Denn es braucht weder Aliens, Chronologiekritiker noch Verschwörungstheorien. Themen wie Basken, Seevölker, Dorische Wanderung, Atlantis oder indogermanische Invasionen sind längst zu deuten. Man muss nur die neuesten Veröffentlichungen von Archäologen, Genetikern, Geologen, Linguisten und Geografen zusammenbringen. Und die lassen sich durch die sog. Katastrophentheorie zusammenfassen, welche Auf- und Untergang aller urzeitlichen Kulturen nach den immer gleichen Abläufen erklärt: tektonische Verwerfungen (auch wegen kosmischer Impacte), Tsunamis und kurzfristige Besiedlung der Höhen, atmosphärische Winter und langfristige Agrar- und Subsistenzkrisen, kriegerische Völkerwanderungen und letztlich technologischer Fortschritt. Dazu stelle ich im Einstieg "Worum es hier geht“ 7 Hypothesen auf, die gerne diskutiert werden können. Die daraus resultierende Chronologie finden Sie in den Artikeln von 1. bis 7. durchnummeriert. Eine Übersicht der damaligen Kulturen ganz unten rechts…

Samstag, 3. Januar 2015

Wie die Indogermanen nach Westeuropa kamen

Die mutmaßliche Ausbreitung der Indogermanen
Die Völker hinter der Sprache

Schauen wir zunächst wieder auf die etablierte Wissenschaft: Sie definiert die Indogermanen als das hypothetische Urvolk, auf das die sprachlich verwandte Bevölkerung der meisten Länder Europas, des Nahen Ostens und Nordindiens zurückgeführt werden können. Sie sollen aus der Gegend um den Kaukasus über uns gekommen sein. Als Hintergrund wird eine militärische und technologische Überlegenheit über den "alten" Kontinent ausgemacht. Die Entwicklung soll so relativ kontinuierlich und vor allem gesetzmäßig verlaufen sein. Schaut man sich aber die Völkerwanderungen der letzten 10.000 Jahre an, so werden nicht nur verdächtige Sprünge deutlich, sondern es muss auch erheblichen Widerstand aus dem Westen gegeben haben. Wer waren diese Typen?
Bei den Untersuchungen geht es um die Frage, welche Völker welche Sprache damals benutzten. Man kann sich gut vorstellen, wie da im Trüben gefischt wird. Sprache ist nämlich an Sprecher gebunden, also an Stämme und Völker. Und: Durch Austausch und Vermischung scheinen die sich immer in relativ große Gebieten untereinander verstanden zu haben. In Westeuropa muss diese sprachliche Verwandtschaft durch die Meere begrenzt gewesen sein.
Wie sprach das Alte Europa?
Schauen wir uns zunächst die dominierenden Kulturen an, die sich an der Herausbildung einer westeuropäischen Sprache beteiligt haben könnten (alle v. Chr.):
  • Bandkeramik 5700-4900
  • Cardial- oder Impresso 6900-5500
  • Karanowo 6200-2500
  • Vinca 5400-4500
  • Trichterbecher 4200-2700
  • Megalith 4000-2500
  • Pfahlbauer 4500-1000
  • Schnurkeramik 2800-2200
  • Glockenbecher 2900-1800
  • Aunjetitzer 2300-1600
  • Hügelgräber 1600-1200
Dieses scheinbare Chaos erhält aber eine Struktur, eben durch den Expansionsdruck der dynamischen Indogermanen. Europa muss seit der Sesshaftwerdung in eine gegenläufige östliche und eine westliche Strömung zerfallen sein. Diese Bi-Polarität scheint unseren Kontinent 4000 Jahre kulturell im Gleichgewicht hehalten zu haben. Sie gipfelte scheinbar im Aufeinandertreffen von Becher- und Schnurkeramischer Kultur gegen 2600 v. Chr., die sich zu den Aunjetitzern vermischten. Erst um 1200 v. Chr. muss irgendetwas passiert sein, dass diese diffuse Grenze am Rhein fiel, und sich die Steppenvölker auf ganz Westeuropa verbreiten konnten. Diese Theorie wird nur von ganz wenigen Experten vertreten, noch dazu meist aus dem Ausland.

Kraftquell am Kaukasus?

