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Die Megalithik: Vorgänger der Glockenbecherkultur |
Ein neuer Zug aus Iberien heraus?
Vier Völkerwanderungen aus dem südwestlichen Zipfel Europas heraus wurden bereits vorgestellt: Ein Strang der Besiedlung durch den Homo Sapiens vor vielleicht 30.000 Jahren, der neue Schub für die Besiedlung des Kontinents am Ende der letzten Eiszeit vor 15.000, der Zug der neolithischen Bauern vor 9000 und den der Megalithkultur vor 6.000 Jahren (auch wenn da nur die Idee von den Großsteinanlagen gewandert sein kann). Die vorhergehenden Post haben versucht, das mit Impulsen von außen zu erklären, aus Afrika und über das Mittelmeer. Um 2.900 v. Chr. aber scheint eine neue Gruppe direkt von der Iberischen Halbinsel Richtung Zentraleuropa aufgebrochen zu sein: die Glockenbecher-Leute.
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Ein Glockenbecher-Reich? |
Sie beherrschen jedenfalls 400 Jahre später ganz Westeuropa, bis nach Slowenien und ins Karpatenbecken. Benannt wurden sie nach der markanten Form ihrer Trinkgefäße. Manche Archäologen glauben, daraus wurde das erste Bier getrunken. Weitere archäologische Leitformen sind der kupferne, später bronzene Zungengriffdolch und die steinerne Armschutzplatte, offiziell gegen Verletzungen durch die zurückschnellende Bogensehne. Ich vermute generell eine Vorform des Schutzschildes. Die nebenstehende Ausbreitungskarte wird verständlicher, wenn man weiß, dass Aquitanien damals noch unter Wasser stand und das französische Zentralmassiv mit den Nachwehen großer Vulkanausbrüche zu kämpfen hatte. Außerdem sind die Glockenbechergemeinden in der Poebene nicht eingezeichnet. Die neue Kultur benutzte gerne die Großsteingräber ihrer Vorgänger für Nachbestattungen ihrer Eliten. Sie legten aber auch selber Hügelgräber aus Bruchsteinen an. Otto Normalo kam in geschlechtsspezifischer Hockerhaltung mit kleinen Steinkisten unter die Erde. Diese Kultur, so namhafte Wissenschaftler, soll sich nach den Grabriten nahtlos aus den megalithischen Spätformen der ersten Bauern von La Almagra-, der älteren Lusitanian- und der Impresso-Kultur in Spanien und Portugal entwickelt haben. Andere Forscher, besonders deutsche, behaupten hingegen, die Bechertrinker seien zugewandert.
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Armschutz gegen die Bogensehne und Schwerthiebe |
Einige davon sehen den Ausgangspunkt in Afrika, andere entgegengesetzt in Ungarn. Fest steht nur, dass fast gleichzeitig mit den Bechern 2900 v. Chr. in Portugal und Südspanien die Kupferverarbeitung, neue Waffen und extrem befestigte Höhensiedlungen aufkamen. Innerhalb kürzester Zeit scheint sich eine Hochzivilisation entwickelt zu haben, in der eine Kriegerelite das Sagen hatte. Sie lebten in Stadtstaaten, starke Befestigungen waren Standard, gefüllte Kornkammern, florierendes Handwerk allerorts. Ihre Siedlungsplätze, Bestattungsareale und Bergbaugruben findet man größtenteils in Küstennähe. In einer davon, nahe Sevilla, wurde Bernstein von der Ostseeküste und Elfenbein aus Afrika gefunden.
