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Freitag, 5. April 2019

Hirschsteine - die megalithische Spur nach Asien?


Der GEO-Artikel
Bis China könnten die Auswirkungen der Naturkatastrophen am Atlantik um 1200 v. Chr. gereicht haben - jener umstrittene Kollaps, der ganz Europa auf den Kopf stellte und der von den Historikern so gerne vernachlässigt wird. Im GEO-Heft Nummer 06/ 2018 findet sich ein schön bebilderter Bericht über die sog. Hirschsteine in der Mongolei. Das sind menhirähnliche Großsteinsetzungen bis 3 Meter Höhe mit eingravierten Tiersymbolen, die sich wie ein Band von Tschechien, Bulgarien, über Russland in den Osten ziehen. Von den 900 bisher entdeckten Stelen sollen 700 alleine in der Mongolei stehen. Ihre teilweise anspruchsvollen Reliefs zeugen von hohem bildhauerischem Können. Besonders die filigranen Hirschornamente treten recht zahlreich auf. Meist finden sich an ihren Standorten auch Bruchsteingräber, deren Grabbeigaben auf Alter und Kulturen schließen lassen. Obwohl es keine einheitliche Meinung unter den Archäologen gibt, werden Einflüsse der zu Ende gehenden Andronowo-Kultur (2300-1000 v. Chr.) vermutet, der Skythen (800-300 v. Chr.) und der Xiongnu (früher Hunnen, 300-100 v. Chr.).
Ästhetik auf hohem Niveau
Im genannten GEO-Artikel ordnet man die Artefakte in die Zeit um 1000 v. Chr. ein. Munter wird da aus den Bräuchen der heutigen Nomadenvölker auf damalige Gottesanbetungen und Beerdigungsrituale geschlussfolgert. Schamanenkulte um Pferde stehen dabei im Mittelpunkt. Völlig schmerzfrei setzen die Autoren die heutige Steppenlandschaft und ihr Klima mit den damaligen Gegebenheiten gleich. Was herauskommt sind wilde Spekulation über das Trägervolk und ein großes Fragezeichen über dessen Herkunft.
Menhire aber in dieser Zeit passen zu diesem Blog. Man hat wie oft den Eindruck, Archäologen lesen prinzipiell keine Veröffentlichungen ihrer Fachkollegen. Denn wer zurücktritt und die Weltenkarte auf sich wirken lässt, erkennt die Linie, die Steinstelen von der Bretagne über Mitteldeutschland bis nach Westchina ziehen. Umgekehrt kann es nicht sein, weil über solche Steinsetzungen in Ost- China nichts bekannt ist. Dann wäre schon eher eine Verbindung in den Mittleren Osten zu vermuten, wo die Tradition der Steinbearbeitung ihren Ursprung haben soll. Göbekli Tebe wäre dann mit 12.000 Jahren ihr Anfang. 

Hirschsteine in der Mongolei
Aber es gibt ja noch andere Indizien für eine viel spätere nördliche, die Kontinente vom Atlantik bis China verbindende Trasse: Die Katastrophentheorie liefert die Motivation für die sich dahinter verbergenden Völkerwanderungen. Ich bin zwar kein Experte für asiatische Kulturen, aber wer sich Entstehungs- und Untergangszeiten der zahlreichen Prähistorischen Völker Russlands anschaut, wird da die die gleichen Jahreszahlen finden, wie sie dieser Blog für Umweltzusammenbrüche seit der Urzeit zusammengetragen hat (Siehe Post „Europa im Rhythmus von Katastrophenzeiten).  Der verheerendste Kollaps soll um 1200 v. Chr. stattgefunden haben. Nun wird der dazugehörige Tsunami - ausgelöst vielleicht durch einen atlantischen Kometeneinschlag - nicht ganz Europa überflutet haben, sondern nur die flache Küste bis zur Mittelgebirgsschwelle. Aber die typischen Begleitumstände wie Vulkanausbrüche, jahrelanger atmosphärischer Winter, Agrar- und Subsistenzkrisen, müssen viele Menschen in den Osten getrieben haben. Das ist nämlich die einzige raumgreifende Fluchtmöglichkeit. Was mit ihren ebenfalls fliehenden Brüdern und Schwestern geschah, die möglicherweise als Seevölkersturm in den östlichen Mittelmeerraum wanderten, ist bekannt. Ihre Traditionen - auch die der Steinhandhabung - hatten beide Strömungen natürlich im Gebäck. 
Ein Grabritus auf dem Weg
 in den Osten?
Die nördliche Seidenstraße aus der Antike greift genau diese Trasse auf. An ihr entlang tauchen ungezählte archäologische Funde auf, die nicht nur Hinweise auf frühen Warenaustauch geben, sondern auch auf dessen westeuropäischen Bezug. Dazu zählen:

-          die vielen europäisch anmutenden Tarim-Mumien (2000-800 v. Chr.)

-          die Viereckschanze von Por-Bazhyn (8. Jhd., umstritten)

-          megalithische Siedlung von Balkashino

-          die erste Domestizierung des Pferdes in Nordkasachstan (3. Jahrtausend v. Chr.)

-          die Kreisgrabensiedlungen der Sintaschta-Kultur als vorindogermanische Ethnie

-          die Ringwallanlagen von Arkaim (1700 v. Chr.)

-          die Zentren der Kurgan-Hügelgräber-Kulturen (jungsteinzeitlich bis antik)

-          die ersten Wagengräber im Nordkaukasus (3700 v. Chr.)

-          der Ursprung der Urnenfelderkultur in der Theißebene (1200 v. Chr.)

Sie alle bilden eine prähistorische Spur der Steine, die nicht nur indogermanisches Substrat in den Westen transportiert haben könnten, sondern auch megalithische Bräuche in den Osten. Denn eine Verbindung der Megalithkultur vom Atlantik nach Osteuropa, wird ja kaum noch bestritten. Und dort beginnen schon die Hirschsteine.
Megalithik bleibt Megalithik
Auch genetisch könnte die Route für Wirbel sorgen. Im Wolga-Uralgebiet existiert nämlich eine beträchtliche Konzentration der sog. y-Haplogruppe R1b. Die hat eigentlich in Westeuropa ihre höchste Konzentration, taucht erstmals während der Glockenbecherkultur auf und repräsentiert die wandernden Krieger (R1b-L23 (Z2105/Z2103)). Sie wird der Yamnaja-Kultur (3600-2500 v. Chr.) zugeordnet, einer Vorgängerkultur der Hirschsteinmetze. Bisher geht die Wissenschaft von einer Diffusion dieser DNA von Asien nach Europa aus. Die seit Jahrzehnten diskutierten Ungereimtheiten und Widersprüche dabei machen aber eine umgekehrte Richtung wahrscheinlich. Und da wären wir wieder bei der Katastrophentheorie. 
Die ungeheuerlich erscheinende Dimension einer solchen Wanderung vom Atlantik nach Nordchina ist nicht ohne Beispiel: Die ab 10.000 v. Chr. über Alaska nach Amerika einwandernden Siedler sollen ja schon 1000 Jahre später Feuerland erreicht haben. Das entspräche in etwa der hier untersuchten Strecke und Zeit. Die Suche nach optimalen Lebensbedingungen kann also sehr stimulierend sein.Natürlich könnten die hier beschriebenen Zusammenhänge wieder einer Laune der Natur oder der Willkür eines Schöpfers geschuldet sein. Ich glaube aber nicht an Zufälle, sondern an die Muster der vergleichenden Archäologie. Und da freue ich mich über solch einen GEO-Bericht, weil er die Menschen neugierig macht - ärgere mich aber über dessen Rätselraten.

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