Bereits Anfang unseres 20. Jahrhunderts vermuteten Linguisten, dass die Urheimat der indogermanischen Sprachen in den Steppen nördlich des Schwarzen Meeres zu suchen sei.
Heute, in Zeiten der Genforschung, wird diese These immer noch von den meisten Sprachwissenschaftlern favorisiert. Allein aus gemeinsamen Wörtern verschiedener indogermanischer Sprachen (z.B. für den Wagenbau) leiten sie erstaunliche Erkenntnisse ab: Die Urindogermanen seien eine patriarchal organisierte halbnomadische Gesellschaft gewesen, die den Pflug kannte und das Pferd nutzte.
Eine archäologische Bestätigung dieser Vermutung kam von der litauisch-amerikanische Archäologin Marija Gimbutas. Sie fasste in den 1950er Jahren die während des Neolithikums nördlich des Schwarzen Meeres lebenden Stämme zur sogenannten Kurgankultur zusammen – frei nach deren typischer Bestattungsweise in Grabhügeln (Kurganen). In deren Schöpfern sieht sie die Stammväter der Indogermanen. Nach archäologischem Befund lebten die Kurgan-Leute im 5. vorchristlichen Jahrtausend als kriegerisches Hirtenvolk in Südrussland. Sie hatten Bronzewaffen, domestizierten das Pferd, erfanden oder übernahmen gegen 3.000 v. Chr. das Fuhrwerk (Worte für Rad, Achse, Deichsel, Geschirr, Nabe), betrieben Vieh- und Weidewirtschaft mit Schafen und Rindern (Worte für Milchverarbeitung).
Zwischen 4.400 und 2.200 v. Chr. seien die Steppenreiter in mehreren Wellen aus ihrer Heimat in alle Welt expandiert. Aus der Vermischung von Indogermanen und anderen Völkern sowie durch Isolierung einzelner Gruppen sollen sich dann die verschiedenen indogermanischen Sprachgruppen entwickelt haben: Kelten, Germanen, Slawen, Italiker, Griechen, Iranier, Indoarier, Balten, Armenier, Thraker, Hethiter, Illyrer, Tocharer und wie sie alle heißen.
Nach obenstehenden Karten sieht es so aus, als ob das ein 2000jähriger fließender Prozess gewesen wäre, ohne größere Brüche und Widerstände. Dabei gab es immer auch Völker, die in entgegengesetzter Richtung unterwegs waren: Die bedeutendsten im Westen scheinen die Impresso-, die Megalith- und die Glockenbecherkultur gewesen zu sein. Wurden die einfach überrollt?
Gräber als Kulturnachweis
Mit der Kurgan-Hypothese kann man - zunächst - gut die gesellschaftlichen Umbrüche erklären, die im 3. Jahrtausend v. Chr. die bäuerlichen Gesellschaften Mittel- und Südeuropas aufgemischt haben müssen: Im Norden wich die Kollektivbestattung in Megalithgräbern der Einzelbestattung, beim Grabinventar tauchten andere Beigaben auf (Waffen, Schmuck usw.), die Verzierung der Keramik wandelte sich. Das konnte nur eine kriegerische Invasion bedeuten. Wissenschaftler der Uni Mainz haben nämlich durch genetische Untersuchungen ein interessantes Muster beim Wechsel von Zivilisationen festgestellt:
Völkerwanderungen mit Sprachvermischung
Neue Kulturen entwickeln sich nie ohne Zwang wie eine Modeveränderung aus einer alten Lebensweise heraus. Andere Bestattungsriten, veränderte Keramikformen, neue Waffen deuten immer auf Okkupationen durch andere Völker hin. Diese waren zumeist militärisch, oft auch technologisch überlegen und brachten nicht selten eine neue Gen-Struktur mit. Eine geänderte Kultur bedeutet so auch immer die Dominanz neuer Herren über Ansässige. Auch wenn nachgewiesen wurde, dass die Parteien manchmal lange als Nachbarn friedlich miteinander umgingen (z.B. Bauern und Nomaden) – eine neue Kultur konnte sich letztlich nur mit Gewalt durchsetzen. Wie heute: Der Überlegene war nie allein Heilsbringer, sondern immer auch gieriger Unterdrücker. Die Indogermanen scheinen damals mit Pferden und Bronzewaffen nicht nur ihre Sprache, sondern auch erstmals feudale Gesellschaftsstrukturen durchgesetzt zu haben. Der entscheidende indogermanische Vorstoß soll bereits ab Mitte des 3. vorchristlichen Jahrtausends erfolgt sein.

