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Mittwoch, 15. April 2015

Relikte unserer frühen Vorfahren selber finden

Archaische Fratze: Spaß eines Esoterikers oder natürlich
 entstanden? Skulptur auf einem verdächtigen Hügel
Archäologische Muster
Wir Normalbürger können oder dürfen nicht in die Erde schauen. Aber man lässt uns spazieren gehen. Und wenn man dabei die Erdverwerfungen abseits der Touristenpfade untersucht oder die Namen auf den Hinweisschildern hinterfragt, kann man sich ganz schnell in einer Welt vielleicht vor 3500 Jahren wieder finden.
Das Geheimnis sind immer die wasserscheidenden Kammwege. An ihnen aufgereiht finden Sie zunächst alle 5-20 Kilometer ins Tal weisenden Bergnasen oder Anhöhen, welche strategisch als befestigte Siedlungen ausgebaut waren! Es geht auch umgekehrt: Nehmen Sie 2, 3 bekannte Oppida. Dazwischen gibt es immer einen urzeitlichen Höhenweg...
Seit 20 Jahren durchkämme ich die zivilisationsfernen Höhenzüge Westeuropas zu Fuß oder mit dem Rad. In der gleichen Zeit habe ich alles, dessen man über Archäologie habhaft werden konnte, in mich hinein gefressen. Diese Mischung führte mich zu hunderten vergessenen Artefakten und Siedlungen unserer Ahnen, ohne einmal einen Spaten in die Hand nehmen zu müssen. Alleine die Erkenntnisse der Vergleichenden Archäologie zeigten mir, dass die oben abgebildete Skulptur nur an diesem Hohlweg der Kupferstraße im Kleinen Thüringer Wald stehen konnte und die riesige Befestigung auf dem Binderberg über Reichenauerwald in Österreich nur an dieser Urkreuzung mit der Europäischen Hauptwasserscheide. Kein Archäologe kannte dieser Relikte.

Zeitliche Zuordnung
Natürlich sind die meisten deutlich ausgeprägten befestigten Höhensiedlungen mit Wällen, Feldterrassen und Trockenmauern wissenschaftlich untersucht und nach den Keramikfunden prähistorischen Kulturen zugeordnet, wie sie in nebenstehender Tabelle aufgelistet sind. Aber da gibt es viel mehr. Sie liegen durchweg an diesen Höhenwegen, sind an den steinernen Grabhügeln nebenan eindeutig megalithischem Einfluss zuzuordnen und um sie herum liegen Millionen künstlich bearbeitete oder genutzte Steine jedweder Größe. Damit könnten alle diese Artefakte auf frühzeitliche Siedler aus Westeuropa hinweisen, denn die aus dem Osten hatten es nicht so mit den Bergen.
Binderberg: Unscheinbarer Hügel am Urwegedreieck, 
aber heute noch mit 3 Meter hohen  megalithischen 
Trockenmauern und monströsen Großsteingräbern umgeben
Manchmal findet man ein archäologisches Hinweisschild, selten ein geplündertes Grab, wo die eingenordete Steinkiste und damit eine megalithische Kultur bis zu den Glockenbecherleuten erkennbar ist. Eine ost-westliche Ausrichtung (Blickrichtung der Verstorbenen Richtung Süden), was auf die östlichen Schnurkeramiker hinweist, fehlt fast völlig. Auch die gelochten Axt-Steine und kleinen Idole der östlichen Band- und Schnurkeramiker treten kaum auf. Es scheint also, als ob gerade in den europäischen Mittelgebirgen Artefakte von Zuwanderern aus Südwesteuropa zwischen 3900 und 1200 v. Chr. dominieren (Siehe Post Nummer 1 bis 6). Sie alle werden so zu materiellen Zeugen für die vergessenen Völkerwanderungen dieses Blogs. Zieht man nämlich die bekannten globalen Katastrophenzeiten um 3900, 2200, 1600 und 1200 vor Christus in Betracht, wird zumindest die schier unglaubliche Menge solcher Siedlungsverdachtsplätze auf den mitteleuropäischen Höhenlagen verständlich. Nach meinen Erfahrungen kann höchstens ein Drittel aller prähistorischen Befestigungen in den länderbezogenen Denkmallisten erfasst sein. Das erkennt man z. B. im "Bayernatlas" wo alle bekannten und vermuteten archäologischen Plätze eingetragen sind. In anderen Bundesländern macht man aus Angst vor Grabräubern ein Staatsgeheimnis daraus. Wie man solche Stellen trotzdem finden kann? Denken Sie sich in die Altvorderen rein! Stellen Sie sich vor, Sie hätten nur einen Ochsenkarren und wollten die Welt erobern. Alle Flussniederungen sind versumpft, es gibt weder Straßen, Siedlungen, noch Felder. Die Menschen auf die sie treffen, sind ihnen nicht unbedingt friedlich gesinnt.
Typische frühe Siedlungsbergnase: Der Eulsberg über 
Dietzhausen mit allen hier genannten Eigenschaften
Sie werden merken: alles Fortkommen, alle Entscheidungen werden Ihnen von der Natur, dem Klima, den Nachbarn und dem Gelände regelrecht aufgezwungen: Dass Sie nur auf Höhenwegen trocken und sicher reisen, dass ihre Zug- und Zuchttiere nach 20 Kilometern Pause brauchen, dass Sie ihren Lagerplatz sichern müssen, dass es eine Quelle in der Nähe braucht. Wenn Sie sich länger niederlassen wollen, benötigen sie einen leicht zu verteidigenden Platz mit viel Übersicht, Ackerland und Wasser im Umfeld. Auch ihre vielen mitgeführten Tiere müssen unterkommen. Sie schauen sich nicht nur nach anderen Leuten, sondern auch nach Hinterlassenschaften von Vorgängern um. Wo man einmal gut gelebt haben könnte, stehen die Chancen naturgemäß besser. Wenn sich eine Kuppe bewährt hat, ebnen sie sie ein, versteilen die Abhänge, bauen Zäune oder Palisaden und legen Terrassenfelder an. Geologische Besonderheiten ziehen die Menschen seit je her als Kultplätze an und warum sollte man die nicht gleich als Versammlungsplatz nutzen? Wenn dort Spuren alter Opferungen waren, konnte es nicht schaden, selbst den Göttern etwas anzubieten. Weiter als 2 - 300 Meter aber sollten solche magischen Orte nicht entfernt sein (Bsp. Hoher Fels am Oppidum Houbirg nahe Hersbruck). Auch die Verstorbenen würde ich in Sichtweite begraben, der Erinnerung an die Ahnen wegen und - Grabräuber gab es schon damals. So muss das seit Tausenden Jahren funktioniert haben, mit unzähligen vergessenen Beispielen:
Urwege, frühe Siedlungen und Artefakte um Suhl
Den hunderten bekannten Grabhügeln im Raum Suhl lassen sich ganz konkrete aber versteckte Geländedeformationen als Siedlungen zuweisen (Siehe Blog: Fränkisches Thüringen). Auch dort finden sich zwei von Unersättlichen geöffnete Steinhügel, deren Grabkisten nach den Prinzipien der Bipolaren Bestattung den atlantischen Ursprung erkennen lassen.
