Denn es braucht weder Aliens, Chronologiekritiker noch Verschwörungstheorien. Themen wie Basken, Seevölker, Dorische Wanderung, Atlantis oder indogermanische Invasionen sind längst zu deuten. Man muss nur die neuesten Veröffentlichungen von Archäologen, Genetikern, Geologen, Linguisten und Geografen zusammenbringen. Und die lassen sich durch die sog. Katastrophentheorie zusammenfassen, welche Auf- und Untergang aller urzeitlichen Kulturen nach den immer gleichen Abläufen erklärt: tektonische Verwerfungen (auch wegen kosmischer Impacte), Tsunamis und kurzfristige Besiedlung der Höhen, atmosphärische Winter und langfristige Agrar- und Subsistenzkrisen, kriegerische Völkerwanderungen und letztlich technologischer Fortschritt. Dazu stelle ich im Einstieg "Worum es hier geht“ 7 Hypothesen auf, die gerne diskutiert werden können. Die daraus resultierende Chronologie finden Sie in den Artikeln von 1. bis 7. durchnummeriert. Eine Übersicht der damaligen Kulturen ganz unten rechts…

Samstag, 8. August 2015

Irische Jahrbücher über die Besiedlung Westeuropas

Jahrtausende alte Geschichte
Beim Studium von Joachim Richters keltischen Sprachwurzeln stolpert man mehrfach über die so bezeichneten Irischen Jahrbücher, ein Werk über die prähistorische Geschichte des Inselvolkes. Darin werden die Wurzeln ihrer Altvorderen in den Nahen Osten gelegt, die über Spanien auf die britischen Inseln gewandert sein sollen. Eine Sage? Worüber man im deutschsprachigen Internet kaum ein Wort findet, wimmelt es in anderen Sprachen nur so. The Irish Annals sind demnach eine Chronologie irischer Geschichte von der Sintflut bis ins 17. Jahrhundert. Von Mönchen seit Jahrhunderten zusammengetragen, stammt die erste Übersetzung ins Englische von Owen Connellan aus dem Jahre 1846. Uns interessieren daraus natürlich besonders die frühzeitlichen Völkerwanderungen, explizit die am Atlantik. Dazu greife ich die Zusammenfassung von Wilhelm Obermüller auf, weil dort dessen zusätzliche Erkenntnisse über die keltische Geschichte einflossen. Obermüller war um 1870 als „Zeitungsschreiber“ in Leipzig tätig und hatte dort sein „Deutsch-keltisches Wörterbuch“ herausgegeben. Es ist trotz des sperrigen Schreibstils damals, mit dem Wissen von heute, ein spektakuläres Kaleidoskop europäischer Geschichte.
Was nicht ins Geschichtsbild passt, wird als Fabel diffamiert
Obermüller liefert aus den Irischen Analen folgende, zunächst scheinbar haarsträubende Erzählung: Die Irischen Vorfahren wären die vorderasiatischen Chaldäer gewesen, die sich 5357(!!!) v. Chr. aus dem Hochland von Tibet bis an Indus und Tigris ausbreiteten. 4053 v. Chr. hätten sie dann den Euphrat erreicht. 2244 v. Chr. seien sie von den Assyrern vertrieben worden, worauf sie mit ihrem Anführer Daira nach Armenien ins „Hoch-Berg-Land“ zogen. Dort wäre dieser 2213 v. Chr. verstorben. Und so grotesk detailreich geht es weiter und weiter. Andere Heerführer kamen, die Chaldäer breiteten sich über den Kaukasus aus, zogen entlang des Schwarzes Meeres, okkupieren Skytien und Georgien, das damals angeblich Iberien (!!!) genannt wurde .
6000 Kilometer mit dem Schiff?
1491 v. Chr. endlich führte ein gewisser Calma die Chaldäer wieder nach Süden und erreichte die phönizische Hafenstadt Sidon. Mit deren König Nargal habe er unter dem militärischen Druck der nachrückenden Moabiter eine Schiffspassage gen Westen ausgehandelt. Die Caldäer wurden so nach „Inselfenien“, das spätere Spanien, verschifft, landeten dort in der Duero-Mündung und kolonialisierten das Land: Galicien (von Chaldäer) solle entstanden sein. Von dort wird dann kaum etwas berichtet, aber um 1000 v. Chr. wären Teile der Chaldäer in Irland aufgetaucht. Jetzt geht es wieder ins Detail: Die Eingeborenen Cegails (Höhlenbewohner) lebten unter den Knute der Tuat-Danan (Nordmänner), die erst 200 Jahre zuvor die Insel okkupiert hatten. Die Neuankömmlinge wurden Gälags genannt. Sie besiegten in einem dreitägigen Kampf mit Unterstützung der übergelaufenen Ureinwohner 1006 v. Chr. die Nord-Herren. Im Friedensvertrag von maghmor-tiomna (Großes Feld des Zeugnisses) wurde der Fluss Shannon (früher Altwasser) als Grenze zwischen den Parteien festgelegt. Die Sieger hätten auf ihrem Gebiet so in Ruhe gälisch (!!!) als neue Muttersprache etablieren können. Soweit der Bericht aus den Irischen Analen. Starker Tobak! Doch was sich hier wie ein gesponnenes Märchen anhört, stimmt auffallend mit den neuesten Forschungsergebnissen überein! Die meisten Informationen, wenn auch mit einigen Unschärfen, können historisch zugeordnet werden. Und sie stimmen durchweg mit den Intentionen dieses Blogs überein!
Zunächst: Wie sollen solche Details über Jahrtausende bewahrt worden sein? Die alte Kunst der mündlichen Überlieferung z. B. unter den Kelten, bei der kaum etas verloren ging, wird durch mehrere antike Autoren bestätigt. Und was weiß die Schulgeschichte von jener Zeit? Die Gälen sind heute die letzten Sprecher des Keltischen in Irland, Schottland, den Hebriden und der Insel Man. Ihre Anzahl wird mit etwa einer halben Million Menschen angegeben, Tendenz abnehmend. Die früheste Geschichte der Gälen kennt ab 4000 v. Chr. die Megalithkultur und in der Bronzezeit die Glockenbecherleute. Erst gegen 300 v. Chr. sollen mit dem Eisen die Kelten und ihre gälische Sprache über Irland gekommen sein. So die offizielle Geschichtsschreibung! Die auf dem Festland um 1200 v. Chr. einsetzende Urnenfelderkultur scheint um Irland einen Bogen gemacht zu haben, jedenfalls findet sie in deutschsprachigen Veröffentlichungen nirgendwo Erwähnung. (Alleine das wäre schon ein Plädoyer für diesen Blog wert. Aber da stehe ich nicht genug im Stoff.) Sicher aber bin ich mir des Widerspruchs, der sich mit der Einführung des Gälischen ergibt. 700 Jahre Unterschied! Trotz aller Diskussionen darüber im Netz scheint diese Lücke nur mit der Katastrophentheorie um 1200 v. Chr. erklärt werden zu können (Siehe Post 6 "Die Katastrophenzeit 1200. v. Chr...."). Dazu müssen wir uns zunächst die fernöstliche Chaldäer anschauen und wie sie angeblich auf die Pyrenäenhalbinsel gekommen sein sollen. Drehen wir die Zeit rückwärts und bemühen wieder die offizielle Geschichte: Der Name der nordwestspanischen Provinz Galicien wird auf die "Galläker" zurückgeführt, was die Sprachforschung mit „Bergbewohner“ übersetzt. Nur wenige Linguisten leiten ihn von den "Chaldäern" ab. Sie lebten in relativer Abgeschiedenheit zwischen Atlantik und den Bergen Nordwestspaniens. Es sei ein kelto-iberisches Volk gewesen, was ihre Ankunft auf der Pyrenäen-Halbinsel zwischen dem 10. und 5. vorchristlichen Jahrhundert impliziert. Beschrieben wurden sie erstmals von den Römern. Dabei erfährt man auch, dass sie nie vollständig unterworfen werden konnten. (Nur am Rande möchte ich darauf hinweisen, was auf Geschichtsforum.de ein gewisser El Quijote berichtete: In vielen christlichen spanischen Quellen des Mittelalters sollen die Mauren kurioserweise außer "moros" nach ihrer geographischen Herkunft auch "caldeos", also eventuell Chaldäer genannt werden.) So oder so - die irischen Analen scheinen also bisher stimmig. Allein: die Herleitung der Namen - Gälen, Gallien, Galicien - von den Chaldäern wird von Historikern als Zufall abgetan. Also weiter zurück in den Nahen Osten nach Mesopotamien!
Dort kennt man die Chaldäer als semitisches Volk des Altertums, das aus dem Mündungsgebiet von Euphrat und Tigris kam und Babylon eroberte. Dass der Name Iberien heute noch für Spanien und Georgien gleichzeitig benutzt wird, deuten die Historiker wieder als Zufall. Durch umfangreiche Ausgrabungen kamen die chaldäischen Königslisten zutage, ihre Schlachten, Intrigen, ihr Glaube und ihre Riten. All diese Berichte bestätigen unsere Irische Saga in groben Zügen, natürlich ohne die dort genannten exakten Jahreszahlen. Sie führen uns Schritt für Schritt in die Zeit um das 1. Jahrtausend v. Chr., als die Chaldäer losgesegelt sein sollen. Zunächst: Wie immer wird sich nicht das ganze Volk auf Reisen begeben haben. Die Chaldäer werden noch im 7. Jahrhundert v. Chr. als Schlachten-Bummler um Babylon genannt. Noch heute stellen sie die drittgrößte Bevölkerungsgruppe im Irak. Friedrich Hezel kommentiert 1784 die Bibel des Alten und Neuen Testamentes, Kapitel 23, die Äußerungen des Propheten Jesaia im Zusammenhang mit der chaldäischen Belagerung von Tyros (Nachbarstadtstaat von Obermüllers oben erwähnten Sidon): „Die spanische Flotte der Tyrer wird weinen, wenn sie von der bevorstehenden Zerstörung des Vaterlandes hören wird“. An der Küste Phöniziens hatte man eine spanische Flotte? Aber auch das muss im 6. Jhd. v. Chr. gewesen sein, immerhin wird hier auch in anderen Quellen eine Verbindung in den Westen hergestellt.
