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Mittwoch, 29. November 2017

Die Glockenbecherkultur - das erste westliche Großreich?


Idealer Glockenbecher
Untypische Entwicklung

Wenn man sich die Siedlungsentfaltung Westeuropas anschaut, kann man sich gut vorstellen, wie Bauernsöhne immer wieder neue Ländereien rodeten und, als genug Nahrung vorhanden war, Hinkelsteine aus Statusgründen aufeinander schichten. Sie werden auch stets mit Ihren Nachbarn Waren, Gene und Ideen ausgetauscht haben, manchmal leider durch Krieg. Nicht mehr erklärbar aber wird diese Migration, wenn plötzlich ein konzentrierter Massentransfer stattfindet, tausende Kilometer entfernte Enklaven eingerichtet werden, zwischen völlig fremden Kulturen. Wenn das ganze offenbar aus einem Zentrum heraus gesteuert wird und über viele Jahrhunderte funktioniert. So geschehen bei der Glockenbecherkultur!

Historisch wird sie als eine endneolithische kupferzeitliche Kultur beschrieben, die sich zwischen 3000 und 2200 v. Chr. in ganz West- und Mitteleuropa breit gemacht hatte (in England bis 1800 v. Chr.). Sie ist nach ihren Grabbeigaben eindeutig zu identifizieren: glockenförmige Becher, steinerne Armschutzplatten, der Griffzungendolche aus Kupfer, später Bronze, die geschlechtsspezifische bipolare Beerdigung und anderes mehr. Ihnen und ihren Nachfolgern werden so kulturelle Highlights wie die steinerne Variante von Stonehenge, die Himmelscheibe von Nebra oder das große Leubinger Fürstengrab zugerechnet.
Armschutzplatte: offiziell gegen Verletzungen durch
die Bogensehne. Man scheint aber vor allem mit ihr Schläge
jeder Art abgewehrt zu haben 
Das können keine Barbaren gewesen sein. Auch sonst zeigten die Bechertrinker untypisches Verhalten: Die Kulturen der von ihnen okkupierten Völker blieben meist unangetastet, sie übernahmen sogar Impulse von ihnen, entwickelten die eigene Leitkultur weiter, arrangierten sich außerdem mit ebenbürtigen Gegnern, wie den Schnurkeramikern. Deren Siedlungen standen manchmal nicht weitab, die Becher-Dörfer bedurften aber scheinbar keiner besonderen Absicherung und waren schon gar keine Provisorien. Soziale Unterschiede soll es kaum gegeben haben.
So etwas macht die etablierte Wissenschaft konfus. Sie vermutet hinter der Glockenbecherkultur Missionare eines neuen Glaubens, Bodenschätze suchende Metallurgen, kontinental agierende Topfhändler oder eine aufkeimende prunksüchtige Elite. Vielleicht waren sie ja alles zusammen? Denn nach dem, was wir über diese Zivilisation und ihre Bewegungen wissen, könnte sich dahinter ein expandierendes Großreich verstecken, mit richtigem König, straff organisiertem Heer und zentraler Verwaltung, einschließlich grandiosem Aufstieg und katastrophalem Untergang. Das Muster stimmt jedenfalls! Kupferzeitliche Bauern als Militärgenies und Kontinentalbeamte? Grotesk? Um das aber zu ergründen, muss man mehr lesen, als die veraltete und lehrmeinungstreue deutsche Wikipedia. Und: Vorgänger- und Nachfolgkulturen sollten in die Analyse einbezogen werden!

Hochkulturen waren in der Kupferzeit auf der ganzen Welt verbreitet (http://www.welt-geschichte.de/html/die_ersten_hochkulturen.html):
Großreiche in der Kupfer- und Bronzezeit
Ägypter, Sumerer, Indus, Chinesen und Mayas machten es vor. Warum sollte gerade Westeuropa, die offizielle Wiege unseres Kontinents  unter besten klimatischen Bedingungen damals eine Ausnahme bilden? Schaut man sich die archäologischen Hinterlassenschaften an, gibt es nur einen Unterschied: Alle haben uns eine Schrift oder wenigstens irgendwelche Zeichen hinterlassen, aus denen wir ihre grandiosen Leistungen rekonstruieren können. Nicht so die Glockenbecher-Leute! Die meisten Merkmale einer Hochkultur aber leiten sich aus dem Wissen ab, das uns ihre Aufzeichnungen hinterließen. So könnte eine große Zivilisation in Vergessenheit geraten sein. Suchen wir also nach anderen Indizien für eine staatsbildende Hochkultur. Forsten wir uns durch das von Fachgelehrten präsentierte Kulturen-Chaos, das auch noch unterschiedliche Interpretationen in England, Frankreich und Deutschland erfährt.