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Los Millares vor 5.500 Jahren! |
Eine andere, Los Millares (3500-2300 v. Chr. bestand zwar schon vordem, wurde aber von den Becherleuten weiter benutzt. Von ihr sind Wohnareal und Gräberfeld gleichermaßen bekannt. Die befestigte Höhensiedlung liegt im Südosten Spaniens, einige Kilometer nördlich von Almeria am Zusammenfluss des Rambla de Huechar mit dem Rio Andarax. Es scheint als bewache sie dort einen Urweg in Landesinnere. Hier hatten sich bereits alle notwendigen Elemente eines effizienten Gemeinwesens herausgebildet, wie sie in den nächsten Jahrtausenden ganz Europa dominieren sollten: Eine bewehrter Bergrücken mit weiter Rundumsicht und integrierter Quelle; abgegrenzt und ebenfalls gesichert die Herrscherburg (Akropolis), dazu umliegendes Ackerland, Grabstätte und Kultplatz in Sichtweite. Bis zu 5.000 Leute sollen in den runden Lehmziegelhütten gewohnt haben, die sie mit zwei Meter dicken Mauern und Bastionen (Zinnen) aus lehmverschmierten Trockenbruchsteinmauern umgeben hatten. Wahrscheinlich zeigt die partielle Zerstörung der Außenmauer gegen 3025 v. Chr. den Einmarsch der Bechertrinker an. Solch ein hohes architektonisches Niveau kannte man bisher nur aus dem Nahen Osten und Griechenland. Auch andere Artefakte verweisen auf einen begrenzten aber permanenten Kontakt zu Alten Welt: Das eingravierte Augensymbol beispielsweise, das wie eine Sonne aussieht, Teller, die es eigentlich nur in Troja, Waffen, wie sie nur in Palästina und Grabarrangements, die es ausschließlich in Griechenland geben sollte. So etwas funktioniert nur mit dem Schiff! Hochseetaugliche Boote soll es seit 3500 v. Chr. geben. Einzelnen Forscher glauben sogar, die Bechertrinker seien aus dem Nahen Osten gekommen.
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Glockentopf: Erster Biergenuss? |
Die neuen Becher waren oft mit rätselhaften Symbolen verziert, die aber nicht als Schrift identifiziert werden können. Das ist wahrscheinlich der Hauptgrund, warum die alten Zivilisationen im Westen so um Anerkennung ringen müssen. Natürlich hatte das geschriebene Wort gegen 4000 v. Chr. Griechenland, Ägypten und Mesopotamien jede Menge Effizienz gebracht. Aber die Leute am Atlantik brauchten scheinbar keine Götzenabbildungen oder magische Zeichen. Und: der symbolisierte Laut ist nicht der einzige Indikator einer Hochkultur. Das zeigen besonders die Los-Millares-Artefakte aus über einhundert Kuppelgräbern, dem größten megalithischen Bestattungsplatz (Nekropole) Spaniens. Sie gossen Werkzeuge und Waffen aus Bronze, fertigten Schmuck und Gebrauchsgegenstände aus Elfenbein und Straußeneiern, bauten Oliven an und Wein. Die Archäologen, die die Stadt ausgegraben haben, bezeichnen sie als das westliche, weil zeitgleiche Troja. Spanische Historiker glorifizieren sie gar als das erste Staatengebilde Europas. Doch davon muss es auf der Iberischen Halbinsel noch mehr gegeben, wie Zambujal, Valencina de la Concepción (
Provinz Sevilla), Cabezo Juré (
Provinz Huelva),
Alcalar (
Algarve), Vila Nova de São Pedro (
Distrikt Lissabon) und
Leceia (in der Nähe der
Tejomündung). Und was lernen unsere Kinder in der Schule? Was machen uns die Hochglanz-Dokumentationen im History-TV weis? Hochkulturen gab es nur im Osten und im Westen war - nichts! Allenfalls ein paar wilde Barbaren. Dabei deutet einiges darauf hin, dass die Glockenbecherleute auch die erste zentral gesteuerte Invasion auf unserem Kontinent betrieben hat (Siehe Post: "... das erste westliche Großreich?"). Was Altgeschichtler aufheulen lassen dürfte, bringt diesen Blog erst richtig in Fahrt. Suchen wir nach Indizien:
Der archäologische, genetische und logische Ursprung
Die reine und unbeeinflusste Form der Glockenbecher findet sich erstmals um 2900 v. Chr. in Portugal. Dort scheinen sie um die Tajo-Mündung aus den s.g. Copoz-Bechern hervorgegangen zu sein, die wiederum aus Marokko inspiriert worden sein sollen. Das erinnert an die Mittelmeer-Afrika-Route aus dem Post: Woher die Westeuropäer kamen. Die Glockenbecher lösen die vorhergehenden Keramikstile überall und vollständig ab. In allen anderen später okkupierten Gegenden ihres Verbreitungsgebietes treten die Becher in ausgereifter und etablierter Form ohne Vorbilder auf. Das ganze passierte relativ plötzlich und soll um 2500 v. Chr. plus-minus von vielleicht 50 Jahren abgeschlossen gewesen sein.