Wenn man sich jetzt noch ein bisschen mit alten Flurnamen, prähistorischen Steinwerkzeugen und archäologischen Kulturen beschäftigt, wird man die Spuren unserer Vorfahren überall im Gelände sogar grob datieren können. Hinweise darauf geben:
  1. Separat liegende, große glatte, scheinbar stark verwitterte Felsbrocken ohne dazugehörigen Steinbruch als mögliche Dolmen oder Menhire
  2. Stein- und Erdhügel, als Gräber, die nicht natürlich entstanden sein können (Vorsicht: Lesehaufen) 
  3. jedwede Bodendeformation, die nicht aus der Neuzeit stammen kann, wie Wälle, Terrassen, künstlich versteilte Abhänge, Geländekanten und Dämme 
  4. abgeflachte Bergkuppen, mit rundum künstlich versteilten Abhängen und potentiellen Hausgruben als Siedlungsverdachtsplätze (Vorsicht: Altbergbau!)
  5. Bergsporne, die nur durch Konzentrationen von handgroßen Steinen mit Gebrauchsspuren auffallen, manchmal Fremdsteine (Schliff, Löcher, Bruchkanten, Ritzungen, Abschlagspuren, Unterlegsteine) 
  6. zivilisationsferne Trockenmauern (Vorsicht: Mittelterliche Wüstungen)
  7. Alte Flurnamen (Alteuropäisch und Indogermanisch)
  8. Hohlwege, Kammstraßen, mittelalterliche Alttrassen, an denen sich aber urzeitliche Funde aufreihen
  9. flächige Altsteinbrüche (kaum von mittelalterlichen Schürfungen zu unterscheiden)
  10. siedlungsferne Bergkirchen, als christliche Vereinnahmung ehemals heidnischer Plätze, insbesondere "Wall"-fahrtskirc 
Dolmen im spanischen Antquera
Um so mehr dieser Indizien zusammen kommen, um so sicherer der Befund.

Großsteinsetzungen
Fangen wir mit den Anlagen der Megalith-Bauern an, Menhiren und Steingräbern, wie sie vielleicht ab 2200 v. Chr. bei uns aufgestellt worden sind. Mehrere Tausend solcher Anlagen soll es in Deutschland geben. Im norddeutschen Flachland gehören sie als Dolmen zur Landschaftskultur. Sie sind jünger und vielleicht etwas kleiner als ihre Vorbilder in Spanien, Portugal, der Bretagne oder England – die Lebenskultur die sie repräsentieren, aber war identisch. Viele der Steinensemble wurden von Kommunen und Heimatforschern hergerichtet und auch betreut.
Dolmensteine im Thüringischen Veßra
In Niedersachsen kam sogar eine „Straße der Megalithkultur“ zustande, auf "grosssteingraeber.de" wird jedes einzelne besprochen und die Cairn-Forschungsgesellschaft untersucht die Monumentalbauten aus dieser Zeit vorwiegend in Süddeutschland. Dabei dürfte es dort, nach der offiziellen Lesart, gar keine Großsteinanlagen geben. Tausende dieser Konstruktionen aber sprechen eben da eine andere Sprache.
Auch in meine Heimat Thüringen sind die Megalithiker aus dem Westen gekommen und setzten sich z. B. mit dem Menhier „Wetzstein“ in Buttelstedt bei Weimar ein ewiges Denkmal. Wie dort scheinen die meisten Steinstelen als Wegweiser gedient zu haben, denn er liegt zwischen den jungsteinzeitlichen Siedlungen um Weimar und dem alten Höhenweg, der später als Via Regia durch Deutschland führt.
Die Zwölf Apostel bei Langenbach
Die „Zwölf Apostel“ bei Langenbach an der Thüringisch-Bayerischen Landesgrenze weisen als 2 Steinreihen direkt zum Pass über den Thüringer Wald als die kürzeste gangbare Verbindung von Main und Saale. Wer sich dort auskennt, wird weitere solche Wummis im umliegenden Wald finden. Natürlich kann der nicht seltene Name „Zwölf Apostel“ erst aus christlicher Zeit stammen, als gegen 800 vielleicht die neue Religion heidnische Symbolplätze vereinnahmte. Auch in Suhl zeigen an der Schmückestraße mehrere solcher großen Steine den kürzesten Weg zum Rennsteig. Ihre Errichtung wird von der zuständigen Stadtverwaltung um die Zeitenwende angesiedelt, nicht wissend, dass zu dieser Zeit niemand mehr Hinkelsteine bewegt hat. Das sind aber nur die bekannten Steinsetzungen. Dazu kommen an den Pässen der Kammwege alle paar Kilometer vergessene Menhire, die niemand als solche wahrnimmt.
Hahnberg: Erkennen Sie Haare, 
Gesicht und Körper?