1. Eine umfassende Grenze
Mutmaßliche Grenze der Glockenbecherkultur,
es fehlen hier die Siedlungszentren in der Poebene
Natürlich keine mit Zaun und Pfosten! Die Glockenbecherkultur tritt aber in ganz West- und Mitteleuropa auf, einschließlich der Britischen Inseln, Norditalien und der westlichen Eilande im Mittelmeer. 1000 Jahre scheint sie große Teile des Kontinents beherrscht zu haben. Eine verschwommene Grenzlinie zieht sich von der Ostsee bis an die Adria. In Griechenland und der Ägäis jedenfalls residierten seit 3300 v. Chr. die Minoer und ab 1600 v. Chr. die wahrscheinlich bereits indogermanische mykenische Kultur. Bei allem Streit der Linguisten über die iberische Sprache sollten die Becher-Leute noch alteuropäisch gesprochen haben. Ihnen gegenüber standen in Zentraleuropa die mit hoher Wahrscheinlichkeit indogermanischen Schnurkeramiker, deren Streitäxte und vermutlich auch Pferde ein Gebiet vom Dnjepr bis zum Rhein sicherten. Aber auch Kugelamphoren- und Badener Kultur kommen als Nachbarn in Frage. Auffallend dabei die gegenseitige Durchdringung der aggressiven, sich sonst fremden Zivilisationen. Dieses Rätsel könnte höchstens damit erklärt werden, dass beide Seiten etwas davon hatten. Metall? Pferde? Frisches Blut?
Vermischung mit den Schnurkermikern
Inzwischen sind Siedlungen mit Glockenbechern sogar in Jütland, Polen, Weißrussland, Rumänien und auf dem Balkan gefunden worden. Nicht aber in Griechenland oder der östlichen Mittel- und Schwarzmeerküste! Darüber wird noch zu reden sein. Schwerpunkte der Siedlungstätigkeit lagen in Gegenden, die leicht per Schiff oder Ochsenkarren zu erreichen waren: Westliches Mittelmeer, gesamte Atlantikküste, Nordsee, rechts und links der Höhenwege von Europäischer Hauptwasserscheide und anderer Mittelgebirgskämme. Dort wo Funde fehlen, kann das erklärt werden: Aquitanien soll damals noch unter Wasser gestanden haben, im französischen Zentralmassiv war um 4000 v. Chr. der letzte Vulkan ausgebrochen, und man kann sich vorstellen, wie es da aussah.
2. Zentraler Ursprung
Die etablierte Wissenschaft streitet sich um die Herkunft dieser absonderlichen Kultur und ihrer Ausbreitung. Mal wird Ungarn, mal Norddeutschland, mal die Iberische Halbinsel beschworen. Dabei weisen alle archäologischen und genetischen Spuren an den Atlantik, ins südliche Spanien und Portugal: 
  • Dort treten gegen 3000 v. Chr. um die Tajo-Mündung bei Lissabon die ersten reinen Glockenbecher auf. Sie scheinen aus den s.g. Copoz-Bechern hervorgegangen zu sein, die wiederum aus Marokko inspiriert worden sein sollen. Einige Wissenschaftler glauben, dass mit den Bechern das erste Bier getrunken wurde. Doping für todesmutige Krieger?
    Kupferdolchnachbildung
  • Sie müssen sich auch sofort ausgebreitet haben, denn fast gleichzeitig erscheinen ihre Artefakte im nordspanischen Castello Velho de Freixo de Numao. Dort erkennt man auch andere kulturtypische Kennzeichen: befestigte Höhensiedlung, Terrassenfelder, geschlechtsspezifische Steinkistengräber. 
  • Schon 100 Jahre später schlagen sie an der Rhone und in der Poebenen auf. In der Fremde treten ihre typische Kulturgüter plöztzlich und in fertiger Form ohne Vorbilder auf. Organisierte Kriegszüge in wenigen Generationen? In Mitteleuropa gehen damals durchaus auch einzelte Gesellschaften zu Grunde (Chassey-Lagozza-Cortaillod-Gruppe (4600–2400 v. Chr.), Remedello-Kultur (3400-2400 v. Chr.). Alle lagen in der ostwärts gerichteten Einflugschneise der Glocken.
  • Fast zeitgleich mit den Bechern tritt erstmals das Kupfer in den jeweiligen eroberten Regionen auf. Der Dolch und die steinerne Armschutzplatte als überlegene Hightech-Waffen? Die meisten Historiker aber glauben, Kupfer sei aus dem Osten nach Mitteleuropa gekommen.
Bei der Völkerwanderung hinterlassene
Gen-Spuren von R1b
  • Mit der Glockenbecherkultur tritt außerdem eine neue DNA in die europäische Genetik ein. R1b als s.g. Haplogruppe des Y-Chromosoms ist heute in Spanien, Frankreich, Italien, Deutschland und England am weitesten verbreitet. Trotz vieler Mutationen, die Verwandtschaft der Westeuropäer, beginnend mit den Glockenbechern, wird immer wieder bestätigt. R1b (Glockenbecher) schwächt nach Osteuropa ab und vermischt sich dort mit R1a (Schnurkeramiker). Die Bewegungsrichtung nach Osten sollte damit vorgegeben sein. Widersprüchlich nur: Beide stammen von der Haplogruppe R1 ab, die sich vor 18.000 Jahren am Baikalsee aufgespalten haben soll. Das lässt die meisten Historiker glauben, R1a und R1b seien gemeinsam und parallel aus den Russischen Steppen nach und durch Europa gewandert. Das funktioniert genetisch gar nicht, es fehlt die Isolation. Außerdem vergessen sie die markante Konzentration dieser DNA im Fruchtbaren Halbmond und dass von dort ab 8000 v. Chr. die Neolithische Expansion nicht nur Richtung Donau, sondern auch über das damals viel flachere Mittelmeer Richtung Südfrankreich und Iberien vorangetrieben wurde. R1 könnte also mit den ersten Bauern aus dem fruchtbaren Halbmond via Griechenland, Italien, Malta, Algerien, Marokko nach Spanien gelangt sein. Dort in der Isolation muss sich bis 3000 v. Chr. das neue Gen R1b herausbilden und über ganz Westeuropa verbreitet haben. (Siehe Karte, der "Ausreißer" nach Zentralafrika scheint ins Leere gelaufen zu sein.)
3. Gemeinsame Identität
So scheint sich die Glockenbecherkultur kontinuierlich aus den ersten Bauern entwickelt zu haben, die seit der neolithischen Revolution aus dem Nahen Osten auf die Iberische Halbinsel kamen.
Die ersten Bauernkulturen