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Die Zangenbewegung der Glockenbecherleute |
Die Expansion scheint sich maritim als auch landgestützt vollzogen zu haben: entlang der Atlantikküste, Bretagne, Irland, England, die Niederlande, Norddeutschland und Skandinavien. Das hölzerne Stonehenge wird durch das steinerne ersetzt, die einheimische Population verschwindet. Aber auch alle Inseln im westlichen Mittelmeer, Italien und Südfrankreich scheinen von der See her überrannt worden zu sein. Nicht lange danach waren Südfrankreich, die Schweiz, Norditalien und Ungarn an der Reihe. Österreich, Süddeutschland und Benelux folgten anschließend. Der Vorstoß muss dabei nicht nur entlang der Küsten und Flusstäler betrieben worden sein, sondern auch auf den Höhenwegen der Wasserscheiden. An ihnen reihten sich, wie bei einer Perlenkette, befestigten Spornsiedlungen auf, von Gibraltar bis fast in die Ukraine. Eine unscharfe Grenze der größten Glockenbecher-Ausdehnung zieht sich von der Ostsee bis zur Adria. Griechenland, Anatolien und der Balkan sollen hingegen becherfrei geblieben sein.
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Ankunftszeiten der Glockenbecherkultur |
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Becherinvasion kaum zu Veränderungen der alteingesessenen Bräuche geführt hat. Bisher und auch danach bedeutete der Einmarsch einer neuen Kultur immer den Untergang der alten. Die Becherleute aber siedelten neben ihnen und ließen sie scheinbar gewähren. War das nun die weise Politik toleranter Führer oder die Rücksicht auf alte Verwandtschaft? Die Glockenbecherinvasion fand ja genau auf den ausgetretenen Pfaden der Megalithkultur statt.
Hört man auf die Archäologen, waren die Bechertrinker bereits um 2.900 v. Chr. auf der Pyrenäenhalbinsel losgezogen und gegen 2.500 v. Chr. in Ungarn angekommen. Den Verfechtern der These des umgekehrten Weges kann entgegengehalten werden, dass neben den Bechern auch das erste Kupfer dort von der Pyrenäenhalbinsel stammen soll. Da die Kupferverarbeitung aber aus dem Nahen Osten kommt, bleibt wieder nur die Mittelmeerroute oder die über Afrika.
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R1a und R1b in Mitteleuropa |
Selbst ein DNA-Test scheint zugunsten von Iberien auszufallen. Bei den Glockenbecherleuten ist zum ersten mal sicher die Haplogruppe R1b des Y-Chromosoms nachzuweisen. Dieses Gen scheint ebenfalls aus dem Südwesten Europas zu stammen, wo es sich in der Isolation aus dem Mutterstamm R1 entwickelt haben könnte. R1 aber soll in Asien entstanden sein und sich vor 15 Tausend Jahren von dort in alle Richtungen ausgebreitet haben. Die heutige Situation in Europa wird von den R1-Mutationen R1b im äußersten Südwesten und R1a im Nordosten dominiert (Siehe Post 2. "Kultureller und genetischer Kristallisationspunkt am Atlantik"). Die Gelehrten streiten nun darüber, wie R1b nach Spanien und Frankreich gelangt sein kann. Einige behaupten quer durch Mitteleuropa. Für genetische Mutationen sind aber große räumliche und zeitliche Distanzen nötig. Die wären im Fall von R1b nur zustande gekommen, wenn die Stammzellen R1 den bekannten alternativen Weg der ersten Bauern genommen hätten: also von der arabische Halbinsel, über Levante, Ägäis, Italien nach Südfrankreich bzw. über Malta nach Nordafrika und Spanien. Dort hätten sie dann 2000 Jahre "brüten" können, um bei den Glockenbecherleuten das erste mal als R1b-Gene deutlich hervor zutreten. Bei deren späteren Marsch gen Mitteleuropa mussten sie nun auf ihre R1a-Brüder stoßen, die als Schnurkeramische Kultur entgegengesetzt operierte. Mein Fazit: Ungarn war viel zu wenig isoliert, um als Ursprung der Becher-DNA in Frage zu kommen.