Auf dem Hahnberg in der Röhn stehen (oder liegen inzwischen) an jeder Wegekreuzung welche rum. Einer sieht aus, als hätten die Altvorderen ein Gesicht und eine Landkarte eingraviert. Sie teilen ihr Los mit den meisten Großsteingräbern in den deutschen Mittelgebirgen, wie sie beispielsweise um die Geba herum zu finden sind. Natürlich zeigen sich die meisten längst geplündert und aus dem "Acker herausgezogen", also versetzt. Die liegen dann konzentriert an den Feldrainen herum, wie bei Stepfertshausen oder Leutersdorf. Trotzdem ähneln sie bzgl. Steinezahl, Schliff und der notwendigen "Deckplatte" den allseits bekannten Dolmen an Atlantik und Nordmeer und könnten ab 2200 v. Chr. bei uns aufgestellt worden sein.

Symmetrische Erd- und Steinhügel
Auch unbekannte Grabhügel aller Couleur finden sich mehr als gedacht! Sie sind, ohne zu graben, der sicherste Hinweis für alte Siedlungen im Umfeld. Aufwendige Untersuchungen wie am hessischen Glauberg oder am Mittelberg bei Nebra bleiben ja eher die Ausnahme. Dabei stehen alleine in Südthüringen ein halbes Dutzend großer künstlicher Aufschüttungen herum, die von Heimatforschern als unberührte megalithische Grabhügel interpretiert werden: Beispielsweise der Hexenhügel bei Gleicherwiesen, der Spitzberg bei Waldfisch oder der Oelberg über Seeba. Daneben gibt es tausende kleine Steinhügelgräber. Jeder Mensch kann sie von den "ungeordneten" sog. Lesehaufen der neuzeitlichen Bauern unterscheiden.
Was mag dieser künstliche Hügel südlich von Suhl bergen?
Im Kleinen Thüringer Wald, wo auch jene o.g. geplünderten "Flachsteinkisten" liegen, kreisen sie die dazugehörigen prähistorischen Bergsiedlungen regelrecht ein, wie den Ehrenberg oder den Kirchberg. Schon damals wird die Vorliebe für Bergsporne deutlich, die von drei Seiten her zu verteidigen waren - am Anschluss zum Bergmassiv finden sich bereits stark verwitterte Steinwälle. Die Hügel sind übersät mit Gebrauchssteinen, was sich beim Vergleich mit natürlichen Bruchsteinen daneben erschließt. Tiefbau, entwurzelte Bäume und Tiergrabungen lassen uns oft weit ins Erdreich blicken. Besonders an den Quellabläufen dort findet man häufig unnatürlich schafkantige Fremdsteine, für die Bearbeitung von Tierhäuten vielleicht.
Grabbeigaben der Aunjetitzer Kultur
Bodendeformationen
Auch die Nachfolger der Megalithkultur, die atlantischen Glockenbecher-Leute, sind hierzulande allgegenwärtig. Sie sollen ja zwischen 2600 und 1800 v. Chr. ebenfalls aus Spanien gekommen sein, vielleicht das Kupfer mitgebracht haben und bei uns auf die Schnurkeramiker getroffen sein. Die wiederum scheinen nicht nur Pferd und Wagen, sondern vor allem die Indogermanische Sprache aus den Steppen im Osten eingeführt zu haben. Indizien für Auseinandersetzungen zwischen den beiden aggressiven Kulturen wurden bisher - merkwürdigerweise - nicht gefunden. Die Mischkultur, die bei uns entstand, wurde als Aunjetitzer-Kultur klassifiziert. Sie verwendete Töpfe, Dolche, Armschutzplatten und Beerdigungsriten, die denen in Südspanien bis aufs I-Tüpfelchen gleichen.
Armschutz beim Bogenschießen
Das wird z.B. durch das Fürstengrab von Leubingen belegt, durch das reich ausgestattete Grab von Apfelstädt im Landkreis Gotha, oder durch ganz aktuelle Ausgrabungen in Harras. Das winzige Dörfchen an einer Werrafurt soll seit  6.000 Jahren kontinuierlich besiedelt gewesen sein. Auch die Himmelscheibe von Nebra verdanken wir den Aunjetitzern, die die Trophäe mit Metall aus ganz Europa zusammengeschmiedet hatten. Jetzt - mit Bronzewerkzeugen - ließ sich der Boden viel leichter bearbeiten. Die Abhänge der Bergnasen scheinen nun künstlich versteilt worden zu sein, vielleicht gab es erste Terrassen. So sollen, wie am Solberg bei Auleben nachgewiesen, wegen der jahrhundertelangen Überbeanspruchung des Bodens, die heutigen Magerrasenabhänge unterhalb der jeweiligen Siedlungen entstanden sein.
Typische Bronzezeitliche Siedlung: Alteburg über Arnstadt
Die Oberflächen der Höhen wurden eingeebnet, oft lässt sich nach den Steinkonzentration und mutmaßlichen Hausgruben sogar die Weilerbauweise erschließen. Dort wurde dann bis heute nie geackert, Wald konnte sich später breit machen. Frei nach dem Prinzip: Der beste Boden für die Bearbeitung, der schlechte für die Häuser. Bekannte Beispiele wieder südlich des Rennsteigs wären Milseburg, Staffelberg, Walberla. Genauso aber präsentieren sich vergessene Zeugen, wie die Kleine Geba bei Herpf, die Alte Wart über Gumpelstadt, der Wünschberg bei Oberkatz, die Disburg bei Wohlmuthhausen, die Alte Wart neben Erbenhausen, der Schwedenwall Leubach, und an die 300 weitere. Alle wurden nie archäologisch untersucht. Alle aber sind mit Grabhügeln umgeben, dem sichtbaren Beleg einer Siedlung. Doch dieser mittelbronzezeitliche Lebensstil änderte sich schlagartig.
War ein Tsunami vom Atlantik aus über Europa hinweggefegt?