Die Archäologen nennen zwei wichtige Gruppen: Diejenige, die über Afrika auf die Iberische Halbinsel eingewandert sein soll, machte sich als La-Almagra-Kultur um 5200 v. Chr. in Andalusien breit (Ihren möglichen Weg vom Fruchtbaren Halbmond aus rekonstruiere ich in Post 3.). La Almagra-Artefakte wurden besonders in Südspanien und Portugal ausgegraben, schwerpunktmäßig in Sevilla, Cádiz, Málaga, Córdoba, Granada, bei Huelva, Cádiz und Almeria. Die andere neolithische Gruppe sichtete man an der Ostküste Spaniens, aber erst 700 Jahre später. Sie gehörte kulturell zur so genannten Cardial- oder Impressokultur, die eigentlich schon seit 7000 v. Chr. in Südfrankreich sesshaft war. Die soll ebenfalls aus dem Nahen Osten über Griechenland-Italien gekommen und weiter die Rhone hinauf bis an den Oberrhein marschiert sein. Von ihr finden sich Artefakte auch am Atlantik und in Marokko. Beide Kulturen lebten in unbefestigten Dörfern, das Flachland bevorzugend. Damals muss auf der Iberischen Halbinsel tropisch-fruchtbares Klima geherrscht haben und gegen 4800 v. Chr. begannen die erfolgreichen Bauern dort ihren Überschuss in Form von riesigen megalithischen Großsteingräbern auszuleben.
Expansion der Großsteinsetzer 4800-1200 v. Chr.
Diese s.g. Dolmen breiteten sich nun nach und nach entlang der Atlantischen Küste aus, obwohl dort, nach der Keramik, ganz andere Kulturen agierten: Trichterbecher-, Rössener-, Chasseen-, Croved Ware-, Armorika-. In der Bretagne muss die „Idee“, große Steine zu bewegen, gegen 3900, in Irland um 3300 und in England etwa 3200 v. Chr. aufgeschlagen sein. Da der Ärmelkanal um 6200 v. Chr. geflutet worden sein soll, kann dieser Brauch nur mit Schiffen auf die Inseln gelangt sein. Aber auch über Südfrankreich müssen sich die megalithischen Traditionen nach Nordosten ausgebreitet haben; die ersten Steinkistengräber in der Schweiz gab es bereits 4300 v. Chr. Beide Ausbreitungsströme nehmen die späteren Wege der Glockenbecherleute vorweg. Auch wenn sich niemand das entstehende Einflussgebiet der Megalithkultur als Staat vorstellen kann - eine geistig-religiöse Gemeinschaft und damit eine gemeinsame Sprache (Urbaskisch, Uriberisch?) sollte voraus gesetzt werden. Oder war Westeuropa bereits fest in der Hand zentral gesteuerter iberischer Bauernkrieger? Denn dort wurde es jetzt ernst:
  • Los Millares 3500-2300 v. Chr.
    Gegen 3500 v. Chr. begannen die Menschen ihre Hüttendörfer auf Berge zu verlegen und Steinmauern drum rum zu bauen. Der Machtkampf auf der sonst isolierten Halbinsel muss begonnen haben. Die berühmte Bergfeste Los Millares nahm bereits damals jene Siedlungsstrukturen vorweg, wie sie Tausende Jahre später in ganz Europa Usus werden sollten: eine strategisch ausgewählte und befestigte Anhöhe, dazu eine herausgehobene und zusätzlich gesicherte Akropolis, Weitsicht, eine einbezogene Quelle, Gräber und Kultplatz nebenan, ringsum Felder, in steilem Gelände Terrassen, noch grob entlang der Höhenlinien. Davon gibt es in Spanien und Portugal mehrere, z. B. Zambujal, aber Los Millares soll die bisher erste gewesen sein; sie hatte sogar schon Zinnen. So etwas kennen Archäologen nur aus dem Nahen Osten und so vermuten einige von ihnen einen beständigen Austausch bereits per Schiff. Los Millares lag im östlichen Gebirge an einem Flussübergang mit Zwangsführung zur Europäischen Hauptwasserscheide. Deutet sich hier bereits ein kontinentales Wegesystem an?
    Terrassenfelder in ganz Europa (hier Dolmar)
  • All diese Innovationen werden um 3000 v. Chr. von den Glockenbecherleuten trotz ihrer eigenen besonderen Kulturgüter übernommen. Sie siedeln zunächst an der hügeligen portugisischen Küste  und breiten sich dann ins bis zu durchschnittlich 600 Meter ansteigende Hinterland aus. Erst 500 Jahre später sollen sie das flache Andalusien okkupiert haben. Waren hier wieder Kolonisten ans dem mediterranen Osten an Land gegangen, die aber die Flussauen z. B. wegen Versumpfung zunächst meiden mussten?  
  • Als gegen 2400 v. Chr. ganz Europa und Nordafrika unter der Glockenherrschaft stand, waren nicht nur deren Kulturgüter allerorts verbreitet, sondern in Andalusien tauchen auch Funde von norddeutschem Bernstein und afrikanischem Elfenbein auf. Konzentrierte Feldzüge nebst Raubgut in der Heimat? 
  • Die Expansion fand durchweg auf den ausgetretenen Pfaden der Megalithkultur statt. Sie ging in Zentraleuropa sogarweit darüber hinaus. Die Becherleute bauten selber noch Tumuli, nutzen aber auch gerne vorhandene Megalithgräber für Nachbestattungen. Zeigt sich hier eine Nähe zur Tradition der Vorfahren?
  • Mit dem Untergang der Glockenbecherkultur um 2200 v. Chr. gingen auch andere Zivilisationen unter (Schnurkeramik) bzw. zeigen extreme Krisenerscheinungen (Siehe weiter unten). Anschließend kommt die Bronze von Anatolien nach Europa. Ermöglichten Naturkatastrophen das Eindringen östlicher Völker (Indogermanen)? 
  • Modell einer El Argar Siedlung
    Mit der ersten metallurgischen Legierung gegen 1800 v. Chr. in Spanien schälte sich kontinuierlich die so genannte El-Argar-Kultur heraus (Siehe z. B. Elargar.com). Sie übertraf in Siedlungsgröße, Architektur, Wasserversorgung, Arbeitsteilung, hierarchischen Strukturen, Standardisierung, Vorratshaltung alles Bisherige. Die meisten ausgegrabenen El Argar-Siedlungen finden sich im Südosten der Iberischen Halbinsel auf sicherungsfähigen Bergen. Die strategische Lage schien ihnen wichtiger als landwirtschaftliche Nutzfläche. Viele davon könnten wieder die Zwangsführungen zur Wasserscheide bewacht haben. Ähnliche Stadtkulturen finden sich aber auf der gesamten Halbinsel, wie weiterhin  in Zambujal, Atalaia oder Vila Nova de São Pedro. Die kulturellen Unterschiede zu El Argar waren gering.
    Eine von hunderten Motillas
    Parallel dazu wird jetzt auch das spanische Hochland mit kleineren Trockensteinburgen überzogen. Sie sind kreisrund, mit hohen und starken Türmen, konzentrisch abgestuft, mit Lagerhäusern und Zisternen umgeben. Sie werden als Motillas, Morras oder Castilljeos bezeichnet, kulturell El Argar zugeordnet und zwischen 2200 und 1200 v. Chr. datiert. Die meisten finden sich auf der Hochfläche von La Mancha, oft in Abständen von weniger als 5 Kilometern, aber auch anderenorts in Lagunen und auf Küsteninseln. Sie scheinen bereits das antike Limes-Prinzip und unsere mittelalterlichen Burgen vorweg genommen zu haben. Konnten die Glockenbecher-Nachfolger nach einem kurzen Kollaps nahtlos an ihre Vorgänger anschließen?