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Die Bronzewaffen der Invasoren |
Motivation: der Krieg selbst?
Es musste also wieder eine Völkerwanderung von der Iberischen Halbinsel ins zentrale Europa stattgefunden haben. Denn was macht einer, dem es zu gut geht? Er richtet nicht nur große Steine auf, er expandiert auch auf Kosten seiner Nachbarn - wie heute - mit Handel, mit Waffen oder einem überlegenen Lebensstil. Von Experten hört man, dass solche Bewegungen immer als militärische Invasion abgelaufen sein sollen. Die Fachwelt aber gefällt sich in nebulösen Deutungsversuchen: Sie bezweifeln, ob die Glockenbecher-Leute überhaupt als eigenständige Kultur anzusehen sind. Zu rar seien ihre eigenen Siedlungsplätze. Das aber würde gerade zu Leuten passen, die als Okkupanten unterwegs waren. Der großer Archäologe Gordon Childe sah die Glockenbecherleute als Missionare, die sich, von Spanien kommend, über den atlantischen Rand Europas ausbreiteten und die Kupfermetallurgie mitbrachten.
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Schwerpunkte der Glockenbecher Siedlungen
(Die Poebene fehlt in der Grafik) |
Diese Heilsbringer aber hatten ja schon damals einen Dolch im Gebäck. Dass es sich bei der typischen Glockenbecherausstattung ihrer Gräber um die Prestigegüter einer neuen Oberschicht handelt, glaubt vor allem Stephen Shennan. Die Elite aber rekrutiert sich bei allen Invasionen immer aus den Siegern. Christian Strahm prägte den Begriff „Glockenbecherphänomen“, um den Ausdruck Kultur zu vermeiden. Sie mischten aber in 1000 Jahren den ganzen Kontinent auf. Sangmeister kennzeichnet 1972 die Träger der Glockenbecherkultur als eine bewegliche, in Kleingruppen aufgegliederte Gesellschaft, welche "spezialisiert war im Aufsuchen, Verarbeiten und Verhandeln begehrter Werkstoffe". Das soll ihnen höchste soziale Wertschätzung eingebracht haben. Klar! Kriege werden immer von einzelnen Verbänden ausgeführt und gelten durchweg den Schätzen fremder Länder. Der Mangel an Siedlungsfunden unterstützt die Hypothese der kriegsführenden Abteilungen. Sie sollen Europa nicht flächig, sondern inselartig okkupiert haben. Befestigte Siedlungen konnten ihnen bisher gar nicht zugeordnet werden. Irgendetwas muss ihre Macht unangreifbar gemacht haben. Waren es die Waffen aus Metall?
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Die früheste Verbreitung der Metallurgie |
Die erste Verarbeitung von Kupfer, so namhafte Metallurgen, soll gegen 7500 v. Chr. in Anatolien stattgefunden haben. Um 3000 v. Chr. tauchte dieses Wissen weitab der Ausbreitungsrouten auf der iberischen Halbinsel auf. Dorthin kann es nur wieder entlang der Mittelmeerküsten oder mit dem Schiff gelangt sein. (Was so nebenbei wieder meine These von der permanenten Schiffsverbindung von Levante und Iberien seit etwa 4000 v. Chr. bestätigt.) Die Grenze zur Kupfer-Ostausbreitung könnte den "Frontverlauf" um 2500 v. Chr. widerspiegeln. Danach jedenfalls gab es Kupfer überall in Westeuropa.