Bergsiedlungen
Denn ab etwa 1.200 v. Chr. überflutete, scheinbar unmotiviert, die Urnenfelder-Kultur mit ihrer revolutionierenden Begräbnistradition Mitteleuropa! Nun sind die Bestattungsplätze nicht mehr so leicht zu identifizieren. Die Einäscherung soll im Karpatenbecken entstanden sein, als neue "religiöse" Strömung. Über die Ursachen wird nur gemutmaßt. Vereinzelte Wissenschaftler erklären die Umwälzungen wieder mit der determinierten Folge eines tektonischen, klimatischen und gesellschaftlichen Kollapses: Demnach könnte eine verhängnisvolle Verkettung von Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Tsunamis, die Menschen weg von Küsten und Flussauen in höheres Gelände getrieben haben. Der atmosphärische Winter im Norden und Westen, mit Klimazusammenbruch und lang anhaltender Agrar- und Subsistenzkrise zwang sie weiter über die Berge Mitteleuropas ins Donaubecken. Vom Schwarzen Meer her scheint es jedenfalls keine Flutwelle gegeben zu haben. In der Begegnung mit den östlichen Steppenvölkern konnte sich der neue Bestattungsbrauch entwickeln: Ihre Toten wurden nun verbrannt und in Urnen unter der Erde gebracht. Vielleicht entwickelte sich der neue Brauch aus der Leichenverbrennung nach Epidemien oder einfach wegen dem geringeren Aufwand. Langsam konnten nun die zerstörten Gebiete "zurück erobert" werden. Das jedenfalls assoziieren die Grenzen der späteren Ausbreitung jener Kultur (Siehe Post 6. "Die Katastrophenzeit 1200 v. Chr."). Die Archäologie konstatiert immerhin noch das massenhafte Anlegen von befestigten Höhensiedlungen in jener Zeit, die Einführung neuer Waffen und das permanente Vergraben von Schätzen (Hortniederlegungen). In Mitteleuropa traten die Urnenfelderleute jedenfalls als kriegerische Okkupanten auf. Dafür sprechen jene Befestigungen, unabhängig davon ob sie von den Angreifern oder Unterworfenen gebaut wurden. Alleine zwischen Main und Rennsteig habe ich 186 solcher unbekannten Wohnburgen gezählt. Der größte Teil von ihnen scheint aus Vorgängersiedlungen hervor gegangen zu sein.

Große Geländestufen, Wälle
Feldterrassen und Siedlungsverdachtsplätze
treten immer gemeinsam auf
Hauptmerkmal könnten die aufwendigen großen Ackerterrassen sein, die man wahrscheinlich gegen Bodenerosion angelegt hat. Ich bin jedenfalls noch auf keinen terrassierten Hügel in Europa gestiegen, wo oben keine Spuren unserer frühesten Vorfahren zu finden waren (Siehe Terrassen in diesem Blog). Das könnte mit dem Dauerregen erklärt werden, wie er in Folge vulkanstaubverseuchter Stratosphäre auftreten soll. In Südthüringen zum Beispiel: Große Geba über Bettenhausen, Eulsberg über Dietzhausen, Lautenberg und Heiliger Berg über Suhl etc. Manchmal scheinen sie neu angelegt worden zu sein, oft vereinnahmte man auch einfach die vorhandenen Bronzesiedlungen, wie Gleichberge, Dolmar, Umpfen, Öchsen - in der Rhön war es gefühlt jeder zweite Berg. Mit der Zeit kamen die mächtigen Fachwerkschanzen dazu, die heute als sichtbare Stein- und Erdwälle übrig geblieben sind. Manche Forscher glauben, dass es damals nie größere Wanderbewegungen in Europa gegeben habe. Als wenn überschwemmte Küsten und Flussniederungen ein Trauma bei den Neusiedlern ausgelöst und sie auf die Höhen getrieben hätte. Denn die nachgewiesene Subsistenzkriese während der Katastrophenzeit hätte eigentlich eine Siedlungstätigkeit in den landwirtschaftlich effektiveren Flussauen nahe legen müssen. Doch die sollen - archäologisch belegt - vollkommen leer gewesen sein. Bei der Suche nach urnenfelderzeitlichen Relikten kann man also alle Niederungen vergessen, deren Einzugsgebiete vom Atlantik her in die europäischen Mittelgebirge "einlaufen", wie Rhein, Elbe, Weser, Loire oder Seine. Nicht aber die der Donau, denn die fließt ins Schwarze Meer und von dort scheinen um 1200 v. Chr. keinen Tsunamis ausgegangen zu sein. So konnte die Gegend auch zum Ausgangspunkt von Urnenfelder-, Hallstatt- und Latènekultur werden.

Trockenmauern
Modell Manching als größtes bekanntes Oppidum
Die meisten der befestigten Berge scheinen übrigens bald wieder verlassen worden zu sein. Andere entwickelten sich während der sog. Hallstattzeit: Die Ehrenbürg bei Forchheim, der Staffelstein am Obermain, die Gleichberge in Südthüringen, die Milseburg in der Rhön, die riesige kreisrunde Stadt bei Manching - sie alle sind als Großsiedlungen mit Tausenden Einwohnern belegt. Der Höhepunkt dieser Bebauungswelle soll in der folgenden Laténezeit gelegen haben. Ihre Träger werden jetzt als Kelten bezeichnet, aber nur, weil sich die schriftbegabten Römer sich ihrer annahmen. Die Kelten kamen aber nicht "irgendwo her" sondern hatten sich kontinuierlich aus den Einheimischen durch Innovation, Krieg und Handel entwickelt. Bisher scheinen die Menschen die Artefakte ihrer Vorgänger immer schön recycelt zu haben, weshalb da nicht mehr viel gefunden werden kann. Die Kelten hinterließen dann schon wesentlich mehr "Wohlstandsmüll". Als deren Kriegerelite noch vor der Zeitenwende Mitteldeutschland wieder Richtung Süden verließ (Siehe 7. Post "Die Rückwanderung"), übernahmen die nachrückenden Germanen nur selten deren umwallten Bergsiedlungen. Warum auch, es wurde ja immer trockener im Tal! Feinde scheint es kaum noch gegeben zu haben und später lockte das Römische Reich. So können die Archäologen heute auf den großen Oppidas durchweg "unverfälschte" Beute einfahren.