Die ausgebremste Invasion

Die Indogermanen treffen 2200 v. Chr. erstmals massiv auf 
das Alte Europa, eine diffuse Grenze am Rhein entsteht
Nach allgemeinem Verständnis können die Träger dieser Wanderung nur die Schnurkeramiker gewesen sein. Die hatten sich genau in dieser Zeit bis nach Mitteleuropa ausgebreitet und dort mit der ansässigen Bevölkerung vermischt. Charakteristisch für sie war neben der Keramikverzierung auch die Streitaxt. Das Hau-Drauf-Instrument galt schon lange vor Marija Gimbutas vielen Archäologen als Kennzeichen einer indoeuropäischen Invasion. Doch dieser Vormarsch kann im 3. Jht. v. Chr. nur bis Mitteleuropa gekommen sein, denn dort dominierten von 2600-1200 v. Chr. die Glockenbecherleute bzw. die in ihrer Tradition stehenden Nachfolgekulturen (Siehe Post 5. "Die Expansion der Westeuropäer"). Nach den Grabbeigaben mochten die weder Streitaxt noch Schnurkeramik. Ihr Geschmack waren Griffzungendolche aus Metall, Armschutzplatten fürs Bogenschießen und die namengebenden Töpfe. Die tauchten gegen 2900 v. Chr. das erste mal in Portugal auf und so scheinen die Becherleute Europa von der Pyrenäenhalbinsel her aufgerollt zu haben. Das aber wird von der etablierten Wissenschaft bestritten. Die Glockenbecherkultur soll ebenfalls aus dem Osten stammen, die Schnurkeramiker irgendwie umgangen, mal eben einen Abstecher nach Spanien genommen zu haben und wieder nach Mitteleuropa zurückgekommen sein. Mich überzeugt so etwas nicht.
Die Megalithkultur als Keimzelle des Alten Europas?
Weitgehend anerkannt ist hingegen, dass die Vorgänger der Bechertrinker, die Megalithkultur, von der Iberischen Halbinsel stammt. Die hatte ja ganz Westeuropa mit ihren Steinkistengräbern unterschiedlichster Größe überschwemmt. Auch eine Verwandtschaft der beiden wird kaum bestritten, hauptsächlich in Bezug auf die einsetzende Kupferverarbeitung.
Doch egal: Zwischen der Glockenbecher- und der Schnurkeramischen Kultur entstand eine zunächst feste Grenze von Jütland bis zur Adria, die mindestens 500 Jahre lang gehalten haben muss. Denn auch die ab 2200 v. Chr. einsetzende Differenzierung der Kulturen im Westen, stand durchweg in der Tradition der Glockenbecherkultur. Sie scheint selbst die Vermischung mit den indogermanischen Schnurkeramikern in  Mitteldeutschland zu den so genannten Aunjetitzern dominiert zu haben. Das lässt sich sogar an den Grabbeigaben ablesen: Glockenbecher mit Schnurverzierung, Griffzangendolche nach iberischem Brauch. Trotzdem scheint eine weitere West-Ausdehnung des Indogermanischen zwischen 2600 und 1200 v. Chr. gestoppt worden zu sein.
Die Urnenfelderkultur als Träger der
expandierenden Indogermanen?
In Frankreich wird am Rhein ab 2600 v. Chr. offiziell die so genannte Artenacianische Kultur festgemacht. Sie soll mit Glockenbechern ausgestattet gewesen sein und ein Bollwerk gegen die aus dem Osten vorrückenden Indogermanen gebildet haben. Ein "ganzes Jahrtausend" habe diese imaginäre Grenze gehalten. Eine gegenseitige Durchdringung, wie es die Aunjetitzer assoziieren, würde dem nicht entgegen stehen. Sie ist sogar typisch für Nachbarvölker bis zur deutschen "Kleinstaaterei". Becherartefakte fanden sich zwar in Mittel-, Süddeutschland und Böhmen. Doch dahinter war Richtung Osten Schluss. Becher- und Schnur-Siedlungen standen dicht an dicht und sie scheinen nicht einmal besondere Befestigungen gehabt zu haben. Es sieht so aus, als ob sich die beiden aggressiven Völker während der gesamten Bronzezeit wechselseitig arrangierten. Hatten vielleicht beide etwas davon, z.B. Pferde, Metall, neue Technologien wie das Rad? Gab es hier eine prähistorische Freihandelszone? Leider aber scheint es bisher keine Versuche zu geben, dieses Phänomen mit dem Artenacianischen in Verbindung zu bringen. Es wäre aber nicht die einzige Unstimmigkeit zwischen deutschen Archäologen und ihren Nachbarn.
Südvorstoß der Indogermanen
Weil sie also in Mitteleuropa nicht weiter kamen, scheinen sich die indogermanischen Okkupanten nach Osten und Süden gewandt zu haben. In Griechenland fanden Archäologen um 2.200 v. Chr. einen ausgedehnten Brandhorizont, der mit dem Einbruch von indogermanischen Protogriechen in Verbindung gebracht wird. Aus der Vermischung mit der Urbevölkerung sollen dann die frühen Griechen bzw. Achäer und die minoische Kultur hervorgegangen sein. Auch Troja und die meisten anderen Ausgrabungsstätten rund um das Mittelmeer erlebten um 2.200 v. Chr. eine Brandkatastrophe. Die erstmals um 1800 v. Chr. in Kleinasien fassbaren Hethiter werden ebenfalls den Indogermanen zugerechnet. Archäologen und Linguisten streiten zwar darüber, wer, wann, wo einmarschiert sein könnte. Wenn man aber den Stillstand der Bewegung in Mitteleuropa in Rechnung stellt, wird der Expansionszwang der Indogermanen im Süden klar.
Genetik als Erklärung für die Westeuropäischen Kulturen?
Unterstützt wird diese Sicht durch die Wanderungen der sog. Y-Chromosomen R1a und R1b, wie sie noch heute am Gen-Pool Mitteleuropas abzulesen sind. (Siehe Post 2. "Kristallisationspunkt am Atlantik"). R1b tritt erstmals bei den Glockenbecherleuten deutlich hervor und scheint mit deren Marsch von Iberien nach Nordosten in Mitteleuropa auf R1a gestoßen zu sein. Das wird den Schnurkeramikern aus dem Osten zugerechnet. So entstand eine genetische Gesamtstruktur in Europa, die sich seit der Bronzezeit nicht wesentlich veränderte.
Doch um 1200 v. Chr. schienen all diese Wanderungsgesetze keine Gültigkeit mehr besessen zu haben. Die Glockenbecherkultur und ihre regionalen Nachfolgegesellschaften verschwanden urplötzlich aus den Ausgrabungsstätten und damit aus der Geschichte. Die Umwälzungen werden um so gravierender, je näher man der Atlantikküste kommt. Kriegerische Völkerwanderungen wie sie in der Schlacht am Tollensetal zum Ausdruck kommen, befestigte Höhensiedlungen, vergrabene Schätze bestimmen schlagartig das Bild in ganz Europa und dem Nahen Osten. Die Hochkulturen des Mittelmeerraumes wurden von den Seevölkern hinweggefegt. Der aus dem Nichts entstandene neue Grabritus der Urnenfelderkultur breitete sich vom Karpatenbecken schlagartig nach allen Seiten aus. Die ganze alte Welt schien zu kollabieren. Außer die der Indogermanen in Osteuropa! Die Geschichtsschreiber stehen vor einem Rätsel!