  • Diese El Argar Kultur 2200-1600 v. Chr. wird von Archäologen als das westliche, weil zeit- und niveaugleiche Troja, und als erstes Staatengebilde Europas bezeichnet. Der von ihr gepflegte kontinentale Austausch mit allen oben genannten Kulturen soll davor und danach bis in die Neuzeit hinein nie wieder erreicht worden sein. Der Witz: Kaum ein Fachgelehrter nimmt das zur Kenntnis und ordnet diese Zivilisation in die globale Geschichtsbetrachtung ein.
  • Keine Schrift - keine Hochkultur! Die El-Argar-Städte brechen zwar gegen 1600 v. Chr. mit einem Brandhorizont ab, es geht aber auf dem Land, wenn auch etwas bescheidener, kontinuierlich weiter. Auch die Weiterführungen der Motillas zeigt einen nahtlosen Übergang. Möglich wäre, dass sich nur die Machtzentren wieder an die atlantische Küste verschoben hatten, denn auch dort wird eine „expansive Iberische Bronzekultur“ klassifiziert. Wer könnte dieser ominöse Nachfolger gewesen sein?
    Aunjetitzer-Trachten
  • Auch die Einflüsse von und nach Westeuropa bleiben nach der Glockenbecherkultur gegen 2200 v. Chr. bestehen, scheinen sogar noch ausgeweitet worden zu sein. Trotzdem tritt mit der Bronze eine gewisse Differenzierung der Kulturen ein: In Mitteleuropa setzen sich u.a. die Aunjetitzer-, in Frankreich die Artenacianische, in den Niederlanden die Elp- und in England die Wessex-Kultur durch. Alle diese Gesellschaften aber gingen nicht nur bruchlos aus der Glockenbecherkultur hervor, sie verwendenden wesentliche der alten Merkmale weiter. Die Klassifizierung als „neue“ Kultur scheint sich vor allem an der Übernahme lokaler Bräuche und an normalem technischen Fortschritt festmachen zu lassen. Diese Kontinuität kann bis zum Ende der Hügelgräberzeit gegen 1200 v. Chr. beobachtete werden, wo ja immer noch megalithische Traditionen verwendet wurden. Haben sich hier regionale Führer gegenüber einer Zentralgewalt durchgesetzt, wie bei allen korrodierenden Großreichen?
4. Zentrale Steuerung
Trotzdem scheinen sich die Leistungen der Glockenbecherkultur nur durch eine einheitliche Führung erklären zu lassen, vielleicht durch ein Königsreich oder die Vereinigung mehrere Dynastien unter einer militärisch agierenden Hand.
  • Schon die Errichtung von Großsteingräbern (4800-2000 v. Chr.) bedurfte der Mobilisierung hunderter Menschen nach einem bestimmten Plan.
    Die Dolmen von Antequera
    Die Ausbreitung der Megalithkultur nach Norden innerhalb von 1000 Jahren könnte man noch als selektive Diffusion einer geistigen Strömung deuten. Innerhalb von nur 100 Jahren halb und in 500 ganz Europa mit Glockenbechern zu überschwemmen, scheint aber ohne zentrales Sendungsbewusstsein kaum möglich.
  • Die Einführung von Metallen erzwang eine neue Qualität von Arbeitsteilung und Verteilungsrouten. Die bedurften einer ordneten Hand, in der sich gleichzeitig bisher nie gekannter Wohlstand konzentrieren musste. Was Superreiche mit ihrem Vermögen machen, wissen wir. Die Suche nach Erz, wie viele Wissenschaftler annehmen, dürfte bei der Expansion aber nicht an erster Stelle gestanden haben. Kupfer und Zinn gab es in Spanien selbst genug.
    Bewegungen einzelner Becher-Gruppen
  • Das Bewegungsprofil der Glockenbecher-Kultur zeigt maritime, flussgebundene, als auch landgestützte Bewegungen, sowohl „vorwärts“ als auch „zurück“, mit den Schwerpunkten Atlantik, westliches Mittelmeer , die großen Flussauen und die Hochebenen europäischer Mittelgebirge. Diese scheinbar diffuse Dynamik scheint die Ursache dafür zu sein, dass namhafte Archäologen ihre Hauptbewegung von Zentraleuropa in Richtung Südspanien beschwören. Die offizielle Theorie: Indogermanische Topfhändler aus Ungarn wären mal eben nach Iberien gekommen, hätten sich dort mit Glockenbecherkeramik eingedeckt, um diese dann in ganz Europa rückwirkend zu verbreiten. Kein Witz! Die Begründung: „Der Erbauer“ von Stonehenge soll genetisch aus Süddeutschland stammen. Kurz nach deren Eintreffen wäre die gesamte ursprüngliche Population auf der Insel ausgestorben. Wiederum dort ausgegrabene Bronzeschmiede müssten „von weit her“ gekommen sein. Letzteres scheint durchaus möglich, denn:
    Ankunftszeiten der Glockenbecherleute (Ergänzung v. Chr.):
    2600 Bretagne und Aqitannien
    2500 Ungarn
    2200 Balearen
    2000 Sardinien
  • Die teils widersprüchlichen Szenarien lösen sich zu völliger Harmonie, wenn man die Ankunft der Glockenbecher-Artefakte in den einzelnen Regionen Europas berücksichtigt. Danach zeigt sich eine strategische Zangenbewegung - wie bei den Megalithleuten zuvor auch - einmal die Atlantikküste hinauf und einmal entlang des Balearischen und Ligurischen Meeres. (Hochseetaugliche Schiffe soll es ab 3500 v. Chr. geben, konkrete Bootsfunde stammen von 2600 v. Chr.) So müssen zuerst Südfrankreich und über Land die Schweiz erreicht worden sein sowie über die Poebene, die Julischen Alpen, die Karawanken und das Karpatenbecken in Ungarn. Erst von da aus sei Süddeutschland und dann der Norden bis zum Ärmelkanal okkupiert worden. Wahrscheinlich auch die Britischen Inseln, selbst wenn inzwischen die Bretagne zum Einflussbereich gehörte. Obwohl über Details solcher Bewegungen noch gestritten wird, sie ergeben ein glaubwürdiges Szenarium. Genialer geht's nicht und das nur bei zentraler Strategie!
  • Zangenbewegung der Glockenbecher-Krieger
    In Frankreich klassifizieren Altgeschichtler das Ende der Glockenbecherkultur um 2200 v. Chr. mit dem Übergang zur s.g. Artenacianischen Kultur. Ihre zu Tage geförderten Gräber, das Geschirr, Pfeile und Bögen scheinen die Becher-Abstammung eindeutig zu belegen. Sie werden von vielen französischen Historikern als das Bollwerk gegen die Indogermanen gesehen, die in Form der streitaxtschwingenden Schnurkeramiker am Rhein gestanden haben sollen. Diese Grenze hätten sie über Tausend Jahre lang gehalten.
  • Das Prinzip der Glockenbecher-Kolonisten, sich mit fremden Kulturen zu arrangieren, auch stärkeren, quasi „Rücksicht“ auf deren Traditionen zu nehmen, dabei Fortschrittliches aufzusaugen, ohne die eigene Kultur zu verleugnen, entspricht der Politik erfolgreicher Hochkulturen und „weiser Staatenlenker“.