Gibt es aber auch Hinweise auf Schiffsreisen von Phönizien nach Spanien um das erste Jahrtausend v. Chr. herum, wie sie Obermüllers Analen behaupten? Jetzt kommt unsere o.g. Katastrophentheorie ins Spiel. Die wissenschaftlich nachgewiesenen Erkenntnisse dazu in Kurzfassung: Verwerfung der Europäischen Platte um 1200 v. Chr., extremer Vulkanausbruch des Hekla 1159 v. Chr. auf Island, Tsunamis fegen über ganz Westeuropa hinweg, extremer Bevölkerungsrückgang, Klimakollaps durch Aschwolken, Niedergang von Flora und Fauna, Subsistenzkrise in ganz Europa, Urnenfelderumbruch, Massenauswanderung in den Osten, Seevölkerinvasion und Zusammenbruch aller Hochkulturen im Mittelmeerraum. Der eigentliche Knackpunkt aber ist die daraus schlussfolgernde historische "Rückwanderung" der Völker in das sich langsam wieder renaturierende Land am Atlantik (Siehe Post 7. "Die Rückwanderung"). Ab 1000 v. Chr. schickten nämlich alle Völker des östlichen Mittelmeerraumes Ableger in den Westen. Bekannt sind beispielsweise die Phönizische Expansion, bei der u.a. Karthago gegründet wurde, oder die Griechische Kolonialisierung, die z.B. Marseille hervorbrachte, aber auch die Wanderungen aus Anatolien heraus, die etwa die Etrusker nach Italien brachte. Diese Massenauswanderung, mit ihrem Höhepunkt gegen 800 v. Chr., ist nur mit der Rückwanderungs-, respektive Katastrophentheorie hinreichend erklärbar. Belegt immerhin ist ein lebhafter Seehandel zwischen den Hafenstädten im östlichen Mittelmeer (Sidon, Tyros, Byblos etc.) und der iberischen Atlantikküste um Cádiz.
Die Kolonialisierung als Rückwanderung geflohener Völker?
Ein Austausch von Menschen und Waren muss also auch in größeren Chargen möglich gewesen sein, vielleicht auch die Reise eines ganzen Stammes, vielleicht sogar die der Chaldäer. Nach den Irischen Analen soll das zwischen 1491 (Einmarsch der Chaldäer in Phönizien) und 1000 v. Chr. (Okkupation Irlands) gewesen sein. Das ist fast ein halbes Jahrhundert und da kann viel passieren. Leider berichten die Analen nicht, ob die Chaldäer vor oder nach einer möglichen großen Naturkatastrophe in Europa um 1200 v. Chr. in Spanien einmarschiert sind. Ich vermute danach, weil der Kollaps damals ja das meiste Leben am Atlantik vernichtet haben muss. Nur die Alt-Iberer im Osten der Halbinsel scheinen unbeschadet davongekommen zu sein. Die Invasion der Chaldäer in Irland bis 1006 v. Chr. deutet auf eine Kolonialisierung von gedeihlichem Lebensraum hin und damit auf eine Zeit nach der Katastrophe. Das würde außerdem bedeuten, dass die Chaldäer, oder zumindest Teile von ihnen, nicht lange nach ihrer Ankunft in Spanien gleich weiter nach Irland gezogen sein müssen. Doch das ist Spekulation! Vielleicht hätten sie auch in den Bergen Nordwestspaniens den Hekla-Ausbruch 1159 v. Chr. mit anschließendem Tsunami überleben können. Den Basken als letzte Sprecher des "Alteuropäischen" scheint das in den Pyrenäen gelungen zu sein.
Stonehenge: Überschüssige Potentiale vor 4500 Jahren
Auch die Besiedlung der britischen Inseln vom südlichen Festland her kann nicht weit hergeholt sein. Erst jüngst spektakulär bestätigt durch die Hügelgräber-Untersuchungen nahe Stonehenge. Der mutmaßliche Erbauer des britischen Nationalheiligtums soll nach einer Gen-Untersuchung aus Süddeutschland stammen. An seinem Alter von ca. 4.300 Jahren und den Grabbeigaben erkannte man einen der ersten Glockenbecher-Männer. Die kamen bekanntlich ebenfalls aus Spanien.
Doch führten nun schon die Chaldäer die gälische Sprache ein? Dazu muss man sich mit der Expansion der Indogermanischen Sprache beschäftigen. Die wird durch verschiedene Theorien erklärt (Siehe Post "Die Indogermanen und Westeuropa"). Die meisten Linguisten gehen davon aus, dass die Indogermanische Sprache aus dem kaukasischen Raum mit dem technologischen Vorteil von Pferd und Wagen nach Westeuropa gelangt sei. Bis 1200 v. Chr. jedenfalls werden sie mit den Schnurkeramikern auf der Linie Skandinavien, Balkan, Anatolien festgemacht. Danach aber muss es eine Pause in der sprachlichen Diffusion gegeben haben, sollen die Mitteleuropäer 700 Jahre gebraucht haben, um das Indogermanische zu erlernen. Erst die Kelten hätten es gegen 500 v. Chr. in den letzten Winkel Westeuropas getragen. Wieder ein Fall für unsere Hypothese? Bei unserer Frage würde sich folgende Konstellation ergeben: Sowohl die Chaldäer als auch die Kelten könnten "Gälisch" nach Irland getragen haben. Ausgangspunkt für beide müsste der Kaukasus irgendwann zu Beginn der neolithischen Revolution gewesen sein. Eine gemeinsame Sprachbasis von Hebräisch und Keltisch wurde von verschiedenen Sprachwissenschaftlern immer mal wieder vermutet. Nun müssten also die über das Mittelmeer segelnden Chaldäer 700 Jahre früher in Westeuropa angekommen sein, als ihre durch Mitteleuropa marschierenden indogermanischen Vettern. Das hatten immerhin schon vor ihnen die ersten Bauern und ersten Metallschmiede geschafft. Beide hatten nachgewiesen den doppelten Weg genommen, bei beiden waren die Schiffsleute etwa 500 Jahre schneller!
Und was soll die indogermanische Sprache in Mitteleuropa aufgehalten haben? Jetzt müssen wir wieder unsere Katastrophentheorie benutzen: Der Klimakollaps und die Subsistenzkrise nach Ausbruch des Hekla müssen im Norden ungleich länger gewirkt haben als am Mittelmeer. Während die Phönizischen Stadtstaaten bereits um 1000 v. Chr. in den Westen "rückwanderten", konnten das nach Urnenfelder-, Hallstadt- und Laténezeit die Kelten erst gegen 500 v. Chr. Die Irländer könnten also sowohl um 1000, als auch um 300 v. Chr. einen "gälischen" bzw. keltischen Sprachimpuls bekommen haben. Welcher entscheidend war, sei dahingestellt. Trotzdem scheinen Irische Analen, Indogermanische Expansion und nebenbei auch die Katastrophentheorie wieder eine Bestätigung zu erhalten. Auch die Gleichsetzung von Chaldäern, Galliern, Galicien und Gälen wäre möglich. Die enge Verbindung von Phöniziern und Chaldäern wird weder von Althistorikern, Bibelforschern, noch von Archäologen in Zweifel gezogen. Ihre Reise nach Irland schon. Was im englischen Sprachraum öffentlich diskutiert wird, findet hierzulande leider keine Lobby.
Die Irischen Analen teilen damit das Los von Katastrophen- und Rückwanderungstheorie, wie sie in diesem Block beschrieben werden. Alle bestätigten Indizien dazu, wie Klimakollaps, Entvölkerung des gesamten Westens damals, kultureller Umbruch zum Urnengrab, plötzlich Massen an Wallanlagen in Europa oder Zusammenbruch der Hochkulturen am Mittelmeer werden als Zufälle und Fehlinterpretationen abgetan.
Irische Analen: Blick in eine reale Vergangenheit?
Obermüller geht bei seiner Beschreibung der alten Völkerwanderungen übrigens noch viel weiter: Er wähnt frühe Bewegungen der Chaldäer von Sibirien bis an die Grenzen Chinas. Dabei kannte er 1872 natürlich noch nicht den sensationellen Fund der europäisch aussehenden Mumien von Xinjang. Nichtsdestotrotz verbindet Obermüller mit diesen Leuten  sämtliche Völkerbewegung aus dem Norden Asiens gen Mitteleuropa, auch den der ersten Indogermanen, über Attilas Hunnen bis zu den Slawen. Dem kann und will ich hier nicht folgen. Immerhin aber wären mit der sibirischen Konstellation die Gen-Teilung des menschlichen Y-Chromosoms R1 in Mutationen von R1a und R1b erklärt. R1a-Träger sind demnach mit den Schnurkeramikern, später den Germanen und noch später den Slawen nach Mitteleuropa gekommen. R1b-Menschen machten zwar den Umweg über das Zweistromland, die Levante, das Mittelmeer und Südwesteuropa. Aber nur um sich heute wieder in Mitteleuropa mit R1a zu vermischen (Siehe Post 8. und 12.). Auch die neuesten Gen-Forschungen bestätigen die Abstammung der Westeuropäer von Völkern des Nahen Ostens und unsere Verwandtschaft mit Juden und Phöniziern (Siehe Post 2. "Kultureller Kristallisationspunkt am Atlantik"). Fast möchte ich wetten, dass in den nächsten Jahren eine den Irischen Analen entsprechende Entdeckung gemacht wird. Für mich aber ist es heute schon überwältigend, wie die moderne Wissenschaft mühsam nach Zusammenhängen sucht, die in alten Jahrbüchern seit Jahrtausenden als globale Völkerwanderung beschrieben werden.
Zum Schluss eine Glosse mit Happyend: Bei meinen Recherchen zu den Irischen Jahrbüchern stieß ich auf eine Rezension in der deutschen Numismatischen Zeitung von 1834. Dort wurde nicht nur die Münzprägekunst der Iren auf die Phönizier zurückgeführt, sondern man wunderte sich auch über die kritische Zurückhaltung der englischen Gelehrten gegenüber den damals ganz frisch übersetzten Irischen Annalen. Und eine alter Freund wird dort erwähnt: Freyherr von Donop, der Besitzer der Goldmünze vom Dolmar bei Meiningen (Siehe Post 2. „Initialzündung für diesen Blog“). Er - so schreiben die Numismatiker - habe damals das einzige Exemplar der Irischen Jahrbücher auf dem europäischen Festland besessen. Jetzt endlich wird mir klar, woher der alte Schlaumeier das spektakuläre Wissen um die Herkunft unserer Ahnen aus Vorderasien und Spanien bezogen hatte. Verraten hat er das nirgends. Sein Werk „Das magusanische Europa“ habe ich nie verstanden - erst jetzt, einen Blog lang weiter, werden mir die Zusammenhänge langsam klar. Was für ein symbolhafter Ringschluss…