Eine Naturkatastrophe zerbricht das Bollwerk

Historischer Erdbebenatlas: Naturkatastrophen als Wurzel
aller Völkerbewegungen?
Das alles scheint nur überzeugend mit der Kollapstheorie erklärt werden zu können, wie sie auch dieser Blog vertritt (Siehe Post 6. "Die Katastrophenzeit um 1200 v. Chr."). Danach überspülten Erdbebentsunamis vom Atlantik aus große Teile des westeuropäischen Flachlands, Vulkanausbrüche (nachgewiesen z. B. am isländischen Hekla) erzeugten Klimakollaps, Subsistenzkriese und kriegerische Völkerbewegungen in den Osten. In Ägäis und Levante überrannten die so genannten Seevölker alle fortgeschrittenen Zivilisationen des östlichen Mittelmeers. Sie wurden erst in Ägypten aufgehalten und vermischten sie sich mit den von ihnen unterworfenen Völkern. Die Urnenfelderkultur wird als neue geistige Strömung interpretiert, vielleicht aus der erzwungenen Massenverbrennung von Leichen heraus entstanden. Brandbestattungen gab es schon früher, aber nicht in solch ausschließlicher Form und auch damals könnte sie im Zusammenhang von großen Fluten gestanden haben. Die sich zum neuen Grabritus bekennenden Völker müssen nach der Katastrophentheorie aus westlichen Migranten und den von ihnen bedrängten Einheimischen bestanden haben. Der neue "Glaube" scheint sie geeint zu haben.
Rückkehr ins gelobte Land der Vorfahren?
Er breitete sich auf jeden Fall schnell nach allen Seiten aus. Im Westen begrenzt durch die Zerstörungsgebiete der mutmaßlichen Flut, archäologisch als minderwertige "Atlantische Bronze" beschrieben. Im Osten standen die Indogermanen. Die scheinen die einzigen Europäer gewesen zu sein, die nichts von den Katastrophen abbekommen hatten. Die Donau, ins Schwarze Meer mündend, dazu durch Karpaten und Gebirge geschützt, scheint nicht von einer Flut betroffen gewesen zu sein. Da diese Gebiete schon vor 1200 v. Chr. indogermanisch waren, ist klar, wer den neuen Kult beherrschte. Beide expandierten nun nach Westen und Norden. Kann das stimmen?

