien. Erst gegen 6000 v. Chr. muss diese Route mit dem Anstieg des Meeresspiegels unterbrochen worden sein. Als Konsequenz dürfte man die Hochseeschifffahrt entwickelt haben. Die anschließende Megalithkultur - ebenfalls eine Innovation des Fruchtbaren Halbmondes - scheint sich nur noch als Idee auf dem Seeweg Richtung Westen bewegt zu haben. Die Ausbreitung der Landwirtschaft in Nordfrankreich und auf den britischen Inseln soll sich später aus beiden Strömen - den östlichen Linienbandkeramikern und den westlichen Megalithikern gespeist haben.



Entwicklung der Kulturen in Europa von J.E. Walkowitz
Und weiter? Auf der Iberischen Halbinsel erreichte die Megalithkultur einen ersten Höhepunkt, um sich von dort über ganz Westeuropa zu verbreiten. Das scheint vor allem entlang der atlantischen Küsten geschehen zu sein, aber nicht nur. Gegen 4200 v. Chr. soll sie in Norddeutschland auf die so genannten Trichterbecherleute gestoßen sein, die sich inzwischen schon eintausend Jahre als Bauern und Viehzüchter etabliert hatten. Die meisten Forscher gestehen dieser Zivilisation kaum nennenswerte Innovationen zu, einige wenige aber sehen in ihr die Keimzelle der Indogermanen. Immerhin fühlte sich dieses neue Völkergemisch nicht nur den großen Grabhügeln verpflichtet, es brachte auch vielfältig Neues hervor (Jahreszahlen alle vor der Zeitenwende): Schon um 5.000 entstand das Sonnenobservatorium von Goseck in Sachsen-Anhalt, etwa 3.800 wurde die älteste heute bekannte Straße in England gebaut und gegen 3.500 gruben sich die ersten Radspuren in Norddeutschland ein. Ab 3.100 bastelte man am Vorgängerbau von Stonehenge herum und um 2.100 wird die Himmelsscheibe von Nebra zusammen geschweißt. Doch das sind alles schon Geschichten aus den nächsten Posts.