Mittwoch, 29. Juli 2015

Sprache als Wegweiser in die westeuropäische Geschichte

Es klingt verrückt, aber aus Namen und Bezeichnungen unseres Umfeldes können Rückschlüsse auf die Völkerwanderungen unserer Ahnen gezogen werden. Sprachwissenschaftler kommen zu gleichen historischen Schlussfolgerungen wie dieser Blog. Sie leiten aus keltischen Sprachresten in heutigen deutschen Orts-, Gewässer- und Familiennamen die Bewegungen unserer Vorfahren von Südwesteuropa bis weit in den Norden des Kontinents ab und schlussfolgern sogar eine gesamteuropäische Katastrophe um 1.200 v. Chr.
Ausbreitung der keltischen Stämme nach den Lehrbüchern
Gerhard Joachim Richter, ein Ingenieurökonom aus Leipzig, den "das Leben und eigene Forschungen zum Sprachwissenschaftler" machten, schieb 2002 sein Buch über „Keltische Wurzeln in europäischen Sprachen“. (Richters Homepage) Dabei klopfte er Flurnamen von den Alpen bis zu Ostsee auf ihre keltischen Wurzeln ab und wurde mehr als fündig. Mit Hilfe der drei keltischen Restsprachen Europas, Gälisch (irisch), Kymrisch (walisisch) und Bretonisch konnte er bis zu 75 Prozent aller Flur und Ortsnamen beispielsweise in Süddeutschland logischen keltischen Bezeichnungen zuordnen. Hintergrund ist die Kenntnis der zeitlichen und räumlichen Entwicklung dieser Sprachen. Dabei hatte er nicht nur versucht, das Klangbild der jahrhundertelang „verschliffenen“ Worte zu analysieren, sondern auch in das lokale Umfeld einzuordnen.
Ist Erfurt eine "vor"-keltische Gründung?
Erfurt beispielsweise wird offiziell ersturkundlich von Erphesfurt (742) abgeleitet. Demnach soll sich aus dem germanischen „erpaz“ = „dunkelfarben“ der Name für den heutigen Fluss Gera ableiten. Wer die Gera kennt, kann sich nicht erklären, warum der Fluss dunkler sein sollte als andere Flüsse hierzulande. Und wie aus Erpaz - Gera werden konnte, wird auch nicht gesagt. Immerhin muss diese Wandlung schon in schriftlicher Zeit erfolgt sein und da blieb immer der Stamm des Wortes erhalten. Richter hingegen leitet Erfurt vom keltischen „yr ffwrdd“, sprich „irfurth“= Flussübergang ab, was sinnvoller erscheint. Dahinter verbirgt sich natürlich weit mehr als ein akademisches Geplänkel, es geht um die Frage, wie weit die Kelten aus dem Süden nach Norden vorgestoßen waren. Richter sagt mindestens bis zu Ostsee. Damit könnte er das Geschichtsbild Mitteleuropas umkrempeln, wenn da nicht die alles dominierenden Germanisten hierzulande Einspruch erheben würden. 
Seine Forschungen betrieb Richter nicht allein vom Schreibtisch aus, sondern bereiste die Untersuchungsgebiete systematisch. Dazu setzte er sich vehement mit Altgermanisten und Slawisten auseinander, insbesondere mit den Gebrüdern Grimm, die für ihn den späteren "Nationalwahn vorbereitet" hätten. Kritisch geht er auch mit Autoren ins Gericht, die zu ähnlichen Ergebnissen kamen wie er selbst. Allen voran: 
  • Wilhelm Obermüller: Deutsch-Keltisches Wörterbuch - ein geschichtlich-geographisches Wörterbuch zur Erklärung von europäischen Fluss-, Berg-, Orts-, Gau-, Völker- und Personennamen", 1868
  • Berthold Riese: "Schrift und Sprache", 1994
  • Hans Bahlow: Ethymologisches Lexikon der Fluss- und Ortsnamen Alteuropäischer Herkunft, 1964
Die erste Hochzivilisation Europas: Die Megalithkultur
Vorgänger der Kelten?
Auch für interessierte Laien, die nicht allen der breit angelegten linguistischen Abhandlungen folgen können, überzeugt Richter durch detailiertes Wissen und gesunden Menschenverstand. Besonders glaubwürdig erscheint er dort, wo er sich zu eigenen Fehleinschätzungen bekennt, oder das Feld freiwillig den Germanisten überlässt. Bei aller kritischer Distanz: Die Vielzahl seiner Beispiele ist geradezu erdrückend. Doch warum haben sich dann bisher so wenige Sprachwissenschaftler mit der keltischen Herkunft unseres Namensumfeldes auseinandersetzt, wo doch die Kelten jahrhundertelang halb Europa beherrscht haben sollen. Damit sind wir wieder bei den psychologischen und politischen Grenzen in der Geschichtsforschung. Richter, der die Szene in Westeuropa zu kennen scheint, wird so in Deutschland natürlich von den akademischen Autoritäten verlacht. Doch das kennen wir ja. Vielleicht betont der Autor einmal zu viel die Germanen-fixierte Blindheit seiner etablierten Fachkollegen. Er übernimmt das Wort "Rassen", schreibt sogar „Neger“ und erwähnt das Platonsche Atlantis. Damit hat er schon verloren! Vielleicht verlegt er auch zu viele keltische Bezeichnungen in Regionen, die bisher keinerlei archäologisches Fundgut der Kelten hervorgebracht hat.
2.000 v. Chr. herrschten bei uns die Glockenbecherleute

    Vielleicht überstrapaziert er die Bezeichnung „keltisch“ auch, insbesondere wenn er behauptet, dass um 2.000 v. Chr. die meisten Ortsbezeichnungen in Europa bereits etabliert gewesen sein sollen. Kelten aber wurden das erste Mal als solche vom griechischen Geschichtsschreiber Herodot im 5. Jhd. v. Chr. bezeichnet. Natürlich differenziert Richter nach keltischer und „vorkeltischer“ Abstammung, aber geschichtsunkundige Leser verwirrt er damit. Auch dem durchaus historisch Bewanderten fehlt der logische Schluss, warum er Bezeichnungen, die 4.000 Jahre alt sein sollen, mit einer Sprache vergleicht, die 1.500 Jahre jünger ist. Dabei gibt er selbst die Antwort, allerdings versteckt, so als hätte er Angst vor den Konsequenzen. Aus seinen sprachlichen Studien zieht er nämlich folgende, für diesen Blog so wichtige Schlüsse:

    Die Spanienroute der Phönizier
    • Keltisch ist eine der frühesten indogermanischen Sprachen Europas, deren Wurzeln älter als 5.000 Jahre sind.
    • Die keltische Sprache scheint durch ihre Verbindung zum Hebräischen ab 3.500 v. Chr. aus dem Nahen Osten nach Spanien gewandert zu sein, um von dort in mehreren Schüben ganz Europa mindestens bis zur Ostsee und bis Ungarn zu erobern.
    • In der Bronzezeit um 2.000 v. Chr. stellt sich ganz Europa sprachlich als relative Einheit dar. Die meisten Gewässer, Berge und damals schon bestehenden Siedlungen scheinen demnach ihre Erstbezeichnung wegzuhaben.
    • Klimaabkühlung nach 1.200 v. Chr.
    • Um 1.200 v. Chr. vernichtete eine gewaltige Naturkatastrophe „von der Nordsee aus“ die direkten Vorfahren der Kelten in Mittel- und Norddeutschland und führte den Rest nördlich der Alpen als Volk zusammen. (Eine Sympathie für Jürgen Spanuths Atlantis-These wird deutlich.)
    • Ab 600 vor unserer Zeit expandieren die Kelten-Sprecher erneut in alle Richtungen.
    • Die Kelten und damit ihre Sprache entwickelten sich trotz ständiger äußerer Einflüsse kontinuierlich aus der Megalith-, zur Urnenfelder-, Hallstatt- und Latenekultur.
    Nichts anderes sagt dieser Blog! Abgeleitet aber aus archäologischen, geologischen, klimatischen und genetischen Veröffentlichungen. Aber die daraus resultierende Katastrophentheorie wird genau so von der etablierten Wissenschaft abgelehnt. wie Richter. Trotzdem würde er natürlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn er diese "Übersetzung" seiner Theorien lesen würde:
    Nach der Katastrophe am Atlantik 1.200 v. Chr. blieb
    die Urnenfelderkultur übrig  
    • Völker Vorderasiens expandieren mit der neolithischen Revolution um 6000 v. Chr. nach Südfrankreich und gegen 5200 v. Chr. nach Spanien (Gentrift des Chromosoms R1b). Die Kolonisten halten mit Schiffen über das Mittelmeer ständige Verbindung in ihre Heimat. (Siehe Posts 2. "Kultureller Kristallisationspunkt am Atlantik" und 3. "Woher die Westeuropäer Kamen")
    • Von Spanien aus expandieren erst die Megalithkultur (ab 3900 v. Chr.), dann die Glockenbecherleute (ab 2600 v. Chr.) nach Nord- und Mitteleuropa. (Siehe Posts 4. "Hochkultur am Atlantik" und 5. "Die Expansion...")
    • Um 1.200 v. Chr. bricht eine weitere Katastrophe vom Atlantik her über ganz Europa herein. Wahrscheinlich handelt es sich um Erdbeben, Vulkaneruptionen mit anschließendem Tsunamis, die damit auch die Nordsee erreichten. Über die großen Flusssystem gelangte die Flut bis tief ins Herz Europas. Sie entvölkerte alles flache Land und trieb die Menschen in die Mittelgebirge rund um die Donau, die nicht von der Flut betroffen war. In diesen chaotischen Zeiten muss die Urnenfelderkultur aus der Not heraus entstanden sein. (Siehe Post 6. "Die Katastrophenzeit ...")
    • Nach dem folgenden Klimakollaps renaturiert sich Westeuropa wieder und es beginnt die Rückwanderung (Rote Pfeile in Karte) in die ehemals zerstörten Länder. Diese Bewegung beginnt gegen 1000 v. Chr. im Mittelmeer und um 400 v. Chr. in Mitteleuropa (Siehe Post 7. "Die Rückwanderung")
    Sorry, Herr Richter, aber genau das schlussfolgere ich aus ihrer fachlichen Analyse.
    Identische Waffen in Spanien und Mitteldeutschland
    Damit lässt sich auch erklären, warum „vorkeltisches Vokabular“ in Gegenden zur Anwendung kam, wo niemals keltische Artefakte gefunden wurden, z. B. an der Ostsee. Laut Richter führt eine direkte Abstammungslinie von der Glockenbecher-über die Urnenfelder-, Hallstadt- und Laténe- zur Keltenkultur. Zwar habe sich das Indogermanische aus dem Osten in diesen Verteilungskämpfen durchgesetzt, es kam aber  erst mit der Rückwanderung nach Westeuropa. Und da müssen die Altbezeichnungen für Flüsse, große Berge und Ursiedlungen schon festgestanden haben (Siehe Post "Die Indogermanen und Westeuropa"). Somit können viele prähistorische Eigennamen in Mitteleuropa den Vorfahren der Kelten überzeugend zugeordnet werden. Und das waren im Westen erst die Megalith-, dann die Glockenbecherleute, deren Artefakte selbst im Brandenburgischen gefunden wurden. Nur sie können das „Vorkeltische“ etabliert haben. Und das lässt sich auch genetisch und archäologisch beweisen: Ein Glockenbecher-Mensch wurde jüngst genetisch als die Erbauer des britischen Nationalheiligtums Stonehenge identifiziert.
    Modische Aunjetitzer
    Außerdem gingen die Bechertrinker in Mitteldeutschland in der Aunjetitzer-Kultur auf. Die hatte identische Keramik, Waffen und Totenkulte wie in Südspanien. Quod erat demonstrandum! 
    Linguisten und Historiker werden nun wieder schmunzeln: Das steht doch nirgendwo!
    So auch Achim Fuchs vom Thüringer Heimatbund, den ich erst jüngst wegen einer anderen Sache interviewen durfte. Er lehnt sogar keltische Sprachrelikte in der Region rund um die Gleichberge in Südthüringen ab, wo Kelten bewiesenermaßen über Jahrhunderte große Oppida betrieben hatten. Die kurz vor der Zeitrechnung von Norden her nachrückenden Germanen hätten niemanden mehr vorgefunden und so alle Geländemarken neu definieren müssen. Ich bin kein Sprachwissenschaftler, aber ich weiß, dass die Entvölkerungstheorie über Südthüringen seit langem widerlegt ist. Da muss es immer Einheimische gegeben haben, die Neuankömmlingen ihre Welt erklären konnten.