Zunächst erkennen wir den Fehler in den obigen 5 Entwicklungskarten: 1500 v.u.Z. muss 1200 oder 1300 heißen, weil es vordem die allumfassende Urnenfelderkultur noch gar nicht gab. (Um den exakten Höhepunkt der Katastrophenzeit wird gestritten.). Representative Zeugen der neuen Herren scheinen die befestigten Höhenburgen und neuen Waffen gewesen zu sein. Für die Unterlegenen stehen massenhafte Hortfunde. Die nachfolgenden Völkerwanderungen ergeben nur einen Sinn, wenn man als Ursache die "katastrophenbedingte" materielle und kulturelle Schwäche" der Westler, die Überzahl der neuen Sprecher oder deren überlegene Technologien in Rechnung stellt. Rad, Wagen und Pferd brauchten alle - nun noch mehr.

Entfesselung des angestauten Drucks

Denn dieses Szenario scheint Ausgangspunkt für einen archäologisch nachgewiesenen Expansionsschub der Indogermanen Richtung Westen gewesen zu sein.
Die minderbemittelte Kultur der Atlantischen 
Bronze als Überlebende von Atlantik-Tsunamis?
Die verwischte Grenze der so genannten "Atlantische Bronze Kultur". entspricht erwartungsgemäß dem Flutungsgebiet eines mutmaßlichen Tsunamis vom Ozean aus. Das Fundgut aus jener Zeit soll zu 90 Prozent aus vergrabenen Horten, hauptsächlich Waffen, bestehen. Der Rest könne als "nomadischer Einheitsbrei" beschrieben werden. Trotzdem muss sich die Natur dort nach 200 Jahren wieder beruhigt haben. Brach liegendes und fast menschenleeres Land scheint nur auf Urbanisierung gewartet zu haben. Nun konnten die indogermanisierten Nachfahren der einst ausgewanderten Völker in ihre angestammte Heimat zurückkehren. Im Gebäck: ein neues Grabritual und eine neue Sprache. Als erste müssen die Italiker bereits um 1200 v. Chr. von Zentraleuropa nach Italien gewandert sein. Sicher belegt aber ist die Auswanderung der Phönizier gegen 1000 v. Chr. Sie gründeten Kolonien in Afrika (Karthago), auf der Iberischen Halbinsel (Cádiz), auf Sizilien, Sardinien und den Balearen. Dass aus dieser Zeit der Kolonialisierung keine Kriege bekannt sind, unterstützt die These von den fast menschenleeren Regionen im Westen.
Die große Kolonisation nach 1200 v. Chr. als Ausbreitung
der Indogermanen?
Gegen 800 vor unserer Zeit hatten  Griechen und Anatolier ihre Große Kolonisation begonnen. Die Stadtstaaten rund um die Ägäis gründeten zahlreiche Satellitenstädte in Italien (Rom) und Südfrankreich (Marseille). An der Bildung der Neuitaliker sollen aber auch Rückkehrer vom Schwarzen Meer (ebenfalls mit dem Namen Iberer), dem Balkan und Illyrien mitgewirkt haben. Kulturell bedeutsam besonders die Etrusker! Auch hier nirgends belegbare Konflikte!
Die Entstehung und Ausbreitung der Kelten als logische
Entwicklung aus den nicht zerstörten Gebieten heraus?
(Donauraum)
Noch später, nämlich erst gegen 600 v. Chr., scheinen die inzwischen vollkommen indogermanisch geprägten Mitteleuropäer losgezogen zu sein. Die sich kontinuierlich über Urnenfelder-, Hallstadt- und Latenekultur entwickelten Kelten, breiteten sich nun in Etappen, bis in den letzten Zipfel der Iberischen Halbinsel, der Atlantikküste und Britanniens aus. Raten Sie: Ohne militärischen Widerstand! Denn sie scheinen zunächst die Regionen mit Überlebenden der großen Katastrophe, wie Iberer, Basken und Ligurier gemieden zu haben. Auch die phönizischen Kolonien! Die Sprache der Phönizier wird ja der Semitischen zugerechnet. Um deren Verwandtschaft mit dem Indogermanischen wird gestritten. So kann man erst mit dem Einmarsch der Kelten in Iberien gegen 400 v. u. Z. und noch einmal mit den Kriegen der latinischen Römer um 200 v. Chr. wirklich von Indogermanen dort sprechen. Jetzt findet die Rückwanderung nach der Katastrophenzeit respektive die Ausbreitung der Indogermanischen Sprache ihren Abschluss. Und zwar in ganz Europa! So weit die Katastrophentheorie um 1200 v. Chr.