Kaltphasen erzeugten immer Südwanderungen
Die kleineren Bergsiedlungen der keltischen Vorfahren vom Atlanik allerdings, die wahrscheinlich nur zwei, drei Jahrhunderte existiert haben, kennt kaum jemand. Ihre Befestigungen hinterließen nur wenige Spuren. Trotzdem können auch sie ausfindig gemacht werden. Auf dem Muppberg über Neustadt bei Coburg sieht man fast nichts - und trotzdem klassifizierten gewiefte Heimatforscher den Berg seit Jahrzehnten als frühzeitliche befestigte Siedlung. Erst jüngst wurde das von Archäologen durch Grabungen auch nachgewiesen. Und von der Sorte gibt es Hunderte! Rund um das Südthüringische Grabfeld und in der so genannten Kuppenrhön z.B. scheinen die Altvorderen damals jeden nur halbwegs brauchbaren Berg genutzt zu haben. Übrigens wie vordem auch, meist entlang der bronzezeitlichen Höhenwege. Zufallsfunde, Flurnamen und entsprechende Geländestrukturen lassen Muster entstehen. Wir kennen sie schon: Ein mindestens an drei Seiten stark abfallender Bergsporn, künstlich abgeflacht, mit rundherum führendem Geländeabsatz der ehemaligen Palisaden, manchmal sogar nur ein Ring loser Steine als Fundament.
Typische Wallsiedlung auf einem Höhenrücken
Dazu kommen herumliegende bemooste Bruchsteine, z.B. zum Unterlegen für die Hauspfosten. Seltener erkennt man auch noch Reste von einem Wall oder Graben, mit dem das Dorf gegen den restlichen Höhenrücken abgegrenzt worden war, wie nachgewiesen auf dem Johannisberg über Jena oder dem Queienberg im Grabfeld. Von den Wällen an der Kleinen Geba über Herpf oder den megalithischen Steinsetzungen um das Domberg-Plateau über Suhl scheint niemand etwas zu wissen. Dabei könnten bei Letzterem die großen Steine eines Walls bei den Planierungsarbeiten für den Bismarkturm im 19. Jhd. in die Tiefe gerollt worden sein. Noch heute bilden sie einen regelrechten Kranz um das Plateau. Nach Nordwesten gibt es quer über den Zufahrtsweg einen Wall- oder Grabenabsatz und am südöstlichen Abhang liegt ein prähistorisches Amphitheater mit astronomischem Kalenderstein, die so genannte Ehwed. Eine genaue Datierung der Anlage kann wegen fehlender Grabungen natürlich nicht vorgenommen werden. Die Behörden vor Ort wollen sie in die NS-Zeit datieren, obwohl Zeitzeugen darüber nichts wissen. Wen interessiert, wie es da oben gegen 2000 v. Chr. ausgesehen haben könnte, geht auf den benachbarten Dürrenberg: ein Felsplateau, 5 künstliche Abrieglungen des Bergsporns, 2 mutmaßliche Kultfelsen, die Flur "Tote Männer" als Körpergräber, Acker und Weidefläche, natürlich viele Quellen.
Vergleicht man nun solche Merkmale, ergibt sich eine mögliche Korrelation zwischen den Siedlungsorten und mutmaßlichen Katastrophenzeiten.
Die Gleichberge in Südthüringen: Seit der Jungsteinzeit besiedelt

  • 3900 v. Chr (bodenbearbeitende Jungsteinzeit).: unbefestigte Hanglagen mit inzwischen zerstörten Großsteingräbern (Dolmen von Degernau) und extremen handgroßen Nutzsteinkonzentrationen, die künstliche Verarbeitungsspuren aufweisen (Altenbanz, Siegritz, Sachsenbrunn). 
    Alteburg südlich von Arnstadt: Von den 
    ersten Bauern bis zur späten Bronzezeit
  • 2200 v. Chr. (beginnende Bronzezeit): Höhenrücken ohne heute sichtbare Spuren von Befestigungen, bei langer Besiedlung auch Magerrasenabhänge durch Überweidung. Ab jetzt finden sich auch Altsteinbrüche (schwer vom Mittelalter zu unterscheiden), oft Steinhaufengräber, manchmal Lesefunde aus Kupfer oder Bronze. 
  • 1600 v. Chr. (entwickelte Bronze): Berge oder Bergnasen mit leichten Befestigungen, wie Abschnittswälle oder künstlich versteilten Abhängen, sog. Schanzen (Alteburg südlich von Arnstadt). In dieser Zeit könnten die großflächigen, aber nicht hohen Terrassenfelder entstanden sein, die konsequent den Höhenlinien folgen. Dabei scheinen nicht nur die Weiler, sondern auch die Felder innerhalb der Befestigungsabsätze gelegen zu haben. Die Anlagen werden regelhaft von bronzezeitlichen Hügelgräbern begleitet, die manchmal auf Körperbestattungen hinweisen, wie die späteren Flurnamen Galgenberg oder Richtstätte assoziieren.
  • 1200 v. Chr.: Berge oder Bergnasen mit starken Steinwällen und hohen, oft exakt parallelen Terrassenfeldern (Ipf über Bopfingen).
    Der Ipf bei Bopfingen: Funde erst seit der Katastrophenzeit
    um 1200 v. Chr.
    Ihre Gräber sind nun der Urnenfelderkultur verpflichtet, frühe Eisenfunde.
Während die ab 50 v. Chr. über den Thüringer Wald nachrückenden Germanen die Höhenbefestigungen mieden, griffen die expandierenden Franken die alte Tradition gegen 500 jetzt unserer Zeit wieder auf. Viele mittelalterliche Burgen und Ruinen stehen heute auf ehemaligen Wallanlagen. Unter der Veste Heldburg fand man Siedlungsschichten selbst noch aus der Hallstadtzeit, als die ersten Eisenschmiede auftraten. Ebenso auf der alten Henneburg oder der Coburg! Übrigens beide an bedeutenden Altstraßen von Süden herauf über den Thüringer Wald (Siehe "Urwege durch Franken" im Blog "Fränkisches Thüringen").