    Quaste auf einem Questenberg
    Wie zerstritten die Fachwelt ist, zeigt das Beispiel „Questenberg“. An die 30 so bezeichneter Erhebungen soll es in Deutschland geben. Die Germanisten leiten „Queste“ von „Quaste“ ab, jenem franzengeschmückten Ring, der allerorts als urgermanisches Symbol der Göttin Irminsul gelten soll. Die Keltisten hingegen präferieren „quest“ aus dem Englischen für „Frage“ oder „Begehr“. Das sollen alte Kultplätze der Kelten gewesen sein. Das so genannte Keltenrad auf dem Questenberg nördlich von Oberstadt im Kleinen Thüringer Wald zeigt, wie schwer die alten Sagen wiegen. So wie die Christen später die heilige Orte von den heidnischen Germanen vereinnahmten, werden es auch die Germanen mit den Restkelten getan haben. Außerdem liegen alle Questenberge in der Nähe von keltischen oder vorkeltischen Wallanlagen und Siedlungsplätzen. Wenn man es genau wissen will, müsste man graben. Doch wen interessiert das schon!
    Die Vermischung von "Alteuropäern" und 
    Indogermanen in Mitteleuropa
    Wer aber die Katastrophentheorie zumindest in Erwägung zieht, Richters Lieblingswort "Kelten" durch die jeweiligen archäologischen Kulturen ersetzt und den indogermanischen Einfluss in Mitteleuropa stärker differenziert, erhält Antworten auf ganz viele historische Fragen: Wieso soll es keine Megalithik in Süddeutschlang gegeben haben, obwohl dort hunderte Großsteinsetzungen herum stehen. Warum hat sich der Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit gerade nördlich der Alpen so kontinuierlich manifestiert. Warum fand der Einmarsch der Kelten in Westeuropa quasi ohne Kriege statt? All das hat mit den westlichen Sprechern zu tun, die in bestimmten Abständen einem Kollaps ihrer Umwelt stellen mussten.
    Richter liefert so auch hunderte Beispiele, die zumindest nachdenklich stimmen sollten. Man erfährt, warum die Tschechen ganz maritim mit Ahoi grüßen, Halle nur eine keltische Siedlung sein kann und wo die Wurzeln dutzender Familien- und Vornamen zu finden sind. Und so wird aus unserer "deutschen" Heimat eine "keltische" mit südwestländischen Wurzeln.

    Hier ein paar Bezeichnungsbeispiele von Richter aus meiner Heimat Thüringen:
    • Thüringer, Leute beiderseits der Wasserscheide
    • Gleichberge, die wasserreichen Berge
    • Eisfeld (an der Werra), Gerstenfeld
    • Römhild/ Rothemulde, oberes Sumpfland
    • Marisfeld, ruhiger Platz
    • Henfstädt, sehr alter Ort
    • Gethles, Platz im Wald
    • Suhl, kleines Wasser
    • Schleuse, heftig rauschend
    • Werra, grünblaues Wasser
    • Fulda, schön breites Wasser usw.
    Und schon vor 4.000 Jahren sollen sie so genannt worden sein…

    Mittwoch, 15. April 2015

    Relikte unserer frühen Vorfahren selber finden

    Archaische Fratze: Spaß eines Esoterikers oder natürlich
     entstanden? Skulptur auf einem verdächtigen Hügel
    Archäologische Muster
    Wir Normalbürger können oder dürfen nicht in die Erde schauen. Aber man lässt uns spazieren gehen. Und wenn man dabei die Erdverwerfungen abseits der Touristenpfade untersucht oder die Namen auf den Hinweisschildern hinterfragt, kann man sich ganz schnell in einer Welt vielleicht vor 3500 Jahren wieder finden.
    Das Geheimnis sind immer die wasserscheidenden Kammwege. An ihnen aufgereiht finden Sie zunächst alle 5-20 Kilometer ins Tal weisenden Bergnasen oder Anhöhen, welche strategisch als befestigte Siedlungen ausgebaut waren! Es geht auch umgekehrt: Nehmen Sie 2, 3 bekannte Oppida. Dazwischen gibt es immer einen urzeitlichen Höhenweg...
    Seit 20 Jahren durchkämme ich die zivilisationsfernen Höhenzüge Westeuropas zu Fuß oder mit dem Rad. In der gleichen Zeit habe ich alles, dessen man über Archäologie habhaft werden konnte, in mich hinein gefressen. Diese Mischung führte mich zu hunderten vergessenen Artefakten und Siedlungen unserer Ahnen, ohne einmal einen Spaten in die Hand nehmen zu müssen. Alleine die Erkenntnisse der Vergleichenden Archäologie zeigten mir, dass die oben abgebildete Skulptur nur an diesem Hohlweg der Kupferstraße im Kleinen Thüringer Wald stehen konnte und die riesige Befestigung auf dem Binderberg über Reichenauerwald in Österreich nur an dieser Urkreuzung mit der Europäischen Hauptwasserscheide. Kein Archäologe kannte dieser Relikte.

    Zeitliche Zuordnung
    Natürlich sind die meisten deutlich ausgeprägten befestigten Höhensiedlungen mit Wällen, Feldterrassen und Trockenmauern wissenschaftlich untersucht und nach den Keramikfunden prähistorischen Kulturen zugeordnet, wie sie in nebenstehender Tabelle aufgelistet sind. Aber da gibt es viel mehr. Sie liegen durchweg an diesen Höhenwegen, sind an den steinernen Grabhügeln nebenan eindeutig megalithischem Einfluss zuzuordnen und um sie herum liegen Millionen künstlich bearbeitete oder genutzte Steine jedweder Größe. Damit könnten alle diese Artefakte auf frühzeitliche Siedler aus Westeuropa hinweisen, denn die aus dem Osten hatten es nicht so mit den Bergen.
    Binderberg: Unscheinbarer Hügel am Urwegedreieck, 
    aber heute noch mit 3 Meter hohen  megalithischen 
    Trockenmauern und monströsen Großsteingräbern umgeben
    Manchmal findet man ein archäologisches Hinweisschild, selten ein geplündertes Grab, wo die eingenordete Steinkiste und damit eine megalithische Kultur bis zu den Glockenbecherleuten erkennbar ist. Eine ost-westliche Ausrichtung (Blickrichtung der Verstorbenen Richtung Süden), was auf die östlichen Schnurkeramiker hinweist, fehlt fast völlig. Auch die gelochten Axt-Steine und kleinen Idole der östlichen Band- und Schnurkeramiker treten kaum auf. Es scheint also, als ob gerade in den europäischen Mittelgebirgen Artefakte von Zuwanderern aus Südwesteuropa zwischen 3900 und 1200 v. Chr. dominieren (Siehe Post Nummer 1 bis 6). Sie alle werden so zu materiellen Zeugen für die vergessenen Völkerwanderungen dieses Blogs. Zieht man nämlich die bekannten globalen Katastrophenzeiten um 3900, 2200, 1600 und 1200 vor Christus in Betracht, wird zumindest die schier unglaubliche Menge solcher Siedlungsverdachtsplätze auf den mitteleuropäischen Höhenlagen verständlich. Nach meinen Erfahrungen kann höchstens ein Drittel aller prähistorischen Befestigungen in den länderbezogenen Denkmallisten erfasst sein. Das erkennt man z. B. im "Bayernatlas" wo alle bekannten und vermuteten archäologischen Plätze eingetragen sind. In anderen Bundesländern macht man aus Angst vor Grabräubern ein Staatsgeheimnis daraus. Wie man solche Stellen trotzdem finden kann? Denken Sie sich in die Altvorderen rein! Stellen Sie sich vor, Sie hätten nur einen Ochsenkarren und wollten die Welt erobern. Alle Flussniederungen sind versumpft, es gibt weder Straßen, Siedlungen, noch Felder. Die Menschen auf die sie treffen, sind ihnen nicht unbedingt friedlich gesinnt.
    Typische frühe Siedlungsbergnase: Der Eulsberg über 
    Dietzhausen mit allen hier genannten Eigenschaften
    Sie werden merken: alles Fortkommen, alle Entscheidungen werden Ihnen von der Natur, dem Klima, den Nachbarn und dem Gelände regelrecht aufgezwungen: Dass Sie nur auf Höhenwegen trocken und sicher reisen, dass ihre Zug- und Zuchttiere nach 20 Kilometern Pause brauchen, dass Sie ihren Lagerplatz sichern müssen, dass es eine Quelle in der Nähe braucht. Wenn Sie sich länger niederlassen wollen, benötigen sie einen leicht zu verteidigenden Platz mit viel Übersicht, Ackerland und Wasser im Umfeld. Auch ihre vielen mitgeführten Tiere müssen unterkommen. Sie schauen sich nicht nur nach anderen Leuten, sondern auch nach Hinterlassenschaften von Vorgängern um. Wo man einmal gut gelebt haben könnte, stehen die Chancen naturgemäß besser. Wenn sich eine Kuppe bewährt hat, ebnen sie sie ein, versteilen die Abhänge, bauen Zäune oder Palisaden und legen Terrassenfelder an. Geologische Besonderheiten ziehen die Menschen seit je her als Kultplätze an und warum sollte man die nicht gleich als Versammlungsplatz nutzen? Wenn dort Spuren alter Opferungen waren, konnte es nicht schaden, selbst den Göttern etwas anzubieten. Weiter als 2 - 300 Meter aber sollten solche magischen Orte nicht entfernt sein (Bsp. Hoher Fels am Oppidum Houbirg nahe Hersbruck). Auch die Verstorbenen würde ich in Sichtweite begraben, der Erinnerung an die Ahnen wegen und - Grabräuber gab es schon damals. So muss das seit Tausenden Jahren funktioniert haben, mit unzähligen vergessenen Beispielen:
    Urwege, frühe Siedlungen und Artefakte um Suhl
    Den hunderten bekannten Grabhügeln im Raum Suhl lassen sich ganz konkrete aber versteckte Geländedeformationen als Siedlungen zuweisen (Siehe Blog: Fränkisches Thüringen). Auch dort finden sich zwei von Unersättlichen geöffnete Steinhügel, deren Grabkisten nach den Prinzipien der Bipolaren Bestattung den atlantischen Ursprung erkennen lassen.
    Wenn man sich jetzt noch ein bisschen mit alten Flurnamen, prähistorischen Steinwerkzeugen und archäologischen Kulturen beschäftigt, wird man die Spuren unserer Vorfahren überall im Gelände sogar grob datieren können. Hinweise darauf geben:
    1. Separat liegende, große glatte, scheinbar stark verwitterte Felsbrocken ohne dazugehörigen Steinbruch als mögliche Dolmen oder Menhire
    2. Stein- und Erdhügel, als Gräber, die nicht natürlich entstanden sein können (Vorsicht: Lesehaufen) 
    3. jedwede Bodendeformation, die nicht aus der Neuzeit stammen kann, wie Wälle, Terrassen, künstlich versteilte Abhänge, Geländekanten und Dämme 
    4. abgeflachte Bergkuppen, mit rundum künstlich versteilten Abhängen und potentiellen Hausgruben als Siedlungsverdachtsplätze (Vorsicht: Altbergbau!)
    5. Bergsporne, die nur durch Konzentrationen von handgroßen Steinen mit Gebrauchsspuren auffallen, manchmal Fremdsteine (Schliff, Löcher, Bruchkanten, Ritzungen, Abschlagspuren, Unterlegsteine) 
    6. zivilisationsferne Trockenmauern (Vorsicht: Mittelterliche Wüstungen)
    7. Alte Flurnamen (Alteuropäisch und Indogermanisch)
    8. Hohlwege, Kammstraßen, mittelalterliche Alttrassen, an denen sich aber urzeitliche Funde aufreihen
    9. flächige Altsteinbrüche (kaum von mittelalterlichen Schürfungen zu unterscheiden)
    10. siedlungsferne Bergkirchen, als christliche Vereinnahmung ehemals heidnischer Plätze, insbesondere "Wall"-fahrtskirc 
    Dolmen im spanischen Antquera
    Um so mehr dieser Indizien zusammen kommen, um so sicherer der Befund.