  • Auch nach dem Untergang der Glockenbecherkultur gegen 2200 v. Chr. scheint das "Kraftzentrum" Iberien ungebrochen. Nur Großreiche bauten so aufwendige und weitläufige Sicherungssysteme, wie die Motillas (2200-1200 v. Chr.). Sie werden auch als limesartige Grenze nach Norden interpretiert. Diese sind übrigens baugleich mit den tausenden mysteriösen Nuraghen auf Sardinien (2000-750 v. Chr.) und den Torre aus Korsika (1600-800 v. Chr.). Ihre Qualität nimmt aber mit der Entfernung von Iberien ab. Alle diese Kulturen jedoch sind u.a. mit Glockenbechern ausgestattet. 
  • Noch um 1300 v. Chr. stellte ein unbekannter Feldherr ein Heer mit tausenden Kriegern in Süddeutschland zusammen, um nahe der Ostsee eine brutale Schlacht wahrscheinlich um eine Holzbrücke über die Tollense auszufechten. Nur die Hügelgräberkultur bleibt, um solch eine Masse an jungen Männern aus dem Voralpenraum zusammen zu bringen. Und die stand ja in der Traditionslinie von Aunjetitzern und Glockenbecherleuten.
5. Der mutmaßliche Name dieses Reiches
Platon
Ja, es gibt ein mythisches Staatengebilde, das auf wundersame Weise die ominösen Muster der Glockenbecher-Leute und ihren Untergang erklären könnte. Aber kein etablierter Wissenschaftler würde sich trauen, dessen Namen auch nur in den Mund zu nehmen. Zuviel Schindluder wurde bisher damit betrieben. Dabei findet sich sogar schriftliches Zeugnis: Atlantis! Der griechische Philosoph Platon beschreibt eine Hochkultur „hinter“ Gibraltar, dessen Heere das „dahinterliegende Festland einschließlich seiner Inseln“ okkupiert habe, „erst in Athen“ seien die Invasoren ausgebremst worden, trotzdem sei ihr Reich „größer als Libyen und Asien zusammen genommen“ (die damals bekannte Welt). Das hört sich exakt nach der Expansion der Glockenbecher-Kultur an. Doch was die Fachwelt Homer mit Troja zugesteht, verwehrt sie Platon mit Atlantis. Dabei könnten gerade die auf den ersten Blick widersinnigen Atlantis-Beschreibungen durch das Glockenbecher-Reich erklärt werden: Die Zeitangabe zum Untergang „vor 9000 Jahren“ ergibt zerlegt nach dem damals üblichen Mondkalender das Jahr 1200 v. Chr., Platons „Insel“-Beschreibung erhält für Iberien Sinn, wenn man weiß, dass die Ebenen nördlich der Pyrenäen erst nach 5000 v. Chr. langsam entstanden waren. Die Beschreibungen über das atlantische Kernland entsprechen 1:1 dem Erscheinungsbild Andalusiens. Wenn man dort - rein hypothetisch - eine Hochkultur annehmen würde, scheint diese durch die Platon-Berichte zweifelsfrei beschrieben worden zu sein: Die das Land unter sich aufteilende Königsdynastie, die Namen der beherrschten Gebiete, den reibungslos funktionierenden Heerbann, die global agierende Marine.
Das sagenhafte Atlantis
Die Platon‘sche Saga wird mit der mystischen Königs-Hauptstadt und ihren drei ringförmigen Inseln gekrönt. Der Vergleich aller Lokalisierungstheorien von Atlantis führte Jürgen Hepke, ein Ingenieur aus Stade, in das Mündungsgebiet des Guadalete gegenüber dem heutigen Cádiz. Obwohl man dort auf den ersten Blick rein gar nichts mehr sieht.