Flurnamen

 

Wichtige Indizien dafür sind aber nicht nur die Wasserquelle hoch oben am Berg, potentielle Flächen für Landwirtschaft und die sichernde Fernsicht. Auch bronzezeitliche Hügelgräber oder Urnengräberfelder lassen immer auf Altsiedlungen in der Nachbarschaft schließen.
Die erste nachgewiesene befestigte Siedlung Europas
stand im südspanischen Los Millares vor 5000 Jahren
Schon erwähnte Flurnamen wie Galgenhügel, Tote Männer oder Richtstätte müssen von den ersten Germanen stammen, die sich die Skelette unter den ehemaligen Grabhügeln nicht anders erklären konnten. Der "Aschenberg" dürfte demnach einen Urnengräberfeld verbergen. Das trifft auch auf markante Höhlen, Felsen oder andere geologische Besonderheiten als Kultplätze zu. Für sie findet man Wortverbindungen mit Heiligen-, Hain-, Ehren-, Lohe-, Oel-, Weiß-, Haag-, Kirch-, Pfaffen- etc. Zwischen Siedlung und Kultstelle sollte man nach einer Art Prozessionsweg suchen, wie vom "Vieretsknock" über Hallstadt bei Bamberg zum Kreuzberg (natürlich christlich überbaut). So entpuppt sich mancher bisher unscheinbare Hügel als Siedlungsplatz der Altvorderen, wie die Wart südlich von Bettenhausen, der Wünschberg bei Oberkatz, der Questenberg über Schmalkalden, die Alte Wart über Gumpelstadt, der Herzberg nördlich von Waldfisch oder der Steinshaug neben Themar usw. usf. Auch wenn einige dieser befestigte Plätze (z. B. mit Namen wie Wart- oder Wacht-) aus dem Mittelalter stammen müssen, ihre Lage offenbart sie uns immer als strategische Anlagen entlang der Urwege. Deutlicher wird es mit Grundwörtern für befestigte Siedlungen wie Burg-, Stein-, Wall-, Heiden-, Herren-, Platte-, oder. Rot-. Die Etymologen leiten sogar Berg von Burg her.
Die Ausbreitung der "Großsteinsetzer" ab 3900 v. Chr. von 
Südspanien aus ist bekannt. Niemand aber spricht von der 
Expansion der "Kleinsteinsetzer" über die 
Schweiz nach Mitteleuropa.

Manchmal müssen ganze Höhenzüge okkupiert gewesen sein, wie das Geba-Massiv, die Höhe von Dreißigacker, der Kleine Thüringer Wald oder die Hochflächen zwischen Werra und Jüchse, sowie zwischen Schwarza und Lauter. Mehrere befestigte Siedlungen zogen sich dann wie ein Ring um solche Plateaus. Auf der Hochfläche von Burg bei Freiburg im Breisgau ist ein solches System sogar archäologisch belegt.
So können die Relikte unserer Vorfahren letztlich auch vom Schreibtisch aus verfolgt werden: Jede topografische Karte gibt unzählige Hinweise auf ihre Wege und Plätze. Verdächtig sind besonders alte Eigennamen, die kaum unserer germanischen Sprache zugeordnet werden können. Auch jeder Herrenberg, Rittersteig, Königshügel oder Wallplatz war genau das, was er besagt. Jede Vorsilbe "Alt-" bezeichnet einen Ort, der auch schon im Frühmittelalter "alt " gewesen sein muss. Tausende Flurnamen, die mit einer "Rodung" zu tun haben (Roter Berg, Roder Haag etc.), könnten schon vom Bewuchs befreit gewesen sein, als die ersten Germanen kamen.
Die Invasion der Glockenbecherkultur um 2600 v. Chr.
aus Iberien heraus ist bekannt. Doch wo sind ihre Siedlungen? 
Denn warum sollte ein spezieller Name für eine damals normale Tätigkeit vergeben werden? Fast jede Bergkapelle im Wald kann als prähistorischer Kultplatz identifiziert werden, da die Christen auf Weisung des Papstes damals gerne heidnische Symbolplätze vereinnahmten. In Süddeutschland oder im Eichsfeld getraut man sich solche Orte gar nicht aufzuzählen, so viele sind es. Andere wichtige Plätze wiederum wurden mit einem Fluch belegt, wie der Hexenhügel im Grabfeld oder der Teufelsstein auf dem Feldberg. Man darf die prähistorischen Wallsiedlungen übrigens nicht mit den verfallenen Burgen aus dem Frühmittelalter verwechseln. Gerade südlich des Thüringer Waldes hatten die Franken bei ihrer planmäßigen Ostexpansion um 700 herum jede Menge Sicherungsburgen an wichtigen Straßen und Flussübergängen angelegt. Aus manchen entstanden z. B. die "-hausen" und "-heim"-Orte, andere verfielen später wieder, wie die Karolingischen Wallanlagen bei Bibra, Tachbach, Lengfeld oder am Hang der Gleichberge. Dass sie aufgegeben wurden, hängt wahrscheinlich mit den veränderten Straßenführungen zusammen. Und: Die hier aufgeführten Beispiele für Bestimmungs- oder Grundwörter findet man an allen Urwegen im gesamten deutschsprachigen Raum.