    Großsteinsetzungen
    Fangen wir mit den Anlagen der Megalith-Bauern an, Menhiren und Steingräbern, wie sie vielleicht ab 2200 v. Chr. bei uns aufgestellt worden sind. Mehrere Tausend solcher Anlagen soll es in Deutschland geben. Im norddeutschen Flachland gehören sie als Dolmen zur Landschaftskultur. Sie sind jünger und vielleicht etwas kleiner als ihre Vorbilder in Spanien, Portugal, der Bretagne oder England – die Lebenskultur die sie repräsentieren, aber war identisch. Viele der Steinensemble wurden von Kommunen und Heimatforschern hergerichtet und auch betreut.
    Dolmensteine im Thüringischen Veßra
    In Niedersachsen kam sogar eine „Straße der Megalithkultur“ zustande, auf "grosssteingraeber.de" wird jedes einzelne besprochen und die Cairn-Forschungsgesellschaft untersucht die Monumentalbauten aus dieser Zeit vorwiegend in Süddeutschland. Dabei dürfte es dort, nach der offiziellen Lesart, gar keine Großsteinanlagen geben. Tausende dieser Konstruktionen aber sprechen eben da eine andere Sprache.
    Auch in meine Heimat Thüringen sind die Megalithiker aus dem Westen gekommen und setzten sich z. B. mit dem Menhier „Wetzstein“ in Buttelstedt bei Weimar ein ewiges Denkmal. Wie dort scheinen die meisten Steinstelen als Wegweiser gedient zu haben, denn er liegt zwischen den jungsteinzeitlichen Siedlungen um Weimar und dem alten Höhenweg, der später als Via Regia durch Deutschland führt.
    Die Zwölf Apostel bei Langenbach
    Die „Zwölf Apostel“ bei Langenbach an der Thüringisch-Bayerischen Landesgrenze weisen als 2 Steinreihen direkt zum Pass über den Thüringer Wald als die kürzeste gangbare Verbindung von Main und Saale. Wer sich dort auskennt, wird weitere solche Wummis im umliegenden Wald finden. Natürlich kann der nicht seltene Name „Zwölf Apostel“ erst aus christlicher Zeit stammen, als gegen 800 vielleicht die neue Religion heidnische Symbolplätze vereinnahmte. Auch in Suhl zeigen an der Schmückestraße mehrere solcher großen Steine den kürzesten Weg zum Rennsteig. Ihre Errichtung wird von der zuständigen Stadtverwaltung um die Zeitenwende angesiedelt, nicht wissend, dass zu dieser Zeit niemand mehr Hinkelsteine bewegt hat. Das sind aber nur die bekannten Steinsetzungen. Dazu kommen an den Pässen der Kammwege alle paar Kilometer vergessene Menhire, die niemand als solche wahrnimmt.
    Hahnberg: Erkennen Sie Haare, 
    Gesicht und Körper?
    Auf dem Hahnberg in der Röhn stehen (oder liegen inzwischen) an jeder Wegekreuzung welche rum. Einer sieht aus, als hätten die Altvorderen ein Gesicht und eine Landkarte eingraviert. Sie teilen ihr Los mit den meisten Großsteingräbern in den deutschen Mittelgebirgen, wie sie beispielsweise um die Geba herum zu finden sind. Natürlich zeigen sich die meisten längst geplündert und aus dem "Acker herausgezogen", also versetzt. Die liegen dann konzentriert an den Feldrainen herum, wie bei Stepfertshausen oder Leutersdorf. Trotzdem ähneln sie bzgl. Steinezahl, Schliff und der notwendigen "Deckplatte" den allseits bekannten Dolmen an Atlantik und Nordmeer und könnten ab 2200 v. Chr. bei uns aufgestellt worden sein.

