Rügen und seine prähistorischen Hinterlassenschaften |
Die Ferieninsel in der Ostsee ist nicht nur wegen tausender archäologischer Denkmale ein Eldorado für Hobbyhistoriker, ihre ganze archaische Geografie, ja heutige Infrastruktur, scheint ein Abbild krisenhafter urzeitlicher Siedlungsschwankungen zu sein. Nur: die massenhaft auftretenden, meist komplett erhaltenen Hügelgräber passen nicht in die Chronologie der hier vertretenden Katastrophentheorie. Sie scheinen alle verheerenden Fluten an die Küsten Europas schadlos überstanden zu haben.
Die meisten Relikte sind offiziell einzuordnen und können die Abfolge gut erklären:
Großsteingräber, ehemalige Steinkammern, die
mit Erde überdeckt waren
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Das passt: Nach der Katastrophentheorie, wie sie von Bernhard Hänsel, Frank Falkenstein u.a. vertreten wurde, müssen um 1200 v. Chr. riesige Flutwellen - ausgehend von einer Super Nova des isländischen Vulkans Hekla - das gesamte küstennahe Flachland Europas überschwemmt haben. Der Monster-Tsunami könnte also auch den Nordwesten Rügens erreicht haben. So etwas bleibt lange im Gedächtnis der Menschheit haften: Die frühen Siedlungen mussten auf der „Gegenseite“ des Hekla entstehen, so hoch wie möglich, bei 90 m war allerdings Schluss. Eigentlich nicht viel für die von Meeresforschern vermuteten Riesenwellen.
Bronzezeitliche Hügelgräber, deren Erdabdeckung
nicht abgeschwemmt wurde
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Auch die Großsteingräber passen: Sie waren ja beim Bau nachweislich ebenfalls mit Erde überdeckt und sahen wie die späteren bronzezeitlichen Hügelgräber aus, vielleicht etwas höher. Die Fluten müssen nicht nur die Erdabdeckung der Steinkammern hinweg geschwemmt haben, sie scheinen so stark gewesen zu sein, dass fast alle „Tischkonstruktionen“ durcheinander gewirbelt wurden (Siehe Post: Dolmen und andere Großsteingräber als Indikatoren verheerender Flutwellen). Der Laie sieht heute nur ein paar große Brocken sinnlos im Geländer herumliegen. Kaum einzuschätzen ist natürlich, was da zusätzlich erst später von Menschenhand zerstört wurde. Aufmerksamen Wanderern über die Insel dürfte nicht entgangen sein, dass die erhaltenen und dadurch bekannten Großsteingräber höchstens ein Zehntel aller auf der Insel vorhandenen Großsteinansammlungen ausmachen. Und - wen wundert’s: Solche Findlingskonzentrationen treten prinzipiell nur neben scheinbar eingeebneten Höhen mit künstlich versteilten Abhängen auf (meist Magerrasen, hier als Schanzen bezeichnet).
Kap Arkona: slawische Jaromarsburg, 9.-12. Jahrhundert |
Tektonische Tsunamis und Sturmfluten aus Nordwest -
prähistorische Artefakte konzentrieren sich im Südosten
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Ich habe sie jedenfalls alle in die Karte eingetragen, zusätzlich mit solchen Flurnamen, die in Süd- und Mitteldeutschland oft urzeitliche Siedlungen getragen haben. Sicher kennen Einheimische viel mehr.
Trotzdem würde die angenommene kulturelle Abfolge zu meiner Katastrophentheorie passen (Siehe 1. Post in diesem Blog), wenn nicht die unberührten Hügelgräber wären. Denn die sollen ausweislich der Grabbeigaben aus der Bronzezeit mit dem Höhepunkt zwischen 1600 und 1200 v. Chr. stammen. Dann müssten sie aber ebenso zerstört sein, wie ihre Vorgänger, die megalithischen Großsteinsetzungen. Keine Zerstörungen - keine Flut! War da also nichts?
Kenner der Materie wissen aber, es muss mehrere globale Katastrophen gegeben hat. Geologen, Klimaforscher, Genetiker, Historiker und auch einzelne Archäologen plädieren aus ganz unterschiedlichen Ländern und Indizien heraus nicht nur für 1200 sondern auch für 1600, 2200, 3900 und 6200 v. Chr. (Siehe Post „Europa im Rhythmus globaler Naturkatastrophen“) Zu diesen Zeiten hätten weltweit ähnliche Phänomene stattgefunden, nicht nur in Europa. Deren Auswirkungen könnten sich natürlich auch nach anderen ursächlichen Quellen gerichtet haben. Der Hekla ist ja nicht der einzige Vulkan, der in der Frühzeit Feuer gespuckt haben muss.