6. Gemeinsamer Untergang
Denn leider münden Platons Geschichten in einen totalen Kollaps. An „einem Tag und einer Nacht“ sei die Königsstadt „in den Fluten der Meeres“ untergegangen. Das können nur Erdbeben und Tsunamis angerichtet haben. Und danach sieht die Küste Andalusiens auch heute noch aus. Denn wer genauer hinschaut, erkennt in dem zerpflügten und überbauten Delta-Labyrinth vis a vis von Cádiz seinen Platon: Bewässerungskanäle, die die kreisrunde Struktur der beschriebenen Königsstadt aufgreifen, drei ringförmigen Resthügel, die die Guadalete-Mündung umschließen, die überdimensionalen unterirdischen Dogs für die Kriegsschiffe, ein gigantisches megalithisches Gräberfeld, zyklopische Mauern in der untersten Schicht der Ausgrabungsstätte von Dona Blanca, neolithische Artefakte en masse im Archäologischen Museum vom El Puerto de St. Maria, Felsengleise, die aus der Zeit vor Erfindung des Rades stammen sollen usw. Sogar die zahlreichen Entfernungsangaben Platons stimmen.
Die ringförmigen Hügel gegenüber Cadiz
Wenn Atlantis je einen realen Hintergrund besessen hat, könnte man ihn hier festmachen. War das der letzte Mittelpunkt der Glockenbecherkultur? Teilen beide ein gleiches Schicksal?
  • Offiziell wurde die Glockenbecherkultur ja europaweit um 2200 v. Chr. von anderen Kulturen abgelöst, die aber nahtlos aus ihr hervorgegangen sein sollen (Siehe Kulturen-Tabelle am Seitenrand). Tatsächlich wird auf der Iberischen Halbinsel damals ein Klimakollaps und eine Siedlungslücke konstatiert. Danach tritt in Spanien und Portugal eine gewisse Regionalisierung ein, ohne aber das Gesamtniveau zu verlassen. Neue Machtzentren waren entstanden, zusammengefasst in der Iberische Bronzezeit. Erst nach der Katastrophe um 1200 v. Chr. verschwinden diese Kulturen schlagartig, ihre Städte, wie das oben genannte Castelo Velho beschreiben Archäologen wie „plötzlich ausgelöscht“ , scheinbar „mit Steinen und Lehm überdeckt“. Kein Mensch aber kommt auf die Idee, dahinter einen oder mehrere Tsunamis zu vermuten, die die Flussauen vom Meer her überschwemmt haben.
  • Zeitgleiche Großreiche des Ostens, die gegen
    1200 v. Chr. untergingen
    Dabei wird durch angelsächsische Archäologen (nicht durch deutsche) der Untergang der Kulturen im östlichen Mittelmeerraum um 1200. v. Chr. offiziell anerkannt, erst durch Naturkatastrophen, dann durch kriegerische Völkerwanderungen von West nach Ost (Seevölker). Auch das plötzliche und scheinbar unmotivierte Auftreten des neuen dominierenden Grabritus der Urnenfelderkultur sieht die Fachwelt neuerdings im Kontext mit einem kontinentalen Kollaps: Mitteleuropa wird überzogen mit Höhenburgen, neuen Waffen, versteckten Schätzen, fremden Bräuchen. Aber kein Experte erwähnt mit einem Wort die Situation in Westeuropa, geschweige denn in Iberien. Als wenn es das Land am Atlantik gar nicht gegeben hätte.
  • Dort aber könnte die Ursache allen Übels liegen. Gerade die gewisse Fundarmut an der Küste lässt auf Tsunamis schließen. Natürlich ist eine bronzezeitliche Stadt unter einer völlig durch Flutwellen „verschliffenen“ Landschaft schwer nachzuweisen. Im nahen Osten gibt es die „herauswölbenden“ Tells, Schrifttäfelchen, Legenden. Der Anfang aber wäre ein Versuch, die bisher in höheren Lagen archäologisch ergrabenen Details zu einer widerspruchsfreien Hypothese zusammen zu führen. In Spanien und Portugal aber konnte man sich noch auf keine einheitliche Linie einigen. Nur ganz selten versuchen Autoren die komplizierten, tektonischen, klimatischen und gesellschaftlichen Umbrüche um 1200 v. Chr. auf der Iberischen Halbinsel durch Katastrophenszenarien zu erklären. Gerade vom Deutschen Archäologischen Institut in Madrid kommt da nichts.
  • Dabei finden sich in prähistorischer Zeit immer mal wieder Hinweise auf Katastrophen-Szenarien in Europa.
    Temperaturzyklen von Eiszeit bis heute
    Bereits um 6200, 4500, 3900, 2200 und 1600 v. Chr. sollen extreme Kälte- und Dürreeinbrüche für weltweite Umbrüche und Völkerwanderungen gesorgt haben. Die Analogie dieser Zeiten zur Geschichte der Glockenbecherkultur ist augenscheinlich.  Alle Hinterlassenschaft aber muss 1200 v. Chr. ausgelöscht worden sein: Die großen Flussauen des Kontinents sollen beispielsweise in dieser Zeit menschenleer gewesen sein. Das können nur durch Tsunamis ausgelöste Flutwellen bewirkt haben, die die Flusstäler hinaufzogen sind. In Nordengland und in der Poebene wurde damals ein extremer Bevölkerungsschwund festgestellt. Im österreichischen Hallstadt brachen die Salzbergwerkstollen zusammen (400 Jahre vor der Hallstadtzeit).
    Die Flutgrenze?
    Auffällig auch die extrem aufwendigen Weide- und Ackerterrassen, wie sie in Zambujal und Los Millares wahrscheinlich erstmals angelegt wurden. Sie ziehen sich tausendfach durch die Mittelgebirge Europas, genau in den Grenzen der endneolithischen Glockenbecherleute. Einige Forscher glauben, dass dieser unvorstellbare Kraftaufwand, um den Humus am Berg zu halten, nur durch extreme Wetter-Kapriolen bewirkt worden sein kann. So korrelieren manche Klimaeinbrüche in Europa mit großen Vulkaneruptionen, wie 1600 v. Chr. mit dem Thera auf Santorin oder 1200 v. Chr. mit dem Hekla auf Island. Die logische Kette: ascheverseuchter Himmel, jahrelange Dunkelheit, Dauerregen, kontinentale Agrarkrise, gesellschaftliche Umbrüche, kriegerische Auswanderung. Diese Kausalität wurde beispielsweise beim Ausbruch des Tambora auf Indonesien 1815 nachgewiesen. Inwieweit nachfolgende Kulturen mit an den Stufensiedlungen herum gebastelt haben, können natürlich nur Archäologen einschätzen. Ich glaube nicht viel, weil nach der
    Katastrophenzeit um 1200 v. Chr. die Siedlungen langsam wieder in die Flussauen zurückkehrten. 
7. Einheitliche Nachwehen
Noch eine Flutgrenze!
Nach 1200 v. Chr. scheint mit der sog. „Atlantischen Bronze“ schlichter Einheitsbrei in Westeuropa eingetreten zu sein. Deren etwaige Grenze entspricht kurioser Weise dem Flutungsgebiet eines mutmaßlichen Tsunamis vom Atlantik her. Die Archäologen graben von Gibraltar bis Nordengland unisono Artefakte aus, die auf ein deutlich niedrigeres kulturelles Niveau schließen lassen. Große Siedlungszentren gibt es außer ein paar „Klippenburgen“ nicht. Die meisten Funde entstammen s.g. Schatz-Horten. Das deutet auf unruhige Zeiten hin. Der „Leitfund“ Bratspieß, Kessel und Fleischhaken assoziiert nomadische Lebensweise. Zwar findet weiter ein Austausch mit dem Osten statt, der scheint aber hauptsächlich aus Waffen zu bestehen. An der gesamten Atlantikküste scheint nur die Bretagne eine gewisse Ausnahme zu sein. Sogar der neue, ganz Europa überziehende Urnenfelder-Grabritus macht um 1200 v. Chr. weit vor der Westküste halt, wieder an der Grenze einer vermuteten Überschwemmung. Leichenverbrennung gab es zwar schon Tausend Jahre zuvor, nie aber in dieser ausschließlichen Art wie zur Urnenfelderzeit. Nach neuesten Funden scheint sich der Brauch aus Ungarn heraus entwickelt zu haben. Fachgelehrte vermuten darin eine neue geistige Strömung, die „irgendwie“ mit veränderten Umweltbedingungen zusammenhängen könnte. An die Glockenbecherleute im Karpatenbecken und ihre Nachfolger denkt niemand. Anhänger der Katastrophentheorie um 1200 v. Chr. sehen den Ursprung in der effektiven Massenverbrennung von Leichen, vielleicht nach Epidemien. Sie vermuten außerdem, dass die Kultur der Brandbestattung peu à peu erst dann nach Westeuropa vorrückte, als sich Flora und Fauna dort wieder erholt hatten.
Nach der Katastrophe um 1200 v. Chr. herrschten wieder Siedlungsarmut, 
Kulturlosigkeit, Zersplitterung. Erst die Ankunft phönizischer Kolonisten
um 1000 v. Chr. ermöglichte wieder einen gewisse Blüte wie in Tartessos.