    Symmetrische Erd- und Steinhügel
    Auch unbekannte Grabhügel aller Couleur finden sich mehr als gedacht! Sie sind, ohne zu graben, der sicherste Hinweis für alte Siedlungen im Umfeld. Aufwendige Untersuchungen wie am hessischen Glauberg oder am Mittelberg bei Nebra bleiben ja eher die Ausnahme. Dabei stehen alleine in Südthüringen ein halbes Dutzend großer künstlicher Aufschüttungen herum, die von Heimatforschern als unberührte megalithische Grabhügel interpretiert werden: Beispielsweise der Hexenhügel bei Gleicherwiesen, der Spitzberg bei Waldfisch oder der Oelberg über Seeba. Daneben gibt es tausende kleine Steinhügelgräber. Jeder Mensch kann sie von den "ungeordneten" sog. Lesehaufen der neuzeitlichen Bauern unterscheiden.
    Was mag dieser künstliche Hügel südlich von Suhl bergen?
    Im Kleinen Thüringer Wald, wo auch jene o.g. geplünderten "Flachsteinkisten" liegen, kreisen sie die dazugehörigen prähistorischen Bergsiedlungen regelrecht ein, wie den Ehrenberg oder den Kirchberg. Schon damals wird die Vorliebe für Bergsporne deutlich, die von drei Seiten her zu verteidigen waren - am Anschluss zum Bergmassiv finden sich bereits stark verwitterte Steinwälle. Die Hügel sind übersät mit Gebrauchssteinen, was sich beim Vergleich mit natürlichen Bruchsteinen daneben erschließt. Tiefbau, entwurzelte Bäume und Tiergrabungen lassen uns oft weit ins Erdreich blicken. Besonders an den Quellabläufen dort findet man häufig unnatürlich schafkantige Fremdsteine, für die Bearbeitung von Tierhäuten vielleicht.
    Grabbeigaben der Aunjetitzer Kultur
    Bodendeformationen
    Auch die Nachfolger der Megalithkultur, die atlantischen Glockenbecher-Leute, sind hierzulande allgegenwärtig. Sie sollen ja zwischen 2600 und 1800 v. Chr. ebenfalls aus Spanien gekommen sein, vielleicht das Kupfer mitgebracht haben und bei uns auf die Schnurkeramiker getroffen sein. Die wiederum scheinen nicht nur Pferd und Wagen, sondern vor allem die Indogermanische Sprache aus den Steppen im Osten eingeführt zu haben. Indizien für Auseinandersetzungen zwischen den beiden aggressiven Kulturen wurden bisher - merkwürdigerweise - nicht gefunden. Die Mischkultur, die bei uns entstand, wurde als Aunjetitzer-Kultur klassifiziert. Sie verwendete Töpfe, Dolche, Armschutzplatten und Beerdigungsriten, die denen in Südspanien bis aufs I-Tüpfelchen gleichen.
    Armschutz beim Bogenschießen
    Das wird z.B. durch das Fürstengrab von Leubingen belegt, durch das reich ausgestattete Grab von Apfelstädt im Landkreis Gotha, oder durch ganz aktuelle Ausgrabungen in Harras. Das winzige Dörfchen an einer Werrafurt soll seit  6.000 Jahren kontinuierlich besiedelt gewesen sein. Auch die Himmelscheibe von Nebra verdanken wir den Aunjetitzern, die die Trophäe mit Metall aus ganz Europa zusammengeschmiedet hatten. Jetzt - mit Bronzewerkzeugen - ließ sich der Boden viel leichter bearbeiten. Die Abhänge der Bergnasen scheinen nun künstlich versteilt worden zu sein, vielleicht gab es erste Terrassen. So sollen, wie am Solberg bei Auleben nachgewiesen, wegen der jahrhundertelangen Überbeanspruchung des Bodens, die heutigen Magerrasenabhänge unterhalb der jeweiligen Siedlungen entstanden sein.
    Typische Bronzezeitliche Siedlung: Alteburg über Arnstadt
    Die Oberflächen der Höhen wurden eingeebnet, oft lässt sich nach den Steinkonzentration und mutmaßlichen Hausgruben sogar die Weilerbauweise erschließen. Dort wurde dann bis heute nie geackert, Wald konnte sich später breit machen. Frei nach dem Prinzip: Der beste Boden für die Bearbeitung, der schlechte für die Häuser. Bekannte Beispiele wieder südlich des Rennsteigs wären Milseburg, Staffelberg, Walberla. Genauso aber präsentieren sich vergessene Zeugen, wie die Kleine Geba bei Herpf, die Alte Wart über Gumpelstadt, der Wünschberg bei Oberkatz, die Disburg bei Wohlmuthhausen, die Alte Wart neben Erbenhausen, der Schwedenwall Leubach, und an die 300 weitere. Alle wurden nie archäologisch untersucht. Alle aber sind mit Grabhügeln umgeben, dem sichtbaren Beleg einer Siedlung. Doch dieser mittelbronzezeitliche Lebensstil änderte sich schlagartig.
    War ein Tsunami vom Atlantik aus über Europa hinweggefegt?
    Bergsiedlungen
    Denn ab etwa 1.200 v. Chr. überflutete, scheinbar unmotiviert, die Urnenfelder-Kultur mit ihrer revolutionierenden Begräbnistradition Mitteleuropa! Nun sind die Bestattungsplätze nicht mehr so leicht zu identifizieren. Die Einäscherung soll im Karpatenbecken entstanden sein, als neue "religiöse" Strömung. Über die Ursachen wird nur gemutmaßt. Vereinzelte Wissenschaftler erklären die Umwälzungen wieder mit der determinierten Folge eines tektonischen, klimatischen und gesellschaftlichen Kollapses: Demnach könnte eine verhängnisvolle Verkettung von Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Tsunamis, die Menschen weg von Küsten und Flussauen in höheres Gelände getrieben haben. Der atmosphärische Winter im Norden und Westen, mit Klimazusammenbruch und lang anhaltender Agrar- und Subsistenzkrise zwang sie weiter über die Berge Mitteleuropas ins Donaubecken. Vom Schwarzen Meer her scheint es jedenfalls keine Flutwelle gegeben zu haben. In der Begegnung mit den östlichen Steppenvölkern konnte sich der neue Bestattungsbrauch entwickeln: Ihre Toten wurden nun verbrannt und in Urnen unter der Erde gebracht. Vielleicht entwickelte sich der neue Brauch aus der Leichenverbrennung nach Epidemien oder einfach wegen dem geringeren Aufwand. Langsam konnten nun die zerstörten Gebiete "zurück erobert" werden. Das jedenfalls assoziieren die Grenzen der späteren Ausbreitung jener Kultur (Siehe Post 6. "Die Katastrophenzeit 1200 v. Chr."). Die Archäologie konstatiert immerhin noch das massenhafte Anlegen von befestigten Höhensiedlungen in jener Zeit, die Einführung neuer Waffen und das permanente Vergraben von Schätzen (Hortniederlegungen). In Mitteleuropa traten die Urnenfelderleute jedenfalls als kriegerische Okkupanten auf. Dafür sprechen jene Befestigungen, unabhängig davon ob sie von den Angreifern oder Unterworfenen gebaut wurden. Alleine zwischen Main und Rennsteig habe ich 186 solcher unbekannten Wohnburgen gezählt. Der größte Teil von ihnen scheint aus Vorgängersiedlungen hervor gegangen zu sein.

    Große Geländestufen, Wälle
    Feldterrassen und Siedlungsverdachtsplätze
    treten immer gemeinsam auf
    Hauptmerkmal könnten die aufwendigen großen Ackerterrassen sein, die man wahrscheinlich gegen Bodenerosion angelegt hat. Ich bin jedenfalls noch auf keinen terrassierten Hügel in Europa gestiegen, wo oben keine Spuren unserer frühesten Vorfahren zu finden waren (Siehe Terrassen in diesem Blog). Das könnte mit dem Dauerregen erklärt werden, wie er in Folge vulkanstaubverseuchter Stratosphäre auftreten soll. In Südthüringen zum Beispiel: Große Geba über Bettenhausen, Eulsberg über Dietzhausen, Lautenberg und Heiliger Berg über Suhl etc. Manchmal scheinen sie neu angelegt worden zu sein, oft vereinnahmte man auch einfach die vorhandenen Bronzesiedlungen, wie Gleichberge, Dolmar, Umpfen, Öchsen - in der Rhön war es gefühlt jeder zweite Berg. Mit der Zeit kamen die mächtigen Fachwerkschanzen dazu, die heute als sichtbare Stein- und Erdwälle übrig geblieben sind. Manche Forscher glauben, dass es damals nie größere Wanderbewegungen in Europa gegeben habe. Als wenn überschwemmte Küsten und Flussniederungen ein Trauma bei den Neusiedlern ausgelöst und sie auf die Höhen getrieben hätte. Denn die nachgewiesene Subsistenzkriese während der Katastrophenzeit hätte eigentlich eine Siedlungstätigkeit in den landwirtschaftlich effektiveren Flussauen nahe legen müssen. Doch die sollen - archäologisch belegt - vollkommen leer gewesen sein. Bei der Suche nach urnenfelderzeitlichen Relikten kann man also alle Niederungen vergessen, deren Einzugsgebiete vom Atlantik her in die europäischen Mittelgebirge "einlaufen", wie Rhein, Elbe, Weser, Loire oder Seine. Nicht aber die der Donau, denn die fließt ins Schwarze Meer und von dort scheinen um 1200 v. Chr. keinen Tsunamis ausgegangen zu sein. So konnte die Gegend auch zum Ausgangspunkt von Urnenfelder-, Hallstatt- und Latènekultur werden.

    Trockenmauern
    Modell Manching als größtes bekanntes Oppidum
    Die meisten der befestigten Berge scheinen übrigens bald wieder verlassen worden zu sein. Andere entwickelten sich während der sog. Hallstattzeit: Die Ehrenbürg bei Forchheim, der Staffelstein am Obermain, die Gleichberge in Südthüringen, die Milseburg in der Rhön, die riesige kreisrunde Stadt bei Manching - sie alle sind als Großsiedlungen mit Tausenden Einwohnern belegt. Der Höhepunkt dieser Bebauungswelle soll in der folgenden Laténezeit gelegen haben. Ihre Träger werden jetzt als Kelten bezeichnet, aber nur, weil sich die schriftbegabten Römer sich ihrer annahmen. Die Kelten kamen aber nicht "irgendwo her" sondern hatten sich kontinuierlich aus den Einheimischen durch Innovation, Krieg und Handel entwickelt. Bisher scheinen die Menschen die Artefakte ihrer Vorgänger immer schön recycelt zu haben, weshalb da nicht mehr viel gefunden werden kann. Die Kelten hinterließen dann schon wesentlich mehr "Wohlstandsmüll". Als deren Kriegerelite noch vor der Zeitenwende Mitteldeutschland wieder Richtung Süden verließ (Siehe 7. Post "Die Rückwanderung"), übernahmen die nachrückenden Germanen nur selten deren umwallten Bergsiedlungen. Warum auch, es wurde ja immer trockener im Tal! Feinde scheint es kaum noch gegeben zu haben und später lockte das Römische Reich. So können die Archäologen heute auf den großen Oppidas durchweg "unverfälschte" Beute einfahren.
    Kaltphasen erzeugten immer Südwanderungen
    Die kleineren Bergsiedlungen der keltischen Vorfahren vom Atlanik allerdings, die wahrscheinlich nur zwei, drei Jahrhunderte existiert haben, kennt kaum jemand. Ihre Befestigungen hinterließen nur wenige Spuren. Trotzdem können auch sie ausfindig gemacht werden. Auf dem Muppberg über Neustadt bei Coburg sieht man fast nichts - und trotzdem klassifizierten gewiefte Heimatforscher den Berg seit Jahrzehnten als frühzeitliche befestigte Siedlung. Erst jüngst wurde das von Archäologen durch Grabungen auch nachgewiesen. Und von der Sorte gibt es Hunderte! Rund um das Südthüringische Grabfeld und in der so genannten Kuppenrhön z.B. scheinen die Altvorderen damals jeden nur halbwegs brauchbaren Berg genutzt zu haben. Übrigens wie vordem auch, meist entlang der bronzezeitlichen Höhenwege. Zufallsfunde, Flurnamen und entsprechende Geländestrukturen lassen Muster entstehen. Wir kennen sie schon: Ein mindestens an drei Seiten stark abfallender Bergsporn, künstlich abgeflacht, mit rundherum führendem Geländeabsatz der ehemaligen Palisaden, manchmal sogar nur ein Ring loser Steine als Fundament.
    Typische Wallsiedlung auf einem Höhenrücken
    Dazu kommen herumliegende bemooste Bruchsteine, z.B. zum Unterlegen für die Hauspfosten. Seltener erkennt man auch noch Reste von einem Wall oder Graben, mit dem das Dorf gegen den restlichen Höhenrücken abgegrenzt worden war, wie nachgewiesen auf dem Johannisberg über Jena oder dem Queienberg im Grabfeld. Von den Wällen an der Kleinen Geba über Herpf oder den megalithischen Steinsetzungen um das Domberg-Plateau über Suhl scheint niemand etwas zu wissen. Dabei könnten bei Letzterem die großen Steine eines Walls bei den Planierungsarbeiten für den Bismarkturm im 19. Jhd. in die Tiefe gerollt worden sein. Noch heute bilden sie einen regelrechten Kranz um das Plateau. Nach Nordwesten gibt es quer über den Zufahrtsweg einen Wall- oder Grabenabsatz und am südöstlichen Abhang liegt ein prähistorisches Amphitheater mit astronomischem Kalenderstein, die so genannte Ehwed. Eine genaue Datierung der Anlage kann wegen fehlender Grabungen natürlich nicht vorgenommen werden. Die Behörden vor Ort wollen sie in die NS-Zeit datieren, obwohl Zeitzeugen darüber nichts wissen. Wen interessiert, wie es da oben gegen 2000 v. Chr. ausgesehen haben könnte, geht auf den benachbarten Dürrenberg: ein Felsplateau, 5 künstliche Abrieglungen des Bergsporns, 2 mutmaßliche Kultfelsen, die Flur "Tote Männer" als Körpergräber, Acker und Weidefläche, natürlich viele Quellen.
    Vergleicht man nun solche Merkmale, ergibt sich eine mögliche Korrelation zwischen den Siedlungsorten und mutmaßlichen Katastrophenzeiten.
    Die Gleichberge in Südthüringen: Seit der Jungsteinzeit besiedelt