Einige Archäologen ordnen den Becherleuten sogar domestizierte Pferde zu und verlegen den Ursprung dieser Eindringlinge weit in den Osten. Die Domestizierung des Pferdes soll ja schon 2000 Jahre früher in Asien erfolgt sein. Doch diese Theorie widerspricht den archäologischen Funden, die nur bis zur Höhe des Donauknies auftreten. Auch genetisch war da Schluss. In Osteuropa herrschte die Schnurkeramische Kultur (2800-2200 v. Chr.). Das Treffen von Glockenbecherleuten und Schnurkeramiker könnte um 2400 v. Chr. stattgefunden haben.
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Glockenbecher- und Schnurkeramische Kultur fusionieren
gegen 2200 v. Chr. in Europa zur Aunjetitzerkultur |
Die Horden aus dem Osten sollen die Streitaxt - und eben Pferde mitgebracht haben. Das wäre eine Gelegenheit gewesen, die Reiterei zu übernehmen.
In Mitteldeutschland, Böhmen und Mähren scheinen sich die Glockenbecher- und die Schnurkeramische Kultur nicht nur gegenüber gestanden, sondern auch zur Aunjetitzer-Kultur vermischt zu haben. Das zeigen sowohl genetische Untersuchungen, als auch die Funde von Glockenbecherkeramik mit Schnurverzierung. Die sollen vereinzelt sogar in Spanien aufgetaucht sein. Hatte da jemand Heimaturlaub? Die Weiler der Becherleute hätten ohne besonderen Schutz mitten unter den Schnurkeramischen Dörfern gestanden. Niemand kann sich erklären, wie zwei solch aggressiven Völker miteinander ausgekommen sein können. Vielleicht hatten ja beide etwas von der Koexistenz? Unsere Becherleute könnten Bronze und vielleicht Bier zum Treffen mitgebracht haben und die Krieger aus dem Osten die Streitaxt und Pferde. Doch das ist Spekulation. Pferde in kriegerischen Auseinandersetzungen sind erst seit der Schlacht im Tollensetal um 1300 v. Chr. nachzuweisen. Die eine Partei soll damals aus Süddeutschland anmarschiert sein. Dort residierte die s.g. Hügelgräberkultur, die in Tradition unserer Glockenbecherleute stand. Denn in ganz Europa hatte mit dem Aufkommen der Bronze eine gewisse Regionalisierung eingesetzt:
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Aunjetitzer-Paar |
In Mitteleuropa trat die Aunjetitzer-, in Frankreich die Artenacianische, in den Niederlanden die Elp- und in England die Wessex-Kultur hervor. Alle diese Kulturen aber gingen nicht nur bruchlos aus der Glockenbecherkultur hervor, sie verwendenden auch wesentliche der alten Merkmale weiter. Die Klassifizierung als „neue“ Kultur scheint sich vor allem an der Übernahme lokaler Bräuche und an normalem technischen Fortschritt festmachen zu lassen. Diese Kontinuität kann bis zum Ende der Hügelgräberzeit gegen 1300 v. Chr. beobachtete werden, wo ja selbst noch megalithische Traditionen verwendet wurden. Es entstanden später solch epochale Werke wie das Fürstengrab von Leubingen oder die Himmelscheibe von Nebra.
Die Schnurkeramiker im Osten gelten den meisten Experten auch als Vorhut der Indoeuropäer. Die Ausbreitung der neuen Sprache aber scheint von den Glockenbecherleuten "ausgebremst" worden zu sein, denn sie ist in Westeuropa erst ab 500 v. Chr. als keltisch, italisch, römisch usw. nachzuweisen. Tatsächlich vermuten nicht wenige französische Linguisten, in der becherbenutzenden Artenacianischen Kultur ein Bollwerk der Alteuropäer gegen die Indogermanen aus dem Osten. Diese Grenze hätte am Rhein gelegen und soll 1000 Jahre gehalten worden sein.