Das waren ab 1000 v. Chr. die phönizischen und griechischen Kolonisten, ab 800 v. Chr. die Hallstatt- und später die Latene-Kelten. Die übrig gebliebenen Altiberier hatten sich in den Osten der Halbinsel verzogen. Es folgten Karthager, Römer, Goten und Franken. Sie alle brachten nun schon die neue Sprache der Indogermanen aus dem Osten mit. Die Katastrophentheorie um 1200 v. Chr. sieht in dieser konzertierten West-Diffusion eine Rückwanderung ehemals geflohener Völker, zumindest aber eine Kolonisierung kaum besiedelter Gebiete. So wie es periodisch nach jeder Katastrophenzeit funktioniert haben muss.

Fazit
Leider steht das - außer bei Platon - nirgendwo geschrieben. So macht sich jeder Experte seinen eigenen Reim auf die archäologischen Hinterlassenschaften der Glockenbecherkultur.Schon beim Vergleich offizieller Chronologien in deutschen, englischen oder französischen Veröffentlichungen tun sich Abgründe auf. Nur wenige Wissenschaftler versuchen, die Hintergründe des permanenten Kulturwechsels in den Ausgrabungsstätten zu ergründen. Die einzige sinnfällige Erklärung scheint von der Katastrophentheorie zu kommen. Mit ihr erhalten die widersprüchlichen Tendenzen eine Motivation. Sowohl der Kollaps um 2200 als auch der um 1200 v. Chr. müssen die Becherkultur und die in ihrer Tradition stehenden Nachfolger tangiert haben. Sie mit Atlantis zusammenzubringen scheint gewagt, aber naheliegend. Der Missbrauch der Platonschen Berichte beweist ja nicht deren Realitätsferne.Ich glaube, dass die Megalithik in Westeuropa 1000 Jahre einen einheitliche Kulturraum in Westeuropa vorbereitet hat, so etwas wie die Indogermanen im Osten. Quasi als Gegenpol mit einer diffusen Grenze vielleicht an der Elbe! Die Glockenbecherleute müssen dieses Gebiet - und mehr - dann in 900 Jahren zu einem Großreich geformt haben. Die Trennung zu den östlichen Steppenvölkern lag jetzt etwa an Theis, Donau und Balkan. Naturkatastrophen um 2200 v. Chr. führten zu einer Unterbrechung der Zentralgewalt mit anschließender Regionalisierung der Kulturen. In Iberien herrschen Stadtstaaten, in Mitteleuropa baute sich eine Mischzone zu den Völkern im Osten auf (Aunjetitzer). Nach dem Kollaps von 1600 v. Chr. scheint sich noch einmal eine "zentrale Gewalt" der sog. "Iberischen Bronze" an der andalusischen Atlantikküste (Cadiz) gegen die anderen zerstörten befestigten Höhensiedlungen dort durchgesetzt zu haben. Sicher hat die auch versucht, an die alte Ausdehnung der Glockenbecherkultur anzuschließen und wurde militärisch bis an die Ostsee (Tollense) und Athen (Pelaskische Mauer) aktiv. Die Katastrophenzeit um 1200 v. Chr. muss dann aber allem einen endgültigen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Die Indogermanen konnten sich nun langsam in ganz Westeuropa ausbreiten. Die gesamte Traditionslinie des Alteuropäischen Kulturraumes wurde zerstört und konnte sich nur in den Bergen der heute völlig aus der Art schlagenden Basken erhalten.
Solch eine extreme Dimension von Raum und Zeit sollte - auch ohne Schrift - die Hochkulturen im Osten weit übertroffen haben.