Alternative Erklärungsversuche

Die Neolithische Expansion und die Ankunft
der ersten Bauern v. Chr.
Eine andere Theorie über die Expansion der Indogermanen (oder Indoeuropäer wie man heute besser sagt) vertritt der britische Archäologe Colin Renfrew: Nach ihm hat die Differenzierung der Europäer schon im Neolithikum begonnen. Nur die Landwirtschaft habe eine solch einschneidende Überlegenheit gegenüber Jägern und Sammlern hervorgebracht, dass Kultur und Gen-Pool sich gravierend verändern konnten. Obwohl die Differenzierung der Einzelsprachen damit weit in die Vergangenheit gerückt wird, entspricht die These voll den Intentionen dieses Blogs: Es gab ja 2 Wege der neolithischen Revolution von Kleinasien nach Mitteleuropa. Einmal die Donau hoch und das andere Mal über Griechenland, Italien und Spanien. Protoindoeuropäisch wäre demnach noch vor 6200 v. Chr. über das Mittelmeer zunächst an den Atlantik diffundiert, um dort in der geografischen Isolation Alteuropäisch auszubilden. Das wäre dann gegen 5500 v. Chr. mit den ersten Westbauern Richtung Mitteleuropa gewandert, um gegen 1000 v. Chr. von der kaum veränderten indogermanischen Sprache im Osten wieder entgegengesetzt verdrängt zu werden. Eine gewagte aber plausible Theorie! (Siehe Post 1. "Die vergessenen Westeuropäer"). Die ersten Samenkörner am Rhein wurden nachweislich von Landwirten aus dem Südwesten gelegt. Diese hatten kaum Vieh, ganz im Gegensatz zu ihren Ost-Kollegen.
Das passt sogar zum sprachlichen Befund von Marija Gimbutas: Zwar enthält die indogermanische Grundsprache einen reichen Wortschatz aus der Viehwirtschaft (Milch, Butter, Wolle, Webtechnik), Bezeichnungen für Kulturpflanzen aber - wie sie für die neolithische Expansion typisch sein müssten - waren entweder nicht vorhanden oder sind verloren gegangen. Das könne - so die Fachwelt - nur bedeuten, dass die beiden Stränge unterschiedliche Kulturen und damit andere Sprachen hervor brachten: Einmal die vorrangig Feldwirtschaft betreibenden Westbauern und das andere Mal die nordwärts strebenden Viehhirten. Erst die unendlichen Weidegründe nördlich das Kaukasus und einige technische Neuerungen hätten im 3. Jahrtausend v. Chr. die neue Sprache und ihre spektakuläre Verbreitung in alle Winde möglich gemacht. Damit wären wir wieder bei den Schnurkeramikern und Glockenbecherleuten und der möglichen Erklärung durch die Katastrophentheorie.
Alternative Theorien zu den Indogermanen
Eine weitere These über die Herkunft der Indoeuropäer bezieht sich auf Alt–Germanien. Sie ist nicht nur wegen ihres Inhaltes, sondern auch wegen des Missbrauchs während der Nazi-Zeit umstritten. Moderne Vertreter haben mit dem Rassenwahn natürlich nichts mehr am Hut. Sehr überzeugend wird die These auf http://vanaland.wordpress.com/ dargelegt. In diesem Blog dreht der anonyme Autor die Richtungspfeile der Wanderung einfach um und verlegt die Keimzelle der Indogermanen in die norddeutsche Tiefebene. Dort sollen bereits im 5. Jahrtausend v. Chr. aus Einheimischen, der einströmenden westlichen Hügelgräber-Stein-Tradition (Megalithkultur) und der östlichen Hügelgräber-Holz-Tradition (Kurgane) die Vorgänger der Indogermanen entstanden sein. Resultat dieser Vermischung sei die Trichterbecherkultur gewesen, die nicht nur als außergewöhnlich innovativ beschrieben wird, sondern ab dem 4. Jahrtausend eine völlig neue DNA begründet habe. Die Trichterbecher-Leute sollen fast 30.000 Hügelgräber erschaffen, sowie Rad und Pflug erfunden haben. Tatsächlich stammt die älteste Darstellung eines Wagens von einem Trichterbecher. Ihre Verbreitung ab 2.800 v. Chr. sei im Wesentlichen mit denen der Schurkeramik-Streitaxtleute identisch – nur umgekehrt. Darüber hinaus sei die Symbolzeichen-Tradition der neuen Europäer über die Minoer nach Anatolien gewandert und schließlich von den orientalischen Völkern zur Schrift entwickelt worden. Nach dieser Theorie hat zwar noch die westliche Megalithkultur an der Herausbildung der Indogermanen mitgewirkt. Die "ausbremsende" Rolle der Glockenbecherleute wird weder bei Renfrew noch durch Vanaland beleuchtet.