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Ausbreitung der Indogermanischen Sprache |
Eine andere wenig beachtete Theorie besagt, dass die Unterscheidung in die einzelnen indogermanischen Sprachen bereits mit der Ausbreitung der ersten Bauern aus dem Nahen Osten heraus begonnen habe, also 4.000 Jahre früher. Nach vanaland.wordpress.com sind die Schnurkeramiker zwar ebenfalls die Stammväter der Indogermanen, aber ihre Wanderung sei umgekehrt verlaufen, also von Mitteldeutschland Richtung Osten (Siehe Post "Wie die Indogermanen nach Westeuropa kamen"). Wie wir sehen, ist da noch viel im Fluss. So oder so: Mit dem Zusammentreffen der beiden Kulturen entstand die "goldene" Periode der Bronzezeit in ganz Europa.
Untergang einer kontinental agierenden Kultur
Doch während die Glockenbecher-Krieger sich in Zentraleuropa tummelten, zogen bei ihren Vettern auf der Iberischen Halbinsel dunkle Wolken auf.
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El Argar mit ersten Urnen aber
noch als Körpergrab |
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Es zeigt sich nämlich, dass gesellschaftliche Umbrüche dort mehrmals mit kontinentalen Naturkatastrophen zusammen fallen. Geologen und Klimaforscher leiten sie von tektonischen Verschiebungen der europäischen Platte ab. Atlantische Tsunamis müssen die Folge gewesen sein und gerade das flache Andalusien scheint mehrfach geflutet worden zu sein. Solch ein Kollaps soll z.B. 2200 v. Chr. mit dem Untergang von Los Millares und seinen Glockenbecherbewohnern stattgefunden haben. Die Archäologen lassen jetzt die El Argar-Kultur folgen. Die Genetiker machen dafür eine wahrscheinlich seegestützte Invasion aus dem Schwarzmeerraum verantwortlich. Tatsächlich heißt einen Region noch im heutigen Georgien - Iberien. Die Neuankömmlinge sollen bald die gesamte Population auf der Iberischen Halbinsel dominiert haben. Die Metallurgen rechnen diesen pontischen Okkupanten die Einführung der Bronze aus dem Nahen Osten zu. Sie könnten auch die nun rechteckigen Häuser eingeführt haben. Die Keramik aber soll weitestgehend die gleiche geblieben sein. El Argar habe nun auch systematisch das spanische Hinterland erschlossen. Die Hochebene La Mancha wurde mit Hunderten stark befestigten Burgen überzogen, wie wir sie eigentlich erst aus dem Mittelalter kennen.
Die s.g. Motillas bestanden aus Trockenmauern, waren kreisrund, hatten Speicher und Zisternen und werden mit ihrem 5-Kilometer-Abstand als militärische Sicherungsposten ähnlich dem Limes interpretiert. Sie sollen ganz Andalusien abgegerenzt haben. El Argar bricht gegen 1600 v. Chr. mit einem Brandhorizont ab, wahrscheinlich hatten sich wie immer nach einem natürlichen Kollaps "Klein-Könige" um die Macht geschlagen. Das belegen auch Massengräber. Da es danach keine Stadtbefestigungen mehr gab, schlussfolgern einige Forscher, dass einer der Stadtstaaten die Führung übernommen haben muss und identifizierten ihn mit Atlantis bei Cadiz. Auch die anderen von Platon genannten Kriterien würden auf die heutige Hafenstadt und die anderen El Argar-Siedlungen zutreffen
Meine zusammenfassende Hypothese:
Die Isolation der Iberischen Halbinsel kann nur bedingt gewesen sein. Eine Hochsee-Route über das Mittelmeer und Zustrom aus Afrika scheinen dort bereits gegen 4800 v. Chr. eine megalithische Hochkultur herausgebildet zu haben. Deren Brauch, große Steine zu bewegen, hat sich jedenfalls als Status-Symbol über ganz Westeuropa ausgebreitet.