    • 3900 v. Chr (bodenbearbeitende Jungsteinzeit).: unbefestigte Hanglagen mit inzwischen zerstörten Großsteingräbern (Dolmen von Degernau) und extremen handgroßen Nutzsteinkonzentrationen, die künstliche Verarbeitungsspuren aufweisen (Altenbanz, Siegritz, Sachsenbrunn). 
      Alteburg südlich von Arnstadt: Von den 
      ersten Bauern bis zur späten Bronzezeit
    • 2200 v. Chr. (beginnende Bronzezeit): Höhenrücken ohne heute sichtbare Spuren von Befestigungen, bei langer Besiedlung auch Magerrasenabhänge durch Überweidung. Ab jetzt finden sich auch Altsteinbrüche (schwer vom Mittelalter zu unterscheiden), oft Steinhaufengräber, manchmal Lesefunde aus Kupfer oder Bronze. 
    • 1600 v. Chr. (entwickelte Bronze): Berge oder Bergnasen mit leichten Befestigungen, wie Abschnittswälle oder künstlich versteilten Abhängen, sog. Schanzen (Alteburg südlich von Arnstadt). In dieser Zeit könnten die großflächigen, aber nicht hohen Terrassenfelder entstanden sein, die konsequent den Höhenlinien folgen. Dabei scheinen nicht nur die Weiler, sondern auch die Felder innerhalb der Befestigungsabsätze gelegen zu haben. Die Anlagen werden regelhaft von bronzezeitlichen Hügelgräbern begleitet, die manchmal auf Körperbestattungen hinweisen, wie die späteren Flurnamen Galgenberg oder Richtstätte assoziieren.
    • 1200 v. Chr.: Berge oder Bergnasen mit starken Steinwällen und hohen, oft exakt parallelen Terrassenfeldern (Ipf über Bopfingen).
      Der Ipf bei Bopfingen: Funde erst seit der Katastrophenzeit
      um 1200 v. Chr.
      Ihre Gräber sind nun der Urnenfelderkultur verpflichtet, frühe Eisenfunde.
    Während die ab 50 v. Chr. über den Thüringer Wald nachrückenden Germanen die Höhenbefestigungen mieden, griffen die expandierenden Franken die alte Tradition gegen 500 jetzt unserer Zeit wieder auf. Viele mittelalterliche Burgen und Ruinen stehen heute auf ehemaligen Wallanlagen. Unter der Veste Heldburg fand man Siedlungsschichten selbst noch aus der Hallstadtzeit, als die ersten Eisenschmiede auftraten. Ebenso auf der alten Henneburg oder der Coburg! Übrigens beide an bedeutenden Altstraßen von Süden herauf über den Thüringer Wald (Siehe "Urwege durch Franken" im Blog "Fränkisches Thüringen").

    Flurnamen

     

    Wichtige Indizien dafür sind aber nicht nur die Wasserquelle hoch oben am Berg, potentielle Flächen für Landwirtschaft und die sichernde Fernsicht. Auch bronzezeitliche Hügelgräber oder Urnengräberfelder lassen immer auf Altsiedlungen in der Nachbarschaft schließen.
    Die erste nachgewiesene befestigte Siedlung Europas
    stand im südspanischen Los Millares vor 5000 Jahren
    Schon erwähnte Flurnamen wie Galgenhügel, Tote Männer oder Richtstätte müssen von den ersten Germanen stammen, die sich die Skelette unter den ehemaligen Grabhügeln nicht anders erklären konnten. Der "Aschenberg" dürfte demnach einen Urnengräberfeld verbergen. Das trifft auch auf markante Höhlen, Felsen oder andere geologische Besonderheiten als Kultplätze zu. Für sie findet man Wortverbindungen mit Heiligen-, Hain-, Ehren-, Lohe-, Oel-, Weiß-, Haag-, Kirch-, Pfaffen- etc. Zwischen Siedlung und Kultstelle sollte man nach einer Art Prozessionsweg suchen, wie vom "Vieretsknock" über Hallstadt bei Bamberg zum Kreuzberg (natürlich christlich überbaut). So entpuppt sich mancher bisher unscheinbare Hügel als Siedlungsplatz der Altvorderen, wie die Wart südlich von Bettenhausen, der Wünschberg bei Oberkatz, der Questenberg über Schmalkalden, die Alte Wart über Gumpelstadt, der Herzberg nördlich von Waldfisch oder der Steinshaug neben Themar usw. usf. Auch wenn einige dieser befestigte Plätze (z. B. mit Namen wie Wart- oder Wacht-) aus dem Mittelalter stammen müssen, ihre Lage offenbart sie uns immer als strategische Anlagen entlang der Urwege. Deutlicher wird es mit Grundwörtern für befestigte Siedlungen wie Burg-, Stein-, Wall-, Heiden-, Herren-, Platte-, oder. Rot-. Die Etymologen leiten sogar Berg von Burg her.
    Die Ausbreitung der "Großsteinsetzer" ab 3900 v. Chr. von 
    Südspanien aus ist bekannt. Niemand aber spricht von der 
    Expansion der "Kleinsteinsetzer" über die 
    Schweiz nach Mitteleuropa.

    Manchmal müssen ganze Höhenzüge okkupiert gewesen sein, wie das Geba-Massiv, die Höhe von Dreißigacker, der Kleine Thüringer Wald oder die Hochflächen zwischen Werra und Jüchse, sowie zwischen Schwarza und Lauter. Mehrere befestigte Siedlungen zogen sich dann wie ein Ring um solche Plateaus. Auf der Hochfläche von Burg bei Freiburg im Breisgau ist ein solches System sogar archäologisch belegt.
    So können die Relikte unserer Vorfahren letztlich auch vom Schreibtisch aus verfolgt werden: Jede topografische Karte gibt unzählige Hinweise auf ihre Wege und Plätze. Verdächtig sind besonders alte Eigennamen, die kaum unserer germanischen Sprache zugeordnet werden können. Auch jeder Herrenberg, Rittersteig, Königshügel oder Wallplatz war genau das, was er besagt. Jede Vorsilbe "Alt-" bezeichnet einen Ort, der auch schon im Frühmittelalter "alt " gewesen sein muss. Tausende Flurnamen, die mit einer "Rodung" zu tun haben (Roter Berg, Roder Haag etc.), könnten schon vom Bewuchs befreit gewesen sein, als die ersten Germanen kamen.
    Die Invasion der Glockenbecherkultur um 2600 v. Chr.
    aus Iberien heraus ist bekannt. Doch wo sind ihre Siedlungen? 
    Denn warum sollte ein spezieller Name für eine damals normale Tätigkeit vergeben werden? Fast jede Bergkapelle im Wald kann als prähistorischer Kultplatz identifiziert werden, da die Christen auf Weisung des Papstes damals gerne heidnische Symbolplätze vereinnahmten. In Süddeutschland oder im Eichsfeld getraut man sich solche Orte gar nicht aufzuzählen, so viele sind es. Andere wichtige Plätze wiederum wurden mit einem Fluch belegt, wie der Hexenhügel im Grabfeld oder der Teufelsstein auf dem Feldberg. Man darf die prähistorischen Wallsiedlungen übrigens nicht mit den verfallenen Burgen aus dem Frühmittelalter verwechseln. Gerade südlich des Thüringer Waldes hatten die Franken bei ihrer planmäßigen Ostexpansion um 700 herum jede Menge Sicherungsburgen an wichtigen Straßen und Flussübergängen angelegt. Aus manchen entstanden z. B. die "-hausen" und "-heim"-Orte, andere verfielen später wieder, wie die Karolingischen Wallanlagen bei Bibra, Tachbach, Lengfeld oder am Hang der Gleichberge. Dass sie aufgegeben wurden, hängt wahrscheinlich mit den veränderten Straßenführungen zusammen. Und: Die hier aufgeführten Beispiele für Bestimmungs- oder Grundwörter findet man an allen Urwegen im gesamten deutschsprachigen Raum.
    Netzwerk Kammwege