Kritisches Fachchinesisch


Gentriften zeigen uns, wie die Welt besiedelt wurde
Angriffspunkte bieten alle drei Theorien, sowohl sprachlich, genetisch, als auch archäologisch: Grabhügel – oder Kurgane – hat es seit den ersten Bauernkulturen überall in Europa gegeben. In welche Richtung sich da was bewegte, ist auch mit modernsten fachübergreifenden Analysen nur schwer nachzuvollziehen. Welche Sprachen die vorindoeuropäischen Populationen im Detail sprachen, können wir nur vermuten. Archäologische Ausgrabungen liefern schließlich nur Hardware. Hinweise sollen vereinzelt Fluss- und Meeresnamen, sowie wenige Ortsbezeichnungen in Südosteuropa geben (z. B. die mit der Endung -assos). Aber beweisen lässt sich das kaum. Außerdem stehen Indizienfunde für so frühe Reitpferde im Westen noch aus. Allein Wildpferde sind belegt und Fuhrwerke, die aber können auch von Ochsen gezogen worden sein.
Genetisches Europa: Der Westen bis 1200 v. Chr.
als "Bollwerk" gegen den Osten
Selbst genetisch war die indogermanische Einwanderung bisher lange nicht überzeugend nachgewiesen. So soll sich die Bevölkerung Ungarns entgegen ihrer uralischen Sprache, vorwiegend aus europäischen Genen zusammensetzen. Das Finno-Ugrische aus Asien wiederum scheint viele Ähnlichkeiten mit dem Urindogermanischen aufzuweisen. Auch die baltischen Sprachen hätten besonders altertümliche Bestandteile der indogermanischen Grundsprache bewahrt. Das wird damit erklärt, dass diese Völker im 5. Jahrtausend v. Chr. noch in unmittelbarer Nähe der Indogermanen gelebt hätten. Erst mit deren Invasion seien sie nach Norden abgedrängt worden.Trotzdem dominierte bisher in Europa bei allen Untersuchungen der s.g. genetische Grundstock, der schon in der Steinzeit hier gelebt haben muss. Eine Veränderung der DNA durch die frühen Ackerbauern ab dem 7. Jahrtausend v. Chr. konnte man nachweisen, das Eindringen der Indogermanen aber nicht. Selbst in Anatolien, mit seiner vermutet frühen indogermanischen Einwanderung, zeigt sich eine genetisch vorwiegend altansässige Bevölkerung. So haben Genetiker bereits 1994 vorgeschlagen, die Kurgan-Theorie und die Anatolien-Theorie zu vereinigen. Demnach habe sich die Vor-Indo-Europäische Sprache bereits in Anatolien herausgebildet. Davon hätten sich Hethitisch, Tocharisch, Armenisch und möglicherweise auch Griechisch und Albanisch sehr früh abspalten können. Eine andere Gruppe sei nach Norden gewandert und habe dort die Kurgan-Kultur gegründet. Von ihnen hätten sich dann vor 5.500 Jahren die Kelten, Germanen, Italiker und Baltoslawen abgespalten. Bei solchen Überlegungen kann man schnell die Übersicht und das Ziel aus den Augen verlieren. Es geht immer noch um reine Vermutungen, wer damals wie gesprochen hat.

Neue genetische Untersuchungen

R1b-Gene als Alleinstellungsmerkmal Westeuropas?
Nun aber gibt es neue Erkenntnisse: Wissenschaftler aus Mainz und Sydney konnten speziell zu Sachsen-Anhalt ein wesentlich differenzierteres Bild zeichnen. Ihr massenhafter Vergleich von Skelettresten aus 8.000 Jahren Menschheitsgeschichte postuliert zumindest für Mitteldeutschland folgende Entwicklung: Vor etwa 7.500 Jahren wurden die ansässigen Steinzeitmenschen von den neolithischen Bauernkulturen der Linearbandkeramik aus dem Nahen Osten fast völlig verdrängt. Die Einführung der Landwirtschaft brachte nicht nur eine Verschiebung, sondern eine deutliche Veränderung des Genpools mit sich. So weit waren wir schon! Im Gegensatz zu früheren Gen-Forschungen wollen die Mainzer aber auch die Invasion der Indogermanen nachweisen können. Vor 4.800 Jahren, zu Beginn der Bronzezeit, hätte sich die Gen-Struktur Mitteleuropas noch einmal spürbar verändert.
R1a als dominierendes Gen der Indogermanen?
Das könne nur mit dem Einmarsch der Schnurkeramiker, respektive Indogermanen erklärt werden. Die Wissenschaftler vermuten hier Kurgan-Gruppen, können es aber nicht beweisen. Auch das Eindringen der Glockenbecher-Kultur aus Westeuropa vor 4.600 Jahren scheint bei ihnen eine genetische Spur hinterlassen zu haben. Die Forscher können sogar das heutige Portugal als Ausgangspunkt dieser Wanderung ausmachen. Und da sind wir wieder bei den Intentionen dieses Blogs! Becherleute und Schnurkeramiker müssen lange in Koexistenz miteinander gelebt haben.
Auch die Sprachwissenschaftler scheinen inzwischen weiter gekommen zu sein: Die Universität Auckland verglich 2003 computergestützt linguistische Innovationen mit Erkenntnissen der evolutionären Biologie. Sie benutzte dazu knapp 2.500 Wörter, die allen indoeuropäischen Sprachen gemeinsamen sind. Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass die Aufspaltung der indogermanischen Sprachen in der Zeit von vor 7800 bis 9800 Jahren stattgefunden haben muss. Dies würde die Anatolien-Theorie stützen und wir wären wieder bei der Neolithischen Revolution! Aber wie, um Gottes Willen, kam eine "andere" Sprache nach Westeuropa?
Bereits vor 6000 v. Chr. könnte R1b über die
  mögliche Malta-Landbrücke nach Iberien gelangt sein