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Modell einer El Argar Siedlung
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Aus dieser Zivilisation müssen, wie im Osten, gegen 3500 v. Chr. hochentwickelte Stadtstaaten hervor gegangen sein, die um die Vorherrschaft stritten. Entweder in einer Konsolidierungsphase mit der neuen Mode Glockenbecher, wahrscheinlich aber nach einer Invasion um 3000 v. Chr. aus Marokko heraus, etablierte sich an der Tajo-Mündung die neue Becher-Kultur. Sie scheint ihre Krieger ab 2900 v. Chr. mit überlegenen Bronzewaffen unter zentraler Führung auf den ausgetretenen Pfaden ihrer Megalith-Vorfahren nach Nord- und Mitteleuropa geschickt zu haben. Wegen der schnellen Ausbreitung, besonders nach Norditalien, scheint diese auch mit dem Schiff voran getrieben worden zu sein. Dort, wo es ertragreich schien, ließen sie sich nieder und bildeten bald die tonangebende Elite. Bei technologischem Vorsprung funktioniert das auch heute noch so. Das Einflussgebiet der Glockenbecherkultur könnte damit durchaus auch als "Reich" interpretiert werden - was ja für die östlichen Hochkulturen üblich ist (Siehe Post "...das erste westliche Großreich?"). Wer in diesem Staat geherrscht haben könnte, ist unbekannt. Nur wenige populärwissenschaftliche Forscher vermuten das Königreich von Atlantis und beziehen sich dabei auf die Beschreibungen des griechischen Philosophen Platon. Ort, Zeit, Umstände, besonders aber "die kriegerische Einnahme ganz Europas" (außer Griechenland) würden genau den Eskapaden der Glockenbecherkultur entsprechen. Archäologie, Genetik und vergleichende Geschichte scheinen das zu bestätigen. Andere Populärwissenschaftler sehen Atlantis in der nachfolgenden El Argar-Kultur.
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Zeitgleiche Hochkulturen und Großreiche
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Doch das Inselreich ist für die offizielle Geschichte ein Mythos. Sie kennt nur die archaischen Großreiche im Osten. Die Entwicklung von Hochkulturen auf der Pyrenäen-Halbinsel scheint außerhalb ihrer Vorstellungswelt zu liegen. Sie verlangt eine Schrift! (Siehe Post "Phönizien und das prähistorische Westeuropa".) Die Leistungen der La Almagra-, Los Millares-, Glockenbecher- und El Argar-Kulturen in Iberien werden gerne übersehen. Obwohl alle genannten Fakten seit langem bekannt sind, habe ich noch von keinem Wissenschaftler gehört, der der Logik eines großen Reiches dort folgen könnte. So rätseln die Gelehrten weiter an den Geheimnissen rum, die die Glockenbecher in Mitteleuropa umgetrieben haben könnten.
Der Untergang von El Argar (2200 bis 1550 v. Chr.) fällt dann genau in die Zeit, als der Thera auf Sanatorien explodiert sein soll und die minoische Kultur in den Abgrund riss. In Ägypten folgten die 10 Biblischen Plagen und der Auszug der Juden, in Iberien stießen die Archäologen auf Anzeichen von Bodenversalzung und Hungerrevolten damals. In die nachfolgende kaum erforschte mittelere Bronzezeit würden die o.g. Vermutungen bzgl. Atlantis passen. Der absolute Showdown aber muss um 1250 v. Chr. stattgefunden haben: In Spanien und Portugal brechen alle Zivilisationen zusammen. Ausgräber sprechen von einem plötzlichen und radikalen Bruch. Die Ausgrabungsstätten seien "wie mit Erde und Geröll überschüttet". Das kann aus meiner Sicht nur von einer Monsterflut stammen. In Korrelation könnte eine Supernova des Hekla auf Island im Jahre 1135 ± 130 v. Chr. gestellt werden. Damit kündigen sich auf der Iberischen Halbinsel weitere große Umbrüche, neue Kulturen und eine weitere Wanderung nach Mitteleuropa an... (Siehe Post 6. "Die Katastrophenzeit um 1200 v. Chr.")