Netzwerk Kammwege

Hohlwege, Kammwege
Die Täler und Ebenen eignen sich für die Theoretische Archäologie kaum: Überbleibsel sind hier überbaut, unterpflügt, weggeschwemmt. Oben aber wird es interessant. Archäologische Funde belegen, dass bis zum Ende der Antike die Fernwege in Mitteleuropa entlang der wasserscheidenden Mittelgebirgskämme verliefen. Die mussten gesichert und versorgt werden. So reihen sich die meisten befestigten Höhensiedlungen nach der 20-Kilometer-Regel an ihnen auf. Die bronzezeitlichen Gräber drum rum zeigen uns, seit wann man hier mindestens zugange war. Noch heute bezeichnet man diese Kammwege als Hohe Straßen, Rennwege, Rainstiege, Hohe Leite etc. Hohlwege zeigen und die Stellen, wo es rauf und runter ging. Flussüberquerungen gab es nur im äußersten Notfall. Die Flurnamen entlang solcher Urwege heißen dann Hardt-, -leite, Steiger, Trift, Graben, -hohle, Straß-, -furt. Manchmal ziehen sich solche Stränge über mehrere Höhenzüge hinweg. Sie tragen dann Namen wie Salz-, Wein- (vom indogermanischen Way), Kupfer- oder Heerstraße. Wie ein Netz überziehen sie auf den Mittelgebirgskämmen unseren Kontinent (Siehe Post: Die Europäische Hauptwasserscheide). In verschiedenen Quellen werden für die Wasserscheidenführung Effektivitäts-, Witterungs- und Sicherheitsgründe genannt. Das erschließt sich bei durchgängig versumpften Tälern, was eine Bestätigung der in diesem Block vertretenden Katastrophentheorie darstellen könnte: Als mit der natürlichen Austrocknung und der siedlungsbedingten Melioration dann die Altstraßen ab etwa 500 v. Chr. Schritt für Schritt ins Tal verlegt werden konnten, entfiel die Funktion der an ihnen aufgereihten Sicherungsburgen.
Bronzezeitliche Gräber entlang der Via 
Claudia zeigen ihren vorrömischen 
Ursprung
Ein Schicksal, das auch die vielen Dörfer mit „Vorspanndiensten“ traf, deren Zugtiere nicht mehr benötigt wurden. Sie "fielen wüst"! Trotzdem blieb auf manchen Wasserscheiden die Wegführung sinnvoll, wie auf dem Eselsweg im Spessart oder dem Rennweg in den Hassbergen nachgewiesen. Denn genau wie die günstig gelegenen Burgen immer wieder überbaut wurden, befuhr man auch die effektiven Strecken weiter. So entstanden über die Jahrhunderte mancherorts ganze "Hohlwegbündel" an den Abhängen. Denn wenn die eine Spur nicht mehr passierbar war, fuhr man eben daneben eine neue ein. Die Historiker sind sich einig, dass die meisten der noch vorhandenen Hohlwege aus dem  "verkehrsreichen" Mittelalter stammen sollten. Sie scheinen hauptsächlich durch den Bremsbalken vor den Rädern der alten Leiterwagen entstanden zu sein.
Natürlich entwickelten sich ihre Namen erst im Mittelalter, aber es muss sich um Pfade handeln, die schon in schriftloser Zeit genutzt worden waren. Immer erkennbar an den aufgereihten Gräbern und Funden. Da gibt es Hohlwege, die ausschließlich als Verbinder zwischen keltischen Wallanlagen interpretiert werden können, wie zwischen den Gleichbergen und den latenezeitlichen Befestigungen um Coburg herum. Da müssen viele dieser Wegkerben vor das Mittelalter datiert werden, weil sie mit entsprechenden Relikten aus dieser Zeit "überbaut" worden waren: So die Hohlen zwischen Hildburghausen und Wiedersbach, von der späteren Landwehr, am Suhler Albrechtser Berg durch den mittelalterlichen Bergbau oder hinter Schleusingen, wo Henneberger Grenzsteine in die Mitte der Hohlwege gesetzt wurden.
Hohlwegebündel
Man kann auch einfach auf einer Karte bekannte prähistorische Fixpunkte über Höhenrücken miteinander verbinden. Die Hohlwege auf dieser Route können getrost älteren Zeiten zugerechnet werden. Z.B: zwischen der Steinsburg und dem Dolmar sowie auch von beiden zur Geba hin. Denn im Mittelalter gab es auf diesen Trassen schon nichts mehr zu "verhandeln" (Ausnahmen Bergbau!).
Der heutige Keltenerlebnisweg in Franken ist ein gutes Beispiel für solche eine "frühzeitliche Langstreckenverbindung": Die eigentlich nur fürs Tourismus-Marketing geplante Strecke von Bad Windsheim nach Meiningen mit eine paar Kelten-Highlights offenbart sich nämlich als prähistorischer Urweg par excellence:
Der Rennsteig im Thüringer Wald als beispielhafter Urweg
Er heißt partiell "Rennweg", führte über den Steigerwald, die Hassberge, die Werra-Vorberge und schließlich über den Thüringer Wald. Entlang dieser Strecke gibt es aber viel mehr zu sehen, als die Fremdenverkehrsprospekte versprechen. Alle 20 Kilometer wieder, dem Tagespensum eines Ochsenfuhrwerkes, liegt eine vorzeitliche Wallanlage oder ein anderer exponierter Ort mit Prähistoriengarantie. Frühmittelalterliche Burgen finden sich wenige, was die zeitliche Nutzung der Urstraße verrät. In der Verlängerung führt sie über die Schwäbische Alb und das Ries zum Anschluss der Via Claudia Augusta bei Donauwörth über Augsburg, die Alpen und letztlich bis Rom. Im Norden zieht die Keltentrasse als Weinstraße bis Arnstadt, um dort an die so genannte Kupferstraße bis Skandinavien anzuschließen. Das kann man auf 3-D-Luftbildern wie Google Earth fast bis auf den Meter genau nachverfolgen! Übrigens muss weiter östlich eine zweite spektakuläre frühzeitliche Route vom keltischen Oppidum Manching in Richtung Thüringer Mittelgebirge geführt haben: entlang der fränkischen Alb mit Ehrenbürg, Staffelstein und Bleßberg (Siehe Blog Fränkisches Thüringen und dort den Post "Prähistorische Urwege durch Franken").