Auch die neuen Erkenntnisse scheinen unter einer völligen historischen Unterbewertung Westeuropas zu leiden. Hintergrund könnte immer noch die Fehlinterpretation zur Herkunft von R1b und der Becherkultur sein (Siehe Post "Die vergessene Völkerwanderung"). Nach den Vorstellungen dieses Blogs kann das nur mit dem mutmaßlichen Anstieg des Meeresspiegels gegen 6200 v. Chr. erklärt werden, wie er durch die Überflutung von Bosporus und Ärmelkanal angezeigt ist. Die ersten Bauern, die noch über die Landbrücken von Ägäis, Adria, Malta, Algerien nach Spanien kommen konnten, müssen von der sprachlichen Entwicklung im Osten abgeschnitten worden sein. In dieser Isolation könnten sich dann die indogermanischen Sprachwurzeln bis zu Unkenntlichkeit ins Alteuropäische verändert haben. Schwer vorstellbar, aber wir sind ja hier am spekulieren! Dazu passt auch, dass sich allen hier in diesem Ost-West-Konflikt genannten Jahreszahlen globale Naturkatastrophen zuordnen lassen: 6200, 3900, 2200, 1600 und 1200 v. Chr. Jedes Mal scheinen die Ostsprecher ein Stückchen weiter nach Westen vorgerückt zu sein.
Doch wie auch immer: Die frühe Besiedlung Westeuropas bleibt ein Fakt, genauso wie die sechs Kulturströme von dort Richtung Mitteleuropa. Der letzte von ihnen, der Zug der Glockenbecherleute, vertrat unabhängig von Sprache und Genen eine völlig andere archäologische Kultur als sein Widerpart aus dem Osten, die Schnurkeramiker. Die Aufsplitterung der indoeuropäischen in anatolische, griechische, keltische oder italische Sprachen wird erst nach 1000 v. Chr. in antiken Schriften, sowie Flur- und Ortsnamen wirklich greifbar. Für diesen Blog hier einer der Indizien für die sog.. Rückwanderung. (Siehe Posts 3. "Woher die Westeuropäer kamen" und 4. "Hochkultur am Atlantik"). 

Fazit

Selbst die offiziellen Theorien widersprechen nicht grundsätzlich der Katastrophentheorie, auch wenn die Begriffe Kollaps und Rückwanderung dort nicht auftauchen. Lehrmeinungen postulieren schemenhafte "Umwelteinflüsse" und "Völkertriften". Doch die Ausbreitung der Indogermanen scheint im Rhythmus von Naturkatastrophen vonstatten gegangen zu sein. Immer dann, wenn die entsprechenden Nachbarvölker durch Umweltkrisen geschwächt waren, stießen sie vor (Wahrscheinlich trifft das auch auf Asien zu.). Bis 1200 v. Chr. muss das Alte Europa aber genug innovative Kraft besessen haben, um den Angriffen und Verlockungen aus Osteuropa widerstehen zu können. Völkervermischungen (Aunjetitzer, Hügelgräberkultur) waren dabei möglich. Der Kollaps am Ende der Bronzezeit muss aber so vernichtend gewesen sein, dass das Bollwerk brach. Die Indogermanische Expansion konnte so mit der Ausbreitung der Urnenfelderkultur, der griechischen und phönizischen Kolonisation, sowie den keltischen, römischen und später germanischen Invasionen zur Vollendung schreiten. Erst die Entdeckung Amerikas brachte einen erneuten Schub solcher Dimension.