    Hohlwege, Kammwege
    Die Täler und Ebenen eignen sich für die Theoretische Archäologie kaum: Überbleibsel sind hier überbaut, unterpflügt, weggeschwemmt. Oben aber wird es interessant. Archäologische Funde belegen, dass bis zum Ende der Antike die Fernwege in Mitteleuropa entlang der wasserscheidenden Mittelgebirgskämme verliefen. Die mussten gesichert und versorgt werden. So reihen sich die meisten befestigten Höhensiedlungen nach der 20-Kilometer-Regel an ihnen auf. Die bronzezeitlichen Gräber drum rum zeigen uns, seit wann man hier mindestens zugange war. Noch heute bezeichnet man diese Kammwege als Hohe Straßen, Rennwege, Rainstiege, Hohe Leite etc. Hohlwege zeigen und die Stellen, wo es rauf und runter ging. Flussüberquerungen gab es nur im äußersten Notfall. Die Flurnamen entlang solcher Urwege heißen dann Hardt-, -leite, Steiger, Trift, Graben, -hohle, Straß-, -furt. Manchmal ziehen sich solche Stränge über mehrere Höhenzüge hinweg. Sie tragen dann Namen wie Salz-, Wein- (vom indogermanischen Way), Kupfer- oder Heerstraße. Wie ein Netz überziehen sie auf den Mittelgebirgskämmen unseren Kontinent (Siehe Post: Die Europäische Hauptwasserscheide). In verschiedenen Quellen werden für die Wasserscheidenführung Effektivitäts-, Witterungs- und Sicherheitsgründe genannt. Das erschließt sich bei durchgängig versumpften Tälern, was eine Bestätigung der in diesem Block vertretenden Katastrophentheorie darstellen könnte: Als mit der natürlichen Austrocknung und der siedlungsbedingten Melioration dann die Altstraßen ab etwa 500 v. Chr. Schritt für Schritt ins Tal verlegt werden konnten, entfiel die Funktion der an ihnen aufgereihten Sicherungsburgen.
    Bronzezeitliche Gräber entlang der Via 
    Claudia zeigen ihren vorrömischen 
    Ursprung
    Ein Schicksal, das auch die vielen Dörfer mit „Vorspanndiensten“ traf, deren Zugtiere nicht mehr benötigt wurden. Sie "fielen wüst"! Trotzdem blieb auf manchen Wasserscheiden die Wegführung sinnvoll, wie auf dem Eselsweg im Spessart oder dem Rennweg in den Hassbergen nachgewiesen. Denn genau wie die günstig gelegenen Burgen immer wieder überbaut wurden, befuhr man auch die effektiven Strecken weiter. So entstanden über die Jahrhunderte mancherorts ganze "Hohlwegbündel" an den Abhängen. Denn wenn die eine Spur nicht mehr passierbar war, fuhr man eben daneben eine neue ein. Die Historiker sind sich einig, dass die meisten der noch vorhandenen Hohlwege aus dem  "verkehrsreichen" Mittelalter stammen sollten. Sie scheinen hauptsächlich durch den Bremsbalken vor den Rädern der alten Leiterwagen entstanden zu sein.
    Natürlich entwickelten sich ihre Namen erst im Mittelalter, aber es muss sich um Pfade handeln, die schon in schriftloser Zeit genutzt worden waren. Immer erkennbar an den aufgereihten Gräbern und Funden. Da gibt es Hohlwege, die ausschließlich als Verbinder zwischen keltischen Wallanlagen interpretiert werden können, wie zwischen den Gleichbergen und den latenezeitlichen Befestigungen um Coburg herum. Da müssen viele dieser Wegkerben vor das Mittelalter datiert werden, weil sie mit entsprechenden Relikten aus dieser Zeit "überbaut" worden waren: So die Hohlen zwischen Hildburghausen und Wiedersbach, von der späteren Landwehr, am Suhler Albrechtser Berg durch den mittelalterlichen Bergbau oder hinter Schleusingen, wo Henneberger Grenzsteine in die Mitte der Hohlwege gesetzt wurden.
    Hohlwegebündel
    Man kann auch einfach auf einer Karte bekannte prähistorische Fixpunkte über Höhenrücken miteinander verbinden. Die Hohlwege auf dieser Route können getrost älteren Zeiten zugerechnet werden. Z.B: zwischen der Steinsburg und dem Dolmar sowie auch von beiden zur Geba hin. Denn im Mittelalter gab es auf diesen Trassen schon nichts mehr zu "verhandeln" (Ausnahmen Bergbau!).
    Der heutige Keltenerlebnisweg in Franken ist ein gutes Beispiel für solche eine "frühzeitliche Langstreckenverbindung": Die eigentlich nur fürs Tourismus-Marketing geplante Strecke von Bad Windsheim nach Meiningen mit eine paar Kelten-Highlights offenbart sich nämlich als prähistorischer Urweg par excellence:
    Der Rennsteig im Thüringer Wald als beispielhafter Urweg
    Er heißt partiell "Rennweg", führte über den Steigerwald, die Hassberge, die Werra-Vorberge und schließlich über den Thüringer Wald. Entlang dieser Strecke gibt es aber viel mehr zu sehen, als die Fremdenverkehrsprospekte versprechen. Alle 20 Kilometer wieder, dem Tagespensum eines Ochsenfuhrwerkes, liegt eine vorzeitliche Wallanlage oder ein anderer exponierter Ort mit Prähistoriengarantie. Frühmittelalterliche Burgen finden sich wenige, was die zeitliche Nutzung der Urstraße verrät. In der Verlängerung führt sie über die Schwäbische Alb und das Ries zum Anschluss der Via Claudia Augusta bei Donauwörth über Augsburg, die Alpen und letztlich bis Rom. Im Norden zieht die Keltentrasse als Weinstraße bis Arnstadt, um dort an die so genannte Kupferstraße bis Skandinavien anzuschließen. Das kann man auf 3-D-Luftbildern wie Google Earth fast bis auf den Meter genau nachverfolgen! Übrigens muss weiter östlich eine zweite spektakuläre frühzeitliche Route vom keltischen Oppidum Manching in Richtung Thüringer Mittelgebirge geführt haben: entlang der fränkischen Alb mit Ehrenbürg, Staffelstein und Bleßberg (Siehe Blog Fränkisches Thüringen und dort den Post "Prähistorische Urwege durch Franken").
    Die Europäische Hauptwasserscheide als möglicher
    Einfallsweg der Voriberer nach Mitteleuropa
    Auf dieser Strecke sind ausschließlich früheisenzeitliche Wallanlagen am Weg aufgereiht. Er scheint also schon mit der Südwanderung der Kelten noch vor der Zeitenwende aufgegeben worden zu sein. Einen mittelalterlichen Namen kann er also nicht tragen. Ein weiterer namenloser Höhenfernweg zeichnet sich vom Ärmelkanal an der Nordsee bis an die Donau ab, über die gesamte Bergkette mit Teutoburger Wald, Wiehengebirge, Hessisches Bergland, Thüringer Wald, Schiefergebirge, Frankenwald, Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald und Bayerischer Wald nach Krems und sicher bis Wien. Nur bestimmte Abschnitte sind durch mittelalterliche Namen belegt, wie Herrmannsweg, Eggeweg, Barbarossaweg. Wer diese Strecke aber beispielsweise mit dem Rad abfährt, kann mit dieser Anleitung hier so manche Überraschung erleben (Siehe Blog wieder Fränkisches Thüringen: "Wie das Zinn von Britannien in der Bronzezeit nach Mitteleuropa kam").
    Erst Fachwerkmauer, dann verfallener Wall,
     zuletzt Altsteinbruch
    Altsteinbrüche
    So können auch heutige Bodeneingriffe zu Indikatoren prähistorischer Relikte werden. Einen deutlichen Hinweis auf befestigte Siedlungen liefern uns z. B. Steinbrüche jedweder Zeitstellung, selbst heutige, mit großindustriellem Abbau. Die Steinsburg bei Römhild ist durch den Basaltabbau so entstellt, dass man sich eine Ringwallanlage kaum mehr vorstellen kann. Auf dem gegenüberliegenden Bernberg scheint die gesamte ehemalige Akropolis weggesprengt worden sein, wenn da nicht Gräben und Wälle im Wald hinter dem Steinbruch von einer glorreichen Zeit künden würden. Es ist ja auch logisch: Als die Menschen im ersten Jahrtausend begannen Steinhäuser zu bauen, holten sie ihr Baumaterial dort, wo es lose herumlag - auf den vorzeitlichen Wallanlagen. Als die verbraucht waren, "knapperten" sie den darunterliegenden Fels an. Auf dem Dietrichsberg gegenüber dem Oppidum Öchsen wurde durch Sprengarbeiten der ehemalige Ringwall angeschnitten und könnte eigentlich als Lehrstück für Archäologiestudenten dienen. Doch kein Mensch interessiert sich dafür. Wer aber mit den an den bekannten Oppida gesammelten Erfahrungen die Steinbrüche seiner Heimat untersucht, wird weitere potentielle Altschanzen finden. Südlich des Thüringer Waldes sind das z. B.: die Steinbrüche nördlich von Haina, westlich von Themar, nördlich von Exdorf, westlich von Lahm, nördlich von Kümmersreuth, östlich von Maroldsweisbach, wahrscheinlich auch nördlich von Mönchsröden und Wattendorf und auf dem Neidhardskopf der Geba. Weitere verrückte, aber logische Hinweise liefern die alten Aussichtstürme auf prinzipiell deformierten Kuppen, Gartenanlagen über alten Terrassen, Sportplätze auf Hügelkuppen, die vielen Berge mit Tiernamen (Ochsen, Kuh-, Roß- etc.), siedlungsferne Teiche und Rodungswiesen.

    Nie wirklich untersucht: Die Schwellenburg nördlich von Erfurt: 
    Trotzdem deuten Name, Schanzen, Terrassen, Kultfelsen, Quelle,
    Gräber, Urweg, Steinbruch und Lesefunde auf eine befestigte 
    Siedlung der Frühzeit hin.
    Fazit:
    Rein nach den Prinzipien der Theoretischen Archäologie lassen sich nicht nur viele vergessene Siedlungsplätze wieder entdecken, sondern auch daraus schlussfolgernd die damit verbundene Wanderungsgeschichte rekonstruieren. Die hier herangezogenen Beispiele besonders südlich des Thüringer Waldes zeigen archäologische Muster auf, wie ich sie überall in Europa von Spanien bis Tschechien gefunden habe. Dass diese vorrangig in Höhenlagen der Mittelgebirge auftauchen, scheint nicht nur etwas mit der dort oft fehlenden Überbauung zu tun zu haben, sondern auch mit möglichen Überflutungen der Niederungen während der o.g. Katastrophenzeiten und dem Schutzbedürfnis der Menschen beim Kampf um knappe Ressourcen. Besonders wenn mehrere Indizien zusammen kommen, kann man ziemlich sicher sein, auf den heiligen Pfaden unserer Gen-Spender zu lustwandeln.
    Perchten und Herschekloaße als heidnische 
    und damit frühzeitliche Traditionen
    Die Menge der so identifizierten Altsiedlungen kann einen schon stutzig machen. Es würde nämlich bedeuten, dass es damals mehr Dörfer gegeben haben muss als heute, natürlich nicht mit deren Einwohnerzahlen. Vielleicht haben sich sogar einige Volksbräuche erhalten? Regional können Sagen und Märchen historische Auskunft geben. Doch die meisten Relikte tragen ihre Geheimnisse weiter mit sich herum. Natürlich könnte sich die Fachwelt über fehlende Nachweise hier mokieren. Aber da nur ein Bruchteil aller potentiellen Geländemarken wissenschaftlich untersucht wurden, bleiben eben nur der logische Schluss und das historische Muster. Die Masse der sich überall gleichenden Erscheinungen lässt eben Verallgemeinerung zu. Vielleicht können die daraus gewonnenen Erkenntnisse diesem oder jenem Heimatforscher weiterhelfen.
    Heute völlig überwachsenes Potential: Altenstein
     über Bad Liebenstein
    Abschließend noch ein Hinweis an all die Sondengänger und heimlichen Sammler da draußen: Immer schön an die „Schatzregale“ der Länder denken, die Gesetze zum Umgang mit archäologischem Kulturgut! Was man darüber denkt, ist eine andere Frage. Manche glauben, dass die Kriminalisierung der "Schatzgräber" hierzulande die Ursache dafür sind, dass verhältnismäßig viele Artefakte in dunklen Kanälen verschwinden. Aber die Wege der Altvorderen sollen ja auch noch nachvollzogen werden können, wenn sich unter den Skeptikern die Tatsache herumgesprochen hat, dass sie überhaupt losgezogen sind.