"Stubbenkammer" mit Königstuhl und-grab: |
Königstuhl mit versteilten Abhängen als
befestigte Höhensiedlung?
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Diese haben einer ganzen Epoche in Europa ihren Namen gegeben: Der Hügelgräberkultur, wie auch auf Rügen zwischen 1600 und 1200 v. Chr. Sie war aus der mitteleuropäischen Aunjetitzerkultur hervorgegangen, einer Vermischung aus westlicher Glockenbecher- und östlicher Schnurkeramik. Nach der Katastrophentheorie müssen auch bei ihr Aufstieg und Fall auf einen jeweiligen Kollaps zurück geführt werden können. Um 1600 v. Chr. ist nur der Ausbruch des Vulkans Thera auf Santorin bekannt, der entsprechend besonders den Mittelmeerraum in Mitleidenschaft zog. Der folgende Klimawandel und kriegerische Völkerwanderungen aber scheinen auch die Kulturen Mitteleuropas betroffen zu haben. Das Ende der Hügelgräber um 1200 v. Chr. fällt mit den Zerstörungen zusammen, die vom Hekla ausgegangen sein sollen. Dessen zerstörerische Flut kann ja Rügen nicht erreicht haben, weil die Hügelgräber noch stehen. Tatsächlich finden sich die mittelbronzezeitlichen Grabaufwürfe in Deutschland fast ausschließlich nur in höher gelegenen Regionen und nicht im flachen Küstenhinterland. Es ist gut vorstellbar, dass die mutmaßliche Heklawelle sich von der Nordsee aus in die Rhein-, Weser- und Elbtäler ergossen hatte, Rügen aber von der Dänemarkbarriere geschützt wurde.
slawische Hertaburg: noch heute 17 Meter hoher Wall |
Früher habe ich gedacht, dass pauschal alle gesellschaftlichen Umbrüche direkt auf die zerstörerischen Fluten zurück geführt werden müssen. Heute weiß ich, dass die zwingend folgenden Agrar- und Subsistenzkrisen mit anschließenden kriegerischen Völkerwanderungen, noch größere Schäden anrichten konnten. An eine völlige Abwanderung der Menschen glaube ich persönlich aber nicht. Darauf deuten Grabbeigaben aus Eisen und Nachbestattungen in bronzezeitlichen Hügelgräbern hin. Ein niedriges kulturelles Niveau und das Fehlen von Eliten wären allerdings dann für diese Periode zwingend. Die Urnenfelderkultur jedenfalls soll sich hier im Norden nur langsam breit gemacht haben, wahrscheinlich erst mit den Germanen ab 600 v. Chr. Die Slawen kamen ja dann nach deren Abwanderung 1000 Jahre später.
Vor irgendjemand aber müssen sie sich mächtig gefürchtete haben. Ihre Burgen, nicht nur auf Rügen, gehören ja zu den Aufwendigsten in ganz Osteuropa. Die extrem hohen Wälle mit kleiner Grundfläche sind sie hier vorbildlich erfasst. 17 Meter hohe Aufwürfe noch heute an der Hertaburg erscheinen gewaltig. Dass das Ding sich überhaupt noch hält! Zumindest zeigt sich in ihnen auch eine Kontinuität in der Holzarchitektur noch bis in die fränkische Zeit hinein. Wer aber waren die Gegner der Slawen? Die Germanen tobten sich im Römischen Reich aus. Oder waren welche geblieben, vielleicht sogar noch aus viel früherer Zeit…?
Hier gibt es also noch viel zu erforschen. Das zeigen auch die Diskussionen über Rügen, ob nicht manche Slawenburg auf urzeitlichen Fundamenten ruht, wie der Wall von Ketelshagen, der Hengst nördlich von Sassnitz oder der Schanzenort Sellin. Die meisten dieser Befestigungen sind sowieso noch gar nicht wissenschaftlich erforscht. Die berühmte slawische Jaromarsburg auf Kap Arkona oder der Rugard neben Bergen, die höchste Stelle Rügens, ergeben jedenfalls regelrechte Zwangssiedlungen über alle Zeiten auf Grund ihrer genialen strategische Lage. Na denn man tau…
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