Die Europäische Hauptwasserscheide als möglicher
Einfallsweg der Voriberer nach Mitteleuropa
Auf dieser Strecke sind ausschließlich früheisenzeitliche Wallanlagen am Weg aufgereiht. Er scheint also schon mit der Südwanderung der Kelten noch vor der Zeitenwende aufgegeben worden zu sein. Einen mittelalterlichen Namen kann er also nicht tragen. Ein weiterer namenloser Höhenfernweg zeichnet sich vom Ärmelkanal an der Nordsee bis an die Donau ab, über die gesamte Bergkette mit Teutoburger Wald, Wiehengebirge, Hessisches Bergland, Thüringer Wald, Schiefergebirge, Frankenwald, Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald und Bayerischer Wald nach Krems und sicher bis Wien. Nur bestimmte Abschnitte sind durch mittelalterliche Namen belegt, wie Herrmannsweg, Eggeweg, Barbarossaweg. Wer diese Strecke aber beispielsweise mit dem Rad abfährt, kann mit dieser Anleitung hier so manche Überraschung erleben (Siehe Blog wieder Fränkisches Thüringen: "Wie das Zinn von Britannien in der Bronzezeit nach Mitteleuropa kam").
Erst Fachwerkmauer, dann verfallener Wall,
 zuletzt Altsteinbruch
Altsteinbrüche
So können auch heutige Bodeneingriffe zu Indikatoren prähistorischer Relikte werden. Einen deutlichen Hinweis auf befestigte Siedlungen liefern uns z. B. Steinbrüche jedweder Zeitstellung, selbst heutige, mit großindustriellem Abbau. Die Steinsburg bei Römhild ist durch den Basaltabbau so entstellt, dass man sich eine Ringwallanlage kaum mehr vorstellen kann. Auf dem gegenüberliegenden Bernberg scheint die gesamte ehemalige Akropolis weggesprengt worden sein, wenn da nicht Gräben und Wälle im Wald hinter dem Steinbruch von einer glorreichen Zeit künden würden. Es ist ja auch logisch: Als die Menschen im ersten Jahrtausend begannen Steinhäuser zu bauen, holten sie ihr Baumaterial dort, wo es lose herumlag - auf den vorzeitlichen Wallanlagen. Als die verbraucht waren, "knapperten" sie den darunterliegenden Fels an. Auf dem Dietrichsberg gegenüber dem Oppidum Öchsen wurde durch Sprengarbeiten der ehemalige Ringwall angeschnitten und könnte eigentlich als Lehrstück für Archäologiestudenten dienen. Doch kein Mensch interessiert sich dafür. Wer aber mit den an den bekannten Oppida gesammelten Erfahrungen die Steinbrüche seiner Heimat untersucht, wird weitere potentielle Altschanzen finden. Südlich des Thüringer Waldes sind das z. B.: die Steinbrüche nördlich von Haina, westlich von Themar, nördlich von Exdorf, westlich von Lahm, nördlich von Kümmersreuth, östlich von Maroldsweisbach, wahrscheinlich auch nördlich von Mönchsröden und Wattendorf und auf dem Neidhardskopf der Geba. Weitere verrückte, aber logische Hinweise liefern die alten Aussichtstürme auf prinzipiell deformierten Kuppen, Gartenanlagen über alten Terrassen, Sportplätze auf Hügelkuppen, die vielen Berge mit Tiernamen (Ochsen, Kuh-, Roß- etc.), siedlungsferne Teiche und Rodungswiesen.

Nie wirklich untersucht: Die Schwellenburg nördlich von Erfurt: 
Trotzdem deuten Name, Schanzen, Terrassen, Kultfelsen, Quelle,
Gräber, Urweg, Steinbruch und Lesefunde auf eine befestigte 
Siedlung der Frühzeit hin.
Fazit:
Rein nach den Prinzipien der Theoretischen Archäologie lassen sich nicht nur viele vergessene Siedlungsplätze wieder entdecken, sondern auch daraus schlussfolgernd die damit verbundene Wanderungsgeschichte rekonstruieren. Die hier herangezogenen Beispiele besonders südlich des Thüringer Waldes zeigen archäologische Muster auf, wie ich sie überall in Europa von Spanien bis Tschechien gefunden habe. Dass diese vorrangig in Höhenlagen der Mittelgebirge auftauchen, scheint nicht nur etwas mit der dort oft fehlenden Überbauung zu tun zu haben, sondern auch mit möglichen Überflutungen der Niederungen während der o.g. Katastrophenzeiten und dem Schutzbedürfnis der Menschen beim Kampf um knappe Ressourcen. Besonders wenn mehrere Indizien zusammen kommen, kann man ziemlich sicher sein, auf den heiligen Pfaden unserer Gen-Spender zu lustwandeln.
Perchten und Herschekloaße als heidnische 
und damit frühzeitliche Traditionen
Die Menge der so identifizierten Altsiedlungen kann einen schon stutzig machen. Es würde nämlich bedeuten, dass es damals mehr Dörfer gegeben haben muss als heute, natürlich nicht mit deren Einwohnerzahlen. Vielleicht haben sich sogar einige Volksbräuche erhalten? Regional können Sagen und Märchen historische Auskunft geben. Doch die meisten Relikte tragen ihre Geheimnisse weiter mit sich herum. Natürlich könnte sich die Fachwelt über fehlende Nachweise hier mokieren. Aber da nur ein Bruchteil aller potentiellen Geländemarken wissenschaftlich untersucht wurden, bleiben eben nur der logische Schluss und das historische Muster. Die Masse der sich überall gleichenden Erscheinungen lässt eben Verallgemeinerung zu. Vielleicht können die daraus gewonnenen Erkenntnisse diesem oder jenem Heimatforscher weiterhelfen.
Heute völlig überwachsenes Potential: Altenstein
 über Bad Liebenstein
Abschließend noch ein Hinweis an all die Sondengänger und heimlichen Sammler da draußen: Immer schön an die „Schatzregale“ der Länder denken, die Gesetze zum Umgang mit archäologischem Kulturgut! Was man darüber denkt, ist eine andere Frage. Manche glauben, dass die Kriminalisierung der "Schatzgräber" hierzulande die Ursache dafür sind, dass verhältnismäßig viele Artefakte in dunklen Kanälen verschwinden. Aber die Wege der Altvorderen sollen ja auch noch nachvollzogen werden können, wenn sich unter den Skeptikern die Tatsache herumgesprochen hat, dass sie überhaupt losgezogen sind.