Anlage:
Übersicht über die damaligen westeuropäischen Kulturen in Anlehnung an die Tabelle bei vanaland.wordpress.com (Genetische Belege), die Mittel- und Osteuropa klassifiziert. Aus dieser Tabelle lassen sich kulturelle Umbrüche, Neuausrichtungen, Nachbarschaften und letztlich auch  Wanderungsrichtungen ablesen.

Zeit vor Chr.
Kulturelle Periode
Portugal/ Südspanien Zeit v. Chr. in Jahrhundert
Italien, Süd- und Ostfrankreich, Katalonien
Zeit v. Chr. in Jahrhundert
Britische Inseln, Bretagne Zeit v. Chr. in Jahrhundert
Niederlande, Westdeutschland






200-0

Römer 2-0
Griechen 8-6, Römer (8-0 Italien, 6-0 Südfrankreich, 5-0 Katalonien), Hallstatt 7-5, Latene 5-1
Römer 1-0
Belger, Römer, Germanen
600-200
Vorrömische Eisenzeit
Phönizier 10-6, Tartessos 7-5, Karthago 3-2, Hallstatt-Kelten 4-0, Iberer 5-0
Kelten 8-0, Armorica 6-0,
Harpstedt-Nienburg, Treveter
1300-600
Rückwanderung, Expansion Indogermanen
Abbruch Städtekultur, Atlantische Bronze 13-7
Abbruch Hügelgräber, Urnenfelder 13-8
Abbruch Wessex, Atlantische Bronze 13-7
Hügelgräber , Jastorfer, Elp
1800-1300
Späte Bronzezeit, Tumuli, Kollaps
Iberische Bronze, El Argar-Städte 22-15, Pithos-Gräber 15-13
Hügelgräber 16-13
Groved Ware 34-20, Wessex 20-14, Hilversum 18-16, Becher 24-18 (Megalith), Aunjetitzer 23-16
erste Urnenfelder?
2200-1800
Bronzezeit
Becher 26-24  (Megalith), Artenacianisch 
Späte Glockenbecher
2800-2200
Frühe Bronzezeit
Glockenbecher, Städte wie Zambujal 29-20 (Megalith)
Schnurkeramik, Glockenbecher
3500-2800
Endneolithikum/ Kupferzeit
Städte wie Los Millares, 35-23
Seien-Oise-Marne 31-24 (Megalith)
Seien-Oise-Marne 31-24 (Megalith)
Horgen, Cham, Wartberg
4400-3500
Jungneolithikum
Megalith 47-13
Rössen 47-45, Chasseen 45-35
Megalith 43-30, Chasseen 45-35
Michelsberg/ Wartberg
5000-4400
Mittelneolithikum
Linienbandkeramik 55-45
Linienband 57-49, La Hoguette (nur Bretagne ab 50)
Stichband, Rössen
5500-5000
Alt(Früh)neolithikum
La Almagra 60-48

Linienband/ La Hoguette
6400-5500
Cardial 69-55 (Katalonien erst 47), La Hoguette 58-55


7000-6400











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